Das erste Bild eines schwarzen Lochs

  • <b>Das Event-Horizon-Teleskop (EHT) – ein im Rahmen einer internationalen Kollaboration zusammengeschaltetes Netzwerk von acht bodengebundenen Radioteleskopen, das fast die Größe der Erde erreicht – wurde eingerichtet, um die ersten Bilder von einem schwarzen Loch zu erzielen. Die Wissenschaftler des EHT-Projekts unter der Beteiligung von Forschern des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn und des Institut de Radioastronomie Millimétrique (IRAM) waren erfolgreich und zeigen heute im Rahmen mehrerer Pressekonferenzen an unterschiedlichen Standorten der Erde den ersten sichtbaren Nachweis eines schwarzen Lochs. </b>


    Schwarze Löcher stellen extreme kosmische Objekte dar, die eine unglaubliche Gesamtmasse innerhalb eines winzigen Bereichs umfassen. Die Existenz eines solchen Objekts beeinflusst seine direkte Umgebung in extremer Weise; sie führt zu einer starken Krümmung der Raumzeit sowie zur Aufheizung des umgebenden Materials, bis es anfängt zu leuchten. Die allgemeine Relativitätstheorie sagt nun voraus, dass die aufgeheizte Materie den stark gekrümmten Bereich der Raumzeit ausleuchtet und damit zum Auftreten eines dunklen Schattens führt.


    “Unsere Ergebnisse ermöglichen uns zum ersten Mal einen klaren Blick auf ein supermassereiches schwarzes Loch und sie markieren einen wichtigen Meilenstein für unser Verständnis der fundamentalen Prozesse, die die Bildung und die Entwicklung von Galaxien im Universum bestimmen. Es ist besonders bemerkenswert, dass wir es in diesem Projekt geschafft haben, astronomische Beobachtungen und theoretische Interpretation schneller als erwartet zum erhofften Erfolg zu bringen”, sagt Anton Zensus, Direktor am MPIfR and Vorsitzender des EHT-Leitungsgremiums.


    “Sobald es in eine hell leuchtende Umgebung wie z.B. eine glühende Gasscheibe eingebettet ist, erwarten wir von einem schwarzen Loch, dass es eine dunkle Region ähnlich wie ein Schatten erzeugt – ein Effekt, der von Einsteins Relativitätstheorie vorhergesagt wurde, den wir bisher aber noch nie beobachten konnten”, sagt der Vorsitzende des EHT-Wissenschaftsrats, Heino Falcke, von der Radboud-Universität in Nijmegen/Niederlande. “Dieser Schatten, hervorgerufen von Verformung durch die Schwerkraft und Lichteinfang durch den Ereignishorizont verrät uns eine Menge über die Natur dieser faszinierenden Objekte und ermöglicht es uns, die enorme Gesamtmasse des schwarzen Lochs von M87 zu bestimmen.” Die Masse der Zentralquelle von M87 liegt bei mehr als sechs Milliarden Sonnenmassen.


    Die EHT-Beobachtungen zeigen eine ringförmige Struktur mit einer dunklen Zentralregion – den Schatten des schwarzen Lochs. Dieser Ring zeigt sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Beobachtungen von M87, die unabhängig voneinander ausgewertet wurden und macht die Wissenschaftler sicher, dass sie tatsächlich zum ersten Mal den Schatten eines schwarzen Lochs abgebildet haben.


    „Die Konfrontation der Theorie mit den Beobachtungen ist für einen Theoretiker immer ein dramatischer Moment. Wir waren sehr erleichtert und auch stolz, dass die Beobachtungen so gut mit unseren Vorhersagen übereinstimmten“, so Luciano Rezzolla, dessen Frankfurter Arbeitsgruppe grundlegende Beiträge zur theoretischen Interpretation der Ergebnisse in allen Stadien der Beobachtung geleistet hat. Es galt, unter den möglichen theoretischen Modellen dasjenige zu finden, das am besten zu den Beobachtungen passt, sowie verschiedene Alternativen zu schwarzen Löchern auszuschließen, die ebenfalls mit der allgemeinen Relativitätstheorie vereinbar sind.



