Astro-Grosseinsatz: Lulin und Extragalaktisches

  • Hallo allerseits,


    gestern abend (Sonntag, 1. Maerz 2009) wurde es ueberraschend klar hier oben in Nordostengland. Also nix wie raus mit meinem Vixen ED102SS, um den Kometen Lulin zu beobachten. Die junge Mondsichel mit Erdschein stoerte zwar etwas, aber es gibt Schlimmeres ... ausserdem neigte sie sich langsam dem Untergang zu, der um Mitternacht erfolgte.


    Wenn schon, denn schon - nachdem ich die GPDX mit dem kurzen ED eingenordet hatte, wuchtete ich kurzentschlossen meine Celestron CI700 nach draussen, um sie mit Mrs Parsons (getunter Skywatchernewton 200/1000) zu bestuecken. Schliesslich habe ich zwei Kameras mit Photonen zu fuettern ... um etwas fuers Auge zu haben, brachte ich noch einen TS-Feldstecher 20x90 heraus, und kurzentschlossen zum 1st light meinen frisch renovierten Heidenhain 150/900er Newton in Gabelmontierung. Nur gut, dennd der Sohn meiner Freundin nahm sogleich den Feldstecher unter Beschlag, nachdem er sich erstmals an die Dunkelheit gewoehnt hatte ...


    Der ED wurde mit dem Williams Optic 0.8x-Reducer bestueckt, eine nette Kombination. Das Feld des Vixen ist im Unterschied zu meinem Moonfish ED 80/555mm (fuer den ich den Reducer gekauft hatte) zwar recht flach, aber Gesichtsfeld und Randschaerfe nehmen halt noch mal zu. Da ich von meinem relativ lichtverseuchten Garten beobachtete, setzte ich den Astronomik CLS-Clipfilter ein. Von meiner ersten fotografischen Lulinbeobachtung (26. Feb) wusste ich, dass ich mich belichtungstechnisch kurz fassen musste, da der kleine gruene Schneeball doch ziemlich schnell unterwegs war. 3 min sind zu viel, so entschloss ich mich zu einem Stapel mit 1 min.


    Der erste Stapel enthielt dann auch 40 Frames zu 1min, aufgenommen mit einer modifizierten Canon EOS40D bei 1600 ISO mit Dunkelbildabzug. Allerdings stoerte das Mondlicht doch erheblich, und da kann der CLS-Filter nichts machen, weils halt Kontinuum ist. Immerhin ist der Schweif erkennbar.



    Die Auswertung aller Bilder erfolgte mit DSS. Siehe auch meinen Thread "Dunkelbildsubtraktion bei Kometenaufnahmen" ( http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=83089 ), in dem ich DAU lerne, DSS mal richtig zu benutzen.


    Nach einer Pause und vielen, vielen Darks war der Mond tief am Horizont, und es war immer noch klar ! Eine solch stabile Nacht habe ich schon lang nicht mehr gehabt. Also dranbleiben ! Mit dem tieferstehenden Mond packte mich der Mut, und ich belichtete 90 Sekunden - der Komet war noch nicht wurstfoermig. 21 Belichtungen spaeter ergab sich das hier:



    DSS bietet auch die interessante Moeglichkeit, den Kometen und den Hintergrund getrennt aufzuaddieren. Leider bleiben hierbei Artefakte, wie im Bild erkennbar leichte Strichspuren an den Sternen nach links hin, und eine wesentlich deutlicher Strichspur des Kometen nach rechts. Dennoch ein aesthetischer Eindruck !



    Inzwischen hatte ich auch mit Mrs Parsons und Komakorrektor den Kometen im Visier. Ich musste bei der Brennweite natuerlich kurz belichten, und ich startete einen Stapel mit 30 s. Spaeter ging ich dann auf 40 s hoch, das folgende Bild zeigt das Resultat. Ich nahm den CLS-Filter heraus, weil ich dann 100% mehr Licht vom Kometen bekomme waehrend der Einfluss des Himmelshintergrundes noch gering blieb. Die Kamera ist hier auch eine EOS40D, aber unmodifiziert.


