Astromodifizierte DSLRs für Objektive ungeeignet?

  • Hallo liebe Astro-Community,


    ich liebäugle immer wieder mit einer astromodifizierten Kamera und nun ja mir ist die Canon EOS 750D ins Auge gestochen. Nun steht dort aber unten:


    "Achtung: Durch den Ausbau des Filters ist bei Verwendung refraktiver Optik mit Bildunschärfe und/oder falschen Farben zu rechnen, sofern kein zusätzlicher IR-Sperrfilter eingesetzt wird."


    Bedeutet das, dass man nur ein Spiegelteleskop verwenden kann oder kann ich es auch einfach an z. B. ein Canon 200mm f/2.8 Objektiv anschließen?


    clear skies,
    Sven

  • Hallo Sven,
    ja, das stimmt und das wissen viele auch nicht. Es hat ja seinen Grund, warum die Kameraentwickler diese Filter einbauen.
    Man sollte das aber ins Verhältnis setzen. Man gewinnt beim Komplettausbau etwa 25-30% Licht, das ist schon ne Menge und dieses Licht ist rot. D.h. rote Objekte gewinnen überproportional. Auf der anderen Seite steht die Unschärfe. Bewegt man sich im Teleskop-Bereich (natürlich nur Refraktor), so fällt dieses i.d.R. kaum auf, denn man hat selten so gutes Seeing. Im Teleobjektiv-Bereich ist das aber schon deutlicher sichtbar. Hier ist dann der Rotkanal wirklich deutlich unschärfer. Im Gesamtbild fällt das dann nicht mehr so deutlich auf, da der Rotkanal nur zu 25% in die RGB-Luminanz einfließt. Die Folge sind aber dann z.B. rote Ränder um die Sterne. In der Bildbearbeitung kann man das bis zu einem gewissen Grade wieder korrigieren (künstliches L usw.) aber letztendlich ist eine umgebaute DSLR in Sachen Schärfe immer ein Kompromiss. Am Ende kommt es dann tatsächlich auf das Tele selber an. Mein Tele-Zoom 70-200 (16 Linsen) schneidet da z.B. besser ab als die Festbrennweite von 20 mm.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hi,


    ergänzend vielleicht zu erwähnen, das gilt ebenso für ein genutztes Spiegelobjektiv/-teleskop. Das führt ebenso zu dem Überanteil an Rot.


    Und ohne den Glasweg der ausgebauten Filter dürfte die Autofokusfunktion bei einem Teil der DSLRs mit den dafür genutzten Objektiven nicht mehr korrekt funktionieren.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Sven,


    Es gibt mehrere Auswirkungen, wenn der IR-Sperrfilter fehlt:


    1. Der fehlende Glasweg verändert den Strahlengang -> Autofokus funktioniert eventuell nicht mehr korrekt. Abhilfe: Statt Filter Klarglas (entspiegelt) mit gleicher optischer Dicke einbauen.


    2. Alle Pixel werden mehr oder weniger infrarotempfindlich, weil die Bayermatrix aus einfachen Absorptionsfarbstoffen besteht, die IR durchlassen. Abhilfe: Externen IR-Sperrfilter verwenden, oder statt IR-Sperrfilter einen Kurzpassfilter mit ca. 700nm Grenzwellenlänge (H-Alpha wird durchgelassen, das "Übersprechen" des Rotanteils auf die Grün- und Blaupixel ist unter 700nm noch nicht so groß).


    3. Die Vergütung der meisten Objektive ist nur von ca. 430-620nm optimal. Außerhalb dieses engen Bereichs verschlechtert sich die Transmission schnell, und die Reflexionen nehmen zu.


    4. Der Infrarot-Anteil wird von den meisten Objektiven nicht korrekt abgebildet. Alle denkbaren Bildfehler können auftreten. Hauptsächlich gibt es einen Farblängsfehler (andere Fokuslage des IR-Anteils) und sphärische Aberration. Abhilfe: Externen IR-Sperrfilter verwenden, oder Objektive speziell auswählen.