    Das erste Bild eines schwarzen Lochs. Bild: EHT-Kollaboration


    Während die Astronomen schwarze Löcher bereits seit längerer Zeit studieren, wird für eine direkte Messung ein Teleskop von bisher unerreichter Präzision und Empfindlichkeit benötigt. Die Realisierung dieses Teleskops – des Event-Horizon-Teleskops – stellte eine beeindruckende Aufgabe dar, die den Ausbau und das Zusammenschalten eines weltweiten Netzwerks von acht bereits existierenden Teleskopen an einer Vielzahl von herausfordernden Standorten bedeutete. Diese Standorte umfassen den Gipfel des Mauna Kea auf Hawaii, die Atacamawüste in Chile, die Antarktis, Mexiko, Arizona und die Sierra Nevada in Südspanien.


    Die am Projekt beteiligten Teleskope waren ALMA und APEX in Chile (APEX wird gemeinsam von MPIfR, der europäischen Südsternwarte und Onsala/Schweden betrieben), das IRAM-30-Meter-Teleskop in Spanien, das James-Clerk-Maxwell-Teleskop und das Submillimeter-Array (beide in Hawaii), das Large-Millimeter-Teleskop (LMT) in Mexiko, das Submillimeter-Teleskop (SMT) in Arizona sowie das Südpol-Teleskop (SPT) direkt am Südpol.


    „Das IRAM 30-Meter-Teleskop ist das empfindlichste Einzelteleskop des EHT-Verbundes“, erklärt Karl Schuster, Direktor von IRAM und Mitglied des EHT-Leitungsgremiums. „Indem wir die weltweit besten Radioteleskope auf insgesamt vier Kontinenten zusammenschalten, können wir eine nie dagewesene Empfindlichkeit und räumliche Auflösung erreichen, die es uns Wissenschaftlern erlaubt, Messungen an der Grenze des Beobachtbaren durchzuführen.“ Seit September 2018 ist mit NOEMA auch das zweite IRAM-Observatorium Teil des weltweiten EHT-Verbundes.


    Die Teleskope arbeiten auf der Grundlage einer Beobachtungstechnik zusammen, die als Very-Long-Baseline-Interferometrie (VLBI) bezeichnet wird. Dadurch werden Einzelteleskope weltweit miteinander verbunden und unter Ausnutzung der Erdrotation eine virtuelles Riesenteleskop von der Größe der Erde selbst geschaffen. VLBI ermöglicht EHT-Beobachtungen mit einer Auflösung von 20 Mikro-Bogensekunden; das entspricht dem Lesen einer Zeitung in New York von einem Straßencafe in Berlin aus.


    Die erforderliche Datenanalyse zur Umwandlung der Rohdaten in ein fertiges Bild erfolgte an Spezialcomputern (sogenannten Korrelatoren) am Max-Planck-Institut für Radioastronomie und am MIT-Haystack-Observatorium.


    Der Aufbau des EHT stellt das Ergebnis jahrelanger Anstrengungen dar und die am heutigen Tag präsentierten Ergebnisse sind ein Gipfelpunkt jahrzehntelanger Arbeit in Theorie und Beobachtung. Es ist ein Beispiel für weltumfassende Zusammenarbeit zwischen Forschern aus unterschiedlichen Ländern. Insgesamt dreizehn Partnerinstitutionen haben im Rahmen des EHT zusammengearbeitet, auf der Basis bestehender Infrastrukturen mit Unterstützung durch eine ganze Reihe von Organisationen. Eine wesentliche Förderung erfolgte über den Europäischen Forschungsrat (ERC) der Europäischen Union, die amerikanische National Science Foundation (NSF), sowie Organisationen in Ostasien


    „Nachdem wir schwarze Löcher jahrzehntelang nur indirekt postulieren konnten, wenn auch mit großartiger Genauigkeit wie zuletzt mit dem VLT-GRAVITY Experiment, war LIGO in der Lage, die Auswirkung auf die Raumzeit bei deren Verschmelzung schwarzer Löcher „hörbar“ zu machen", urteilt Michael Kramer, Direktor am MPIfR und einer der drei Leiter des ERC „Black Hole Cam“-Projekts als Teil des Event-Horizon-Teleskops. „Nun können wir sie endlich auch „sehen“ und damit diese faszinierenden schwarzen Löcher und deren extreme Raumzeitkrümmung auf einzigartige Weise untersuchen.“


    „In Zukunft werden sich Forscher weit über unser Arbeitsgebiet hinaus klar an eine Zeit vor und nach dieser Entdeckung erinnern“, schließt Anton Zensus.


