Galaxienjagd am Frühlingshimmel

  • Hallo zusammen,


    heute klingelte mein Wecker bereits um 3 Uhr nachts. Der Grund: Laut Vorhersagen sollte es die ganze Nacht klar werden, und ich kann die Galaxiensaison kaum abwarten – eine gute Gelegenheit, um die Zeit etwas nach vorne zu drehen.


    Nach einem kurzen Blick aus dem Fenster wusste ich, dass die Vorhersage wie erwartet zutrifft und ich losfahren kann. Mein gesamtes Equipment habe ich schon am Abend zuvor ins Auto geräumt, denn heute Nacht wäre mir das wahrscheinlich zu bunt gewesen. Innerhalb von 15 Minuten war ich angezogen, mit Getränken versorgt und bereit für die Abfahrt.


    Falls es eisiger werden sollte als gedacht, habe ich mir noch weitere Handschuhe und Kleidung mitgenommen.



    Kurze Zeit später war ich am Beobachtungsplatz angekommen und stellte schnell fest, dass die Bedingungen passen. Die Transparenz sehr gut, das Seeing gut. Nach all den Winterwochen sorgten die Sterne allerdings kurz für Verwirrung: Die Zwillinge stecken auf einmal im Horizont, vom Orion bleibt keine Spur, der Krebs scheint gestolpert zu sein, und wo kommt eigentlich Vega her?
    Egal, mir ging es vorrangig um den großen Bären, die Jagdhunde, das Haar der Berenike und um die Jungfreu. Und die standen im Zenit oder, im Fall von der Jungfrau, relativ hoch im Süden. Passt!


    Bis halb 4 war dann das gesamte Equipment aufgebaut und einsatzbereit. Glücklicherweise war mein 12er bereits ausgekühlt, nicht zuletzt wegen der Lagerung im Auto.



    Jupiter war mehr als deutlich zu sehen und stand auf brauchbarer Höhe, sodass ich ihn als erstes anfuhr. Mir persönlich war er noch zu hell, aber zum Prüfen der Optik war er gut geeignet. Wirklich los ging es dann mit M51, dem ersten Objekt auf meiner Liste.


    M51 stand nahezu perfekt im Zenit und zeigte dementsprechend schöne Spiralstrukturen, die ich indirekt problemlos erkennen konnte. Das Bild im 14-mm-Okular lies auf eine gute Nacht schließen. Es folgten M63 und M106, die ja in unmittelbarer Nähe zu M51 stehen. Bei M106 war die leicht unregelmäßige Ausdehnung sichtbar, zudem konnte ich den Begleiter NGC 4248 relativ deutlich erkennen. Ich meine auch, den anderen, weiter entfernten Begleiter gesehen zu haben, allerdings bin ich mir nicht ganz sicher. Ich konzentrierte mich eher auf M106 selbst.


    Nach einem kurzen Abstecher zu M94 war meine nächste Station das Haar der Berenike. Hier war die 60 Mio. Lichtjahre entfernte Nadelgalaxie NGC 4565 mein erstes Ziel – eines meiner Lieblingsobjekte! Nicht weit entfernt davon liegen NGC 4559 und die Walgalaxie. Ich betrachtete beide Objekte eine ganze Zeit lang und schwenkte dann zu M64. Diese Galaxie zeichnet sich durch ihren dunklen Fleck im Zentrum aus, der ohne Probleme indirekt sichtbar war.


    Es muss ca. 4:15 Uhr gewesen sein, als ich mir einen Teil des Virgo-Haufens vornahm. Auf meiner Liste stand die Markarjansche Kette. Glücklicherweise „traf“ ich M84, den Anfang der Kette, beim ersten Versuch. Im Übersichtsokular zeigten sich M84, M86, die Edge-On-Galaxie NGC 4388 und „The Eyes“ (NGC 4438 und 4435). Anschließend betrachtete ich noch M49 (kein Teil der Markarjanschen Kette). Übrigens brachte die „Lost Galaxy“ kurz Verwirrung: Ich wusste, dass ich auf die Lost Galaxy stoßen werde. Laut Wikipedia handelt es sich dabei um NGC 4535. Als ich NGC 4535 im Okular hatte, dachte ich also, ich sehe gerade die Lost Galaxy ... Kurze Zeit später musste ich aber feststellen, dass es sich laut Atlas bei der Lost Galaxy um NGC 4526 handelt. [}:)] Hat da etwa jemand die falsche Galaxie verloren?


