Buchrezension "Astrobiologie"

  • <b>Astrobiologie</b>


    Autor: Mathias Scholz
    Verlag: Springer
    Seiten: 542
    Preis: 99,99 € (D, Softcover)
    ISBN: 978-3-662-47037-4


    Amazon



    © Mit freundlicher Unterstützung
    des Springer Verlages



    <b>Klappentext: </b>
    <i>Unter welchen Bedingungen entsteht „Leben“ und wie ist es im Kosmos verbreitet? Damit beschäftigt sich der Autor und stellt wichtige Facetten einer jungen Wissenschaftsdisziplin ausführlich vor:
    Was ist und wie funktioniert „Leben“?
    Entstehung des Lebens auf der Erde
    Kosmische Voraussetzungen für „Leben, wie wir es kennen“
    Leben im Sonnensystem und darüber hinaus
    Suche nach außerirdischen Zivilisationen
    Zudem wird ein Ausflug in das spannende Gebiet der Astrochemie unternommen, um zu verstehen, wie sich die molekularen Grundbausteine des Lebens unter kosmischen Bedingungen bilden und wie sie auf die junge Erde gelangt sein könnten.
    Der Vorgang der Abiogenese, d.h. die Entstehung von „Leben“ aus unbelebter Materie, ist auch heute noch ein wohlbehütetes Rätsel der Natur. 145 Jahre nach Darwins Brief an den Botaniker Joseph Hooker über die spontane Entstehung des Lebens in einem „warmen Teich“ zeigt sich aber immer deutlicher, dass es sich hierbei um ein prinzipiell lösbares Rätsel handelt.
    Das Buch wendet sich an interessierte Studenten der Natur- und Ingenieurwissenschaften, an Abiturienten, Dozenten, Lehrer und nicht zuletzt an Amateurastronomen, die das Wissen über diesen faszinierenden Gegenstand der Forschung vielen Menschen nahebringen.
    </i>


    <b>Rezension: </b>


    Astrobiologie! Ein Wort, das die Fantasie beflügelt. Aber was ist damit gemeint?
    Wer jetzt nur an grüne Männchen oder Fred vom Jupiter denkt, sollte sich davon gleich verabschieden.
    Es geht hier nicht nur um außerirdisches Leben, sondern um die Entwicklung von Leben allgemein und dazu zählt auch jegliches Leben auf der Erde.
    Und was man dabei immer im Hinterkopf behalten muss – es geht um „Leben wie wir es kennen“ und dazu zählen auch Bakterien, Moose und Flechten.


    Zum Inhalt:
    Das Buch ist in 6 Abschnitte aufgeteilt, von denen der Erste mit nur 3 Seiten die Bezeichnung kaum verdient. Dieser erklärt den Begriff Astrobiologie, um die Leser darauf vorzubereiten, was dieser Begriff alles mit einschließt.


    Interessanter wird es im zweiten Abschnitt „Was ist und wie funktioniert „Leben“?“
    Wie wird Leben überhaupt definiert? Welche Eigenschaften muss ein System haben, um als lebendig bezeichnet werden zu können. Hier treffen wir auf die acht Säulen des Lebens: Kompartimentierung, Metabolismus, Katalyse, Regulation, Wachstum, Programm, Reproduktion, Anpassung.
    Bei „Leben, wie wir es kennen“ gehen wir immer von Leben auf Kohlenstoffbasis aus, darauf stützt sich die Astrobiologie. Aber was ist mit anderen Elementen wie beispielsweise Silizium? Wasser ist als Lösungsmittel unverzichtbar, in ihm laufen viele chemische Prozesse ab, aber gibt es Alternativen und wenn ja, welche? Wasser hat einige interessante Eigenschaften, die sonst kein Lösungsmittel aufweist und die für unser Leben essentiell sind.
    Leben bedeutet Wachstum und Reproduktion. Das alles geht nicht ohne Energie, also woher bezieht eine Zelle ihre Energie, wie funktioniert das? Wie sind Zellen aufgebaut?
    Das Leben auf der Erde besteht immer aus Zellen. Selbst eine einzige, sehr einfach aufgebaute Zelle ist Leben! Auch Bakterien sind Leben und sie kommen an den unwirtlichsten Plätzen der Erde vor, sie besiedeln die Umgebung der heißen Quellen in der Tiefsee (Black Smoker) oder leben in Salz- oder Sodaseen. Diese Extremophilie zeigt, wie anpassungsfähig Leben sein kann.


    Richtig spannend wird es im dritten Abschnitt „Wie entsteht Leben – das Rätsel der Abiogenese“. Abiogenese ist, mal ganz einfach ausgedrückt, die Entstehung von Leben aus anorganischer Materie. Dazu gibt es mehrere unterschiedliche Hypothesen, von denen aber bisher keine allgemein anerkannt wird. So ist eine Theorie, dass sich in der „Ursuppe“ unter spezifischen Bedingungen Aminosäuren gebildet haben. Inzwischen werden aber hydrothermale Quellen eher als Basis für abiogene Aminosäuren angenommen.
    Selbst in den dünnen Molekülwolken im Weltall wurden nicht nur anorganische, sondern auch organische Moleküle nachgewiesen und Rosetta hat die Aminosäure Glycin auf dem Kometen 67P/Tschurjumov-Gerassimenko gefunden.
    Es gibt viele Ansätze und Möglichkeiten, aber im Endeffekt ist die Abiogenese immer noch ein Rätsel.
    Der Abschnitt über dieses hochinteressante Thema beansprucht in dem Buch den meisten Platz. Daher können meine wenigen Zeilen nur andeuten, wie umfassend die Abiogenese behandelt wird.


