Hallo zusammen,
viele schöne Himmelsobjekte, wie die Milchstraße mit Dunkelwolken kommen gerade bei niedriger Vergrößerung und großem Gesichsfeld besonders gut zur Geltung und bieten sich daher für die binokulare Beobachtung mit dem Fernglas an. Hier möchte ich ein neues Glas vorstellen, das diverse wünschenswerte Eigenschaften wie wechselbare 1.25“ Okulare, komfortablen 90 Grad Einblick sowie hochwertige ED-Optik vereint.
Es ist das kleinste Gerät der AMP Großfernglas-Serie, die Version mit recht sparsamen 70 mm Öffnung, ist erst seit kurzem lieferbar und zeichnet sich dank f/5.5 Optik durch ein weites maximales Gesichtsfeld von 4 Grad aus.
Es ist sehr solide gefertigt und kompakt doch schwerer als man in Anbetracht der Größe erwarten würde (4.3 kg Masse). Wie bei Prismengläsern üblich liefert es ein aufrechtes, seitenrichtiges Bild. Mit dem Glas wird ein Paar 18 mm APM UF Okulare für 22 x Vergrößerung geliefert. Hier ein paar erste Eindrücke aus den letzten 2 Wochen. Hauptsächlich habe ein Paar Televue Panoptic Okulare mit 24 mm Brennweite sowie Baader Morpheus Okulare mit 12,5 mm-4.5 mm Brennweite verwendet. Das Bild ist sehr kontrastreich, nach meinen ersten Eindruck ziemlich frei von Farbfehlern und u.A. dank der hochwertigen Okulare sehr scharf, auch am Bildrand. Natürlich wäre hier ein Vergleich mit einem echten 70 mm APO interessant. Die wechselbaren Okulare ermögliche ein im Vergleich mit den meisten Ferngläsern riesiges scheinbares Gesichtsfeld, die mehr als 75 Grad der Morpheus Okulare sind gerade binokular sehr beeindruckend. Die Kollimation lässt nichts zu wünschen übrig, selbst bei 92 x (4,5 mm Okular) gibt es keine Probleme. Es bietet sich an das Glas mit einer leichten Montierung und einem passenden Stativ zu kombinieren, meine Wahl fiel auf VAMO Traveler (1.3kg) mit Feisol 3372 Carbon Stativ (1,7 kg). Die sehr leichte und doch ausreichend stabile Kombination kann ich bei Bedarf in einem Stück auf den Balkon tragen. Da die Standard-Feldstecherhalterung des VAMO Montierung für das Binokular zu schwach war habe ich aus Aluprofilen eine stabilere und auch leichtere improvisiert.
Trotz des bescheidenen Wetters konnte ich ein paar Wolkenlücken nutzen um das Glas auch am Himmel zu testen, leider nur aus der Großstadt. Am Westhimmel gefiel mir die 'Milchstraße' (sofern man am Großstadt-Himmel davon sprechen kann) im Schwan und auch die Region in und um die Leier sehr gut, besonders bei 32x mit riesigem Gesichtsfeld.
Freitag Abend zeigte sich für einige Minuten vom Südbalkon zwischen Baumästen hindurch der Orion. Selbst unter den widrigen Bedingungen war M42 mit dem Trapez bei 32x und auch 64x sehr eindrucksvoll. Was das Glas an Mond, Planeten aber auch Kugelsternhaufen zeigt bleibt abzuwarten.
Bevor ich das Glas im Frühjahr bestellte habe ich lange überlegt, ob ich so etwas benötige und bin jetzt sehr angetan. Die größeren Binokulare mit 82 mm oder mehr Öffnung zeigen sicherlich je nach Größe mehr Details, doch das 70 mm hat naturgemäß das größte Gesichtsfeld (z.B. alle Komponenten des Cirrus Nebels passen ins Gesichtsfeld). Hätte APM auch eine 2“ Version angeboten, wäre meine Wahl wohl darauf gefallen (es ist ein Gerät mit 2“ Okularen angekündigt, allerdings 150 mm Öffnung). Lediglich Doppelrefraktoren wie die leichten Borgs mit EMS Spiegelsystemen bieten noch mehr Gesichtsfeld, sie bewegen sich allerdings preislich in einer anderen Liga.
Es war richtig auf die 90 Grad Version zu warten, für die 45 Grad Version benötigt man im Grunde eine ausziehbare Mittelsäule, die die Stabilität doch erheblich reduziert. Ich werde das Glas häufig auch für andere Naturbeobachtung (vor allem Vögel, die Großtrappen in Brandenburg...) nutzen, ich finde den 90 Grad Einblick bei Erdbeobachtung als kaum störend. Das Binokular ist rundum gelungen und so kompakt, dass die ganze Kombination sogar in einen Rucksack passt und man nicht unbedingt auf ein Auto angewiesen ist.
Viel Spaß beim Lesen und beste Grüße
Thomas