Birr Castle, Irland- größtes Teleskop vor 1917

  • Hallo,


    mal was historisches. Im Urlaub war ich in Irland. Dort kann man in Birr Castle das für 70 Jahre bis ca. 1917 größte Spiegelteleskop der Welt von William Parsons besuchen. Es gab dazu hier im Forum vor nicht langer Zeit schon einen Beitrag ("William Parsons und die Feuerrad-Galaxie"). Der Besuch lohnt sich auf jeden Fall für Teleskopinteressierte.
    Der Standort ist im Flachland in einem Park (kein Berg) mitten in Irland eher ungewöhnlich. Das Wetter ließ wohl auch nur sehr beschränkte Beobachtungszeit zu. Aber das hat der Herr Lord Parsons wahrscheinlich in Kauf genommen, um vom heimischen Kamin mal schnell rüber zum Teleskop spazieren zu können.




    Der Spiegel hatte 1,80m Durchmesser und eine Brennweite von ~16m. Der Tubus sieht aus wie eine Mischung aus Jules Verne's Kanone und einem Weinfass, das man zwischen zwei Burgmauern gehängt hat. Ich weiß nicht, was für Okulare benutzt wurden, aber ich vermute Galaxien wie M51 oder M101, bei denen zum ersten Mal die Spiralstrucktur damit beobachtet werden konnte, müßten mindesten gesichtsfeldfüllend zu sehen gewesen sein.
    Die Einstellmechanik war eher viktorianisch rustikal, wie man auch noch auf den Bildern sehen kann. Außer in Nord/Süd-Richtung konnte man nur um wenige Grad nach Ost und West schwenken. Ich wundere mich, wie man damit bei dem vermutlich kleinen Gesichtsfeld überhaupt eine Galaxie wie M51 oder M101 anvisieren und für einen Weile im Blickfeld halten konnte. Neben der Fähigkeit eine so große Optik in der ersten Häfte des 19.Jahrhundert herzustellen, verdient das wahrscheinlich die größte Anerkennung.


    Wäre der Spiegel an einem geeigneteren Standort, in einer leichter auszurichtenden Stahlkonstruktion eingebaut worden, hätte man wahrscheinlich schon Mitte des 19. Jahrhundert Erkenntnisse damit gewinnen können, die erst 70 Jahre später erlangt wurden.


    Gruß


    Heiko

  • Hallo Heiko,


    schönen Dank fürs zeigen.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wäre der Spiegel an einem geeigneteren Standort, in einer leichter auszurichtenden Stahlkonstruktion eingebaut worden, hätte man wahrscheinlich schon Mitte des 19. Jahrhundert Erkenntnisse damit gewinnen können, die erst 70 Jahre später erlangt wurden.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das würde ich eher weniger vermuten, denn das Wilson-Teleskop ab 1917 war nicht nur eben 70cm größer, sondern besitzt einen Glasspiegel mit gescheitem Reflexionsvermögen. Lord Ross´s Lulatsch (genauer. "Leviatan") mit seinem polierten Metallspiegel hatte wohl ein aus heutiger Sicht gruseliges Reflexionsvermögen, zumal bei dem feuchten irischen Klima der Spiegel rasch anlief und neu poliert werden musste.


    Ein zeitgenössischer Astronom, dessen Name mir jetzt nicht gegenwärtig ist, den aber sicher bald einer von uns hier nachliefern kann, hatte die Möglichkeit zum Vergleich der beiden, im Folgenden genannten Teleskope:
    Sein Eindruck war demnach, dass der damals freilich viel jüngere Lick-Refraktor mit seinen gut 90 cm Öffnung hellere Bilder lieferte, als Ross´s 1,8m Metallspiegel.


    Trotzdem ein imposanter irischer Meridian-Dobson!


    CS.


    Hubertus

  • Moin zusammen!


    Die ollen Metallspiegel hatten seinerzeit im Bestzustand höchstens eine Reflexionfähigkeit von 50%. Wenn dann noch im Newton ein Fangspiegel aus demselben Material dazukommt, reduziert sich das Ganze auf ein Viertel (25%). Dazunoch die höchst einfachen, ein- oder zweilinsigen, unvergüteten Okulare, meist Selbstbau. Dann hann man sich vorstellen, wie gruselig das Bild war.
    Herschel hat nicht umsonst bei seinem großen Teleskop * (das er wegen seiner Unhabdlichkeit nur höchst selten benutzte) lieber auf den FS verzichtet, den HS gekippt und seinen Kopf in den Strahlengang gehalten, um so wenigstens ein halbwegs helles Bild zu erhalten. (Der Mann hat auch mit irrwitzigen Vergrößerungen um 1000-2000fach gearbeitet).


