Was Sterne zum Leuchten bringt

  • <b>Internationales Forschungsteam der Universitäten in Berkeley, Madrid und Jena sowie des Institut Polytechnique de Paris beobachtet in Laborversuchen nichtlineare Ionisationsvorgänge in heißen dichten Plasmen. Solche Prozesse laufen in der gesamten sichtbaren Materie im Universum ab, waren experimentell bislang jedoch nicht zugänglich. </b>


    Wer des Nachts den Blick zum wolkenfreien Himmel richtet, sieht leuchtendes Plasma: Praktisch die gesamte sichtbare Materie im Universum – Sterne, Galaxien und interstellare Materie – besteht daraus. Anders als in den auf der Erde üblichen Aggregatzuständen „fest“, „flüssig“ oder „gasförmig“ liegt die Materie in einem Plasma als Wolke aus Ionen und freien Elektronen vor. Von der Erforschung dieser ionisierten Materie und ihrer Wechselwirkung mit Licht versprechen sich Wissenschaftlerinnen und Wissen­schaftler ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge, die unser Universum geformt haben. Doch während sich Plasmen im Labor relativ einfach erzeugen lassen, ist ihre Untersuchung bislang kaum möglich, da es bisher keine Methoden gibt, den Grad der Ionisierung und die räumliche und zeitliche Verteilung der Ionen hinreichend erfassen zu können.
    Entstehung und Wechselwirkung von hoch ionisiertem Kryptonplasma beobachten


    Das kann sich nun jedoch ändern: Ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Zürch von der University of California in Berkeley eine Methodik stellt vor, die es erlaubt, die Entstehung und Wechselwirkung von hoch ionisiertem Kryptonplasma mit kohärentem ultravioletten Licht im Femtosekundenbereich direkt zu beobachten. Die Arbeit ist in Kooperation mit dem Team um Prof. Dr. Christian Spielmann im Institut für Optik und Quantenelektronik der Friedrich-Schiller-Universität Jena entstanden, in dem Michael Zürch bis 2018 selbst geforscht hat. Erstautor ist der Jenaer Doktorand Frederik Tuitje.



    Jenaer Physiker bereiten den Aufbau für die Untersuchung einer Laser-Plasma-Quelle vor. Foto: Jens Meyer (Universität Jena)


    In ihrer Arbeit verwenden die Forschenden einen Laser-Plasma-Verstärker, der achtfach-ionisierte Krypton-Ionen als Lasermedium verwendet. In dieses Plasma senden sie einen kohärenten extrem ultravioletten Sondenpuls, der die Eigenschaften des Plasmas aufnimmt, während er sich durch die vom Laser erzeugte Plasmasäule ausbreitet. Anschließend wird dieser Sondenpuls mit einem neuartigen Röntgenlicht-Streuverfahren detailliert vermessen und liefert so ein Abbild der räumlichen Ver­teilung von Elektronen und Ionen im Plasma. Diese Methode ermöglicht die Messung der Eigenschaften des Sondenpulses, der Informationen über das Plasma in sich trägt, mit sehr hoher Auflösung. „Der Schlüssel zu dieser Analysemethode liegt in der Verwendung eines Sondenpulses mit einer Wellenlänge im extremen UV-Bereich, die kurz genug ist, damit das Plasma transparent wird“, erklärt Zürch.
    Unerwartete räumliche Verteilung


    Als Ergebnis fanden die Forscher eine räumliche Verteilung von Elektronen und Ionen, die sie in einer Wellenleitergeometrie nicht erwartet hatten. Um diese experimen­tel­len Daten erklären und interpretieren zu können, haben Zürch und seine Kolleginnen und Kollegen ein theoretisches Modell entwickelt, das die Plasma-Licht-Wechsel­wirkung in vier Dimensionen über mehrere Skalen modelliert, bis sie eine Überein­stim­mung mit den experimentellen Daten gefunden haben. „Damit konnten wir das beobachtete Signal auf ein stark nichtlineares Verhalten bei der Laser-Plasma-Wechselwirkung zurückführen, die das hochionisierte Krypton-Plasma erzeugt“, erläutert Zürch.


    Mit diesem neuen experimentellen Ansatz lassen sich bisher verwendete theore­tische Modelle zur Simulation von Laser-Plasma-Wechselwirkungen und zur Bildung von hochionisiertem Plasma überprüfen. Eine Erkenntnis aus der vorliegenden Arbeit ist, dass sich mit optischen Techniken nicht beliebig ionisierte Plasmen erzeugen lassen. „Das entwickelte Modell ermöglicht eine genaue Vorhersage der erreichbaren Bedingungen und lässt hoffen, dass durch geeignete Laserstrahlformung sehr defi­nierte Plasmabedingungen erzeugt werden können“, ordnet Prof. Spielmann von der Universität Jena die Studie ein. Und Prof. Zürch ergänzt: „Über ein tieferes Verständ­nis der Laser-Plasma-Wechselwirkungen hinaus haben unsere Erkenntnisse auch Auswirkungen auf die Entwicklung von plasmabasierten Röntgenlichtquellen oder plasmabasierten Fusionsexperimenten.“


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Jena unter https://www.uni-jena.de/201119_Plasmaionisation

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