200x30 Sekunden vs. 20x300

  • Hallo Zusammen,


    ich habe eine Verständnisfrage zum Thema Stacken. In diversen Tutorials liest man immer wieder, dass durch das Stacken hauptsächlich das Rauschen verringert wird und, aufgrund der höheren Anzahl von gesammelten Informationen, mehr Details erkennbar werden, das Bild aber insgesamt nicht (deutlich) heller wird.


    Im großen und Ganzen entspricht das auch meinen ersten Erfahrungen. Wenn ich z.B. den Orionnebel bei ISO 400 für 20 Sekunden ablichte, so ist das Einzelbild fast genauso hell/dunkel wie ein Summenbild aus 300 Aufnahmen a 20 Sekunden. Umgekehrt ist ein Einzelbild mit einer Belichtungszeit von 4 Minuten aber bereits "superhell" und es sind auch schon die dunklen Bereiche des Nebels gut erkennbar.

    Macht es insofern tatsächlich einen großen Unterschied im Endergebnis, wie lange die Einzelbilder belichtet wurden oder mache ich einen Denkfehler?


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hi Marco,


    bei 300x20s sammelst du zwar gesamt 100 Minuten Licht, aber beim Stacken wird das nicht einfach addiert. Du bekommst als Ergebnis den Mittelwert und deswegen ist das "Summenbild" auch nicht heller als das Einzelbild. Beim Einzelbild mit 4 Minuten hast du aber das in der Zeit ankommende Licht auf dem Chip und helle Objekte (Sterne oder der Kernbereich beim Orion) können dann bereits überbelichtet sein.


    Zum Mittelwert- denk dir als Beispiel-


    Objekt: Stern belichtet (ideal gedacht) ein Pixel, du machst 5 Aufnahmen und der Wert dieses Pixels schwankt dabei etwas zwischen 95, 92, 98, 96, 95- der Mittelwert daraus einfach gerechnet läge bei 95,2


    Ein anderes Pixel ohne Objekt bekommt durch Rauschen einen gewissen
    Wert, Rauschen ist aber zufällig- für die 5 Bilder daher vielleicht 2, 0, 2, 7, 1- ergibt einfach gerechnet 2,2


    Etwas grobes Beispiel.


    Die Frage- wie lange man jedes Einzelbild belichtet hängt vom Objekt ab (hell führt schneller zu Überbelichtung) und von der Helligkeit des Hintergunds (Störlicht) ab.


    Gruß
    Stefan

  • Hi Stefan,


    vielen Dank für die ausführliche Antwort, das hilft mir weiter und beantwortet genau die Grundfrage, die ich hatte.


    Ohne Autoguider ist es leider nun mal schwer, Belichtungszeiten von mehr als einer Minute zu schaffen, zumindest bei 1000 mm Brennweite.


    Mal schauen, was mit meinem aktuellen Equipment möglich ist. Ich möchte nicht unkontrolliert dazukaufen und erst einmal das Maximum aus der vorhandenen Ausrüstung herausholen.


    Am Anfang ist es mir bei der Astrofotografie vor allem wichtig zu lernen und nicht den Erfolg kaufen zu wollen. Daher setzte ich auch auf lieber Sternenkarten und "Handarbeit" statt auf GoTo und andere Erweiterungsmöglichkeiten.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco,


    was genau meinst mit der "Helligkeit" des Bildes? Das Bild ist immer genau so hell wie man es in der Bildbearbeitung aufhellt.
    Die Frage ist doch wie groß dann das Rauschen ist und wieviel man vom Nebel sieht.


    Die Frage ob 200x30 oder 20x300 besser ist ist hier erklärt:


    https://astrofotografie.hohman…elichtung.astrokamera.php


    Die Antwort ist wenn nach 30 Sekunden die maximal sinnvolle Belichtungszeit erreicht ist macht es keinen Unterschied mehr ob 20x300 oder 200x30 , bei beidem wird das Ergebnis in etwa gleich sein. Die maximal sinnvolle Belichtungszeit hängt hauptsächlich von der Lichtverschmutzung, vom Öffnungsverhältnis und von der Kamera ab. Normalerweise sollte sie nach 30 Sekunden erreicht sein.
    Ich z.B. habe eine Himmel ca. Bortle 5. Wenn ich mit dem 150/750 Newton und mono-CMOS-Kamera ohne Filter fotografiere liegt die maximal sinnvolle Belichtungszeit im Bereich von wenigen Sekunden.


    Gruß
    Armin

  • Hallo Armin,


    ich meine in diesem Fall die Helligkeit eines unbearbeiteten Einzelbildes vor dem Stacken.


