Erstmals freigelegter Planetenkern entdeckt

  • <b>Forschende unter der Leitung der Universität Warwick haben erstmals den freigelegten Kern eines Exoplaneten entdeckt, der einen noch nie dagewesenen Blick ins Innere eines Planeten erlaubt. Federführend beteiligt an der theoretischen Interpretation dieser Entdeckung ist Christoph Mordasini von der Universität Bern.</b>


    Der neu entdeckte Exoplanet TOI 849 b bietet die einzigartige Gelegenheit, in das Innere eines Planeten zu blicken und etwas über seine Zusammensetzung zu erfahren. Er kreist um einen etwa 730 Lichtjahre entfernten Stern, der unserer Sonne sehr ähnlich ist. Der freigelegte Kern hat die gleiche Größe wie Neptun in unserem Sonnensystem. Die Forschenden nehmen an, daß es sich um einen Gasriesen handelt, der entweder seiner Gasatmosphäre beraubt wurde oder wegen eines außergewöhnlichen Vorkommnis keine massereiche Gasatmosphäre bilden konnte wie normalerweise. Die Studie des Teams unter der Leitung von Dr. David Armstrong vom Department of Physics der University of Warwick erscheint heute in der Zeitschrift Nature. PD Dr. Christoph Mordasini vom Physikalischen Institut der Universität Bern war federführend an der theoretischen Interpretation der Entdeckung beteiligt.


    Bei TOI 849 b handelt sich um einen äußerst ungewöhnlichen Planeten in der sogenannten «Neptunwüste» – ein in der Astronomie verwendeter Begriff für eine Region in der Nähe von Sternen, in der der es selten Planeten mit der Masse von Neptun gibt. Der Hauptautor der Studie, Dr. David Armstrong von der University of Warwick, sagt: «Der Planet befindet sich seltsam nah an seinem Stern, wenn man seine Masse betrachtet. Anders gesagt: es sind keine Planeten mit dieser Masse bekannt, die eine so kurze Umlaufzeit um ihren Stern haben.» TOI 849 b kreist so nahe an seinem Wirtsstern, daß ein Jahr nur 18 Stunden dauert und seine Oberflächentemperatur etwa 1500°C beträgt.


    Christoph Mordasini erklärt: «Wir haben die Masse und den Radius des Planeten bestimmt. TOI-849b ist etwa 40mal so schwer wie die Erde, sein Radius beträgt aber nur 3,4 Erdradien.» Der Planet habe also eine hohe Dichte und müsse somit primär aus Eisen, Gestein und Wasser bestehen, aber aus nur sehr wenig Wasserstoff und Helium. «Für einen so massereichen Planeten ist eine so hohe Dichte, respektive ein so kleiner Anteil an Wasserstoff und Helium sehr erstaunlich. Bei einer solchen Masse würde man nämlich erwarten, daß der Planet während seiner Entstehung in der protoplanetaren Scheibe viel Wasserstoff und Helium angezogen hat.»



    Künstlerische Darstellung, die einen neptungrossen Planeten in der Neptunwüste zeigt. Es ist äußerst selten, ein Objekt von dieser Größe und Dichte so nahe an seinem Stern zu finden. Illustration: University of Warwick/Mark Garlick


    David Armstrong ergänzt: «Die Tatsache, daß diese Gase nicht vorhanden sind, läßt darauf schließen, dass es sich bei TOI 849 b um einen exponierten Planetenkern handelt.» Es ist das erste Mal, dass ein intakter, freiliegender Kern eines Gasriesen um einen Stern entdeckt wurde.


    An der Universität Bern wird seit 2003 das «Berner Modell der Entstehung und Entwicklung von Planeten» laufend weiterentwickelt. Christoph Mordasini sagt: «Wir kombinieren in unserem Modell Erkenntnisse zu den vielfältigen Prozessen, die bei der Entstehung und der Entwicklung von Planeten ablaufen.» Dank dem weltweit renommierten Berner Modell können Entdeckungen wie die des Exoplaneten TOI 849 b theoretisch interpretiert werden.


    Auf Basis des Berner Modells können zwei Theorien formuliert werden, die erklären, warum es sich bei TOI 849 b nicht um einen typischen Gasriesen handle, sondern um einen freiliegenden Planetenkern. «Die erste ist, daß der Exoplanet einst dem Jupiter ähnlich war, aber durch verschiedene Einflüsse fast das gesamte äußere Gas ‘verloren’ hat», so Christoph Mordasini. Dies könnte aufgrund von Gezeiten passiert sein, bei denen die Hülle des Planeten auseinandergerissen wird, weil der Planet extrem nahe an seinem Stern kreist, oder sogar wegen einer Kollision mit einem anderen Planeten. Die großflächige Verdampfung der Atmosphäre könnte ebenfalls eine Rolle spielen, kann aber nicht alleine für das gesamte «verlorene» Gas verantwortlich gemacht werden.


    Alternativ könnte es sich bei TOI 849 b um einen «gescheiterten» Gasriesen handeln. «Nachdem sich der Kern einmal gebildet hatte, könnte etwas gänzlich anders gelaufen sein als normalerweise, und der Kern hat nie eine massereiche Atmosphäre gebildet wie sonst. Dies hätte geschehen können, wenn sich in der protoplanetaren Scheibe, aus der sich der Planet bildete, eine Lücke im Gas gebildet hätte wegen der gravitativen Interaktion mit dem Planeten, oder wenn das Material in der Scheibe gerade zu dem Zeitpunkt ausgegangen wäre, wo normalerweise die Gasakkretion folgt», so Mordasini.


    David Armstrong sagt: «Unsere Entdeckung beweist, daß solche Planeten existieren und wir sie aufspüren können. Wir haben nun die Möglichkeit, den Kern eines Planeten auf eine Weise zu betrachten, die wir in unserem eigenen Sonnensystem nicht tun können.»


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Bern unter https://www.unibe.ch/aktuell/m…n_entdeckt/index_ger.html

  • Hey Caro,


    wieder mal ein sehr interessanter Bericht. Es ist immer wieder erstaunlich was man alles auf diese Entfernungen so feststellen kann, bzw. auf die Gedankengänge muss man erstmal kommen. Ich wurde hier bei sowas auf einen ganz normalen Gesteinsplaneten tippen, und niemals auf einen ehemaligen Gasriesen.


    Aber deswegen bin ich ein Modellbauermeister, und die haben einen Doktortitel. [:D][:D][:D]


    Immer wieder faszinierend, darum liebe ich die Astronomie/Astrophysik so.


    Gruß Jogi

  • Ich kann mir angesichts der Sonnennähe
    und der damit verbundenen Oberflächentemperatur
    nicht vorstellen, dass jemals eine Atmosphäre
    existiert haben kann, schon gar nicht
    mit so flüchtigen Gasen wie H, He oder H2O.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: eric2</i>
    <br />Ich kann mir angesichts der Sonnennähe
    und der damit verbundenen Oberflächentemperatur
    nicht vorstellen, dass jemals eine Atmosphäre
    existiert haben kann, schon gar nicht
    mit so flüchtigen Gasen wie H, He oder H2O.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Vielleicht ist er aber auch nach innen gewandert.
    Ich glaube da Caro oder eine/r von den anderen Profis bestimmt mehr dazu sagen.


    Gruß Jogi

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