    In der Firma nutzen wir seit langer Zeit Nikon 55mm f/2,8 Makro-Objektive auch für IR. Mit normaler Vergütung haben die im Bereich oberhalb ca. 950nm nur noch ca.30-40% Tranmission, obwohl nur relativ wenige Glas-Luftflächen vorhanden sind. Wenn man die Vergütung komplett weglässt (Sonderversion, die von Nikon extra für unsere Firma gefertigt wurde), verdoppelt sich die IR-Transmission auf ca. 60-70% und das Objektiv kann sogar bis 2µm Wellenlänge eingesetzt werden. DieFokuslage ändert sich im IR allerdings, deshalb eignen sich diese Objektive nur mit Bandpassfiltern.
    Es gab auch mal von Pentax ein sehr exotisches Weitbereichs-Objektiv 85mm f/4,5 mit M42 Anschluss, das von 200-1000 nm verwendbar war, also sogar bis tief in den UV-Bereich.


    Die aktuellen hochgezüchteten Objektive dürften für IR eher schlechter geeignet sein als die alten bzw. optisch einfacheren Konstruktionen.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Sven,


    Es kommt auch darauf an, welchen Umbau Du machen lässt. Bei einem Ausbau sämtlicher Filter wird die Kamera komplett IR-empfindlich und das hier gesagte gilt, mit allen Einschränkungen bezüglich Verwendung von Objektiven.
    Wenn Du aber nur den Tiefpassfilter entfernen lässt und der UV/IR-Filter drinnen bleibt, kann man sehr wohl normale Objektive (z.B. das erwähnte Canon 200/2.8) verwenden. Dafür erhältst Du im H-Alpha "nur" 80% Empfindlichkeit. Meine 1000Da ist so modifiziert und ich bin sehr zufrieden. Ich komme auch in den Fokus und die Sensorreinigung ist ebenfalls erhalten geblieben.


    Wo genau stammt das Zitat denn her? Wo willst Du die Kamera kaufen bzw. umbauen lassen? Und welchen Umbau strebst Du an?


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Sven,


    zu dem, was Marcus ausgeführt hat, noch eine Ergänzung: Neuere Kameras haben noch bessere IR-Filter. Der meiner 1100D lässt bis 670nm über 97% durch.

  • Ich habe die Kamera komplett umbauen lassen, weil ich sie auch für die IR Fotografie verwende. Das ganze hat aber für die Astrofotografie auch nachteile.Um damit bei der Astrofotografie sauber fokkusieren zu können, solltest Du einen Filter verwenden, der Teile des IR begrenzt. Dazu verwende ich den Astronomik L-2. Tageslicht geht auch, z.B. mit dem Astronomik OWB. Beide Clipfilter schränken aber Deine Objektivauswahl wieder ein. Bei Canon kannst Du mit Clipfiltern keine EF-S Objektive mehr verwenden sondern nur noch EF.


    Mit dem EF 200mm f/2.8L ist sie kompatibel. Das verwende ich auch und gebe es nicht mehr her.

  • Hallo Sven,


    klares jein.


    in der Produktbeschreibung steht ja:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Achtung: Durch den Ausbau des Filters ist bei Verwendung refraktiver Optik mit Bildunschärfe und/oder falschen Farben zu rechnen, sofern kein zusätzlicher IR-Sperrfilter eingesetzt wird. Der Staubschutz des Sensors nimmt ebenfalls ab.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das haben die Kollegen ja weiter oben auch schon erwähnt.
    Dein 200mm f2,8 ist eine refraktive Optik. ;)


    Ergo brauchst du einen UV/IR Cut(Sperr-) Filter .
    Entweder als Clip-Filter oder vor dem Objektiv. Wichtig ist das der auch wirklich bis tief ins Infrarot sperrt.
    Ich würde "vor dem Objektiv" Empfehlen, weil bei f4 und drunter, Filter ,nahe am Chip, gerne anfangen Reflexe zu erzeugen.


    Eine Version mit Baader Filter ist, bei Verwendung mit Fotoobjektiven, "besser", oder die Version die Marcus oben erwähnt hat , mit dem Tiefpassfilter.(Just my 2 cent)


    Ich habe Kameras mit Baader-Filter und die Tiefpass Version im Einsatz.


    Beide Funktionieren mit dem 200mm(L) F2,8.
    Die Baader Version ist halt Empfindlicher, dass sehe ich immer wieder im Vergleich, aber die Tiefpass Methode ist halt in der "Regel" "günstiger" zu bekommen. (Aber ich habe nur "alte" Kameras im Einsatz. Mag gut sein dass das bei neueren nicht mehr so ist.)


