Die Andromedagalaxie (M 31) – jeder kennt sie, jeder hat sie schon beobachtet, man sieht sie sogar mit bloßem Auge. Sie ist diejenige große Galaxie, die am nächsten bei uns liegt. Dennoch bietet sie im Teleskop keinen spektakulären Anblick. Während man in Galaxien, die 10 oder 20 mal weiter entfernt sind, schöne Spiralarme sieht, oder kontrastreiche Dunkelbänder und helle H II Regionen, erscheint die Andromedagalaxie zunächst strukturlos. Doch eine genaue Betrachtung zeigt, daß auch sie einiges zu bieten hat. Ich möchte im Folgenden 5 Regionen innerhalb der Galaxie vorstellen, in denen man interessante Einzelobjekte beobachten kann. Vorweg allerdings eine Warnung: Keines dieser Objekte ist leicht zu sehen, und keines ist spektakulär. Die Beobachtung erfordert einen dunklen Himmel, reichlich Geduld, und die Fähigkeit sich an kleinen Dingen zu freuen.
Zunächst eine Übersichtskarte der <u>unteren Hälfte</u> der Galaxie (dieses und alle folgenden Bilder sind Bearbeitungen von DSS Fotos).
Um sich zurechtzufinden, kann man sich am hellen Kern von M 31 sowie an M 32 (Mitte links) und dem Sterndreieck A (Mitte rechts) orientieren. (Achtung: Die Andromedagalaxie ist viel größer als man denkt, wenn man mit kleineren Teleskopen beobachtet.) Ich habe hier 3 Regionen markiert (1, 2 , 3), die nun einzeln vorgestellt werden sollen.
<u>Region 1 (NGC 206 / Stern 12 / Stern 112):</u>
Dies ist eine große Sternwolke, die auch eine eigene NGC Nummer hat (NGC 206). Leider ist der Kontrast zum Hintergrund schwach, so daß sie nicht leicht zu erkennen ist. Wenn man sich am Sterndreieck A orientiert, weiß man ungefähr, wo sie liegt. Die beiden Sterne in Kästen geben eine genauere Eingrenzung. Ist diese Sternwolke schon mit kleineren Öffnungen zu sehen, oder braucht man dafür große Optiken?
In NGC 206 liegen die hellsten Einzelsterne der Andromedagalaxie (vgl. den Artikel von Odewahn aus dem Jahr 1987, vor allem Plate 15 ganz am Ende):
Der Stern 12 hat 16,4 vmag, und der Stern 112 ist mit 17,03 vmag angegeben. Alles andere sind Vordergrundsterne der Milchstraße. Unter mäßigen Bedingungen konnte ich Stern 12 direkt sehen. Dagegen blieb Stern 112 unsichtbar. Stern 12 machte aber einen etwas verwaschenen Eindruck. Ich nehme daher an, daß man hier einen ganzen Sternhaufen sieht, und nicht eigentlich einen Einzelstern.
<u>Region 2 (G 96 / C 179):</u>
Wer vom Sterndreieck A den halben Weg zu M 32 hin schwenkt, gelangt zu Region 2. Am besten schaut man zuerst nach G 96. Dies ist ein heller Kugelsternhaufen der Andromedagalaxie. Von G 96 aus findet man C 179. Dies ist ein H II Gebiet mit Sternentstehung, ähnlich wie die großen Nebel der Sommermilchstraße (Adlernebel, Lagunennebel etc.). Es ist das leuchtkräftigste derartige Gebiet in der Andromedagalaxie. Auf Fotos strahlt C 179 hell in wasserstoffrot. Im Teleskop ist der Nebel allerdings grau, klein und eher schwach.
<u>Region 3 (G 76 / C 107):</u>
Von M 32 und dem hellen Stern rechts unterhalb davon findet man Region 3. Man erkennt sie leicht an der W-förmigen Sterngruppe, die aussieht wie das Sternbild Cassiopeia. Der Stern links unten im W scheint doppelt. Die obere Komponente ist G 76, ein weiterer heller Kugelsternhaufen der Andromedagalaxie. Rechts davon liegt C 107, ebenfalls ein H II Gebiet mit Sternentstehung, aber schwächer als C 179.