    Wenn ich beispielsweise bei ISO 400/800 eine 20 Sekundenaufnahme des Orionnebels mache, sind die dunklen Nebelbereiche kaum erkennbar und durch das Stacken, also z.B. 300 x 20 Sekunden werden diese auch nicht deutlich heller, da das Stacken nach meinem Verständnis nur das Rauschen verringert und mehr Details sichtbar werden lässt.


    Mache ich umgekehrt bei ISO 400/800 eine Einzelaufnahme über mehrere Minuten, so sind die dunklen Bereiche bereits erkennbar und das gestackte Bild zeigt dann erst recht viel mehr, obwohl die Gesamtbelichtungszeit in dem weiter oben genannten Beispiel exakt gleich ist.


    So zumindest mal der Gedankengang...


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco,


    ok verstehe worauf du hinaus willst. Ja, das Stacken verringert "nur" das Rauschen, aber genau das ist es doch was man erreichen will.
    Wenn man eine längere Einzelbelichtungszeit macht führt das ja auch "nur" dazu dass das Rauschen im Einzelbild verringert wird. Man kann ja auch einfach das kürzer belichtete Bild in der Bildbearbeitung heller machen oder den ISO erhöhen, aber dann rauscht es halt auch viel mehr und man sieht weniger darin. Die Frage ist nicht wie hell das Bild ist oder wie "wenig" Rauschen man sieht sondern wie viel man bei gleichem Rauschen sieht, deshalb spricht man ja auch vom Signal-Rausch-Verhältnis.
    Wenn du die Erfahrung gemacht hast das man bei dir trotz gleicher Gesamtbelichtungszeit bei der Aufnahme mit längerer Einzelbelichtungszeit mehr sieht, bedeutet das dass du bei den 20s noch nicht die maximal sinnvolle Belichtungszeit erreicht hast.


    Auf der Seite die ich verlinkt habe ist unten ein Rechner mit dem man die maximal sinnvolle Belichtungszeit ungefähr berechnen kann. Nimm ein Dark und ein Light von dem Versuch mit 4 min Einzelbelichtungszeit, ermittel z.b. mit Fitswork den RMS-Wert, zusammen mit der Belichtungszeit errechnet der dir dann ob es Sinn macht noch länger zu belichten oder ob kürzer auch ausreichen würde.


    Gruß
    Armin

  • Hi Marco, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn ich beispielsweise bei ISO 400/800 eine 20 Sekundenaufnahme des Orionnebels mache, sind die dunklen Nebelbereiche kaum erkennbar und durch das Stacken, also z.B. 300 x 20 Sekunden werden diese auch nicht deutlich heller, da das Stacken nach meinem Verständnis nur das Rauschen verringert und mehr Details sichtbar werden lässt. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Mit dem verringerten Rauschen kannst du in der Nachverarbeitung die weniger hellen Bereiche aber mehr hochziehen und damit werden die schwachen Bereiche besser erkennbar. Kein Rauschen = mehr Kontrast der schwachen Objekte gegenüber dem umgebenden Hintergrund. <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Mache ich umgekehrt bei ISO 400/800 eine Einzelaufnahme über mehrere Minuten, so sind die dunklen Bereiche bereits erkennbar und das gestackte Bild zeigt dann erst recht viel mehr, obwohl die Gesamtbelichtungszeit in dem weiter oben genannten Beispiel exakt gleich ist. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Prinzipiell erst mal ja, aber die hellen Bereiche sind dann möglicherweise bereits überbelichtet. Gerade der Orionnebel ist da schwierig, der helle Kernbereich brennt sehr schnell aus und die schwachen Bereiche sind da trotzdem noch nicht gut erkennbar.


    Bei schwachen Galaxien brennen dir schnell hellere Sterne im Vordergrund aus, auch da hilft es, die Belichtung zwar möglichst lang, aber nicht überbelichtnd zu halten.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan, hallo Armin,


    danke für Eure Erklärungen. Dann werde ich mal ein wenig experimentieren, um herauszufinden welche Belichtungszeit bei meiner Ausrüstung am sinnvollsten ist.


    Mit 30 Sekunden habe ich bereits recht gute Erfahrungen gemacht. Eine Minute wäre vermutlich noch besser, aber dann werden die Sterne irgendwann zu Eiern oder "Kometen", da ich ja keinen Autoguider habe.