    Zufällig bin ich dann auch auf die unscheinbare Galaxie NGC 4570 gestoßen, die sich in der Nähe der „richtigen“ Lost Galaxy befindet.


    Inzwischen war es etwas windig geworden. Während es in der vorherigen Zeit wirklich windstill war, zog nun ein eiskalter Wind über die Felder. Trotz zwei Paaren Handschuhe wurde mir langsam kalt in den Fingern, was mich von meiner Beobachtung aber nicht abhielt. Mit Müdigkeit hatte ich nicht zu kämpfen – im Gegenteil, ich war voll dabei. [:)]


    Ursprünglich habe ich mir auch den ein oder anderen Kugelsternhaufen vorgenommen, von denen ich dann aber lediglich zwei Stück beobachtete: M3 und M53. Diese Objekte sind nicht weniger für den Februar untypisch als die ganzen Galaxien, dafür aber umso schöner anzuschauen. Als ich dann vom Teleskop zurücktrat, war die Morgendämmerung bereits zu erahnen. Ab dann geht es bekanntermaßen sehr schnell: Nach und nach verschwanden die Sterne von der Bildfläche und der Himmel hellte auf.



    Es war inzwischen 6 Uhr und der südliche Himmel wurde von 3 hellen Punkten dominiert: Jupiter, Mars und Saturn. Endlich mal Saturn beobachten! Das Seeing lies wegen der Horizontnähe zu wünschen übrig, aber irgendwie klappte die Beobachtung dann doch. Saturn bot eine erahnbare Cassini-Teilung, 3 oder 4 Monde und natürlich eine tolle Farbpracht.


    Und auch Jupiter zeigte nun Details, denn zuvor, um 3:30 Uhr, blendete er zu stark. Hier noch ein Foto von der Jupiterbeobachtung am Morgen:



    Um 6:45 Uhr war dann Ende im Gelände, ich packte meine Sachen zusammen und warf noch einen Blick auf die Jupiter-Mars-Saturn-Konstellation. Ein Anblick, den man in letzter Zeit ja verzweifelt gesucht hat.


    Pünklich um 7 Uhr war ich wieder zu Hause und freute mich auf meinen Kaffee. Ich hatte eine schöne und erfolgreiche Nacht hinter mir.


    Viele Grüße und CS!


    Dominik

  • Hallo Dominik,


    toller Bericht, mich hälts ebenfalls kaum noch drinnen.


    Zitat:
    -Diese Objekte sind nicht weniger für den Februar untypisch als die ganzen Galaxien,


    Da denke ich mal nach der Mittagspause drüber nach.
    Plus, minus, minus, minus, plus.


    CS,


    Henning

  • Wirklich toll! Schöne Erfahrungen! Gute Planung, konsequente Durchführung. Da juckt es richtig in den Fingern mir auch einen Dobson zuzulegen. Mein erster Gedanke als ich "3 Uhr aufstehen" las, war: "Bis ich mein Zeug aufgebaut hätte, wäre es hell". ;)

  • Hallo,


    coole Aktion, mehr davon!


    Ob die Objekte untypisch sind für Februar ist doch egal, wenn sie am Himmel stehen werden sie im zweifelsfalle beobachtet [:D].


    Mir ging es so ähnlich mitte August. Da hatten wir auf der Sternwarte eine sehr interessierte Besucherin, die dann mit mir bis zum Morgengrauen beobachtete. Das Abschlussobjekt der Nacht war dann der Orionnebel!


