Blick zum Himmel aus der warmen Stube

  • Gar mancher Sternfreund haust in einer sternunfreundlichen Stadtwohnung ohne die Möglichkeit irgendwo ein eigenes Teleskop aufzustellen. So bleiben nur Wochenend-Exkursionen mit Gleichgesinnten oder zu einer Sternwarte. Meist ist es dann noch saukalt oder der Himmel bewölkt. Wie schön wäre es, ein Fernrohr direkt am eigenen Fenster zu haben und aus dem warmen Zimmer beobachten zu können, wann immer man Lust darauf hat.
    In einer alten SuW 1964/1 S.18-20 las ich einen interessanten Artikel:
    "Heinz Wichmann, Sterne leuchten auch über Städten", in dem der Verfasser sein Selbstbau-Teleskop beschreibt, das "geradezu einlädt, den Wecker auf eine späte Nachtstunde zu stellen, um im Schlafanzug den Schatten eines Jupitermondes zu beobachten und danach wieder ins warme Bett zu gehen." Der Verfasser hat sein Fernrohr "seit 20 Jahren mit gleich bleibendem Vergnügen verwendet."
    Es handelt sich dabei um ein feststehendes horizontales Spiegelsystem mit einem beweglichen Planspiegel, das 90° nach beiden Seiten und oben erfasst. Die Konstruktion ist so einfallsreich, dass sie direkt zum Nachbau reizt.
    Und das ist auch der Zweck dieser Zeilen: zu erfragen, ob es irgendwo Nachbauten oder ähnliche Konstruktionen gibt. Das Bedürfnis für ein derartiges Teleskop ist sicherlich groß und die technischen Möglichkeiten sind heute wesentlich grösser als vor 50 Jahren.
    Wer kann dazu etwas sagen?

  • Hallo Eric,


    es wäre vielleicht auch hilfreich und mitzuteilen, welche Beobachtungsbedingungen sich bei dir zu Hause böten. Also:
    Hast du ein Fenster oder Balkon oder Terasse oder Wintergarten oder Dachfenster oder Gaube mit Blickrichtung Süden?


    Die von dir genannten Konstruktionen, soweit ich sie auch nur aus der Literatur kenne, basieren in der Regel auf tatsächlich äußerst großstadt-tauglichen langbrennweitigen Linsenoptiken. Ragt so ein Objektiv nur etwa 20cm mit seiner Taukappe aus einer Fensterlaibung, so dass die Temperaturunterschiede innen/außen keine Rolle spielen, so liefert ein Refraktor bereits ansprechende Bilder. (Natürlich bleibt dir dann noch das Problem, dass im Schlafanzug die Temperatur dir zu kühl bleibt.)


    CS.


    Hubertus

  • Hallo Ihr Beiden,


    ich erinnere mich dunkel, um das Jahr 2000 einen entsprechenden Artikel in SuW gelesen zu haben. Da wurden verschiedene Teleskopsysteme für extrem hohen Beobachtungskomfort vorgestellt.
    Bei diesem Fensterteleskop sehe ich sehe praktische Probleme:
    * Einstellen/ Suchen der Objekte
    * naturgemäß extrem hohe Vergrößerung und kleines Gesichtsfeld
    * Platzbedarf für das Prüfen des Hauptspiegels: Die Brennweite wird wohl im Bereich von 5m liegen. Bei der Prüfung aus dem Krümmungsmittelpunkt braucht man somit eine Strecke von 10m. Auf dieser Strecke beeinflussen Luftschlieren seghr stark das Messergebnis.
    * Durch das Verkippen des Hilfsspiegels zum Einstellen der Objekte entstehen Abbildungsfehler....die höchstens für extrem lange Brennweite und nicht zu große Schwenkbereiche in Grenzen gehalten werden können.


    Eine perfekte Komfortlösung ist ein Zenitteleskop mit Siderostatenspiegeln....aber unerschwinglich teuer. Oder ein Coudésystem, wo man den Einblick ins Warme legt.


    gRüße,
    Stefan

  • Hallo Robert,


    genau, an Ed Jones' Fensterteleskop dachte ich auch gleich. Das ist eine coole Sache.
    Das Video kannte ich noch nicht; sehr interessant, das mal live in Aktion zu sehen.
    Hier die Nicht-Video-Version - auch sonst lohnt es sich mal, auf der Seite zu stöbern: https://opticaleds.com/unusual…ope-designs/window-scope/


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Ich habe früher die ersten jahre aus dem Dachfenster beobachtet-mindestens vorher den Raum auskühlen lassen 2 std. ! selbst dann ist die Lufströmung (Thermik) am dach nicht gerade ideal.
    Nachdem ich mir auf der Terasse des Elternhauses in Hamburg Randlage ausgebreitet habt,wurden die Ergebnisse besser !. Minus 10 Grad sollte man mind abkönnen,Minus 20 Grad ist nix für Weicheier !
    Hilfreich wäre ein Schreber-Gartenhäuschen als einzige Alternative,wenn man kein Auto hat?!

