Tubusseeing bei Großferngläsern?

  • Hallo Leute,


    ...mit zwei Augen sieht man besser!...
    ...deshalb möchte ich mir ein Großfernglas (mit variabler Vergrößerung) für ,,grab and go´´ anschaffen, aber folgende Erfahrung läßt mich zögern...:

    ..wenn ich meinen (gern genutzten) 4-Zoll MAK bei den derzeitigen Außentemperaturen nicht rechtzeitig zum auskühlen rausstelle, hab´ ich die (ca.) ersten zwei Stunden keine saubere Abbildung, bedingt durch die mangelnde Temperaturanpassung, also mehr mit dem Tubusseeing als mit dem lokalen Seeing zu kämpfen.


    ...is ja auch klar, weil der MAK ein geschlossenes System (mit Luft u. viel Glas drin u. dran) ist, braucht´s halt seine Zeit bis die Temperatur angepasst ist.


    ....ist diese Eigenschaft (der relativ langen Auskühlphase) bei Spektiven oder Großferngälsern, mit variabler Vergrößerung, auch beobachtbar bzw. relevant?
    ...es sind ja auch geschlossene Systeme mit viel Glas drin u. dran.


    Wie sind eure Erfahrungen?


    ...bleibt gesund!

  • Hallo Alfons,


    ich hab zwar kein Großfernglas aber ein großes Fernglas. Genauer ein 8X58 von Docter.
    Selbiges hab ich mir vor ein paar Jahren in den Wintermonaten zugelegt und war böse am schimpfen was für eine glitschige Sternabbildung das Teil zeigte. Du ahnst es vermutlich, 1,5kg Material brauchen eine gewisse Zeit um sich zu akklimatisieren. Mittlerweile weiß ich dass das Glas auch am Stern gut ist, WENN es sich anpassen konnte.


    Da kommen wir nicht drumrum.[}:)]


    Gruß
    Kay

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Leonos</i>
    <br />... ein 8X58 von Docter...für eine glitschige Sternabbildung das Teil zeigte. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Was meinst du mit "glitschig"? Tubusseing wird man bei 8x sicher nicht erkennen können. Sind es vielleicht thermische Verspannungen irgendwelcher optischen Bauteile, die das Bild verschlechtern? Augenfehler bei der großen AP können ja nicht sein, wenn nach der Temperaturanpassung das Bild besser wird?


    Alfons: Maksutov Cassegrains (MC) und Schmidt Cassegrains (SC) mit geschlossenen Blechtuben sind stärker vom Tubussseing betroffen weil:
    1. Das Licht 3 mal den Tubusweg passieren muss, 1 mal davon auch nahe entlang der Tubuswand.
    2. Blechtuben zum Himmel hin durch Strahlung schneller auskühlen als zum Boden hin und sich dadurch ein Temperaurgardient im Tubus ausbildet.
    3. Durch die geschlossene Bauweise sich Temperaturgradienten nur langsam abbauen können.


    Abhilfe schafft ein Isoliertubus und Zwangsbelüftung


    Zu dem Tubusseeing kommen manchmal thermische Verspannungen durch die Spiegel oder Korrektor Fassung (wurde häufiger bei den sog. "Russentonnen" beobachtet). Abbildungsfehler durch Verspannung bleiben natürlich konstant solange die Verspannung vorhanden ist und tanzen nicht mit dem Seeing.


    Mit "Großfernglas" meinst du sicher die Bauart mit Doppelrefraktoren?
    Refraktoren sind weit weniger vom Tubusseeing betroffen, da das Licht nur ein mal den Tubusweg zurücklegen muss und das konvergierende Strahlenbündel nur zu Beginn nahe der Tubuswand entlang läuft.


    Außerdem sieht jeder Kanal eines Doppelfernrohrs jeweils eine andere Lichtsäule und hat damit ein leicht anderes Seeing, was die Augen und Hirn besser ausmitteln kann. Das resultierende Seeing ist somit geringer, als wenn man nur durch einen Strahlengang beobachtet.


    Diese Seeing Effekte machen sich erst bei höherer Vergrößerung bemerkbar und da schwächlen die günstigeren Binos ohnehin unter anderem durch den Farbfehler.


