Io auffällig hell

  • Hallo liebe Planetenbeobachter


    hab heute von 17.30 bis 19.20 MEZ Jupiter beobachtet und fand Io auffällig hell. Das Seeing war leider durch den Jetstream so schlecht, dass ich die Monde nur anhand ihrer Helligkeit identifizieren konnte, und dabei hatte ich sozusagen zwei Kandidaten für den hellsten Jupitermond Ganymed. Also schnell mal in Guide geguckt, und siehe da, der östlich von Jupiter stehende war Io. Der ist normalerweise nur ein bzw. zwei Zehntel mag heller als Europa und 0,5 mag schwächer als Ganymed. Da ich nach jahrelanger visueller Veränderlichen-„Schätzometrie“ mit dem Verfahren vertraut bin, hab ich in der knappen Stunde immer wieder Ganymed und Io verglichen. Auf den ersten Blick kamen sie mir gleich hell vor. Das bestätigte sich bei genauerem Vergleich einige Male, aber manchmal kam mir auch Ganymed etwas heller vor.
    Auf jeden Fall reichlich mysteriös. Ich kann nicht hundertprozentig ausschließen, dass ich mich getäuscht habe, aber ich bin ein erfahrener visueller Beobachter mit mehr als 50 Jahren Beobachtungspraxis. Hat jemand von euch zufällig heute auch Jupiter beobachtet und kann den „zu hellen“ Io bestätigen? Leider hat das Seeing keinen Anreiz geboten, länger hinzuschauen. Ich selbst habe nur so lange ausgehalten, weil ich regelmäßig die GRF-Länge bestimme, und das war heute wieder dran.


    CS
    Jörg

  • Hi Joerg,


    ich bin kein Veraenderlichenbeobachter, aber mir kam beim Lesen Deiner Zeilen ein Gedanke. Da Jupiter ja sehr tief steht, koennte die relativ groesse Helligkeit von Io extinktionsbedingt sein? Io ist ja relativ rot, und ein im Vergleich zu den anderen Monden groesserer Lichtanteil schafft es durch die Atmosphaere. Dadurch sollte Io relativ zu den anderen Monden aufgewertet werden - wie bei der Benutzung eines Rotfilters zu erwarten waere.

  • Hallo Jürgen,


    noch ein Nachsatz: Gegen die Extinktionserklärung spricht noch etwas: Jupiter ist ja dieses Jahr generell nie höher als 16 Grad gekommen – zumindest für mich in Mitteldeutschland. Ich hab ihn für die GRF-Messreihe regelmäßig beobachtet (35 mal) und hatte nie solche Helligkeitsabweichungen. Selbst dann nicht, als wir hier den kalifornischen Waldbrandrauch hatten und Jupiter bräunlich überfärbt war.


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,


    da Io um Jupiter gebunden rotiert, hat er eine führende und eine nachfolgende Hemisphäre. Laut diesem Artikel ist die führende Hemisphäre von Io ca. 0.14 mag heller als die nachfolgende (bei Europa beträgt der Unterschied sogar 0.29 mag):


    https://link.springer.com/article/10.3103/S0190271711010013


    Wenn ich mich nicht täusche, war heute Abend bei Io die führende Hemisphäre sichtbar. Eventuell erklärt das (zumindest teilweise) den Effekt, wobei die 0.14 mag etwas zu wenig sind. Morgen Abend zur gleichen Zeit wäre die nachfolgende Hemisphäre sichtbar, vielleicht sieht man da einen Unterschied.


    Viele Grüße
    Mark

  • Okay - sieht so aus, dass ich mit meiner Theorie daneben lag. Das mit der gebundenen Rotation und der Albedovariation der beiden Hemisphaeren ist natuerlich ein Argument.

  • Hallo Jürgen, Hallo Mark und alle anderen,


    ich komme gerade von draußen und habe festgestellt, dass sich bei Jupiters vier großen Monden die normale Helligkeitsordnung wieder eingestellt hat: Ganymed mit Abstand am hellsten, Io merklich heller als Europa und Kallisto mit deutlichem Abstand am schwächsten.
    Ohne geprüft zu haben, ob von gestern zu heute tatsächlich ein Seitenwechsel stattgefunden hat, halte ich Marks Erklärung für am wahrscheinlichsten.
    Viel wahrscheinlicher jedenfalls als die Ursache in Ios Vulkanismus zu vermuten. Ich habe heute eine ganze Weile zum Thema recherchiert, aber nichts Bahnbrechendes gefunden. Dass der innerste der vier Galileischen Monde den stärksten Vulkanismus im Sonnensystem hat, ist ja hinlänglich bekannt. Dennoch: Eine Eruption, die einen Helligkeitsanstieg von rund 0,5 mag verursacht, ist mehr als unwahrscheinlich. Oder seht ihr das anders?
    Um die Sache abschließend klären zu können, müssten Raumsonden oder zumindest erdgebundene Profis Io zeitgleich auf dem Schirm gehabt haben. Aber wie immer heißt es wohl, weiter beobachten und jedesmal genau hinschauen. Ab und zu gibt es auch in der Routine Neues zu entdecken...


    CS,
    Jörg

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