    Weitere Infos beim MPIfR unter https://www.mpifr-bonn.mpg.de/pressemeldungen/2019/4
    Zur Zeit schleicht die ESO-Webseite mit jeder Menge weiterem Bild- und Videomaterial, aber später dann... https://www.eso.org/public/germany/news/eso1907/

  • Hallo Caro,
    vielen Dank für Deinen verständlichen und trotzdem seriösen (im Gegensatz zu mancher Sensationspresse) Beitrag,


    Ich trau mich mal ein paar Laienfragen zum Bild zu stellen:


    - warum erscheint der Schatten nicht genau kreisförmig zu sein ? Ist das eine perspektifische Verzerrung ?


    - kann man schon was sagen, was die orangen und gelben bananenförmigen Teile im Bild bedeuten ?


    - was verursacht die schwachen "roten Ohren" um den roten Ring ? Sind das alles nur perspektifische Verzerrungen ?


    Wenn die Fragen beantwortbar sind, freu ich mich über einen Beitrag dazu von Dir, Danke, mit schönen Grüßen, Stephan

  • Hallo Stephan,


    eine perspektivische Verzeichnung wäre möglich, wenn man annimmt, dass die Materie um das schwarze Loch rotiert und sich dann eher in der Äquatorebene befindet. Die Ohren könnten dann die beiden Jets sein, die senkrecht auf der Äquatorebene stehen. Die hellen Flecken in dem hell leuchtenden Ring sind wohl Inhomogenitäten in der Materieverteilung und damit auch unterschiedlich heiße Zonen. Die Jets sind wohl schwächer, weil auch kühler und von geringerer Dichte, vermute ich. Vielleicht äußert sich ja aber noch mal jemand, der mehr davon versteht als ich!?


    Jedenfalls ein beeindruckendes Ergebnis der beobachtenden Astronomie!

  • Das wäre also ein richtiges Bild gegen einen leuchtenden Radiohintergrund? Kann man das so verstehen? Woher käme dann die Radiostrahlung?
    Oder ist das die Strahlung, die in der Umgebung des SL erzeugt wird? Dann müßte aber doch auch Strahlung in der Umgebung vor dem SL erzeugt werden, die vielleicht sogar stärker wäre.


    Übrigens nannte man SL zu Einsteins Zeiten "gefrorene Sterne", weil die Zeit mehr und mehr einfrieren würde und man nie sehen würde, daß etwas im Loch verschwindet.
    Für Einstein war sowas ein Gräuel. Kurz nach seiner Rechenarbeit 1939, in der er sozusagen bewies, daß SL, Singularitäten nicht existieren könnten, veröffentlichte Robert Oppenheimer Berechnungen, die bewiesen, daß die Gravitationsgleichungen den Gravitationskollaps eines Sterns ca 3 mal so schwer wie die Sonne vorhersagen.


    Anschaulich auch im SpiegelOnLine:
    https://www.spiegel.de/wissens…rstes-bild-a-1260884.html

  • Hallo Caro,


    vielen Dank für Deinen sachlichen und aufschlussreichen Kurz-Bericht.


    Ich hätte zwei Fragen dazu:


    1) Die meisten online Meldungen (Spiegel, SZ o.ä.) schreiben:
    "Forscher zeigen erstmals Foto von einem schwarzen Loch"


    Kann man das wirklich so sagen? ist dies wirklich die Fotografie eines schwarzen Lochs (SL)?
    Ich habe mal gelernt dass schwarze Löcher nicht direkt, sondern generell nur indirekt beobachtbar sind.
    Das war auf den gezeigten Abbildungen zu sehen ist sind ja vor allem die ringförmigen leuchtenden Bereiche, und die befinden sich außerhalb des SL. Alles was man sonst sagen kann ist dass zentrale Bereich nicht leuchtet. Ob es sich dabei um ein Objekt, einen Schatten oder ein "Loch" handelt kann ich der Aufnahme nicht entnehmen. Und Strukturen sind im "Schattenbereich" gar nicht zu erkennen.


    Vielleicht ist es eine philosophische Fragestellung. Verstehe mich bitte nicht falsch: Ich möchte den Erfolg der Astronomen gar nicht schmälern. SL faszinieren mich seit mir im zarten Alter zum ersten mal jemand versucht hat zu beschreiben was das ist.
    Aber ich frage mich ob man wirklich sagen kann: 'wir haben ein Schwarzes Loch fotografiert'?
    oder ob man akkuraterweise nicht eher sagen müsste:
    "wir haben genau den Bereich fotografiert wo sich ein SL befindet. Es ist zwar nicht direkt sichtbar, aber wir können sehen, was in seiner Umgebung (in der Akkretionsscheibe) bis zum Ereignishorizont geschieht, und das gelang uns jetzt zum ersten mal. Die Beobachtungen befindet sich in guter Übereinstimmung mit den wichtigen theoretischen Vorhersagen."
    ?