    52 Bilder a 30 s:



    30 Bilder a 40 s mit tiefer stehendem Mond - Sterne wieder getrennt gestapelt mit den erwaehnten Artefakten:




    Als der Mond dann weg war, wollte ich mehr vom Schweif sehen. Also den Vixen durch den Moonfish ED 80/555mm ersetzt, wieder mit 0.8x-Reducer und CLS-Clipfilter. Dank der kuerzeren Brennweite ging ich auf 2.5 min hoch, bei insgesamt 21 Aufnahmen. Im 20x90-Feldstecher war der Schweif deutlich ueber ca. 3 Grad zu verfolgen, und auch der Heidenhain zeigte ihn ansatzweise. Dieses Teleskop kam uebrigens nach vermutlich mehreren Jahrzehnten das erste Mal zum Einsatz ! Der Reflexsucher war noch nicht justiert, sodass das Finden von Objekten ein ziemliches Stochern im Trueben war.


    Auch mit dem Moonfish hatte ich keine glueckliche Hand. Zunaechst Striche (Feldstern statt Polaris im Polsucher), dann unscharf (Klemmschraube nicht genug angeknallt) und schliesslich war der "Komet" ein Sternhaufen, da der Moonfish keinen Sucher hat und das Kamerabild nur allzu dunkel daherkommt. Nach einigem Hin und Her bekam ich dann doch Lulin vor die Linse !



    Und wieder mit punktfoermigen Sternen - hier zeigt sich der Schweif am besten:



    Was will ich mehr - eine wunderbare Nacht, stabil, die Montierungen betragen sich gut. Da der langbrennweitige Newton keine laengeren Belichtungen auf Lulin zuliess (Eigenbewegung), hielt ich noch schnell 12 x 3 min auf meine Lieblingsgalaxie M51:



    Und dann nochmal 23 x 3 min auf M101 - es wurde 2 Uhr morgens, bevor ich schlafen ging, trotz Arbeit heute morgen. Aber das Opfer hat sich doch gelohnt, oder ?



    EDIT: Alle Bilder nun neu bearbeitet (neutraler Farbton) und 800er Breite.

  • hallo!


    Wow, da hast du ja eine ganze Batterie von Teleskopen eingesetzt! Aber es hat sich gelohnt. An meinem Schirm sehen die Galaxienbilder ein bißchen gründlich aus, aber das kann man ja noch richten. Mir gefällt, dass bei M51 auch noch Hintergrundgalaxien sichtbar sind.


    lg


    Philipp

  • Hi Philipp,


    darauf habe ich gewartet ... ich bin rotgruenblind, und da gibt es in den Kometenbildern durch Mrs Parsons den orangen Skyglowbeitrag, und generell einen Himmelshintergrund, der Rot- und Gruentoene enthaelt. Aber ich bin schon gut im Training, vor einigen Jahren praesentierte ich noch im Wechsel blutrote oder klosettfarben-blaue Himmelshintergruende. [:)]


    Die Galaxienbilder finde ich auch recht passabel - die Edge-on-Galaxie im M51-Feld ist mir frueher nie aufgefallen. Und auch der weit ausladende Arm bei M101 ist imposant, als ob eine Schockwelle dort Sterne herauskatapultiert - vielleicht verbunden mit der kleinen Galaxie links oben ? Weiss aber nicht, ob die in gravitativer Wechselwirkung stehen ...

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ich bin rotgruenblind<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    oh, daran habe ich nicht gedacht!


    ich würde dir vorschlagen den Farbabgleich nicht nach Gefühl zu machen sondern z.B. in IRIS mit dem "black" Befehl (danach offset 200 um wieder ein bißchen heller zu werden): http://www.astrosurf.com/buil/…ands_iris_v5.0.html#black, oder in Photoshop bei der Tonwertangleichung die Schwarz-Regler für RGB individuell an den Beginn des Hintergrund-"Hügels" zu stellen:




    Für den Weißabgleich der Lichter verwende ich meist den "white" Befehlt in Iris, mit einer Auswahlbox um einen Stern von dem ich denke dass er weiß sein sollte (idealerweise ein G2V Stern): http://www.astrosurf.com/buil/…ands_iris_v5.0.html#white


    wenn man in IRIS den Hintergrund ebnet (Interpolation) kann man den Hintergrund auch automatisch abgleichen lassen.


    lg


    Philipp

  • Hallo Jürgen,


    nicht schlecht, du hast dich ja richtig ausgetobt [;)].


    Bei der vierten Aufnahme von oben, sehen die Sternstriche wie ein Morse-Code aus (ohne dass ich davon etwas verstehen würde), sieht interessant aus.