    Der vierte Abschnitt „Kosmische Voraussetzungen für Leben – die Habitabilität ferner Welten“ birgt, wie auch die vorherigen Kapitel, einige Überraschungen. Wenn von der Habitabilität ferner Planeten die Rede ist, denkt man meistens nur an den Bereich im Sternensystem, in dem flüssiges Wasser möglich ist. Wer sich schon mit dem Thema befasst hat, denkt auch noch an den Einfluss von Achsen- und Bahnstabilität oder Magnetfeldern auf die Bewohnbarkeit der Planeten. Es darf nicht nur über Planeten spekuliert werden, auch Monde könnten Leben beherbergen.
    Der Begriff der Habitabilität beinhaltet aber noch viel mehr, so gibt es auch eine galaktische habitable Zone. Und die Möglichkeit, dass die Arecibo-Botschaft, die 1974 zum Kugelsternhaufen M13 gesendet wurde, auf bewohnten Planeten empfangen wird, geht gegen Null. Warum? Das hängt mit dem Alter der Sterne zusammen. So alte Sterne haben kaum Gesteinsplaneten.
    Was ist mit Katastrophen? Diese können Leben in sehr kurzer Zeit zerstören. Dazu gehören z.B. die Supervulkane, Strahlungsausbrüche der Sterne und in astronomischer Nähe explodierende Supernovae.


    Der fünfte Abschnitt widmet sich dem „Leben im Sonnensystem und darüber hinaus“. Wo kann man überall nach Leben suchen? So z.B. auch auf dem Mond Europa, der durch Gezeitenkräfte erwärmt wird und unter dessen dicker Eiskruste ein tiefer Ozean flüssigen Wassers vermutet wird und Titan mit seinem Wetterkreislauf. Viele der zahlreichen Experimente der Expeditionen zum Mars, Jupiter und Saturn dienen der Suche nach Leben und werden hier erklärt.
    Auch die in jüngster Zeit entdeckten extrasolaren Planeten gehören dazu.


    Der letzte Abschnitt betrifft „SETI – die Suche nach außeririschen Zivilisationen“. Die unvermeidliche Drake-Formel darf in einem solchen Kontext natürlich nicht fehlen und wird mit all ihren Faktoren genau beschrieben.



    Vor jeden der sechs Abschnitte hat Mathias Schulz zum Thema passende historische Zitate gesetzt.
    Der Autor bedient sich trotz des manchmal etwas trockenen Stoffes einer lockeren Sprache, wodurch der Text recht flüssig zu lesen ist. Wo es für das tiefere Verständnis hilfreich ist, sind zahlreiche chemische Formeln eingestreut, der Text ist aber auch verständlich, wenn die Chemiestunden schon zu lange her sind.


    Die Fotos und Grafiken sind sowohl in S/W, Graustufen als auch bei farbigem Ausdruck in ihrer Qualität allenfalls mittelmäßig, da sie bedingt durch die Papierqualität unscharf sind. Einige Grafiken waren offenbar als Farbdruck geplant, wurden aber in Graustufen ausgeführt. Nur leider wurden die Legenden nicht angepasst, so dass hier noch von farbigen Kurven oder Bereichen gesprochen wird.


    Die Frage nach Leben (wie wir es kennen) im Universum fasziniert viele Menschen jeden Alters und mit den unterschiedlichsten Intentionen, nicht nur Astronomen.
    Wie vielfältig dieses Thema ist, wird nach der Lektüre dieses Buches erst richtig klar. Einflussfaktoren, die uns alltäglich und normal erscheinen, können entscheiden, ob Leben möglich ist oder ob der Himmelskörper unbelebt bleibt.
    Der Inhalt dieses Buches ist so umfangreich, dass ich ihn hier nur kurz skizzieren konnte, alles andere würde den Rahmen einer Rezension sprengen.
    Dieses Buch lässt einen die vielen Geschichten über Außerirdische in einem neuen Licht sehen und so möchte ich mit dem letzten Satz von Mathias Schulz schließen:
    „Also nix mit Klingonen, Nausicaaner, Talaxianer und wie sie alle heißen. Schade eigentlich ...“



    <b>Fazit: </b>


    Wer sich ernsthaft mit diesem extrem facettenreichen und hochinteressanten Gebiet auseinandersetzen will, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen.

  • Hallo Ute


    Erstmal vielen Dank für Deine Rezension. Gut, daß sich jemand diese Mühe macht...



    Meine Kritik richtet sich vor allem an die Verlagspolitik.