    2) Könntest Du etwas zu den Dimensionen in der Abbildung sagen? Wie groß ist der fotografierte Bereich?



    3) Interessant fand ich auch noch folgende Information (SZ von heute), in der der oben erwähnte Karl Schuster zitiert wurde:
    "Ganz streng genommen wissen wir noch immer nicht, ob es sich bei dem zentralen Objekt in M87 wirklich um ein Schwarzes Loch handelt", sagt Karl Schuster vom Iram. Auch wenn alles darauf hindeutet, es bleibt spannend, solche Objekte näher zu betrachten und exotische Erklärungen wie Bosonen- oder Gravasterne auszuschließen.
    Dieser Vorbehalt ist ja vielleicht nicht ganz unwichtig.
    Könntest Du dazu vielleicht auch noch etwas sagen?


    Besten Dank,
    Thomas

  • Hallo,


    haben die Begriffe Bild, Photographie und Schatten hier überhaupt ihre Berechtigung? Die Beobachtungen fanden bei 1,3 mm Wellenlänge statt, das ist um mehr als den Faktor 1000 langwelliger als das, was unser Auge sehen kann. Also wurden die Daten in irgendeiner Weise skaliert, um aus ihnen eine "Darstellung" zu generieren, die wir mit unseren Augen betrachten können. Und mit dem Begriff "Schatten eines SL" habe ich auch so meine Schwierigkeiten.

  • Hallo miteinader,


    ich bewege mich da auf sehr dünnem Eis weil Schwarze Löcher eigentlich eher nicht mein Fachgebiet sind und lasse da dann lieber später DK279 ran.


    Zu den Dimensionen gibts dieses ganz anschauliche Bildchen: https://xkcd.com/2135/


    Man muß allerdings sehr vorsichtig sein, was die "Bildschärfe" angeht. Was ihr da seht, ist Radioastronomie. Die Auflösung (Beam size) entspricht in Wirklichkeit in Etwa die Größe des "Schattens" und keinesfalls der Pixelauflösung des Bildes.


    Viele Grüße
    Caro

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: HaHo</i>
    haben die Begriffe Bild, Photographie und Schatten hier überhaupt ihre Berechtigung? Die Beobachtungen fanden bei 1,3 mm Wellenlänge statt, das ist um mehr als den Faktor 1000 langwelliger als das, was unser Auge sehen kann. Also wurden die Daten in irgendeiner Weise skaliert, um aus ihnen eine "Darstellung" zu generieren, die wir mit unseren Augen betrachten können. [...]
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ok, aber auch ein Falschfarben-Bild ist ein "Bild". Denke z.B. auch an "Röntgenbilder" oder (da ist der Vergleich vielleicht noch passender) "Bilder" eines Computer-Tomographen in der Medizin.


    Letzte würde man vermutlich nicht mehr als "Photographie" bezeichnen weil die Bilder aus dem CT nicht "klassisch" durch Belichtung in einer Fokusebene stattfinden sondern das Ergebnis eines "bildgebenden" mathematischen Prozesses sind der aus sehr vielen Einzelmessungen, die für sich genommen keine Bilder sind, ein Bild rekonstruieren. Das ist auch bei der Radiointerferometrie der Fall.


    Insofern kann ich es verstehen wenn Leute Probleme mit dem Begriff "Fotografie" in dem Kontext des EHT haben.


    Cheers
    HB

  • Guten Morgen,


    ich bin gerade erst von einem Vortrag zurückgekommen. Wie Caro schon angekündigt hat, werde ich gleich nach ein wenig Schlaf eure Fragen gern nach Kräften beantworten. Ein toller Astronomie-Tag!


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hallo Beisammen,


    Tolles Ergebnis. Ein wenig schade ist, wie in den Mainstream-Medien die Qualität der Berichterstattung runtergeschraubt wird. Warum muss da (z.B. Spiegel) wieder was stehen von einen "Senfkorn in Washington aus Büssel gesehen". Im ganzen Artikel dort kommt das Wort Bogensekunde nicht einmal vor. Nicht mal sowas wie ein "Millionstel Winkelgrad" oder sowas.