    VG Ulf

  • Servus Sven,


    neben dem bereits gesagten, was die IR Eigenschaften der Objektive betrifft, ist auch noch eine mechanische Komponente zu beachten: Mit der Verwendung eines Clip Filters, wie den von Astronomik, den ich auch bei meiner Astro 750er für Tag und Alltagsphotographie verwende, stoßen die EF Objektive am Filter an und lassen sich nicht mehr ins Bajonett einsetzen. Das übliche 18 bis 55mm, das bei den Canons meist mitgekauft wird, ist z.B. davon betroffen. Es gibt da nur zwei Möglichkeiten: Bei Verwendung des Clip Filters Objektive mit kürzerer Baulänge hinterm Bajonett wählen oder, etwas unorthodox, geht aber, die Blende hinten am Objektiv mechanisch kürzen. Bei diesem Eingriff sollte man aber wissen was man tut, damit das Objektiv nicht in der Funktionsweise eingeschränkt wird. Im Prinzip ist das nicht so schwer, die kameraseitige Blende ist mit ein paar Schräubchen befestigt und leicht abzumachen. Es müssen etwa 5mm weg, damit das Objektiv nicht an den Filter anstößt. Ich habe das bei zwei Objektiven umgesetzt. Aber, wie gesagt, man sollte wissen, was man da macht.
    Auf den Webseiten von Astronomik und beim Wolfi ist der Hinweis auf diese Tatsache zu finden, man kann das aber doch übersehen.


    Gruß, Haley

  • Hallo nochmal,
    ich möchte noch mal betonen: Auch mit *UV-Sperrfilter ist das Bild trotzdem noch unschärfer als nicht modifiziert. Es ist der Rotanteil, den wir ja haben wollen, der nicht exakt den gleichen Fokus hat wie z.B. das grüne Licht. Ein UV Filter hilft aber natürlich.
    Ein anderer Punkt noch: Für die Tageslichtfotografie reicht es leider nicht einen manuellen Weißabgleich zu machen. Empfindliche Bereiche, z.B. Hauttöne sehen danach eher krank aus. Hier muss man sich entweder eine Batch-Aktion zurecht basteln, z.B. Rottöne etwas in der Luminanz abdunkeln, oder gleich einen OWB-Filter nutzen.
    Viele Grüße,
    ralf


    *ups, verschrieben, wollte IR-Filter sagen.

  • "stoßen die EF Objektive am Filter" verwechselt Du das nicht gerade? Die EF-S sind länger und stoßen an. Die EF sind kürzer und stoßen nicht an. Das meist mitgelieferte 18-55mm ist ein EF-S, passt also nicht.

  • Bei meiner Canon EOS 1000D wurde der Filterstack entfernt und IR absorbierender Klargglasfilter eingebaut. dass die Kamera das IR Licht schluckt erkennt man ganz gut, wenn man die LED einer Fernbedienung mit Liveview betrachtet. Diese bleibt dunkel. Ich benutze ganz normal meine Objektive: vor allem hier das Canon EF 200 mm f/2.8L, Das Samyang 135 mm sowie das Canon EF 50 mm f/1.8 STM.

    Gruß & cs

    Andreas


    Meade LXD55 10" f/4 | GSO Dobson 8" f/6 | TS PHOTOLINE 3" f/7 Apo | Fujinon 10x70 FMT-SX2 | Fujinon 16x70 FMT-SX | AstroTrac TT320X-AG | Canon EOS 1000Da / 600Dfs / 6D

  • Moin,


    Es ist meiner Meinung ohnehin Unsinn eine modifizierte Kamera für Tageslichtfotografie zu verwenden. Einen Body modifizieren lassen und einen zweiten nicht und den dann für Alltagsfotografie verwenden, alles andere ist nur ein fauler Kompromiss. Dann spart man sich den OWB-Clipfilter und auch die Problematik mit den EF-S Objektiven.


    Ralf, dass ein UV-Filter bei einer IR-offenen Kamera nicht viel bringt ist glaube ich klar. Aber hier war bislang auch immer die Rede davon entweder den internen UV/IR-Cut zu erhalten, durch einen Baader UV/IR zu ersetzen oder einen entsprechenden Filter als Clip- oder Frontfilter zu verwenden.


