Ein Abend unter freiem Himmel in Großmugl

  • Wie üblich beim Frühstück studierte ich auch am vergangenen Sonntag (14.2.) den Wetterbericht für die kommende Nacht … endlich wieder einmal Clear Skies in Aussicht! Der Entschluss war schnell gefasst: raus aus der Stadt (Wien) und nach Großmugl (an der Milchstraße) https://project-nightflight.ne…ssmugl%20besucherinfo.pdf, ca. 30 Fahrminuten von Wien entfernt, und in einer der wenigen noch sehr dunklen Gegenden in der näheren Umgebung liegend.
    Den ganzen Sonntag über war ich dann schon kribbelig voller Vorfreude, habe die Sternatlanten konsultiert, meine Ausrüstung vorbereitet und eine Liste mit interessanten Beobachtungsobjekten zusammengestellt. Die angekündigten Minustemperaturen sorgten bei meiner Frau und meinen Kindern nur für mitleidsvolles Kopfschütteln. Das konnte mich jedoch nicht davon abhalten, um 18 Uhr Teleskop, Montierung, Okularkoffer, Zubehörkoffer, Powertank, Klappsessel etc. in den Kofferraum zu verstauen und loszufahren.


    In Großmugl angekommen, bog ich zuerst einmal in den falschen Feldweg ab, was ich leider erst nach ca. 1,5 km bemerkte. Beim Versuch, mit dem Auto zu wenden, blieb ich mit durchdrehenden Reifen fast im Feld stecken. Somit hatte ich keine andere Wahl, als im Rückwärtsgang zurück zur Straße zu fahren. Schlussendlich fand ich den richtigen Feldweg und konnte an einem guten Beobachtungsplatz mit freier Sicht in alle Himmelsrichtungen das Auto parken.


    Wow! Was für ein Anblick bot sich um mich herum! Das Milchstraßenband war in voller Pracht sichtbar, im Südosten näherte sich der mächtige Orion mit dem funkelnden M42 schon dem Meridian. Darunter waren die Sonnen des Sternbildes Lepus alle gut mit freiem Auge sichtbar. Taurus, Gemini, Ursa Major und Minor, Auriga, Perseus und Cassiopeia – alle Konstellationen strahlen um die Wette. Als Grenzgröße konnte ich mit Delta UMi 4,4 mag sicher bestimmen, bei Eta UMi (5 mag) war ich (Brillenträger) nicht ganz sicher. Das Seeing habe ich mit 2 bestimmt.


    Bei -5 Grad baute ich mein Maksutov 127/1500 zusammen und steckte die Montierung und das Heizband am Celestron PowerTank an. Für das Brightest-Star-Alignment wählte ich zuerst Rigel und danach Procyon.


    Mit GoTo steuerte ich die 3 Tage junge Mondsichel für einen Spaziergang rund ums Mare Crisium an. Allein der Mond stand schon zu tief im Westen und bei Vergrößerungen über 100x war aufgrund der Luftturbulenzen ein Scharfstellen nicht möglich.


    Daher richtete ich mein Objektiv gen M42 aus. Der Orionnebel ist für mich einfach immer wieder ein besonderer Anblick. Bei V=47x war der diffuse Nebel über das Trapez ausgebreitet. 20 Minuten lang verweilte ich beim Orionnebel, um eine Zeichnung anzufertigen. Ich nutzte die Gelegenheit, um meinen neuen OIII-Filter auszutesten. Leider konnte ich damit aber die Nebelstrukturen nicht deutlicher sehen. Ist die Öffnung meines Maks dafür zu klein?
    Als nächstes beobachtet ich die beiden Doppelsterne Delta Ori (Mintaka) und Lamda Ori (Heissa). Beide Doppelsysteme waren mit V=94x leicht trennbar.


    Um 21:20 ging es vom Orion ostwärts zum offenen Sternhaufen NGC 2301 im Monoceros. Bei 50facher V war der Sternhaufen mit seiner funkelnden, von N nach S verlaufenden Sternenkette (4 Sonnen zwischen 8,2 mag und 9,1 mag) herrlich aufgelöst. Obwohl bei -6 Grad meine Finger schon recht klamm waren, gelang es mir, auch von dieser beeindruckenden Anordnung eine Zeichnung anzufertigen.
    Der Krabbennebel (M1) im Taurus war visuell bei V=50x und V=94x eher unspektakulär und schien nur als schwaches, ovales Wölkchen durchs Okular. M44 (Praesepe) im Cancer war hingegen ein Augenschmaus. Bei V=50x war der Haufen herrlich aufgelöst.