    Ich meine jemand mit einem Grundschulabschluss weiß doch was ein Winkelgrad ist, oder? Der Redakteur kann doch wenigstens schreiben "Die Winkelauflösung beträgt den 50000ten Teil eines Winkelgrades, was der Größe eines Senfkorns in Washington aus Brüssel gesehen entspricht". (Der Text von Caro macht das ganz ausgezeichnet) Dann hat man beides. Die naturwissenschaftlich korrekte Beschreibung und einen anschaulichen Vergleich.


    Seufz,
    Gert

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Caro</i>
    <br />Hallo miteinader,


    ich bewege mich da auf sehr dünnem Eis weil Schwarze Löcher eigentlich eher nicht mein Fachgebiet sind und lasse da dann lieber später DK279 ran.


    Zu den Dimensionen gibts dieses ganz anschauliche Bildchen: https://xkcd.com/2135/


    Man muß allerdings sehr vorsichtig sein, was die "Bildschärfe" angeht. Was ihr da seht, ist Radioastronomie. Die Auflösung (Beam size) entspricht in Wirklichkeit in Etwa die Größe des "Schattens" und keinesfalls der Pixelauflösung des Bildes.


    Viele Grüße
    Caro
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ... oder man könnte es als Abtastung mit der durch die VLBI "gschärften" Antennenkeule betrachten, richtig?


    CS
    Jörg

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: DK279</i>
    <br />Guten Morgen,


    ich bin gerade erst von einem Vortrag zurückgekommen. Wie Caro schon angekündigt hat, werde ich gleich nach ein wenig Schlaf eure Fragen gern nach Kräften beantworten. Ein toller Astronomie-Tag!


    Viele Grüsse,
    Dominik
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">




    Dann schlaf ein bisschen schneller, [:D] Bin schon gespannt auf die Antworten von den ganzen Fragen hier.



    Jetzt habe ich noch eine Frage zur Bildtechnischen Seite.
    Warum hat man nicht das SL in der Milchstraße genommen?, das ist doch viel Näher, und wäre somit auch höher aufzulösen, oder täusche ich mich da?


    Wie Lange war die Belichtung? oder gibt es so etwas in der Radioastronomie nicht?


    Gruß Jogi

  • Hallo Jogi,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Warum hat man nicht das SL in der Milchstraße genommen?, das ist doch viel Näher, und wäre somit auch höher aufzulösen, oder täusche ich mich da?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ich glaube ja, das schwarze Loch in der Milchstraße ist zwar etwa 1000 mal näher an uns gelegen aber dafür etwa 6000 mal kleiner (Schwarzschildradius ist proportional zur Masse, 6Mrd Sonnenmassen in M87 aber nur 1Mio Sonnenmassen in der Milchstraße), somit ist das SL in M87 besser aufzulösen. Wahrscheinlich auch deshalb noch, weil es aktiver ist, als das SL in der Milchstraße, vermute ich jetzt mal.

  • So. Ausgeschlafen, nun geht es los. Ich fange mal mit StephanPsys Fragen an, und mache mehrere Postings, so dass es übersichtlich bleibt.


    - warum erscheint der Schatten nicht genau kreisförmig zu sein ? Ist das eine perspektifische Verzerrung ?


    --&gt; Erstmal, wir schauen nicht genau von "oben" auf den inneren Teil der Akkretionsscheibe (also das heiße Plasma das leuchtet) und das Schwarze Loch in M87. Sondern um etwa 17° gegen die Senkrechte geneigt. Es gibt also in der Tat kleine perspektivische Effekte, aber die sind hier nicht der entscheidende Grund. Sondern die Relativitätstheorie. Ein Teil der Scheibe rotiert sehr schnell auf uns zu, ein anderer Weg. Daher kommen Unterschiede in der von uns wahrgenommenen Intensität. Und, noch wichtiger, das Schwarze Loch krümmt so nahe am Ereignishorizont die Lichtwege enorm. Wir können in dem Bild ein Stück weit um das Schwarze Loch "herumschauen". Für ein Schwarzes Loch das keinen Spin hat ("nicht rotiert") wäre dieser Effekt symmetrisch. Reale Schwarze Löcher haben aber Spin, und so ist der Effekt nicht symmetrisch sondern bevorzugt eine Seite. Das macht den kreisförmigen Eindruck zu Nichte. Übrigens, im Film "Interstellar" wurden mehr oder weniger reale Simulationen dieser Effekte verwendet. Kann man nochmal anschauen, die Ähnlichkeiten sind da!