    Grüße
    Christoph

  • Moin Jürgen,
    es ist schön, Deine Fotos zu sehen.
    Und Danke für die Erläuterungen zu den Aufnahmen!!
    DSS muss ich auch mal ausprobieren. Die Aufnahmen mit dem fixen Hintergrundsternen sehen toll aus.


    Gestern Abend klarte es etwas in Rheine auf und in freudiger Erwartung hab ich mein ganzes Gerödel aufgebaut.
    Aber wie es bei mir derzeit ist, kaum aufgebaut, war alles wieder zu. Ich konnte nicht einmal das Alignment durchführen.


    So saß ich denn bis 21 Uhr in meiner Laube und streichelte ab und zu die Teleskope und die Kamera.
    Dann hab ich alles wieder zusammengepackt.


    Als ich dann so kurz nach 22 Uhr mit den Hunden zum Gassigehen raus ging traf mich der Schlag - nur Sterne weit und breit und keine Wolken.


    Die Lust am erneuten aufbauen war mir vergangen und so packte ich mein Fernglas 10,5 x 70 aufs Fotostativ, orientierte mich kurz in Ciel und dann sah ich, langersehnt zum ersten Mal das kleine, verwaschene Fleckchen, Lulin genannt.


    Aber ich war mir nicht ganz sicher ob ich den Kometen gesehen hatte.
    So wechselte ich das Fernglas gegen die EOS 20D mit dem 400mm Objektiv und machte 5 Aufnahmen a 30 Sekunden bei ASA 800.
    Wohlgemerkt ohne zu fokussieren - dafür hatte ich keinen Bezugsstern im Sucher und wegschwenken wollte ich auch nicht, da ich sonst die gleiche Position nicht wiedergefunden hätte.


    Um es kurz zu machen - es war Lulin. Aber die Fotos lassen dies nur erahnen, mehr nicht.


    Ich erwisch ihn noch......


    CS from SCHISS
    (Schleupes intime Spechtelstelle)
    Heiner

  • Moin Jürgen,


    sieht ja super aus, besonders die Bilder mit den "stehenden" Sternen gefallen. Wollte gestern abend auch auf Lulin losgehen, aber erstmal finden das Kerlchen, und dank dämlicher Strassenlaterne nicht auffindbar (da zu hell!).


    Und dein Problem mit Flash unter RH:


    http://fpdownload.macromedia.c….0.22.87-release.i386.rpm
    Runterladen und mit rpm -Uhv flash-plugin-10.0.22.87-release.i386.rpm Installieren, Firefox evtl neustarten und es geht. Und wenn du schon eine andere Linux Distri nutzen willst nimm Mandriva 2009.0, dann helf ich dir damit gerne weiter (die nutze ich nämlich auch).


    Gruss
    Jens

  • Hallo an alle ...



    (==&gt;) Philipp: Ich habe das unter Digital Photo Professional (der Canonsoftware) auch so gehalten, die Histogramme von R, G und B uebereinanderzuschieben. Dachte nur, wenn ich das zu weit treibe, treibe ich jegliche Farbe aus dem Bild. Offenbar weit gefehlt.


    Ich werde die Aufnahmen nochmal neu nivellieren, und dann auf 800 Horizontalpixel bringen bevor ich sie neu reinstelle.


    (==&gt;) Christoph: Der Morsecode kam daher, dass das Telekop irgendwann mit Bildern fertig war und ein paar Minuten leer lief. Dann machte ich noch Darks, und es stand noch ein Batteriewechsel an. Vielleicht kann ein Amateurfunker den Code ja entschluesseln - hoffentlich steht da kein Unflat. [;)]


    (==&gt;) Heiner: Schade, dass der Himmel in Rheine so besch...eiden ist. Immerhin hast Du ihn ja gesehen. Ich glaube, fuer uns Nordlichter mit maritimen Klima ist es besonders essentiell, eine Schiebedachhuette oder Aehnliches zu haben, um auf kurze klare Perioden schnell reagieren zu koennen. Wie viele klare Naechste sind mir schon verloren gegangen wegen "jetzt ists zu spaet zum Aufbauen", und wie viele Bastelabende gingen verloren, weil ich die Instrumente herausstellte um ein paar gute Darks zu erhalten, bevor ich die Wolken von unten anschaute ... [}:)]

  • Hallo,


    habe gerade die Bilder neu bearbeitet und - dieses Mal mit 800er Breite - neu eingesetzt. Die Farbkurven schoen uebereinander ... es gibt immer noch irgendwelche Farbvariationen, der Komet erscheint in meinen Augen reichlich gruen. Aber das soll er ja auch sein. [;)]

