servus zusammen,
nach dem grauenhaften Sommer mit anhalten wolkenreichen Wetterlagen gab es gestern endlich wieder Hoffnung auf klaren Himmel. Der Nebel verzog sich ab Mittag, und es entrollte sich ein dunkelblauer Himmel. Flugzeuge zogen nur eine sehr kurze Kondensspur, was für trockene Luft in den Höhen sprach. Jedoch: kaum zog die Sonne Richtung Horizont, wurde der Dunst schlimmer. Und bei Sonnenuntergang waren bereits wieder Hochnebelschwaden zu verzeichnen. Dies forderte also einen hohen Beobachtungsplatz. Mein Standardplatz auf 890m war da sehr unsicher, weil die Dunst- und Nebelschwaden bereits im Tal südlich davon zu sehen waren. Das war dann auch "bedrohlich" für meinen Platz auf 1100m Höhe, knapp südlich davon. Was also tun?
Ich bin schließlich auf den Parkplatz etwas unterhalb der höchsten Stelle der Sudelfeldstraße gegangen. Dort war ich schon mal im Spätherbst, mit 2 Sternenkuckern völlig alleine in der Dunkelheit.
Als ich aber gestern gegen 18 Uhr ankam: ein Remmidemmi sondergleichen, überall standen noch Autos, und vom Berg kamen ständig Wanderer mit tragbaren Halogen-Lichtflutern (anders kann man die Stirnlampen dieser Leute nicht bezeichnen).
Am Ende des Parkplatzes (also weg von der Straße) sah ich, dass jemand seine Montierung aufbaute - da stellte ich mich gleich vor und dann daneben für den Aufbau. Welch Überraschung: es war Wolfi Ransburg vom Teleskop-Service, der ein neues Teleskop fotografisch ausprobierte. Daher wurde in dieser Nacht viel fotografiert, fast genauso viel fachgesimpelt, und halt etwas weniger beobachtet. Das lag aber auch an der immer wieder aufkommenden ekelhaften Lichterflut der parkenden Autos, neu einfahrenden Autos, und Wandern, die vom Berg kamen.
Die Alternative aus früheren Tagen, der Parkplatz an der Materialseilbahn der Bundeswehr-Hütte, existiert nicht mehr: an der Einfahrt ist mittlerweile eine Schranke.
Visuelle Beobachtungen mit dem 14.5" Dobson:
- M 15: wunderschöner Kugelhaufen im Pegasus, bei 108x bereits enorm aufgelöst, bis auf das kompakte, helle kleine Zentrum. Unendlich viele kleine Sterne, die sich im Gesichtsfeld um dieses Zentrum herum verteilen. Das Seeing war am frühen Abend sehr gut, wurde dann aber leider schlechter.
- NGC 7068 (14.m0): ziemlich schwache und kleine Galaxie knapp westlich von M 15, ohne Strukturen, eine kleine diffuse Wolke, neben der ein kleines Sternchen steht.
NGC 7094 (13.m4): Planetarischer Nebel nordöstlich von M 15, Objekt des Monats. Ohne Filter sieht man ein kleines Sternchen, das von einem Nebelhauch umgeben ist. Mit Filter verschwindet dieser Stern (der Zentralstern), dafür wird der Nebel besser sichtbar, bleibt aber recht schwach. Ansatzweise kann ich eine Ringstruktur erkennen, also dass der Nebel vom Zentralstern losgelöst erscheint, aber das ist unsicher. Auf einer Seite ist der Ring nach außen schärfer begrenzt, auf der anderen Seite ist dies eher diffus.
NGC 1 (12.m9), NGC 2 (14.m2), NGC 16 (12.m0), NGC 22 (13.m6):
So manche Astronomen glauben ja, dass NGC 1 (das erste Objekt im NGC-Katalog) gar nicht existiert, und ich habe schon mehr als einmal gehört „Was, das gibt’s wirklich?“. Aber mit irgendeinem Objekt muss ein Katalog ja anfangen, und NGC 1 ist weder schwierig zu finden noch schwierig zu sehen.