    - kann man schon was sagen, was die orangen und gelben bananenförmigen Teile im Bild bedeuten ?


    --&gt; Da das ja ein Radiobild ist, das bei einer bestimmten Wellenlänge aufgenommen wurde, entsprechen die Farben nicht Wellenlängen, sondern Intensitäten, also Helligkeiten. Das was da hell ist, ist der innerste Teil der Akkretionsscheibe, also schnelles heisses Plasma das sich um das Schwarze Loch bewegt. Siehe oben, das hilft zum Beispiel dabei genau zu sehen, welche Bereiche der Scheibe sich wie genau bewegen.


    - was verursacht die schwachen "roten Ohren" um den roten Ring ? Sind das alles nur perspektifische Verzerrungen ?


    --&gt; Würde ich nicht überinterpretieren: Bilder aus der Radiointerferometrie haben einen sehr begrenzten Dynamikumfang, und auch mal Artefakte. Aber das sind die Aufgaben für die Zukunft: Auch nach aussen geht das heisse Gas weiter, und irgendwo startet der Jet. Das wollen wir irgendwann doch auch alles sehen ;)


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Weiter geht es mit dem Posting von HWS (--&gt; der Hinweis mit den gefrorenen Sternen ist übrigens klasse, ist auch eine meiner Lieblings-Facetten an der Geschichte!).


    "Das wäre also ein richtiges Bild gegen einen leuchtenden Radiohintergrund? Kann man das so verstehen? Woher käme dann die Radiostrahlung?
    Oder ist das die Strahlung, die in der Umgebung des SL erzeugt wird? Dann müßte aber doch auch Strahlung in der Umgebung vor dem SL erzeugt werden, die vielleicht sogar stärker wäre."


    Ja, was man sieht ist ein Bild, aber nicht im sichtbaren Bereich, sondern bei Radio-Wellenlängen. Nur dort kann man gleichzeitig so hohe Auflösung erreichen und überhaupt durch das Gas und den Staub durchschauen bis zum Kern. Die Radiostrahlung kommt vom Plasma in der Umgebung des Schwarzen Lochs. Da sich das Material dort nicht in einer Kugel anordnet, sondern einer Scheibe, auf die wir fast von oben schauen, ist die Sichtlinie zum Schwarzen Loch selbst fast frei und daher sieht man wirklich den "Schatten" (das dunkle in der Mitte ist genau gesehen nicht der Ereignishorizont, sondern ein paar mal größer. Das ist einer der Effekte der Relativitätstheorie, dass der Schatten dem Beobachter größer erscheint als das Objekt selbst).


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hallo ThomasCS,


    wie oben schon geschrieben, genau gesehen sollte man vielleicht drei Dinge unterscheiden: Das "Schwarze Loch" selbst. Das "irgendwas" (vielleicht eine punktartige Singularität, vielleicht etwas anderes) zu dem die kollabierte Masse wird, und das wir niemals sehen können denn es ist von einem "Ereignishorizont" umgeben. Genau betrachtet ist das dunkle Ding in der Mitte des Bildes weder das eine noch das andere, sondern der "Schatten" des Ereignishorizontes. Dieser ist ein paar mal größer als der Ereignishorizont selbst, aber eben von der Erde aus wirklich das nächste was wir überhaupt nur sehen können. Die Skalen im Bild kann man sich gut vorstellen: Wenn die Sonne genau in der Mitte wäre, dann entspricht das Ausmaß des Schattens in etwa der Distanz der Voyager-Sonden von der Sonne. Dem Kollegen vom IRAM würde ich nicht ganz folgen wollen. Klar, vielleicht kann man irgendwie irgendeine Theorie bauen bei der man genau diese Art Schatten nicht mit einem Kerr-Schwarzen-Loch sondern mit einem Gravastern oder sonst irgendwas bekommt. Aber wir *wissen* durch die Messungen der Gravitationswellen-Detektoren absolut sicher, dass Kerr-Löcher in der Natur existieren. Nun sehen wir etwas sehr großes, das genau wie ein Kerr-Loch aussieht. Die einzig solide Schlussfolgerung ist doch, dass es auch genau das ist. Genau so ist sein Kommentar aber vielleicht auch gemeint...


