Gerdis neues 120er Selbstbau Bino

  • Hallo Freunde der Nacht,


    nach langer Bauzeit und zahlreichen Verbesserungen ist mein 120er Selbstbaubino nun endlich wieder bereit für die Sterne.



    Beim HTT 2018 wurde das erste Sternenlicht empfangen und Komet P21 Giacobini-Zinner beobachtet.
    Das war die Erprobung, nach der ein Lastenheft mit zahlreichen Optimierungsmaßnahmen verfasst wurde.
    Wichtigtster Punkt: eine mechanische Lösung, mit der komfortabel der Augenabstand eingestellt werden kann.
    Damit tauglich für Starpartys!
    Dies wurde mit einer Trapezgewindestange gelöst.
    Diese treibt durch Drehen eine Schlossmutter mit einem Schiebeschlitten an, der auf Linearlagern läuft.
    Darauf ist der obere Tubus befestigt, der Augenabstand wird durch Verschieben auf der Längsachse verändert. Verstellbereich des Augenabstands ist von 60 bis 70mm.
    Es kann durch die Längsverschiebung bei großem Augenbstand der Einblick der Okulare etwas schräg angeordnet sein,
    was ich nicht als einen Mangel empfinde.



    Über Ebay habe ich a für weniger als 50 Euro alles benötigten Teile aus China erstehen können.
    Keine Top Qualität, aber für den Hobbybedarf ausreichend.


    Die zusätzliche Baubreite für die Mechanik hat umfangreiche Änderungen erfordert.
    Leider hat die Gewindestange aufgrund des bewegten Gewichts keine Selbsthemmung, wie ich erhofft habe.
    Die erreichte Einstellung des Augenabstands durch Verschieben des oberen Tubus muss vor Allem bei Beobachtung in Richtung Zenith mit einer Konterung (Sterngriffschraube) gesichert werden.


    Während des Shutdowns durch die Corona Pandemie wurden gezwungener massen ausschließlich Matieralien, die in meinem Bastelkeller vorhanden waren verwendet.
    Für die Justage in Höhe und Horizontalen der Tuben wurden Klavierbänder als Scharniere eingesetzt.
    Mittels Stellschrauben, Druckfedern und Konterschrauben wird justiert und gesichtert.
    Die Anordnung der Tuben schräg übereinander entspricht dem Entwurf von Nirosta ( Hubert Zellhuber ) der diese Bauart vor vielen Jahren mit seinem Bino gezeigt hat.
    Die Zusammenführung der Strahlengänge kommt bei dieser Ausführung mit einer Umlenkung aus,
    die Lichtverluste gering, und die Verwendung von 2" Okularen problemlos, solange diese nicht Dicker als der eigene Augenabstand sind.
    Ich fand vor einigen Jahren schöne Okulare von Zeiss aus Oberkochen, die von Militäroptik stammen und 85° Bildfeld haben.
    Ein anderer Sterngucker hat diese mit schlanken Fassungen versehen und in Ebay angeboten.
    Mit diesen Okularen und den 120/600 Optiken von Skywatcher sind 4,25 Grad Gesichtsfeld möglich! Der Circusnebel passt am Stück ins Gesichtsfeld.


    Ein Fragment des verschlissenen Stiels meiner Gartenhacke dient als Führungshebel um das Bino in Azimith und Höhe zu bewegen.
    Damit bekommt das Gerät einen rustikalen einzigartigen Charme.


    Hier noch ein paar Bilder zur erfolgten Bastelarbeit.






    Das Bino wurde für wenig mehr als 1000 Euro Gesamtkosten realisiert.
    Nach zufriedenstellender Wiederinbetriebnahme mit erneuter Kometensichtung kommt dann Schutzlack auf das Holz.

  • Hallo Gerd,


    Glückwunsch zur finalen Fertigstellung, ein beeindruckendes Glotzofönle [:D]


    Ich kann mich noch ans 18er HTT erinnern, leider habe ich es damals nur an-, aber nicht durchgeschaut. 2x 120 mmm mit mehr als 4° Geichtsfeld stelle ich mir extrem genial vor. Ich bin ja bauartbedingt auf ca. 2,5° beschränkt, was aber auch schon toll ist [:)]


    Was ist das eigentlich für ein Ding rechts neben dem Tragegriff? Sieht sehr kryptisch aus, jedenfalls komme ich nicht drauf, was es sein könnte. Wie ist der Transportmodus? Bleibt das Bino am Stück?


    Jedenfalls wünsche ich Dir viel Spaß damit! Welcher Komet soll das finale First-Light liefern?