    Meine Sternenreise führte mich weiter zu M35, NGC 2264 (Weihnachtsbaum) und zum Eskimonebel (NGC 2392) im Sternbild Gemini. Der eindrucksvolle offene Sternhaufen M35 strahlte wunderschön aufgelöst bei V=50x. Beim Weihnachtsbaum dehnte sich über dem hellen Zentrum eine blasse, nur mit indirektem Sehen wahrnehmbare Nebelstruktur aus, westlich flankiert von 5 hellen Sternen in N-S-Richtung. Den Eskimonebel und den Eulennebel (M97) im Ursa Major konnte ich leider weder mit noch ohne Nebelfilter visuell ausmachen.


    Bevor ich das nächste Ziel mit GoTo ansteuern konnte, stolperte ich - vor Kälte klappernd - über ein Stativbein und das Alignment war im Eimer. Da es inzwischen 23 Uhr geworden war und das Thermometer -9 Grad zeigte, war die Motivation für ein neuerliches Alignment nicht mehr sehr groß. Finger und Zehen waren zudem schon fast abgefroren.
    Während ich alles abbaute und im Kofferraum verstaute, stieg Bootes mit dem orange-rot leuchtenden Arcturus im Osten auf – ein Hinweis auf den baldigen Frühlingsbeginn. Auf etwas wärmere Beobachtungsnächte freue ich mich schon. Die Heizung auf Rückfahrt nach Wien wärmte meinen frierenden Körper auf und mit den unvergesslichen Erinnerungen an einen erfüllenden Beobachtungsabend ging ich gegen 1 Uhr zutiefst glücklich und zufrieden schlafen.


    <b>Verwendetes Equipment</b>: SkyWatcher Maksutov 127/1500 auf StarDiscovery Goto Montierung, Explore Scientific Okulare 52Grad LER (f=30mm), 68Grad Ar (f=16 mm), 52Grad LER (f=10 mm), Astronomik OIII Filter, Omegon CLS Breitbandfilter, Heizmanschette, Celestron PowerTank.

  • Hallo Christian,


    ein sehr schöner Bericht, man merkt Dir deine Begeisterung an. Und ein guter Beweis, dass man auch mit langsamem Öffnungsverhältnis den Deepsky beackern kann. Ich habe vor rund 15 Jahren meinen Wiedereinstieg in die visuelle Astronomie mit einer 100/1000 Russentonne auf einer kleinen Goto-Monti begangen und war überrascht, wieviele kleine und kompakte Objekte die vermeintlich lichtschwache Optik zeigte. Warte man den Frühling ab, dann ist Galaxienzeit und der Mak wird im Virgohaufen zeigen was er kann.


    Im übrigen ist M1 immer für eine Enttäuschung gut. Auch in deutlich grtößeren Instrumenten ist es schwer Details aus dieser Nebelflocke herauszukitzeln.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Helmut und Marcus,


    Danke für eure Nachricht! Freue mich darüber. Ja, für "hellere" Deep Sky Objekte lässt sich mein Mak ganz gut verwenden. Bei Nebeln und Galaxien verwende ich eine 0,5 Reducer, was auch visuell eine wahrnehmbare Verbesserung bringt. Ja, auf die Frühlingssternbilder mit vielen "neuen", spannenden Objekten zu erkunden, freue ich mich schon.