    Bezüglich juken in den Fingern, ich bin mittlerweile soweit, das ich mein Teleskop sogar für den Mond aufbauen würde. Das kommt bei mir nicht oft vor[;)]!


    schöne Grüße und weitere solcher Aktionen
    Bernhard

  • Hallo Dominik,


    das nenne ich mal Einsatz :-D. Bravo! So früh stelle ich mir den Wecker für die Astronomie auch mal von Zeit zu Zeit, meist aber für einen Schlupf auf den Balkon und mal eben die Morgen Planeten ansehen, meist Jupiter für ein sehenswertes Mondereignis. Solche Auto Aktionen starten immer am Abend.


    Dein Feld sieht sehr kahl aus, war wirklich kaum Wind? Hier in Südhessen pfeift es schon seit Tagen ununterbrochen. Wäre noch Schnee, könnte man an einen Buran denken.


    Aber ein schöner Bericht und schöne Fotos, sehr lesenswert - vielen Dank! Und Glückwunsch zu den vielen Galaxien Beobachtungen. Wer weiss wie das Frühjahr wird, also gut eingesackt! Ich habe mal tatsächlich eine komplette Galaxiensaison verpasst, wegen miesem Wetter das ganze Frühjahr hindurch.


    CS und bitte weiter solcher Berichte,
    Walter


    PS: Obwohl mindestens einen Bericht von Dir hab ich wohl gelesen, der Stuhl kommt mir irgendwie bekannt vor!

  • servus Dominik,


    sehr schöner Bericht, und hübsche Objektauswahl. Mit 12" kannst Du Dich im Virgo-Haufen bei unseren Witterungsbedingungen geschätzte 30 Jahre lang austoben :)
    Wo warst Du denn beobachten? Hier unmittelbar am Alpenrand ist seit gefühlten Wochen nur hochreichende Nebelsuppe.


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Hallo Dominik,


    Danke dir für deinen stimmungsvollen Bericht! Er hat mich dermaßen inspiriert, dass ich heute morgen kurz nach 3h den Wecker klingeln ließ. Zum Glück muss ich nur in den Garten raus treten, um in eine Beobachtung zu starten. Das aktuelle Hoch hat neben einer Temperatur von -8* einen sehr transparenten Himmel bereit gestellt, den ich hier, nördlich von Berlin, in dieser Pracht nur wenige Male im Jahr erleben kann.
    Man soll die Feste feiern wie sie fallen und so konnte ich im tiefsten Winter die ganze Pracht der Frühlings-Galaxien bewundern. Ich habe nicht so viel geschafft wie du, auch hatte ich nur 8“ zur Verfügung aber auch so war es der Hammer. Meine Highlights der Nacht, Black Eye, Spindel und Sunflower Galaxy. Alle drei mit tollen Details und in ihrer Form so unterschiedlich. Gegen halb sechs waren die Füße durch und ich musste abbrechen.


    Danke für deine Inspiration. Auch wenn ich heute in den Seilen hänge...


    Gruß Holger

    12“ Spacewalk Infinity + Black Edition, Lzos APM 100f8, APM MS ED Bino 16x70 und 10x50

  • Hallo Dominik,


    und noch ein schöner (morgendlicher) Beobachtungsbericht !


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Egal, mir ging es vorrangig um den großen Bären, die Jagdhunde, das Haar der Berenike und um die Jungfrau.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Kann ich sehr gut verstehen, eine solch ergiebige "Galaxienschneise" gibt es sonst ja nirgendwo am Himmel [:p]. M106 ist auch einer meiner langjährigen Favoriten, und da konnte ich mit dem 10-Zöller bei sehr guten Bedingungen auch schon die Ansätze der Spiralarme ausmachen - mit dem Balken in der Mitte. Und bei der "Lost Galaxy" denke ich, dass es sich wirklich um NGC 4535 handelt - das passt auch zu dem eher geisterhaften Eindruck wegen der geringeren Flächenhelligkeit. Dazu gab es auch eine Diskussion in dem amerikanischen Forum "Cloudynights":


    https://www.cloudynights.com/t…-what-is-the-lost-galaxy/


    Servus
    Ben

  • Hallo zusammen,


    vielen Danke für eure tollen Rückmeldungen. Freut mich, wenn meine Aktion gut ankommt. [:)]


    (==&gt;)Bernhard: <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: jochB</i>
    <br />Ob die Objekte untypisch sind für Februar ist doch egal, wenn sie am Himmel stehen werden sie im zweifelsfalle beobachtet [:D].<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    So ist es - und in diesem Fall war ja die Uhrzeit an die Objekte angepasst, nicht umgekehrt. Das kommt eben davon, wenn man nicht mehr bis zum Frühling warten will ...