    Viele Grüße
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    schön mal wieder von Dir zu lesen!
    Das Objekt rechts neben dem Tragegriff ist die verlängerte Schraube
    der Prismenklemmung für den oberen verschiebbaren Tubus.
    Sie ragt aus dem Rahmen damit nicht innerhalb zum Festklemmen reingefummelt werden muss
    Das Langloch entspricht dem möglichen Verfahrweg der Mechanik.


    Ich habe vor das Bino zusammen zu lassen, kann aber den oberen Tubus auch rausnehmen.


    Ich wünsche mir einen Blick auf Swan,
    weiss aber nicht ob das Wetter diesen als meinen 48ten Kometen erlaubt.

  • das erste Mal Gassi gehen mit dem Doppelfernrohr ging schneller als gedacht [:D]
    Gestern abend nach Abzug der Schlechtwetterfront war ich nach 22 Uhr draussen.
    Es ist schon ein grosser Apparallo geworden, der Kofferraum ist fast voll wenn ich Bino am Stück und die Rockerbox daneben reinlege.



    Alles steht in weniger als 1 Minute auf dem Stativ.
    Das Justieren der Tuben war nach dem Aufstellen in 2 Minuten erledigt und der Augenabstand ebenso.
    Ein wenig Üben beim Reinschauen muss man schon um im dem riesigen Gesichtsfeld der beiden Zeiss Okulare
    die Bilder zusammen zu bringen und den richtigen Augenabstand finden.
    Bei mir geht es am Besten wenn ich meinen Zinken zwischen den beiden Okularen anlege.
    Leider wird der dann schnell eisig kalt von den Alufassungen der Okulare.
    Muss meine Frau fragen ob Sie für die Okulare kleine Mäntelchen für das Warmhalten der Nase strickt.



    Anstelle von Komet Swift war nur die Kondenswolke aus dem Kühlturm vom AKW Neckarwestheim zu sehen

    Leider habe ich den Kometen Swan unterhalb der Capella nicht aufgefunden, der stand zu tief, der Himmel dort zu hell und der Komet schwach nach dem Bröseln.


    Als Ersatz konnte ich kurz vor Mitternacht den Kometen Panstarrs sehen, der in der Mitte des Kastens vom grossen Wagen mit einer Helligkeit von 9 mag. zu finden war.


    Auch der Okularsatz 18mm ES mit 82 Grad Feld funktionierte gut, ich musste mit der 33x Vergrösserung noch ein klein wenig nachjustieren.



    Endlich war es nach 23 Uhr dunkel genug für zufriedenstellende DeepSky Sichtungen.


    Ich habe die 30mm Zeiss Okulare mit 20 facher Vergrösserung wiedereingesteckt und bin am Himmel spazieren gegangen.
    Bei immer noch nicht ganz dunklem Himmel konnte ich den Nordamerikanebel gut ohne Filter ausmachen. Die hatte ich nämlich zu Hause vergessen.
    Unterhalb der Cassiopeja habe ich den h&x im Sabber aufgefunden, der passt gut 2 mal ins Gesichtsfeld rein.


    Im grossen Wagen wurde M81/82 und den Eulennebel M97 mit M108 besucht,
    danach ging es zur Schildwolke mit Sternhaufen M11, weiter runter zum Omeganebel M17, Adlernebel M16 und Trifdnebel M20, mit Lagunennebel M8.
    Bin dann rüber gefahren zum Skorpion zu Antares, daneben M4 und anschließend die Sommermilchstrasse entlang bis zum Schwan abgefahren.
    Zum Abschluß habe ich noch IC1396 im Kepheus eingestellt. Ich kann die Kontur der Gaswolke im Bino ausmachen.


    Zufrieden mit dem Gesehenen habe ich um 0Uhr 30, kurz bevor der Mond aufging einen überraschend guten Abend beendet.

  • Hallo Gerd,


    schön, deinen Zwilling jetzt vollendet und im Einsatz zu sehen! Dass Du hier auch die Starpartytauglichkeit bedacht hast, finde ich sehr lobenswert. Die Ohs und Ahs seien Dir gegönnt [:D].


    Auf die dicken Okulare bin ich schon ein bisschen neidisch... die würden sich an meinem Bino (für das Deines ja die Anregung war, danke nochmal!) auch sehr gut machen [:)]. Vielleicht können wir ja mal zusammen beobachten?


    Eine Frage noch: die Okulare scheinen nicht ganz parallel zu stehen, oder täuscht das auf den Bildern? Das kann man über die Justage ausgleichen, aber Du musst aufpassen - die Kollimation passt dann nicht mehr übers ganze Feld.