    (==&gt;)Helmut, dein Bericht von den Erlebnissen unter dem Winterhimmel hat mich auch begeistert. Und ich finde es immer wieder lustig, dass die Wiener Würstchen bei uns in Wien dann Frankfurter heißen. Beim Bier machen wir zumindest keine Unterschiede. ;)


    Liebe Grüße und clear skies wünscht euch


    Christian

  • Hallo Christian,


    Toll, ein schöner Bericht, nimmt einen richtig mit. Mir geht es oft wie Dir, nur die Familie hat sich dran gewöhnt, daß iich nachts "auf Reisen" gehe. Hauptsache richtiges Schuhwerk (Moonboots), viele schichten kleidung, und dicke Handschuhe. Dann hält man es schon aus bei Frost. Außer ein schneidiger Wind bläst einen um. Allerdings 5mag ist nicht besonders dunkel. Ich mag inzwischen nur noch Mühe für 5,8 oder dunkler machen (also mit dem Auto wo hin fahren).


    Wegen OIII, damit kommst Du am Rand von M42 weiter. Im Zentrum siehst Du kaum einen Unterschied. Und z.B. beim Rosettennebel (s. NGC 2301) sollte er den Unterschied machen (sehen/nichtssehen). Insbesondere bei einem 5mag Himmel. Achte auf AP, also möglichst langbrennweitige Okulare. An kleinen Nebeln wie Eskimo, ist meine Erfahrung, bringt er nicht viel. Weil , ja genau, kleine AP/ hohe Vergrößerung. Ich schätze den OIII wirst Du nur am 30mm Okular richtig gebrauchen können. Mit Reducer auch das 16mm. Aber mit der Zeit wird es sich ja zeigen.


    M97 ist aber nicht schwer, sicher daß Du Dich nicht verpeilt hast? Ähnlich leicht wie die daneben stehende Galaxie M108. - Oh, ich sehe gerade GoTo! Ja dann ist es mir nicht erklärlich.


    Für den Frühling studiere besonders: Jungfrau, Haare der Berenike, Jagdhunde, Gr. Bär im hinteren Bereich bis M102 daneben ist noch eine große andere große NGC Galaxie). Und Bootes: unbedingt die KS M3 und M5, die sind herrlich und mal was Anderes.


    CS,
    Walter

  • Hallo Walter,


    Danke für deine Tipps. Die werde ich gleich in meine Astro Bucket-List aufnehmen. Als Alpinist bin ich kleidungstechnisch eh gut ausgerüstet. Moonboots habe ich (noch) nicht, aber hochalpine Bergschuhe. Der Nord-West Wind drückte die gefühlte Temperatur noch um ein paar Grad nach unten.


    Bei den Kombinationen von verschiedenen Okularbrennweiten, Filtern, Reducer, Barlow unter verschiedenen Beobachtungsbedingungen und bei verschiedenen Objekten muss ich noch mehr Erfahrungen sammeln.


    Für M97 werde ich mir nächstes Mal mehr Zeit nehmen. RA und Dekl. waren eigentlich passend. Bootes wollte ich eh noch ansteuern, da dieser herrlich sichtbar war, aber der Stolperer übers Stativ und das Frösteln haben das verhindert. ;)


    Liebe Grüße, Christian

  • Hi nochmal Christian,


    Barlow? Bei deinem (langbrennweitigen) Teleskop eigentlich unnötig, die nimmt man eher bei f/5 Teleskopen. Naja nun hast Du das Ding ja, dan teste mal rum.


    Für M97 wäre im Zweifelsfall der OIII doch hilfreich. Der PN ist groß genug um im 30mm bequem als Kringel gesehen zu werden und AP ist dann auch hoch genug - daß der OIII seine Wirkung entfalten kann. Die Himmelshelligkeit wird durch OIII bei der hohen AP schön abgedunkelt, der Nebel nicht. Wenn Du ihn hast, kannst ja mit allen Kombis rum testen. Wenigstens ein Eulen Auge sollte auch gehen denke ich mit 5".


    Suchst Du noch dunklere Stellen? Oder ist das dein bevorzugter Platz? Druck Dir doch eine Sternkarte aus für ein Sternbild das im Frühling ca. im Zenit steht. Und dann kannst Du mit Programmen wie 'Stellarium' oder 'Cartes du Ciel' die Helligkeit für markante Sterne rausfinden und dazu schreiben für 5mag, 5,5mag, 6,0mag, 6,5mag. Gerade in der Galaxienzeit (Frühling) ist ein dunkler Himmel um 6mag ein großes Vergnügen. Möglichst dunkel auch im Südquadranten für die Sombrero Galaxie M104. Im Kasten vom Gr. Bären sind so ein paar markant stehende Sternchen gerade +/- 6mag.