Die kleine Galaxiengruppe ist 1.5 Grad südlich des linken oberen Kastensterns des Pegasus (der eigentlich schon zur Andromeda gehört.
Zuerst stolperte ich beim Suchen über eine hellere Galaxie, die ich aber nicht sofort zuordnen konnte. Erst beim Positionsvergleich fiel mir NGC 1 dann ins Auge: recht schwach, klein, leicht länglich, etwas heller in der Mitte, und von einigen schwächeren Sternen umgeben. Knapp südlich davon die deutlich schwächere NGC 2, die klein und rund war.
Etwas weiter östlich dann die hellere Galaxie, die ich zuerst gesehen hatte: NGC 16. Die längliche Form, die auf der Aufnahme zu erkennen ist, konnte ich nicht sehen: die Galaxie ist recht hell, klein, rund, mit einem helleren, deutlich abgesetzten Kernbereich.
Noch weiter östlich dann die schon ziemlich schwache NGC 22: klein, rund, unscheinbar, mit leicht aufgehelltem Zentrum. Aber alle 4 Galaxien passten bei 108x gleichzeitig ins Gesichtsfeld.
Jetzt wollte ich mal was fürs Auge anschauen, und schwenkte in den Schwan zum Cirrusnebel. Beim Sturmvogel NGC 6960 angekommen: heidiwitschka, ist der hell, und das schon ohne Filter! Mit OIII dann: eine dünne Spitze im Norden, die sich aufweitend bis zum Stern 52 Cyg hinzieht. Südlich des Sterns spaltet sich der Nebel dann in eine Doppelhelix auf, die sich weit hinauszieht.
Etwas nordöstlich dann das zarte Spinngewebe von NGC 6974 und NGC 6979: sehr groß, aber schwach, und deutlich dreieckförmig, weswegen dieser Teil auch „Pickering’s triangular whisp“ genannt wird.
Noch weiter östlich die „Knochenhand“ NGC 6992 / 6995: beinahe 2 Okulardurchmesser lang, gekrümmt, und am Südende in 2 parallele Haken auslaufend (einer der beiden heißt IC 1470). Dabei richtig hell, sodass jedem Beobachter ein „boooaah“ oder sowas ähnliches aus dem Munde entweicht.
Südlich der Knochenhand mein Spezialobjekt: der von mir so genannte „Tropfen“, ein einzelnes Nebelwölkchen etwa 20‘ südlich des Endes der Knochenhand. Die Tropfenform ist gut zu sehen.
Als nächstes kam der Nordamerika-Nebel NGC 7000 dran. Mit OIII-Filter unglaublich groß, der „Golf von Mexiko“ ist deutlich vom dunklen Hintergrund abgetrennt. Im nördlichen Teil des Nebels der sternreiche Haufen NGC 6996, der schön herausglitzert.
Daneben strukturlos, aber großflächig aufgehellt der Pelikannebel um die Sterne 56 und 57 Cyg.
Nebenbei lief meine zweite Aufnahmeserie dieser Nacht, die Galaxie NGC 891. Schnell mal hingeschwenkt: da ist sie , auffallend hell unter den exzellenten Bedingungen (ich hab bei mäßig gutem Himmel den Eindruck, dass NGC 891 dann nicht besonders gut zu sehen ist). Bei 284x geht sie gerade noch ins Gesichtsfeld. Das Staubband ist deutlich zu sehen, vor allem vor dem helleren zentralen Lichtbuckel. Der westliche Teil dieses Buckels ist heller und größer als der östliche. Klasse Objekt, an dem wir bestimmt 15 min lang beobachten.