    Welchen Typ Großfernglas möchtest du anschaffen?

  • Hallo Alfons!


    Es gibt zwei Effekte, die ein nicht ausgekuehltes System beeinflussen: Tubusseeing und der Randeffekt. Letzteres ist die Tatsache, dass das optische Substrat am Rand schneller auskuehlt als in der Mitte.


    Das ist bei Reflektoren ein groesseres Problem, da eine Flaeche die ganze "Brechkraft" liefert (natuerlich nicht wirklich Brechung, sondern Reflektion), waehrend sich das bei einem Achromaten beispielsweise auf vier Flaechen verteilt.


    Ein weiterer Unterschied zwischen dem Mak und einem Grossfernglas ist die Vergroesserung. Grossfernglaeser sind, auch bei Wechselokularen, eher fuer schwaechere Vergroesserungen ausgelegt als ein Makskutovcassegrain.


    Dennoch und um die Bedenken auszuraeumen: Wirst Du das Fernglas kuehl lagern koennen? Beispielsweise in einer Garage oder Gartenhuette in einem schuetzenden Koffer.


    Ich kannte einen Sternfreund (leider nicht mehr unter uns), der auf einer massiven Betongarage ein paar Saeulen stehen hatte. Die Garagendecke war mit einer Treppe zugaenglich und mit einem Gelaender versehen. Aber einen Schutzbau gab es nicht. Er hat sich dann eine Art von "Verteilerkasten" zugelegt, der an der angrenzenden Wand des Nachbarhauses befestigt war. Daran, abschliessbar, befand sich sein 6" f/8 Fensterglas-Selbstschliff, der so immer gut ausgekuehlt war. Er musste ihn nur aus dem "Verteilerkasten" (gute Tarnung) holen und auf die Montierung setzen, die fest aufgestellt mit einem Zinkkasten abgedeckt war. So liess sich auch ohne Schutzbau eine permanente Akklimatisierung erreichen. Das Konzept sollte sich auch auf einen Grossfeldstecher uebertragen lassen.

  • Hallo Leute,


    erst mal ein Dankeschön für eure Mitteilungen u. Erklärungen.


    ==&gt;Stathis <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Welchen Typ Großfernglas möchtest du anschaffen?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">...dieses hier:
    https://www.apm-telescopes.de/…-45-okularset-uf18mm.html

  • Hallo Alfons,


    kurzer Bericht aus der Praxis: Mein 120er Bino liefert bei einem Temperaturunterschied von ca. 10 K schon nach 10 Minuten ordentliche Bilder (bis 53x), und für die Maximalvergrößerung (188x) muss ich noch ein paar Minuten länger warten. Bei 20 K Unterschied dauert das Temperieren ungefähr doppelt so lange. Andererseits habe ich in anderthalb Jahren mit dem Instrument noch keine Nacht erlebt, in der Tubusseeing eine größere Rolle gespielt hätte. Meistens kann ich schon kurz nach dem Aufbau mit dem Beobachten anfangen. Das „echte“ Seeing und lokale Störungen spielen eine wesentlich größere Rolle.
    Das über 10 kg schwere Bino verhält sich ähnlich oder sogar gutmütiger als ein etwa gleich großer Refraktor. Aus 55 Jahren Beobachtungspraxis mit den verschiedensten Instrumenten (50 bis 300 mm Öffnung) kann ich sagen, dass sich Tubusseeing bei unobstruierten Systemen weniger stark auswirkt als bei obstruierten, bei denen das Licht nicht nur einmal, sondern zwei- bis dreimal durch den Tubus und damit durch die ungleichmäßig warme Luft darin geht. Mit anderen Worten: Einen noch nicht völlig temperierten Refraktor kann man benutzen, während ein nur etwas zu warmes oder der Abkühlung hinterher hinkendes Spiegelteleskop einen in die Verzweiflung treiben kann.


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,


    danke für deinen Bericht aus der Praxis.


    Dann werd´ ich mal die Stde. Fahrt ins schöne Saarland antreten, sobald APM seine Pforten wieder öffnen darf...

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