    Weiter viel Spaß damit - bei mir hat das 120er Bino letzten Winter dafür gesorgt, dass der 12-Zöller zu Hause im Keller bleiben musste...
    Hast Du schon einen doppelten Filtersatz?


    Viele Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Gerd,


    ganz herzlichen Glückwunsch zum jetzt fertig gestellten Bino!


    Ich hatte mich schon gewundert von dem Projekt nach den regelmäßigen Bauberichten nichts mehr zu hören, um so schöner jetzt Bilder zu sehen.


    Das Prinzip des Mechanismus zur Einstellung des Augenabstandes hattest du in einem früheren Beitrag erklärt, wenn ich recht erinnere werden die Okulare parallel zu einenander gekippt das resultiert in einer leichten aber unkritischen Schiefstellung und die 'Höhe' eines Okulars muss bei der Verstellung des Augenabstandes angepasst werden. Wie du das hier aber praktisch mit den Schlitten und der Trapezschraube gelöst hast habe ich nicht erkennen können.


    Viel Spaß mit dem Gerät, 4,3 Grad Gesichsfeld, 20x und 6 mm sind eine rekordverdächtige Kombination, besonders auch dass sich die Kosten in Grenzen hielten!


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Holger und Thomas,
    Dankeschön für Eure netten Antworten.


    Es hat sehr sehr lange gedauert, weil ein paar andere Dringlichkeiten dazwischen gekommen sind,
    erst gesundheitlich (Hand OP) dann beruflich ein neuer Job mit viel Wochenendeinsatz.
    Die Sofi in Chile 2019 und davor die Fertigstellung des dazu benötigten 8" Reisedobson.


    Dadurch ist die Baustelle Bino lange Zeit brach gelegen.
    Beim HTT 2018 hatte ich die erste Beobachtung machen können, aber auch zahlreiche Mängel festgestellen können
    die mich gestört haben.
    Kaum zurück ist mir das Bino in meiner Kellerwerkstatt
    auf dem Stativ stehend umgefallen und es hat die Rohrschellen aus Chinaguss zerbröselt.
    Den Optiken ist glücklicherweise nichts passiert.
    Die Schrammen im Lack bewerte ich inzwischen als Patina [8D]
    Ich habe ein Lasterhaft erstellt und 10 Punkte notiert, die verbesserungswürdig waren.
    Das hat angefangen beim Anschlagen in Zenithstellung, Kippligkeit im Azimut und endete beim Feinverstellen des Augenabstands.


    Nach der ersten Beobachtung in dieser Woche bin ich noch nicht am Ende der Verbesserungen angekommen,
    aber das Bino ist inzwischen vorzeigewürdig und ich kann den Spaß damit nun mit Anderen teilen.
    Das Beobachten damit macht grosse Freude, das Gesichtsfeld und binokulare Sehen mit der Öffnung von 120mm
    zeigt ganz neue Ansichten bekannter DeepSky Objekte.
    Ich habe vor nur ein Nebelfilter einzuschrauben. wahlweise UHC/OIII/H-Beta,
    und bisher noch keinen doppelten Satz
    Habt Ihr Erfahrungen mit einäugigem Filtereinsatz im Bino?


    Und es wird immer weiter. gehen....
    Suche jetzt z.B. nach einer gut erhaltenen Kopfstütze mit Leder von einem Flakglas.
    Irgendwann werde ich bei einem Tauchgang in der Bucht eine finden.
    Oder ich bastle die selbst ?


    Holger, ein gemeinsames Spachteln können wir gerne verabreden zum Treffen der Binos.
    Du bist ja nicht weit von mir entfernt [:)] Vielleicht passt es im Herbst mal?
    Oder wir Treffen uns bei einer der Starparties, die hoffentlich nächstes Jahr wieder stattfinden.
    PS: Ab Ende März 21 habe ich viel Zeit .....[:D]

  • Hallo Gerd,


    gemeinsames Spechteln im Herbst klingt gut, mein Bino möchte auch noch etwas verbessert werden bis dahin...


    Zu den Filtern: binokular mit einem Filter und einem Auge ohne Filter ist schon erstaunlich viel besser als monokular mit Filter. Mit zwei ähnlichen Filtern wird es nochmal besser (ich war anfangs mit der Kombination UHC/OIII unterwegs), aber es geht nichts über zwei identische Filter, vor allem bei H-Beta. Irgendeinen Zusatznutzen von wilden Kombinationen (links OIII, rechts H-Beta oder so) habe ich nie feststellen können. Am ehesten geht noch UHC und OIII, die leicht unterschiedliche Sternhelligkeit kann stören, aber das kann man ein bisschen ausgleichen, indem man den UHC vor das schlechtere Auge setzt (soweit vorhanden).


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

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