  • Hallo Eric,


    im Buch "Fernrohre und Entfernungsmesser" von König/Köhler, Seite 282, wurde zu diesem Thema eine hübsche Idee aus dem 19. Jahrhundert aufgezeigt:
    Die Konstruktion besteht aus einem Refraktor mit vorgesetztem Planspiegel (Polarheliostat genannt) und wäre mit etwas Geschick leicht zu modifizieren.


    Das Rohr des Refraktors ist gleichzeitig die Rektaszensionsachse, der Okularauszug ist im Innenraum.


    Wenn es Dich interessiert, mache ich gerne ein Foto der Zeichnung.


    Gruß,
    Tim

  • Dank an die Kommentatoren.
    Es handelt sich bei der zitierten Literaturstelle tatsächlich um so etwas ähnliches wie das Window Scope,
    nur etwas kleiner. Wahrscheinlich gehen beide auf eine frühere Konstruktion zurück.

    Die Sache ist doch so: Die Mehrheit der Sternfreunde in der Stadt hat keine vernünftige Beobachtungsmöglichkeit,
    ist deshalb auf gelegentliche Exkursionen angewiesen oder tut vermutlich meist gar nichts.
    Ein Fernrohr, das bei Bedarf durch eine Fensteröffnung gesteckt wird
    und jederzeit eine Beobachtung aus der warmen Stube erlaubt,
    würde endlich die ersehnte Teilnahme am Himmelsgeschehen erbringen.
    Eine geringere Abbildungsqualität nimmt man dafür gerne in Kauf.


    Der Markt ist riesig. Und das Angebot? Null!! Es bleibt nur der Selbstbau.
    Da frag ich mich ernsthaft, was für einfallslose Schwachköpfe in den Konstruktionsbüros sitzen
    und immer nur die seit Jahrhunderten bekannten Teleskopsysteme reproduzieren.
    Es müsste doch machbar sein, ein Zuhause-Teleskop der beschriebenen Art
    für Jedermann zu einem Preis deutlich unter 1 k€ anzubieten.
    Also meine Herren (und meinetwegen auch Damen), fühlt Euch angesprochen und zeigt, was Ihr könnt!

  • Hallo Eric,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Eine geringere Abbildungsqualität nimmt man dafür gerne in Kauf.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Nein.


    Die Abbildungsqualität ist geringer, sie ist hundsmiserabel. Du wirst nicht einmal annähernd die Möglichkeiten des Teleskops abrufen können, wenn Du aus dem Fenster heraus beobachtest. Das ist schlicht und ergreifend nicht möglich.
    Und wem wird der Kunde dann die Schuld geben? Natürlich dem Hersteller, weil das Teleskop nichts taugt. Oder der Astronomie, weil man durch ein Fernrohr ja gar nichts sieht. Oder Dir, weil Du zu so einer Beobachtung geraten hast.


    Es nützt nichts, wenn Du wirklich detailliert und ästhetisch beobachten willst, muss das Instrument aus dem Einflussbereich der warmen Raumluft raus. Auch wenn Laien und Marketingleute immer gerne etwas anderes wünschen, die Physik lässt sich nicht betrügen oder umgehen.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Marcus,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Du wirst nicht einmal annähernd die Möglichkeiten des Teleskops abrufen können, wenn Du aus dem Fenster heraus beobachtest. Das ist schlicht und ergreifend nicht möglich.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Dafür gibt es inzwischen die EAA. Wäre mal interessant das Unistellar eVscope in solchen Situationen zu testen - und eines (wen's klappt) mit größerer Öfffnung zu entwickeln.


    Gruß,
    Peter

  • Alternativ kann man sich auch schöne Bilder von Galaxien etc. bequem vom Sessel aus in Büchern oder Internet anschauen und den "Zwischenschritt" EAA komplett überspringen...


    Gruß Horst

    Taurus T400 pro , Skywatcher ST120/600, Lunt LS50THa, diverse Ferngläser von 5x25 bis 20x80

  • Andererseits schaut man sich auch einen Start des Space Shuttle an und zieht einen Wert daraus, daß es gerade passiert, auch wenn es nur eine Übertragung ist und man nicht vor Ort ist. Gerade bei visueller Amateurastronomie ist es nun wirklich nicht nötig, daß jeder mag, was man selbst mag und jeder dieselben hohen Ansprüche hat.


    Aber es wäre doch mal interessant, wieviel man mit Lüftern und thermischer Isolierung erreichen kann. Nur: durch die Fensterscheibe ist gruselig. Ich befürchte da eher eine raumgreifende Konstruktion, die ein Fenster oder einen Teil der Wand, mit Sicherheit aber jede weniger tolerante Ehefrau ersetzt.


    Mich erinnert der Wunsch, in der Couch zu sitzen ein wenig an eine Zeichentrickserie, wo ein Teenager irgendein Programm guckt, weil der Fernbedienung die Batterien ausgegangen sind und die eineinhalb Meter bis zum Fernseher nicht lohnen.

