Blaue und schwarze Halos um Plejaden

  • Hallo,


    ich weiß nicht ob das Thema hier rein passt, aber vielleicht kann ein Optikexperte für Linsen mich hier schlauer machen.

    Eigentlich wollte ich die Nachführung meiner neuen NEQ-5 testen. Dazu habe ich ein 80/328-Sucherfernrohr auf die Montierung gepackt. Und da mir die Brennweite zu gering war um eventuelle Nachführfehler gut festzustellen, habe ich eine Baader Hyperion 2,25x Barlowlinse benutzt. Der tatsächliche Vergrößerungsfaktor war 2,4 und die Brennweite dann etwa 785mm. Damit konnte ich dann sogar eine Canon 1300D in den Fokus bekommen, so daß ich auf ein relative weites Gesichtsfeld gekommen bin.


    Ich habe mir keine große Abbildungsqualität erhofft und bei schwachen Sternen sah alles wie erwartet aus. Aber als ich dann versucht habe testweise ein paar Bilder der Plejaden damit zu machen, war ich doch entsetzt, was ich sah - dicke blaue Halos um die hellen Sterne. Bei fast F/10 mit Barlow hätte ich erwartet, daß die chromatische Aberration nicht mehr ganz so stark ist - auch bei dem einfachen achromatischen Sucherfernrohr.


    Noch erstaunter war ich, als ich das Bild in die Farbkanäle zerlegt habe. Bei Blau sieht man die Sterne als dicke verwaschene Flecken, im Grünkanal hat man schwarze Halo um die Sterne und der Rotkanal sieht fast wieder normal aus. Die schwarzen Halos sind original im Bild - keine Bearbeitungsartefakte.
    Ich hatte gelesen, daß es zu aufgedickten Sternen durch Reflektionen an nahe gegenüberliegenden optischen Flächen bei hellen Sternen kommen kann, z.B. Filter - Chip oder zwei Linsen. Aber wie kommen dadurch schwarze Halos und solche unterschiedlichen Farbkanäle zustande?


    Könnte es an der Barlowlinse liegen? Ich dachte die Hyperion Barlow wäre halbwegs in Ordnung und für Fotografie geeignet. Hätte ich das gleiche Resultat auch an einem Newton? Ich will keinem vorschlagen mit einer solchen Konfiguration ernsthaft Bilder zu machen. Wahrscheinlich erzählt mir auch jemand, warum es ganz klar ist, daß es so nicht geht. Aber mich würde mal interessieren, was hier optisch vorgeht.


    Bilder anbei (Farbe, Blau, Grün, Rot).


    Viele Grüße


    Heiko



  • Hallo Heiko!


    Das ist ganz klar chromatische Aberration. Das Sucherfernrohr ist ja recht kurzbrennweitig. Und die Transformation per Barlowlinse vergroessert die chromatische Aberration zusaetzlich. Es ist nicht so, dass ein auf f/10 "gebarlowter" f/5-Refraktor auf einmal die chromatische Aberration eines f/10-Refraktors hat. Die Chromasie wird ja durch die Brechkraft des Objektivs erzeugt.


    Dazu kommt, dass Sucher meist verkittete Achromate sind (also noch weniger Korrekturfreiheitsgrade) und die chromatische Korrektur aufgrund der geringen Vergroesserung keine grosse Rolle spielt.


    Waere schoen, wenn das ginge: Ein Skywatcher f/5-Richfieldachromat fuenfmal "gebarlowt" haette die Abbildungsleistung eines f/25-Fraunhofers, die fast schon apochromatisch waere. Wenn das ginge, wuerden ganz viele kurze f/25-"Apos" mit eingebauter Barlowlinse verkauft. Leider spielt hier die Physik nicht mit. Die hohe Brechkraft der schnellen Linse laesst die roten und blauen Strahlen an verschiedenen Stellen auf der optischen Achse landen, und die Barlowlinse verstaerkt diesen Effekt eher als dass sie ihn abschwaecht.

  • Hallo Jürgen,


    danke für die schnelle Antwort. Ich glaube, ich verstehe was Du meinst. Dann war die Barlowlinse also eher schädlich als nützlich - jedenfalls für die Abbildungsqualität. Da hälfe dann nur Abblenden an der Linse?
    Könnte es sein, daß der Sensor der Kamera auch noch einen kräftigen UV-Anteil der Plejaden mit registriert, obwohl die Canon nicht astromodifiziert ist? Könnte ein UV/IR-Filter das etwas verbessern?


    Gruß


    Heiko

  • Hallo Heiko,



    generell sehen digitale Kameras mehr Blau als klassische Filmkameras. Das habe ich bei etlichen Teleobjektiven beobachtet, die an Digitalkameras blaue Hoefe produzieren. Ein "Minus-Violett-Filter" sollte hier helfen. Wenn Deine Kamera nicht astromodifiziert ist, ist der Infrarotlichtteil schon weggefiltert. Generell ist blau ein groesseres Problem, da bei optischen Glaesern die Dispersion (=Brechzahlaenderung mit der Wellenlaenge) bei kurzen Wellen hoeher ist ais bei langen. Deshalb die Blausaeume.


    Die Brechkraft der Linse ist zonenabhaengig. Der paraxiale Strahl (Strahl auf der optischen Achse durch die Linsenmitte) geht ohne Brechung durch, waehrend ein dazu paralleler Strahl in zunehmender Entfernung zur optischen Achse zunehmend stark gebrochen wird, wobei die chromatische Aberration aufgrund der Dispersion im Glas zunehmend deutlicher zu Tage tritt.


