Tulpennebel und Cygnus X-1

  • Hallo zusammen,


    heute möchte ich eine weitere Arbeit aus der Schmalbandsaison der Sommermilchstraße vorstellen.
    Der Tulpennebel (Sh2 - 101) befindet sich mitten im Schwan und stellt eine typische HII-Region dar. Die Entferung wird mit etwa 6.000 Lj angegeben. Ausläufer von Dunkelwolken ragen in das Zentralgebiet hinein, wo auch der Sauerstoff präsent ist. Die Szene erinnert an eine weit geöffnete Blüte mit markanten Blütenstengeln.


    Mit der Belichtung hatte ich ganz spontan begonnen, also das Motiv nicht besonders vorbereitet - schnell ein paar Aufnahmen gegoogelt und danach den Ausschnitt überprüft. Das Objekt erschien mir für das Bildfeld gut geeignet und die Kamera konnte im Querformat in der Ost-West-Ausrichtung verbleiben.


    Am 13. und 14.09.2020 habe ich also zunächst je 3 Stunden H-alpha und OIII aufgenommen, d.h. je 18 x 600s. Das Ergebnis war schon recht ansehnlich. Jedoch zeigte sich am rechten Bildrand im OIII eine Struktur, die verdächtig nach einer Störung aussah. Die Recherche bei astrobin brachte schnell Gewißheit - das Detail ist real. Es handelt sich um eine bogenförmige Stoßfront, in welcher der Sauerstoff zum Leuchten angeregt wird.
    Ursache dafür ist die 1964 entdeckte Röntgenquelle Cygnus X1. In einem Doppelsternsystem besteht um ein schwarzes Loch eine Akkretionsscheibe und das vom anderen Stern einströmende Gas erzeugt die starke Röntgenstrahlung. Senkrecht zur Scheibe werden außerdem relativistische Jet ausgestoßen, die mit der interstellaren Materie wechselwirken, d.h. es bildet sich eine Stoßwelle.


    Eine sehr schöne Darstellung dazu findet sich bei diesem APOD:
    https://apod.nasa.gov/apod/ap090608.html
    Die Lage des Doppelsterns ist dort auch ersichtlich. Unter dem Bogen stehen zwei helle Sterne senkrecht übereinander und Cyg X1 ist der südliche davon.


    Mit dem ersten Bildausschnitt hatte ich das Glück, den Bogen gerade so komplett erfasst zu haben. Für weitere Aufnahmen lag es nahe, einfach das Aufnahmefeld ein Stück nach rechts zu versetzen. So kamen 19 x 600 s H-alpha und 28 x 600 s OIII hinzu. Am linken und rechten Rand des fertigen Bildes gibt es also einen Streifen, der nicht durch die komplette Belichtungszeit abgedeckt ist.


    Die Auflösung ist 25%:


    (bei astrobin: https://www.astrobin.com/bhca5w/B/?nc=user)


    Gruß Lars

  • Hallo Lars,
    auch von mir ein fettes Lob. Das ist mehr als nur ein Astrofoto, das ist auch eine Geschichte. Ich wusste gar nicht, dass C_X1 überhaupt fotografierbar ist, und der Tulpennebel kommt ja auch super rüber. Es gibt noch weitere Bögen und Bogenfilamente, da gibt es vermutlich keine klare Zuordnung zu, oder?
    Viele Grüße,
    ralf

  • Guten Abend zusammen und vielen Dank an alle für das nette Feedback !


    Ja wer hätte schon gedacht, daß Cygnus X-1 ein Motiv sein könnte ? Ich meine von dieser berühmten Röntgenquelle hat man schon gehört, nur alles was mit Röntgenstrahlung zu tun hat verbindet man eher nicht mit Astrofotografie. Für mich war diese Aktion jedenfalls wieder mal eine Lehre dahingehend, daß es sich sehr empfiehlt, einfach vor dem Belichten das Zielgebiet aufzuklären. Es ist doch schade später zu merken, daß ein spannendes Objekt knapp außerhalb des Bildfeldes liegt.


    Ralf, die weiteren Bögen sind wohl real, aber nicht gut zu deuten. Wie so oft ist überhaupt nicht klar, wie die Strukturen in der Tiefe gestaffelt sind. Ich habe ansonsten diese Beispiele gefunden:
    Eines von Ivan Eder:
    https://www.astroeder.com/a-tu…d-es-a-cygnus-x-1-en.html
    mit einem Newton 300/1200 und 4,5 h H-alpha / 7 h OIII.


    Ein anderes von Don Goldman (Astrodon):
    https://astrodonimaging.com/gallery/cygnus-x-1/
    mit einem 16" f/8.9 RC und 6,5 h H-alpha / 5 h OIII
    Hier ist ausgehend von Cyg X-1 noch ein sich verbreiternder und nach Süden erstreckender Streifen mit OIII-Signal vorhanden, der in der anderen Aufnahme so nicht erkennbar ist.


    Der parabelförmige Bogen über Cyg X-1, der mit diesem Objekt im Zusammenhang steht, ist durchaus recht schwach - dafür sprechen auch die Belichtungszeiten der beiden Referenzbilder. Mit nur 160 mm Öffnung und 1:7,5 sind 7 h 40 min OIII im Vergleich wirklich nicht viel. Und ich bin ganz froh, denn Schritt von 300 s zu 600 s bei den Einzelbelichtungen gemacht zu haben. Für solch schwache Signale macht das viel aus.
    Im H-alpha Licht erscheint der Bogen übrigens auch, aber nicht so ausgeprägt.


    Gruß Lars

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!