Liebe Stern- und Nebelfreunde,
für das OdM im Januar wollen wir (Christopher und Rene) einen etwas ungewöhnlichen Schritt wagen und Euch eine Nebelregion in Perseus präsentieren,
deren Objekte in einer besonderen Beziehung zueinander stehen.
Beziehungsexperte Christopher hat hier einige interessante Zusammenhänge herausgearbeitet, die die Beobachtung in dieser Region durchaus noch reizvoller machen können.
Für alle Ungeduldigen zäumen wir das Pferd von hinten auf und beginnen zunächst mit den beiden in der Überschrift genannten Objekten.
<b><font color="orange">NGC 1333</font id="orange"></b> / Sternbild Perseus / R.A. 03h28m55s / Dekl. +31°22'12"
<i> <font size="1">Bildquelle: CCD-Guide - Robert Pölzl</font id="size1"> </i>
Diese chaotisch aussehende Nebelregion ist einer der aktivsten Orte der Sternentstehung innerhalb von 1.500 Lichtjahren Abstand zu uns.
NGC 1333 selbst umhüllt den Teil eines extrem jungen Sternhaufens mit mehreren hundert Mitgliedern, die weniger als eine Million Jahre alt sind.
Auf dem Foto oben liegt unmittelbar südlich des Nebels eine staubige Region, in denen viele kleine rötliche Nebel (Herbig Haro-Objekte) zu erkennen sind.
Der Reflexionsnebel wurde 1855 vom deutschen Astronom Eduard Schönfeld mit einem 3,1"-Fraunhofer-Refraktor entdeckt.
Wenn das kein Ansporn für uns ist, es auch mit kleinen Öffnungen zu probieren …
Interessant wird der Nebel für Öffnungen ab 8", dann zeigen sich erste Details.
Ab 12" sollten die hellsten Herbig Haro-Objekte HH 12 und HH 7-11 südlich in Reichweite kommen.
<b><font color="orange">NGC 1499</font id="orange"></b> / Sternbild Perseus / R.A. 05h42m56s / Dekl. +21°22‘06“
<i> <font size="1">Bildquelle: CCD-Guide - Franz Klauser</font id="size1"> </i>
Gut 7° nordöstlich von NGC 1333 steht der bei Fotografen beliebte und bei Visuellen berüchtigte Kalifornien-Nebel NGC 1499.
Verantwortlich für diesen riesigen Emissionsnebel ist der 40' südlich stehende 40.000°C (oder Kelvin, das ist egal bei der Temperatur [;)]) heiße Stern Xi Per,
auch bekannt unter dem Eigennamen Menkib. Dieser ist ein sogenannter Runaway-Star mit 50 Sonnenmassen, der vor 1 Mio. Jahren seinen Geburtsort im Zentrum
einer Sternassoziation verlassen hat und nun den dichteren Teil einer großen Molekülwolke ionisiert und so eine 60 Lichtjahre große HII-Region sichtbar gemacht hat!
Unter Visuellen berüchtigt ist der Nebel vor allem, weil er vermeintlich schwer zu beobachten ist. Ist er aber keineswegs …
Wir konnten NGC 1499 mit dem Fernglas und Filtern vor den Okularen erhaschen. Mindestens ein H-Beta-Filter sollte aber dabei sein.
Richtig interessant wurde der Nebel im Großfernglas mit zwei H-Beta-Filtern.
Wir haben zudem die Erfahrungen gemacht, dass in Teleskopen eine möglichst große AP - mitunter auch über 7 mm - sinnvoll ist und …
… na klar, H-Beta-Filter ist und bleibt weiterhin Pflicht.
Damit zeigten sich uns mit 8" bereits erste Helligkeitsunterschiede im Nebel.
Mit 12" konnten wir ein Meer aus feinen Strukturen ausmachen.
Field Sweeping quer zum Nebel kann mitunter sehr hilfreich sein.
Nun aber von den kleinen Objekten zu den großen Zusammenhängen in unserer Galaxis … hier zunächst eine Übersicht über die Nebelregion im Sternbild Perseus:
<i><font size="1">Bildquelle: Rene Merting </font id="size1"></i>
Beide Nebel NGC 1333 und NGC 1499 sind Mitglieder der 6 Millionen Jahre alten Sternassoziation <b><font color="orange">Perseus OB2</font id="orange"></b>, die im Verhältnis zu den meisten anderen OB-Assoziationen
recht nah zu uns in nur 900 Lichtjahren Entfernung im lokalen Orion-Arm der Galaxis liegt und dadurch eine riesige Ausdehnung am Himmel von 10° x 10° hat.
Supernovae und Sternwinde in Per OB2 treiben die expandierende Hülle einer Superblase in das interstellare Medium.
Am nördlichen Rand dieser Superblase bringt der „entlaufene“ Stern Xi Per den Kalifornien-Nebel zum Leuchten.
Der Kalifornien-Nebel ist also nur ein angeregter Teil einer viel größeren Struktur!
Der Überriese <b>Zeta Per</b> (Atik) liegt nahe am Zentrum von Per OB2, daher wird die Assoziation manchmal auch "Zeta-Persei Assoziation" genannt.
Von dieser Gegend aus wurde Xi Per, der anregende Stern des Kalifornien-Nebels, herausgeschleudert.
Wenn wir uns den Krümmungsradius des Kalifornien-Nebels und die Lage von Xi Per und Zeta Per betrachten, wird der Mittelpunkt der Assoziation sehr anschaulich.
Gegenüber am südwestlichen Rand der Assoziation bringt NGC 1333 neue Sterne hervor in einem Gebiet, das von ganz anderem Charakter ist als jener des Kalifornien-Nebels.
Von der Mitte der Assoziation nach Westen erstreckt sich nämlich in einem 5° langen und 1,5° breitem Band die Perseus-Molekülwolke, welche viele Dunkelnebel enthält.
Diese Molekülwolke ist der Ort aktueller Sternentstehung in der Assoziation. Am östlichen Ende der Molekülwolke liegt in <b>IC 348</b> ein ganz junger Sternhaufen.
Am westlichen Ende findet in NGC 1333 sehr aktive Sternentstehung statt, umgeben von den unauffälligeren <b>Barnard 202-206</b>, die einen Ring von kompakten
Dunkelnebeln (dense cores) mit Sternbildung im Innern bilden.
Visuell lohnenswert innerhalb der Perseus-Molekülwolke sind neben NGC 1333 und IC 348 auch die Dunkelnebel <b>Barnard 1</b>, <b>4</b> und <b>5</b>.
Für diese ist es wichtig, neben genug Öffnung (wobei ein Groß-Fernglas reichen kann) auch ein großes Sehfeld zwecks Einrahmung zu haben.
In diesem Sinne neblige Grüße
Christopher und Rene