    (==&gt;)Armin: Danke auch für den Link mit dem Belichtungszeitrechner.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Marco -
    Du müsstest für das Einzelbild mit 300s (5 Minuten) das Gain, also den ISO-Wert um den Faktor 15 verringern. Also statt 1600 ISO nun 100 ISO. Sonst landen hellere Sterne und Galaxienkerne sehr schnell in der Sättigung. Was bei der Darstellung der gestackten (übrigens je nach verwendetem Programm auch durchaus einfach addiert, zB. bei Fitswork oder AstroArt und anderen dedizierten Astro-Bildverarbeitungsprogrammen einstellbar) gemacht wird: Der Wertebereich wird ja durch die Anzahl der Bilder nach oben hin erweitert. Und die Darstellung entsprechend angepasst. Entweder automatisch, oder per Hand, wenn man im Histogramm entsprechend 'herumfuhrwerkt'. Das ändert normalerweise nichts am Bild selbst, sondern nur an der Darstellung. Erst wenn man das Bild nach Jpeg exportiert (übrigens auch mit den Kamera-eigenen RAW-Entwicklungsprogrammen), wird das Histogrammstretching auf das Ausgabebild angewandt.
    Zur Belichtungszeit der Einzelbilder: So lange belichten, bis man gerade noch keine Striche bekommt und dann das Gain (ISO-Wert...) so lange verstellen, bis der Himmelshintergrund gerade etwa 5% des Histogramms erreicht.

  • Hallo Marco,
    mein Forenname sagt ja schon einiges aus zu meiner Position zu diesem Thema.:-)
    Grundsätzlich darf man das Rauschen nie isoliert betrachten(s.o.), das ist der Hauptfehler, der in der Astrofotografie gerne gemacht wird, gerade, weil das in der Tageslichtfotografie vernachlässigbar ist bzw. anders gehandhabt wird.
    Und: grundsätzlich ist es am sinnvollsten, (für das SNR), so lange wie möglich zu belichten, keine Frage. Aber, die Einbußen bei z.B. "nur" 30 s sind mit modernen Kameras überschaubar. Geschätzt und als Mittelwert musst du evtl. 20% mehr belichten um zum gleichen SNR zu gelangen.(Thema Ausleserauschen) Allerdings reicht evtl. schon eine einzige versaute 5 min. Belichtung dafür aus, dass die Statistik wieder für die Kurzbelichtung spricht.
    Natürlich spielen viele Faktoren eine Rolle, ein scharfes Bild geht tiefer als ein unscharfes und die Qualität der Montierung oder des Guidings spielt da natürlich auch eine große Rolle genau wie die Frage, ob man im dunkeln gerne mal über Kabel fällt;-)
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Ralf, hallo Ulrich,


    super, danke für die zusätzlichen Infos! Eure Tipps helfen mir sehr, um Schritt für Schritt besser zu werden.


    Am Anfang kann man ja fast schon beliebig viele Dinge falsch machen, angefangen beim Einnorden, den Kameraeinstellungen bis hin zum exakten Scharfstellen über eine Bhatinovmaske oder ähnliches.


    Nachdem ich die ersten Aufnahmen noch als JPG gemacht habe, bin ich mittlerweile auf RAW umgestiegen. Die Qualität und insbesondere die Glättung des Hintergrundes ist nun deutlich besser.


    Als nächstes versuche ich dann tiefer in das Mysterium der Bildbearbeitung einzusteigen.
    Ich bin immer wieder sprachlos, was manche aus den gesammelten Daten herausholen.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Ulrich,


    angesichts der kurzen Gesamtbelichtungszeit finde ich das Bild ziemlich beeindruckend.


    Noch eine "dumme" Frage: Wie funktioniert das mit dem doppelt logarithmischen Strecken?
    Ich strecke immer über das Histogramm in Fitswork und zusätzlich noch über die einzelnen Farbkanäle.

    Viele Grüße,
    Marco

  • Fitswork ist schon mal sehr gut - kennst du das Tutorial von Astrohardy?

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    Da erklärt er sehr genau, wie man das machen muss, um die Daten alle zu erhalten, aber trotzdem ein ansprechendes Bild zu bekommen.

  • Hallo Ullrich,


    ja, das Video ist sehr gut und hilfreich; ich kenne es und gehe auch immer so vor. Vor allem lasse ich den rechten Schiebebalken da wo er ist und erhöhe allenfalls die Helligkeit mit dem Regler unter dem Histogramm, damit nichts ausbrennt und keine Informationen verloren gehen.


    Nach dem Stretchen speichere ich dann zur Sicherheit erst einmal ab und verwende dann meist noch die Option "Bearbeiten &gt; Ebnen &gt; Hintergrund ebnen Nebel/Sterne".


    Nachdem der Hintergrund homogenisiert ist, kann ich dann noch ein zweites Mal stretchen, wodurch das Objekt noch etwas klarer herauskommt. Bei den anderen Funktionen von Fitswork muss mich allerdings noch tiefer einarbeiten.


    ich weiß nicht, ob das der optimale Weg ist, aber zumindest werden die Bilder Schritt für Schritt besser.


    Viele Grüße,
    Marco

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