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hallo HaHo,


    naja, es ist eben ein Foto in dem Sinne dass es eine räumliche Abbildung ist. Klar, bei anderen Wellenlängen aufgenommen als die die wir sehen, aber das ist doch für uns Astronomen echt nicht schockierend. Und das Bild wurde erst möglich durch die Zusammenschaltung vieler Teleskope im Computer, der aber an sich die gleichen Schritte rechnerisch vollzieht die eben die abbildende Optik sonst rein optisch machen würde. Es ist schon ein Foto, wenn eben auch ein ungewöhnliches. Was den "Schatten" angeht, siehe oben. Wegen der starken Krümmung der Raumzeit gibt es einen Bereich der größer ist als der Ereignishorizont, aus dem aber Photonen dennoch nichtmehr auf ungebundenen Bahnen und damit zu uns gelangen können. Das ist leider nicht perfekt intuitiv, weil wir eben in relativ flachen Raumzeiten leben, aber rechnerisch genau so erwartet worden. Das Schwarze Loch verdeckt heisses Gas, daher "Schatten". Natürlich hat Radiostrahlung für uns keine Farbe, daher wurde als Farbskala eben die Helligkeit genommen. Weisser ist heller.


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hallo Jogi,


    das Milchstraßenzentrum ist tatsächlich auch eines der Ziele des EHT. Einfach mal noch bisschen abwarten ;)


    Radioteleskope beobachten kontinuierlich, sie "belichten" eigentlich nicht. Die für dieses Bild entscheidenden Daten kamen aber aus nur wenigen Nächten. Waren dennoch mehrere Petabyte...


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • Hi optikus,


    "... oder man könnte es als Abtastung mit der durch die VLBI "gschärften" Antennenkeule betrachten, richtig?"


    Ganz genau!


    Viele Grüsse,
    Dominik

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Gert</i>
    Warum muss da (z.B. Spiegel) wieder was stehen von einen "Senfkorn in Washington aus Büssel gesehen". Im ganzen Artikel dort kommt das Wort Bogensekunde nicht einmal vor.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das kann man dem Spiegel kaum vorwerfen, das mit dem "Senfkorn" war ein wörtliches Zitat aus der offiziellen Pressekonferenz. Warum soll die Presse wissenschaftlicher als die Wissenschaftler sein? Aber mal ganz im Ernst, so kann sich der Normalbürger, der die ganze Show mit Steuergeldern finanziert hat, wenigstens etwas unter der Winkelauflösung vorstellen und nicht nur Nerds und Akademiker :)


    CS
    HB

  • Sehe ich auch so. "Bogensekunde" ist kein Begriff den die meisten Leute kennen (oder brauchen), die dennoch eine große Faszination an solchen Ergebnissen teilen. Warum rein begriffliche Hürden aufbauen wenn es auch ohne geht?

  • "Interstellar" war auch mein erster Gedanke, als ich das Bild gestern sah - die Farbpalette ist da bestimmt kein Zufall :)


    Wenn "Sein Schatten" (LEXX lässt größen ;)) in etwa den Durchmesser der Voyager-Entfernung hat - wie groß ist dann die angenommene Singularität? Sonnensystemformat? - sprich Pluto-Umlaufbahn?

  • Der Ereignishorizont ist kleiner als der Schatten (in dem Fall etwa um den Faktor 2,5). Die Singularität selbst ist dem Begriff nach natürlich unendlich klein. Sie muss aber kein Punkt sein, auch ein Kreisring kann ja ein Volumen bzw. eine Oberfläche von null haben. So oder so ist sie aber weit innerhalb des Ereignishorizonts, und halt nicht beobachtbar...

  • Moin!


    Was ich bisher bei den ganzen Meldungen vermisste, habe ich nun bei der ESO gefunden: mal ein Bild, wie die Rechnungen im Vergleich eigentlich aussehen. Fazit: Ähnlichkeit ist vorhanden. Eine bessere Übereinstimmung könnte man wahrscheinlich hintrimmen (aus der Vielzahl möglicher Annahmen für die Akkretionsscheibe), das ist dann aber eher keine seriöse Wissenschaft mehr... und um es nebeneinander in die Pressemitteilung zu packen, ist es doch zu verschieden.
    Hier das Bild: https://www.eso.org/public/germany/images/raptor-4k/


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

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