    Viel Spaß,
    Walter

  • Hallo Walter,


    die Barlow verwende ich für Mondbeobachtungen für V&gt;250x. Ich habe ein 6mm Ortho für V=250x, aber der ist der Augenabstand schon recht kurz. Mit dem 10mm ES Okular (V=300x) hat der Spaziergang rund ums Aristarchius Plateau gut funktioniert (mehr Details bei Rupes Toscanelli).


    Ich suche natürlich immer dunkle Stellen. Rund um Wien ist das nicht ganz einfach - rauf in die Berge (ca. 1 Stunde) ist am Wochenende immer eine gute Alternative. In Großmugl sollten aber eh 6mag auch sichtbar sein, der Bortle Wert für Großmugl ist 3 - natürlich nur, wenn das Wetter passt.


    Am Sonntag war ich zum ersten Mal in Großmugl. Beim nächsten Mal werde ich länger mir freiem Auge beobachten.


    Danke dir für deine Ratschläge!


    Liebe Grüße,


    Christian

  • Hallo Christian,


    jetzt habe ich die Zeit, mit etwas mehr Worten deinen ausführlichen und anschaulichen Bericht zu würdigen.


    Ein Objektvorschlag: Hubble's Variable (NGC 2261) kannst du sicherlich auch sehen: Von der südlichen Spitze des Christmastree ein Stern nach unten und dann nach rechts (westlich natürlich) unten und du siehst einen kleinen Kometen mit Stern.
    Ich habe mir gerade die Sichtbedingungen deines Beobachtungsortes auf google maps und lightpollutionmap.info angeschaut. Wenn du noch weiter fahren könntest, hinter St. Pölten zum Weinsberg wäre der Himmel deutlich dunkler. Sind aber schon 100 km. Und einen Platz müsstest du da auch noch finden. Tja, das wichtigste Beobachtungsinstrument ist das Auto.
    Ich war mal in Wien bei Astrofreunden auf der Kufnersternwarte (einen großen Refraktor habe ich da noch in Erinnerung) und in Klosterneuburg bei Herrn Preßberger.


    Und Marcus,
    das mit M1 stimmt schon. Es ist aber auch schon schön, seine unsymmetrische Form zu erkennen. Man kann mit einem OIII-Filter in großen Geräten Filamente sehen. Ein Foto im OIII gibt es im Buch "Die neue Astronomie" von Nigel Henbest und Michael Marten (ISBN 3-7643-1616-0) auf Seite 101. Ich kann das Foto aus Copyright-Gründen leider nicht hier veröffentlichen. Mit deinem 16"er müssten ein paar Filamente in Kernnähe zu beobachten sein. Mit 75 cm sind sie deutlich zu sehen. Mit dem 1 m in Puimichel seinerzeit überwältigend. Da glaubte ich sogar ansatzweise den Jet gesehen zu haben, der aus dem Nebel geht (alles im OIII).


    Ich wünsche euch noch gute Zeiten beim Spechteln,
    der Helmut

  • Hallo Helmut,


    Danke, dass du dir die Zeit nimmst, meinen Bericht zu würdigen. :) Ich war eh nicht so sehr auf Lob fürs Schreiben aus, sondern auf die Tipps und Erfahrungsberichte zu den von mir beobachteten Objekten. Und diese Erwartung hat sich ja auch erfüllt. :) Beim nächsten Mal werde ich mir Hubble's Variable vornehmen. Danke auch für den Tipp mit dem Weinsberg. Die Distanz ist kein Problem, während der Woche eher die Zeit. Lange Nächte kann ich mir nur an den Wochenenden erlauben. Ich werde mal untertags rausfahren und die Gegend erkunden. Das habe ich zwar bei Großmugl auch gemacht und mich dann in der Nacht dennoch verfahren. ;)


    Die Kuffner Sternwarte ist super. Leider sind im Moment alle Sternwarten geschlossen. Hr. Preßberger kenne ich leider nicht.


    Ich habe mich über deine Nachrichten und Tipps sehr gefreut! :)


    Liebe Grüße,


    Christian

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