Ausführlicher Sofi-Reisebericht

  • So ihr Lieben,


    endlich komme ich dazu, euch noch etwas ausführlicher von meiner Sofi-Reise nach China zu berichten. Es war ja immerhin auch die Astrotreff-Sofi-Reise. Eine knappe Woche nur sollte unsere Gruppe im Land der Mitte unterwegs sein - ein kurzer Trip, ideal für jemanden der China schon gut kennt oder Berufstätige mit wenig Zeit, die die Sonnenfinsternis aber dennoch unbedingt verfolgen wollen.


    Am Samstag dem 18. ging es los. Gegen Mittag traf die Gruppe am Frankfurter Flughafen zusammen um mit China Eastern Airlines Richtung Shanghai aufzubrechen. Ich selber war schon am Vortag angereist, um garantiert rechtzeitig vor Ort zu sein. Die Verspätung meines Zuges schien mir diesbezüglich rechtgeben zu wollen. Die Flugroute führte uns bis auf über 60° nördliche Breite obwohl unser Ziel weit südlich liegt. Der Flug bescherte uns dennoch ein unerwartetes Schauspiel, über Stunden hinweg waren Leuchtende Nachtwolken sichtbar, dazu die schmale Mondsichel über dem Horizont.



    Früh am Morgen Ortszeit in Shanghai angekommen mußten wir feststellen, daß unser chinesischer Reisebegleiter uns erst nachmittags erwartet hatte, Erschöpft von dem langen Flug galt es nun auf Ersatz zu warten, bevor es mit dem Maglev, dem chinesischen Transrapid, endlich in Richtung Hotel ging. Nachmittags konnten wir dann zu unserer ersten Shanghai-Tour aufbrechen: Volles Programm mit Altstadtbesichtigung, Yu-Garten und eindrucksvoller Aussicht über die smogverseuchte Stadt vom Jin-Mao-Hochhaus. Ausgerechnet während unseres Aufenthalts erlebte Shanghai die heißesten Tage des Jahres. Zusammen mit der hohen Luftfeuchtigkeit wurde der Tag damit eine äußerst anstrengende Angelegenheit, besonders für uns die wir uns natürlich noch nicht akklimatisiert hatten.



    Am nächsten Tag machten wir einen Tagesausflug nach Suzhou, zwei Gärten standen dort auf dem Programm, der große Garten des bescheidenen Beamten und der kleine aber feine Garten des Meisters der Netze. Nach dem Mittagessen ging es dann in eine Seidenspinnerei, natürlich nicht ohne anschließenden ausgiebigen Aufenthalt im angeschlossenen Verkaufsbereich.



    Am 21. Juli ging es dann weiter nach Wuhan im östlichen Zentralchina, wo wir die Finsternis am nächsten Tag an einem See nördlich der Stadt gemeinsam mit den fünf anderen Reisegruppen unseres Reiseveranstalters beobachten wollten. Unser Hotel dort bot eine großartige Aussicht über den Yangtse-Fluß und die Stadt, besonders nachts von der Bar im 39. Stock aus. Am Abend trafen sich die Teilnehmer aller Reisegruppen um noch ein paar einleitenden Worten von Joachim Biefang über die Finsternis selber zu lauschen, um sich bei matss noch letzte Tips für Fotos abzuholen und um meine mitgebrachte Rolle Sonnenfolie in unzählige Filter für Kameras, Teleskope und Ferngläser zu verwandeln.



    Weil die Finsternis ja schon morgens begann, hieß es am nächsten Tag zeitig aufzustehen. Besonders die Photographen wie ich wollten sich die besten Plätze am Beobachtungsort sichern und nahmen daher schon die ersten Busse um 5 Uhr morgens. Obwohl die Straßen um diese Uhrzeit noch menschenleer waren - ganz anders als tagsüber - brauchten die Busse wegen der schlechten Straßen doch über eine Stunde zum etwa 30 km entfernten Wu-Hu See. Zielstrebig suchten sich die Finsternisbeobachter passende Plätze für sich und ihre Teleskope, und auch ich baute mein Equipment, ein 500mm Linsentele mit Canon 350D (geliehen von Astrohardy) auf meiner alten Vixen New Polaris mitsamt Netbook und GPS zur Steuerung mit Eclipse Qrchestrator zügig auf.



    Skeptische Blicke wanderten allerdings schon jetzt in Richtung Sonne, der Himmel war nicht mehr klar wie noch früh morgens bei unserer Abfahrt vom Hotel sondern mit Schleierwolken überdeckt. Vor dem ersten Kontakt bildete sich ein Halo um die Sonne. Dennoch waren wir guten Mutes, frühstückten ersteinmal ausgiebig und testeten unsere Gerätschaften. Im Laufe der partiellen Phase verschlechterte sich jedoch die Wettersituation zusehends. Die Wolken wurden dichter, und bald konnte man völlig ohne Filterfolie die Sonnensichel ablichten, so wie ich es schon 1999 erlebt hatte. Eine größere Wolkenlücke im Zenit wollte sich partout nicht in Richtung Sonne begeben, auch nicht als der Finsterniswind einsetzte.