    Auf eine bikonvexe Einzellinse vereinfacht, "sieht" ein Lichtstrahl erst einen in einer Richtung geneigten Luft-Glas-Uebergang, und dann den in die andere Richtung geneigten Glas-Luft-Uebergang. An beiden Flaechen erfolgt der "Knick" des Strahls in die gleiche Richtung, und auch die Dispersion erfolgt in die gleiche Richtung, weil sich Flaechenneigung und Mediensequenz beide umkehren. Fuer einen Strahl, der einen Punkt auf der Linse durchlaeuft, ist die Situation wie in einem Prisma.


    Und ein Prisma macht ein weiteres Spektrum, wenn der Prismenwinkel vergroessert ist. Eine Keilplatte mit z.B 1 Grad macht kurze Spektren, ein 60-Grad-Prisma lange. Nahe der Linsenmitte ist der effektive "Prismenwinkel" kleiner als naeher am Linsenrand. Um die chromatische Aberation zu reduzieren, muss deshalb die Linse entweder langbrennweitiger sein (weniger Brechkraft), oder sie muss abgeblendet werden. Dabei werden nur die Teile der Linse beruecksichtigt, die eine geringe Brechkraft haben.

  • Nochmal danke für die Auskunft Jürgen,


    dann werde ich irgendwann mal probieren, was Abblenden und ein Filter bringt. Aber langfristig werde ich zum eigentlichen Fotografieren an ein kleines gut korrigiertes Apo-Fernrohr denken. Jetzt kann ich auch besser würdigen, warum die leider so teuer sind.


    Gruß


    Heiko

  • Hallo Heiko,



    ein kleiner ED-Apo mit Bildfeldebner ist schon was Feines. Oder ein gutes Teleobjektiv. Da sind mehr Linsen drin als beim Sucher und deshalb klappt die Korrektur dann auch besser. Ein Sucher ist halt nicht zum Bildaufnehmen gedacht, ausser zu Leitzwecken.


    Ein Newton mit Komakorrektor kommt auch nicht schlecht, und ist bei Brennweiten ueber 500mm die guenstigere Wahl. Seit Jahren benutze ich einen Skywatcher 200/1000er Newton mit Komakorrektor auf einer EQ6, und die Bilder sind ordentlich. Ein Teleobjektiv mit f/5 f=1000mm (oder wegen der Fangspiegelverluste sagen wir f/5.6 f=1000) waere hingegen unbezahlbar. Im kuerzeren Bereich nutze ich z.B. ein Zenitstar66 mit 355mm, aus denen durch den 0.8x-Ebner 284mm werden, bei dann f/4.3. Sterne bis zum Rand punktfoermig und von Farbe kaum eine Spur. Wie ein sehr gutes Tele, das in den Abmessungen wahrscheinlich schon teurer waere als das Fernrohr.

  • Hallo Heiko,


    Alles gute Erklärungen hier. Das passt schon.
    Aber etwas fällt mir doch noch mehr ein:


    Bist du sicher das du ...


    - im Fokus warst? (Bathinov o.Ä. genutzt?)
    - nicht das Seeing auch sehr schlecht war?
    - die Belichtungszeit oder der Gain (ISO) zu weit aufgerissen war?

    ... oder (und vor allem) eben eine Kombination mehrerer dieser Punkte?
    (SW Nachbearbeitungsfehler hast du ja schon ausgeschlossen.
    Da kann man das nämlich auch wunderbar genau so produzieren wenn man das eine oder andere übertreibt.)


    Wie auch immer, obige Punkte führen nämlich, wenn´s dumm läuft, ebenfalls zu solchen u.Ä. Effekt(en).
    Ich kenne das sogar von meinem 8x50 Sucher mit Standard SW CMOS-Cam wenn da z.B was nicht stimmt bzw. ordentlich eingestellt ist.
    (Also standard Sucherguiding mit ordinärer SW-CAM und ohne Sperrfilter z.B. dann zum testen extra verstellt/überreizt. Und/oder eben sche... Seeing dazu.)


    In PHD2 merkst du das z.B. fast gar nicht. Aber wehe du gehst dann mit Sharpcap, FireCapure oder ähnlich "echter" CAM Software ran.
    Dann offenbart sich plötzlich das Elend. Einmal eingestellt ist allerdings alles gut.....außer das Seeing ist schuld versteht sich.


    Gruß & CS
    Svend

  • Hallo Svend,


    ich habe eine Bathinov-Maske. Mit dem Bathinov-Tool in APT sollte die Scharfstellung halbwegs funktionieren. PHD2 habe ich hier nicht verwendet. Das Seeing war nicht das beste, aber auch nicht wirklich katastrophal. Belichtet habe ich für die Bilder oben mit ISO800 5sec lang. Die Serie hatte ich ohne Guiding gemacht - wie gesagt nur 5 sec Belichtungen. Also nicht wirklich extrem. Eventuellen Tau auf der Linse hatte ich mit einem Föhn in Schach gehalten. Da habe ich nämlich auch schon schlechte Erfahrungen gemacht.
    Ich denke die Halos waren dann wirklich ein optischer Effekt meiner seltsamen Konfiguration.


    Viele Grüße


    Heiko

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