    (==&gt;)Walter: Das Feld ist tatsächlich so kahl. Kein Baum, Strauch, Hügel oder sonstiges - das ist einfach nur Flachland. Von Wind war aber die ganze Nacht keine Spur, erst ab 5:30 oder 6 Uhr kam leichter Wind auf. Natürlich hoffe ich darauf, solche Nächte im Frühjahr und Frühsommer öfter erleben zu dürfen. Was die kommenden Wochen und Monate angeht bin ich aber eher optimistisch, denn "grauer" als der Zeitraum von November bis Februar kann der Himmel ja nicht werden - das Schlimmste haben wir wohl hinter uns. [:D]


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">PS: Obwohl mindestens einen Bericht von Dir hab ich wohl gelesen, der Stuhl kommt mir irgendwie bekannt vor!<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das muss wohl meine Beobachtung von Mars und Jupiter gewesen sein, die ich damals am Sonntag Morgen gemacht habe. Allerdings viel später, ich war da erst um 5:30 Uhr auf dem Feld.


    (==&gt;)Stefan: <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Galaxien-Spechtler</i>
    <br />Wo warst Du denn beobachten? Hier unmittelbar am Alpenrand ist seit gefühlten Wochen nur hochreichende Nebelsuppe.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    In Niederbayern, kurz vorm Bayerischen Wald. Mit Nebel hatte dieses Wochenende wohl niemand hier zu kämpfen, eher schon mit dem Ost-Wind, der mich heute von einer Beobachtung abhält.


    (==&gt;)Holger: <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Dahlmann</i>
    <br />Er hat mich dermaßen inspiriert, dass ich heute morgen kurz nach 3h den Wecker klingeln ließ. Zum Glück muss ich nur in den Garten raus treten, um in eine Beobachtung zu starten. Das aktuelle Hoch hat neben einer Temperatur von -8* einen sehr transparenten Himmel bereit gestellt, den ich hier, nördlich von Berlin, in dieser Pracht nur wenige Male im Jahr erleben kann.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Es freut mich sehr, dass du dich so motivieren konntest! Es ist natürlich praktisch, wenn man nur kurz in den Garten hüpfen muss.
    Wie viel Objekte man letzten Endes geschafft hat spielt für mich keine große Rolle, wichtiger ist mir, wie man sie gesehen hat. Und wenn du die Black Eye, Spindel (NGC 4565 oder eine andere?) und die Sunflower mit tollen Details gesehen hast, ist das viel wert. Schön jedenfalls, dass ich dich inspirieren konnte. [:)]


    (==&gt;)Ben: Ich gebe dir vollkommen recht, "Lost Galaxy" passt vom visuellen Eindruck her viel besser zu NGC 4535. Für mich war sie als runder, sehr lichtschwacher Fleck sichtbar. Ich traue dem Atlas halt prinzipiell mehr als Wikipedia, aber wenn man die verlinkte Diskussion durchliest, scheint NGC 4535 schon sehr schlüssig. Ich notiere sie mir mal als Lost Galaxy. [:)]


    Danke nochmal an alle und viele Grüße!


    Dominik

  • Hallo Dominik,


    vielen Dank für ein "uns teilhaben lassen an einer Beobachtungsnacht" - hat mir sehr gefallen.Fein!
    Leider verliert sich der Enthusiasmus mit den Jahren und das Equipment wird immer schwerer, sodas ich mich inzwischen an solchen Berichten freue!
    = gern mehr!


    cs und noch viele gute und erfolgreiche Beobachtungsnächte!


    Micha

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