    Aus dem Westen sah man schließlich den Mondschatten heraneilen, schlagartig wurde es finster und die Landschaft hüllte sich in unwirkliche Dämmerungsfarben. Die Korona leuchtete durch die Wolkenschleier hindurch, im Teleskop ein prächtiger Anblick. Zeitweise verschwand sie hinter dichteren Wolkenschichten, dafür wurden aber ein paar helle Sterne und die Venus in den Wolkenlücken sichtbar. Die Kamera mit dem Teleobjektiv überließ ich voll und ganz der Computersteuerung und konzentrierte mich darauf, Eindrücke von der Finsternis mit meinen eigenen Augen und durch einen 90mm Maksutov wahrzunehmen. Trotz Bewölkung ein unglaublicher Anblick.



    Plötzlich blitzte am Sonnenrand auch schon der Diamantring auf und es wurde fast schlagartig wieder hell. Im späteren Verlauf der partiellen Phase wurde es auch wieder richtig klar, und schließlich und endlich stand die Sonne wieder unbedeckt und wie gewohnt fleckenlos am Himmel.


    Zurück im Hotel zeigte eine Überprüfung der aufgenommenen Photos, daß die Bildausbeute gar nicht so schlecht war, erste Bilder habe ich hier ja schon gezeigt gehabt. Natürlich waren viele Aufnahmen wegen der Wolkenschleier unterbelichtet, aber andere zeigten sehr gut, was ich hatte aufnehmen wollen, wenn auch eben mit den Wolken im Bild. Ich hatte vorgehabt, mit Fitswork Bilder der Korona mit unterschiedlichen Belichtungszeiten zu kombinieren und mithilfe des Larson-Sekanina-Filters die koronalen Streamer herauszuarbeiten. Durch die zu kurzen Belichtungszeiten während der Bewölkung gingen dabei nun die äußeren Bereiche der Korona verloren, trotzdem kann man auf dem fertigen Bild die entsprechenden Strukturen erkennen. Sehr gut gelungen sind auf die Bilderserien des 2. und 3. Kontaktes mit Perlschnur und Diamantring.





    Nach dem aufregenden aber auch anstrengenden Vormittag in der Sommerhitze Chinas haben sich die meisten Finsternisbeobachter bis zum großen Gala-Dinner am Abend ersteinmal im Hotel erholt. Beim festlichen gemeinsamen Abendessen der Teilnehmer aller Gruppen wurden so viele Köstlichkeiten aufgetragen, daß wir mit dem Essen gar nicht mehr hinterherkamen. Wie schon in den vorangegangenen Tagen aßen wir klassisch chinesisch in Gruppen von bis zu zehn Leuten an einem runden Tisch mit einem großen Drehteller, auf dem die verschiedenen Bestandteile des Menüs herumgereicht werden. Gegessen wurde natürlich mit Stäbchen, zumindest von den meisten.



    Für uns hieß es am nächsten Tag schon wieder nach Shanghai zurückzukehren. Dort erwartete uns noch der Rest unseres Programms, ein Besuch im Jadebuddha-Tempel und als krönender Abschluß der Reise eine Hafenrundfahrt während der Dämmerung. Als wir auf dem Flughafen auf den Abflug unseres wegen starker Gewitter verspäteten Fliegers zurück nach Frankfurt warteten, machte sich dann schließlich und endlich die Erschöpfung bemerkbar, die das eng gestrickte Programm inklusive Sonnenfinsternis bei den Teilnehmern hinterlassen hatte. Dennoch, trotz nicht perfekter Totalität sind denke ich die meisten von uns zufrieden heimgekehrt. Eines kann ich jedenfalls mit Sicherheit sagen: Obwohl wir von China nur einen winzigen Bruchteil kennengelernt haben, der zudem arg touristisch geprägt war, unsere Reise hat Lust auf noch mehr China gemacht.


    Ach ja. Noch viel, viel mehr bilder gibt es unter http://gallery.astrotreff.eu/album04


    Caro

  • Hallo Caro,


    danke für den Bericht und die weiteren Bilder im Album. Da habt ihr mit der dünnen Bewölkung ja noch Glück im Unglück gehabt.
    Wie steht es mit der Luftverschmutzung in Shanghai? Im Album sehen viele Bilder danach aus, als würde dort ständig eine üble Dunstglocke hängen.


    Gruss Heinz

  • Hallo Heinz,


    Tat sie vor einigen Jahren schon, trotz Meeresnähe. Beijing ist noch deutlich schlimmer und ich kann mir nicht vorstellen, daß bisher in China viel passiert deswegen. :(


    Ansonsten sind anscheinend die touristischen Attraktionen ziemlich gleich geblieben, auch wenn etliche alte Stadtviertel so nicht mehr existieren. Das, was man uns teilweise aber als "alte Sehenswürdigkeit" verkaufte, schaute gelegentlich nach "nauch alten Plänen neu errichtet" aus. Ist das immer noch so? :)


    Gruß,
    Jens

  • => Heinz


    Nein - in Shanghai ist eigentlich keine ausgeprägte Dunstglocke vorhanden - zumindest nicht die sieben Tage die ich vor Ort war. Das mag von weit aussen anders erscheinen - aber wenn man sich in der Stadt befindet ist es relativ klar (für eine 20Mio. Stadt)

  • Copernicus,


    Da hattest Du Glück, meine Frau konnte während der letzten Dienstreise nur im Hotel auf's Laufband, weil die Luft außerhalb zwar brauchbare Temperatur hatte, aber es mit der Luftreinheit nicht zum besten stand. Trotzdem immer eine Reise wert.


    Gruß,
    Jens

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