    Im übrigen wollen wir in der Astrofotografie mit einer RGB-DSLR in der Regel ja gar kein IR haben, sondern die 656nm des H-Alphalichts. Und das ist zwar tiefrot, aber noch kein IR. Auch unmodifizierte Kameras lassen H-Alpha passieren, haben durch den Tiefpassfilter aber nur noch eine Empfindlichkeit von rund 20% gegenüber Kameras ohne Filter. Auch aus diesem Grund halte ich das entfernen dieses Filters und erhalten des internen UV/IR-Cutfilters für den sinnvollsten Umbau für die meisten Astrofotografen.


    Sven, warum hast Du Dir denn eine Kamera mit komplett ausgebauten Filterpaket ausgesucht? TS bietet doch auch Kameras an, bei denen nur der Tiefpassfilter ausgebaut wurde oder bei denen ein Baader-Filter eingebaut wurde. Mit so einer hättest Du die IR-Probleme nicht.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Servus zusammen,


    ich habe nur zwei EF Objektive, die beide am Filter anstoßen und die ich modifiziert habe. Das eine ist das erwähnte 18 bis 55 Kit Objektiv, das schon bei meiner alten Canon dabei war, das andere ein 55 bis 250er Tele. Wie es mit anderen Objektiven der Baureihe ausschaut, weiß ich nicht und hat mich jetzt ehrlich auch nicht interessiert. Ich hab das mit dem Anstoßen am Filter erst gemerkt, als ich die 750er frisch hatte und dann mal den Filter eingesetzt habe. Vorher wäre ich gar nicht auf den Gedanken gekommen, daß das ein Thema ist und natürlich auch nicht danach recherchiert.
    Der Tip, mehrere Kameras für Tag und Astro zu haben ist gut und schön, wenn man entsprechende Geldmittel hat und bereit ist zu investieren. Wenn ich die fette Kohle hätte, würde ich vielleicht gleich zu einer CCD Kamera greifen. Ich selber mache zu wenig Astrophotographie um da groß investieren zu wollen. Und auf die Videofunktion und den sonstigen guten Eigenschaften der 750er will ich nicht verzichten, meine alte hat das nämlich alles nicht, da ist die Lösung mit dem Clip Filter aus meiner Sicht schon ok.


    Gruß, Haley

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: haley</i>
    <br />Servus zusammen,


    ich habe nur zwei EF Objektive, die beide am Filter anstoßen und die ich modifiziert habe. Das eine ist das erwähnte 18 bis 55 Kit Objektiv, das schon bei meiner alten Canon dabei war, das andere ein 55 bis 250er Tele.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das sind keine EF-Objektive sondern EF-<b>S</b> Objektive, ein großer Unterschied. Versuche mal ein EF-S Objektiv an einer vollformatigen Canon EOS zu betreiben. Das Ding würde auch am Spiegelkasten anstoßen.


    Und was ist eigentlich dabei, eine Kamera für Astro und eine Kamera für Tageslichtaufnahmen zu nutzen? So teuer sind die Dinger heutzutage nicht mehr, vor allem, da man ältere Modelle bei ebay regelrecht hinterhergeschmissen bekommt, die man dann modifizieren kann.


    Ich besitze z.B. eine Canon EOS 1000D (meine 1. DSLR) die ich von TS astromodifizieren ließ. Danach kam die 600D für Tageslichtaufnahmen, Astro und fotografische Experimente. Dann eine 6D, da ich überwiegend mit Festbrennweiten fotografiere. Meine 100D + spiegellose EOS M50 nutze ich für Reisen mit leichten Gepäck.

    Gruß & cs

    Andreas


    Meade LXD55 10" f/4 | GSO Dobson 8" f/6 | TS PHOTOLINE 3" f/7 Apo | Fujinon 10x70 FMT-SX2 | Fujinon 16x70 FMT-SX | AstroTrac TT320X-AG | Canon EOS 1000Da / 600Dfs / 6D

  • hallo Haley,


    Andreas schrieb schon, du besitzt nur EF-S Objektive. Und betreffs der Geldmittel - anders herum wird ein Schuh draus. Um deine 750D uneigeschränkt bei Tageslicht zu nutzen müsstest du erstmal in EF-Objektive investieren. Dann kommt noch der Clipfilter hinzu. Wenn du aber einfach eine 1200D als modifizierte Kamera holst, solltes du deutlich günstiger kommen und musst weder bei Nacht noch bei Tage faule Kompromisse eingehen :)


    viele Grüße - Ronald

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