    Erstens scheint mir der Preis durch die Decke zu gehen.Das zweite( oder besser gesagt: Erste) Werk des Autors " Planetologie extrasolarer Planeten" kostet etwa die Hälfte . Bei Bei Amazon taucht" Astrobiologie" sogar als " Taschenbuch" auf! Wie sieht es denn damit aus? Ist es gebunden oder nur gelumbeckt? Welches Format? Und wie sieht es mit der Typographie aus? Auch damit läßt sich ja ein Text strukturieren. Ich finde, daß Springer sich etwas auskunftsfreudiger hätte zeigen sollen. Gibt es beispielsweise ein( brauchbares) Register? Und wie sieht es mit dem Literaturverzeichnis aus? Verweise auf empfehlenswerte Internetseiten? Nicht jeder ist Großstadtbewohner und hat eine "passende" Buchhandlung, wo er dieses via Anschauen in Erfahrung bringen könnte.
    Ich besitze,wie gesagt, vom Autor das Werk über die "Planetologie extrasolarer Planeten" und da ist dies alles vorhanden. Halt zur Hälfte des Preises bei größerer Seitenzahl- und mit Fadenheftung/ Hardcover im (Groß) Oktavformat.


    Grüße


    Michael

  • Hallo Michael,


    es gibt ein einseitiges Inhaltsverzeichnis, ein Abbildungsverzeichnis und ein Tabellenverzeichnis am Beginn des Buches, sowie 18 eng beschriebene Seiten Literaturverzeichnis. Am Schluss findet sich ein Index, der im Verhältnis zum Text mit etwas mehr als 7 Seiten ziemlich mager ausgefallen ist. Internetlinks sind nicht verzeichnet.
    Tut mir leid, dass ich das nicht erwähnt habe.


    Das Buch ist leider nur "gelumbeckt", wie du das so schön ausgedrückt hast. Also für alle, es ist ein größeres Taschenbuch, was für mich mit der Bezeichnung "Softcover" schon deutlich wurde.
    Das Format ist 155 x 235 mm, ca. 30mm dick.
    Normalerweise habe ich die Bücher aus dem Springer-Verlag nur online zum Lesen, diesesmal hatte ich das Glück, dass ein Freund es mir geliehen hat (Danke Andreas), sonst könnte ich dir zum Format nichts sagen.
    Du kannst dir aus der Verlagsseite das Inhaltsverzeichnis und Probeseiten als PDF anzeigen lassen. Dabei bekommt man schon einen kleinen Eindruck von dem Buch.
    Was den Preis angeht ... das ist schon ganz schön gesalzen. Aber das ist leider bei Fachbüchern, die nicht in den Riesenauflagen gedruckt werden, leider oft so. Ob es einem das Geld dann wert ist, muss jeder für sich beurteilen. Ich konnte den Inhalt dieses Buches über diese sehr komplexe Materie nur anreißen. Ich war froh, das Buch in der Hand halten zu können, da es zum online-lesen einfach viel zu umfangreich war.


    Konnte ich dir damit helfen?


    Gruß, Ute

  • Danke Ute


    Ja-damit konntest Du mir helfen! Und hoffentlich auch den anderen Interessierten!


    ( Denn ich versuche, auch die Community im Blick zu behalten, wenn ich hier schon etwas senfte...)



    Jedenfalls ist klar: Das Buch ist nichts für mich! Soweit ich weiß, hat Softcover nichts mit der Bindung zu schaffen; beispielsweise hab´ich hier etliche " Klassiker" in Gebunden, aber mit flexiblen Kunststoffeinband. Nur ein Beispiel, das wenigstens den Althistorikern hier was sagen könnte: Ernst Meyer, Römischer Staat und Staatsgedanke. Darmstadt 1961.


    Und- Ute- falls Du connections zum Springer- Verlag haben solltest, dann rege bei denen bitte mal an, daß ihre Verlagsinfos etwas aussagekräftiger sein könnten. Nicht mal die Photos z.B. konnten über die Bindung Auskunft geben, was sich doch ganz einfach hätte ermöglichen lassen, wenn man den Buchrücken mit abgelichtet hätte.
    Jedenfalls: Taschenbücher- meine Studentenzeit hab´ich etliche Jahrzehnte hinter mir- die kommen mir jetzt nicht mehr ins Haus!
    Da sträubt sich optisch & haptisch alles....


    Nochmals Danke




    Michael

  • P.s.: Du hast Recht Ute!
    Softcover ist in der Tat gelumbeckt- und ich habe nun keine Ahnung, wie man diese Bücher mit dem Kunststoffeinband/ Fadenheftung benahmst?
    Bin halt kein Schwarzkünstler..

  • Hallo Michael,
    ich habe einfach mal beim Kosmos-Verlag nachgesehen, denn der neue Karkoschka hat auch eine Fadenbindung aber ein weiches Deckblatt.
    Das nennt sich dann Integralbindung.
    siehe auch: https://kesslerdruck.de/servic…ber-alt/integralband.html
    Connections habe ich nicht zu Springer, jedenfalls nicht mehr als für Rezensenten notwendig ist. Aber ich werde mal versuchen, ob man da irgendwo auf offene Ohren trifft.


    Gruß, Ute

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!