Zwei weitere interessante Regionen (4, 5) liegen in der <u>oberen Hälfte</u> von M 31. Zunächst die Übersichtskarte:
<u>Region 4 (G 280 / C 410 / G 272):</u>
Wenn man sich am Zentrum von M 31 und an M 32 orientiert, findet man leicht die hakenförmige Sterngruppe B. Sie zeigt direkt auf Region 4.
Das hellste Objekt ist der Kugelsternhaufen G 280. Der benachbarte Kugelsternhaufen G 272 ist schwächer. Dazwischen befindet sich das noch schwächere, längliche H II Gebiet C 410. Alle drei Objekte liegen in einer Reihe. Man braucht eine Weile, bis man alle drei sehen kann, aber dann ist es ein sehr schöner Anblick.
<u>Region 5 (G 279 / A 1 Andromedae):</u>
Direkt neben Region 4 liegt Region 5. Sie enthält den schwachen Kugelsternhaufen G 279. Außerdem befindet sich dort der Einzelstern A 1 Andromedae. Wenn man davon ausgeht, daß die Objekte 12 und 112 in NGC 206 eher Sternhaufen sind, dann ist A 1 der hellste Einzelstern der Andromedagalaxie. Er ist mit 17,08 vmag etwas heller als der sonst oft genannte AE And, der 17,37 vmag hat. Beide sind aber veränderlich (LBV = luminous blue variable), so daß sich Verschiebungen ergeben können.
Die Beobachtung von A 1 fällt in die Kategorie „Leistungssport“. Ich habe ihn erst im dritten Anlauf erwischt, obwohl ich die Stelle schnell identifiziert hat. Man kann sich zunächst an den beiden Sternen rechts und links von G 279 orientieren, sowie an den beiden helleren Sternen darüber (Mitte der Ellipse und rechts davon). Von dort aus kann man die Vierersternkette ganz links angehen, die aber schon sehr schwach ist. Sie führt zu dem eingekreisten Stern. Diesen Stern konnte ich zwar nicht kontinuierlich sehen, er kommt und geht, aber er ist sicher identifizierbar, so daß ich mich an ihm „festhalten“ konnte. A 1 And liegt ein klein wenig rechts davon und blitzte nur selten auf. Im Ganzen war diese Sichtung also etwas „spekulativ“.
<u>Historisches:</u>
Hubble entdeckte in den 1920er Jahren auf Fotoplatten einen Cepheiden in der Andromedagalaxie. Dadurch wurde erst wirklich klar, daß der Andromedanebel kein Objekt innerhalb der Milchstraße ist, sondern eine fremde Galaxie. Das konnte man dann auf all die anderen nebeligen Flecken übertragen, die man in Teleskopen bereits gesehen hatte. (Als Einstein 1917 seine allgemeine Relativitätstheorie entwickelte, meinte man noch, daß das Weltall nicht größer sei als unsere Galaxis.) Ich hätte diesen wissenschaftshistorisch bedeutenden Cepheiden gern in die Liste aufgenommen, aber er ist leider schwächer als 18 mag und damit visuell nicht beobachtbar.
<u>Literatur:</u>
Stephen Odewahn (1987), siehe vor allem Plate 15 am Ende über die hellsten Objekte in NGC 206: „A Photometric Survey of the Rich OB Association NGC 206 in M 31“.
http://articles.adsabs.harvard…PRINTER&filetype=.pdf
Thomas Szeifert (1996) über die hellsten Einzelsterne (LBV) in M 31 und M 33: „HST and groundbased observations of the Hubble-Sandage Variables in M 31 and M 33“ (1996).
http://adsabs.harvard.edu/full/1996A%26A...314..131S
Hier ein Link zur Mosaik CCD Aufname von Robert Gendler:
http://www.robgendlerastropics.com/M31NMmosaic.html
Da kann man alle Objekte auf einem Foto ansehen.
Sehr schönes Material (hoch aufgelöste Hubbel-Fotos und Erklärungen) findet man auf der Messier-Seite der NASA:
https://www.nasa.gov/feature/g…r-31-the-andromeda-galaxy
Viele Grüße und viel Spaß beim Beobachten im Oktober 2018
Johannes