  • Hallo Marcus,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Abbildungsqualität ist geringer, sie ist hundsmiserabel. Du wirst nicht einmal annähernd die Möglichkeiten des Teleskops abrufen können, wenn Du aus dem Fenster heraus beobachtest. Das ist schlicht und ergreifend nicht möglich.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das stimmt so nicht. Bei der Konstruktion die ich vorhin erwähnt habe gibt es keine Beeinträchtigung
    der Abbildungsqualität, denn das Objektiv ist vollkommen außerhalb des Hauses. Zum besseren Verständnis schicke ich Dir die Zeichnung zu.
    Mit freundlichen Grüßen, Tim

  • Hallo,


    recherchiert mal unter Oscar Knab aus den USA, der hat in den 50/60er Jahren auch solche Teleskope mit Okularstutzen im Haus gebaut; Refraktoren und Spiegler. Die waren in 'Sky & Telesope' vorgestellt.


    Hier noch einige Links:


    https://opticaleds.com/unusual…ope-designs/window-scope/
    https://www.cloudynights.com/t…5402-my-window-telescope/


    Grüße, Gerd

    Es schaute mich an - und ich schaute Es an.
    Und errötend wich Es zurück - das Universum.


    Bresser 102/460 | Tasco 76/1200 | Tasco 60/1200 | Tasco 60/900 | Tasco 60/700 | Tasco 50/600 | Minolta Bino 10x42 | Kasai s'Gucki 2.3x40

  • Hallo Eric,


    es geht einfacher!


    Wenn man mal alle zum Thema aufkommende Kritiken, bei Seite schiebt und nur nach dem Motto handelt, in dem Fall geht es nur so, kann man eine zufriedenstellende Lösung bauen!


    1990 hatte ich einen Freund zu Besuch, der bei mir mal in der Gartensternwarte und auf der Terrasse beobachtete. Er kaufte sich danach ein Lidl Teleskop.


    Dazu ein 32mm Plössl; eine 1,5 / 2 Fach Barlow und ein leichtes 12mm 70° wW Okular.


    Das ergab 6 Vergrößerungen von
    32mm = 21,8X ; &gt; 32,8X ; &gt; 43,7X;
    12mm = 87,5X ; &gt; 58,3X ; &gt; 116X
    Ausreichend um das Lidl Teleskop auszureizen!


    Alle Verbesserungen an Teleskop; Montierung und Stativ wurden dann noch dazugefügt!
    Der hatte in seiner wenigen Zeit viel Freude damit!


    1992 wurde Er Krankheitsbedingt zum Rollstuhlfahrer; Zeit war nun genug vorhanden, aber wo und wie soll man nun beobachten?


    Ich fand eine Lösung;
    In das geöffnete Fenster wurde in den Fensterrahmen, ein leichter Holzrahmen mit einer 3 mm Acryl Glasscheibe und einem 450mm großem Loch eingesetzt.


    Die kreisförmige Schnittfläche, wurde abgeflämmt damit dort keine Rissbildung mehr stattfinden kann!


    Die Montierung wurde nun Azimutal betrieben und auf dem Fensterbrett, auf einer angepassten schmalen Holzplatte, mit 2 Klemmhaltern fest montiert.


    Das Teleskop konnte nun durchgeschoben werden und um je ca. 48° nach Ost und West und ca. 60° nach oben schwenken.


    Rund um das Loch im Acrylglas, wurde die Hälfte eine Reißversclussees angeklebt, die andere Hälfte an das dicke Ende eines abgeschnittene Bein eines Tennisanzuges, das nun an der schmalen Seite, mit dem Kelttverschlussbündchen etwa mittig am Tubus befestigt war.


    Damit war nun ein flexibler Verbund mit der Acrylscheibe möglich, der nun weitgehend Kälte draußen und Wärme drinnen lässt, so nun aber Beobachtungen von Innen ermöglicht!


    Später wohnte Er im Haus seiner Familie bei Kassel und betreibt dort einen 120mm ED Refraktor mit Fokusmotor auf azimutaler GP 2 + motorisiert betriebenen, durch ein genau so hergerichtetes 1,50 x 180m großes Dachfenster, nun mit ca. 112° Blickfeld nach Ost + West und bis 2° über den Zenit!
    So hat Er dort weitere 18 Jahre beobachtet!


    Allen Unkenrufe zum Trotz und den nachgesagten und vorhanden thermischen Problemen, konnte Er nun Alles in seinem Blickfeld beobachten und Zeinchungen anfertigen, von dem was das Teleskop und Augen hergaben, und das alle mal besser als die meisten großen Wissenschaftler vor 200 Jahren zur Verfügung hatten!

    Selbst Argerländer hatte Jahrelang nur 7cm Öffnung an seinem Passage - Instrument, für weit über 200 000 Sternen seiner Bonner Durchmusterung, in all den kalten Nächten!


    Mit Fotos kann ich nicht mehr Dienen, aber wer mehr Infos dafür braucht kann sich bei mir melden!



    13.6.20 Fehlerkorrektur

    Gruß Günter


    GSO 12"+ 8" Skywatcher Dobson, Celestron 8" Schmidtkamera; C8 Orange + 5,5" Comet-Catcher; MAK 100/1000 + 127/1500; ED 80 PRO,

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