#8195;
Südöstlich steht eine Galaxiengruppe, die bei Großfeldaufnahmen immer mit im Bild ist. Schnell werden NGC 898 (12.m9), NGC 906 (13.m3), NGC 909 (13.m3), NGC 911 (12.m7) sowie NGC 914 (13.m0) erhascht, die aber allesamt nur mäßig hell oder schwächer sind, und ohne weitere Strukturen (abgesehen von den hellen Zentren).
Ein Blick an den Himmel zur Prüfung der Durchsicht: im Zenith sehr gut, reich strukturierte Milchstraße, M 31 ist deutlich länglich und hell, bei M 33 war ich mir nicht sicher, ob ich nicht das daneben liegende Sternchen gesehen habe.
Am Horizont dagegen sehr trüb: dunstig, schlechte Durchsicht; da brauchte man es gar nicht erst probieren.
Ich machte Wolfi dann auf eine Aufhellung links unterhalb des Widder aufmerksam. Dort stand eine sehr schwache, etwas handtellergroße Aufhellung (wenn man den Arm ausstreckte) am Himmel. Kein Zweifel: das war der Gegenschein! Oberhalb des Dunstes war die Durchsicht also schon richtig gut.
Eine helle, auffallende Galaxie, die fast niemand kennt (obwohl sie fotografisch wirklich was hermacht), ist NGC 772 (10.m3) im Widder. Ein einfach zu findendes Objekt, braucht man doch nur vom unteren Widder-Stern (Gamma) 1.5 Grad nach Osten zu schwenken. Bei 108x erschien die Galaxie als groß und hell, etwas länglich, mit einem hellen ausgedehnten Zentralbereich. Südlich davon die viel kleinere, schwache NGC 770 (12.m9), die man beim schnellen drüberschauen für einen Stern halten könnte.
Etwas weiter östlich wurde es dann schwierig: zunächst ging es zu NGC 794 (12.m9). Die war noch recht einfach zu sehen: Die Original-Beschreibung des NGC beschrieb sie als „sternförmig“, was sie definitiv nicht war. Eher ein kleines Wattebäuschchen, das zwar klein, aber diffus war, mit einem sehr hellen Kern in der Mitte.
Nördlich davon dann die erste richtige Herausforderung: UGC 1546. Sie gehört zur NGC 772-Gruppe, auch wenn sie am Himmel ein Grad auseinanderliegen. Bei ihr musste ich schon genau hinschauen, bevor ich sie als gesehen bezeichnen konnte: ziemlich schwach, klein, leicht länglich, mit einem helleren Zentrum. Dicht östlich steht ein kleines Sternchen, das beim ersten Draufschauen die Beobachtung etwas erschwert, aber dann deutlich von der Galaxie gelöst ist.
Dann wurde ich noch mutiger: ein Grad nordwestlich von Alpha Ari war eine Doppel-Galaxie, beide mit UGC-Bezeichnungen. Die Gegend war schnell eingestellt, aber: puuuuh, wo sind die beiden denn? Erschwerend kam hinzu, dass ich keine Helligkeitsangaben der beiden Galaxien hatte.
Bei UGC 1551 war ich mir gar nicht sicher, ob da was war, aber ich hatte den Eindruck, dass etwas sehr schwaches, leicht längliches an der Stelle zu sehen war.
UGC 1561 dagegen war etwas einfacher, nach ein bisserl suchen hatte ich sie dann: sehr schwach, ziemlich klein, leicht länglich, mit etwas aufgehelltem Zentrum.
Kurz vor 22 Uhr merkte man, dass der Osthimmel hell wurde, obwohl der Mond noch hinter den vorgelagerten Bergen war. Aber der Kontrast der Milchstraße nahm sehr schnell ab. Also war Zeit zum Abbauen.
Bei der Heimfahrt kam ich im Flachland dann in dichtesten Nebel mit Sichtweite um die 30 Meter – war eine gute Entscheidung, aufs Sudelfeld zu fahren, trotz der vielen störenden Lichter.
CDS
Stefan