    ...und wir jammern heute rum, wenn an einem 100°-Okular die Sterne am Rand nicht schön rund sind... &lt;kopfschüttel&gt; [B)]


    * Hauptspiegel 48 Zoll (122 cm) und eine Länge von 40 Fuß (12 m) (wikipedia.de)
    .

  • Hallo,


    danke für die Rückmeldung. Mit der Spiegelqualität habt ihr natürlich recht. Da hätte man auch mit einer besseren Montierung nicht viel machen können.
    Trotzdem erstaunlich, dass man das"Monster" überhaupt auf z.B. M51 ausrichten konnte. Was hätte Parsons wohl zu Ralfs M51 Bild und Ausrüstung gesagt?


    Viele Grüsse


    Heiko

  • Hallo Matze,


    ja in der Ausstellung war ich auch - leider zu kurz. Mir gefiel das Teleskopmodel, an dem man die Verstellmechanik sehen und probieren konnte gut. Mehr noch als die Optik fand ich es erstaunlich, wie schon oben gesagt, wie man das Teil mit der rustikalen Mechanik präzise auf M51 oder M101 ausrichten und im Blick behalten konnte.
    Auch gut gefallen hat mir der Pub danach - wenn es keine Sterne am Himmel gibt, dann trinkt man halt Guinnness bis man welche sieht :)


    Gruß


    Heiko

  • Moin zusammen!


    &gt; wenn es keine Sterne am Himmel gibt, dann trinkt man halt Guinnness bis man welche sieht :)


    Ich denke, das ist in Irland kein Problem bei der Menge an Pubs dort. [:D]
    .

  • Hallo Zusammen,
    Ein paar kleine Anekdoten die vielleicht noch erwähnenswert wären:


    -Für die Ausrichtung des Teleskopes waren anscheinend einige Helfer notwendig, welche die ganze Nacht hindurch mit Kurbeln beschäftigt waren. Soweit ich das vor Ort nachvollziehen konnte, war aber während der Beobachtung eine Feineinstellung per Schneckengetriebe durch den Beobachter möglich. Man sieht die Welle auf den Bildern unterhalb des OAZ von ca 8 Uhr nach 6 Uhr, und auf 6 Uhr der Schneckenantrieb.


    -Da das Reflektionsvermögen des Speculum Metall aufgrund des feuchten Klimas relativ schnell nachließ und der Spiegel daraufhin neu poliert werden musste, besaß Lord Ross 2 Hauptspiegel. Der Wechsel der Spiegel ging daher recht zügig. Das von Henri verlinkte Bild des Spiegels zeigt auch den Schienenwagen für dessen Transport. ich meine, am Leviathan selber noch die Überreste von Schienen gesehen zu haben.


    -Auch wenn der Leviathan etwa zu Lebzeiten von Leon Foucault in Betrieb war, wurde bei der Politur noch nicht der Foucaulttest angewandt. Es wurden also nach Erfahrung poliert ohne Vermessung. Übrigens hat Lord Ross hierzu eine eigene Poliermaschine konstruiert und auch mit unterschiedlichen Legierungen für die Metallspiegel experimentiert. Es gab hierbei einige Misserfolge.
    Es ist davon auszugehen, dass die Hauptspiegel weit jenseits der Beugungsgrenze lagen, dies jedoch aufgrund der Öffnung, dem Seeing, der Okulare und sämtlichen anderen Faktoren trotzdem brauchbare Beobachtungsergebnisse lieferten.


    -Trotz der beeindruckenden Ergebnisse, welche das Teleskop seinerzeit lieferte wurde es von Focualt als "Witz" bezeichnet [:o)]


    Hier
    http://www.historyireland.com/…leviathan-of-parsonstown/
    gibt es noch ein paar mehr Infos.
    CS, Matze

  • Hallo Matze,


    danke für den Link zum Bericht. Den fand ich recht spannend. Ich habe bis jetzt aber nichts gesehen, daß das Teleskop mit dem neuen Spiegel und dem " computerised motorised system" - was immer das heißt - real ausprobiert wurde, wenn auch nur zur Demonstration.
    Auf dem Gelände von Birr-Castle wurde übrigens auch eine LOFAR-Station errichtet (siehe auch den Bericht von Caro: http://www.astrotreff.de/topic…C_ID=216194&whichpage=1#0). So schließt sich der Kreis zwischen alt und neu.


    Gruß


    Heiko

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