  • Hallo Jürgen,


    auch ich bewundere Deine Ausdauer bei dem englischen Himmel so lange mit so vielen Teleskopen erfolgreich zu kämpfen, vor allem auch Deine Ausdauer im Farbenkampf. Bloß den Kampf mit den Farben wirste leider wohl nicht gewinnen, gerade M51 war in der vorherigen Version viel besser, ich hab sie heute morgen schon sehr bewundert, jetzt ist sie viel zu rosa, auch die anderen Bilder sind immer noch zu grün und lila und blau. Kann denn nicht mal die Freundin oder der Sohn der Freundin mit gesunden Augen Dir ein bißchen zur Computer-Seite stehen ?


    Vlobg von einem Leidensgenossen (blau-grün-blind)

  • Hi Stephan,


    danke fuer Deine netten Worte ... muss den M51 wohl nochmal machen. Dabei habe ich mich jetzt von Philipp's Tip leiten lassen, die Histrogrammpeaks zusammenzufuehren. Natuerlich funktioniert das nur, wenn das Ausgangsbild wirklich im Mittelwert grau ist, sprich einen neutralen Himmel (der ja das Gros aller Pixel ausmacht) aufweist. In Fakt ist der Himmel jedoch nicht grau, sondern je nach Mondstand mehr oder weniger vom Sonnenspektrum, Lichtverschmutzung und natuerlichem Skyglow durchsetzt. Das sieht man sehr schoen bei den Kometenbildern von Mrs Parsons -- wenn ich den Himmelshintergrund nicht gruen (ich vermute es IST gruen) belassen haette, waere der Komet irgendwie lila geworden. Das Gruen (wahrscheinlich mit Orangeanteil, aber gruen und orange sind ja dasselbe [B)]) kommt daher, dass ich fuer diese Aufnahmen auf das CLS-Filter verzichtete, um bei der kurzen Belichtungszeit die der Komet mir zustand doppelt so viel Signal von selbigem zu erhalten.


    Eine Alternative waere, gleich alles in Schwarz/Weiss zu bearbeiten wie von Christoph im Li-La-Lulin-Thread.


    Oder ich lasse meine Augen Baadern - Grundproblem ist ja mein Mangel an Rotsichtvermoegen, halt wie'ne unmodifizierte DSLR. [;)]

  • Hallo,


    ich habe nicht gemeint die peaks zusammenzuführen sondern den linken Sockel, Fuß, Rampe oder wie auch immer man sagen will, damit wird der Hintergrund (so er dunkel ist) recht neutral, Jerry Lodriguss empfiehlt das ähnlich, nur benutzt er die Schwarzpunkt Pipette und gibt ihr eine Vorgabe (R/G/B z.B. 5/10/15).


    Um die Lichter muß man sich dann extra kümmern.


    Nachdem ich jetzt mal ein bißchen mit DSS herumgespielt habe bin ich noch mehr von IRIS überzeugt.


    lg


    Philipp

  • Hi Philipp,


    dann habe ich das wohl falsch verstanden ... werde es nochmal versuchen dieser Tage. IRIS kenne ich nicht (und ich weiss auch nicht was eine Schwarzpunktpipette ist), aber das Zusammenfuehren der linken Seiten der Peaks macht mir Sinn - der Hintergrund ist ja auf der linken Seite.

  • Hallo,


    Iris ist ein altgedientes astronomisches Bildverarbeitungsprogramm, das von der GUI her nicht gerade attraktiv ist, aber sehr viel kann: http://www.astrosurf.com/buil/us/iris/iris.htm, ich folge im wesentlichen diesem Workflow: http://www.astrosurf.com/buil/iris/tutorial3/doc13_us.htm


    Die Anleitung von Jerry Lodriguss finde ich nicht mehr, aber dieses Beispielvideo aus seinem E-Book zeigt eine ähnliche Technik: http://www.astropix.com/GADC/SAMPLE9/R08.HTM


    lg


    Philipp

  • Hi Philipp,


    danke fuer die Links (das Video tuts bei mir nicht - Linux halt) - ein Sternfreund hat mich in einer Email darauf hingewiesen, dass DSS beim Verarbeiten von Canon 40D und 1000D-Raws Schwierigkeiten habe und man besser vorher auf TIFF konvertieren solle. Weiss nicht, ob das weiterhilft, aber ich probiere das am Beispiel M51 mal aus.

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