Kollimation des Yolo Schiefspieglers

  • Hallo Interessierte


    Der Yolo Schiefspiegler ist visuell einem Apochromaten gleicher Öffnung mindestens ebenbürtig. Die optimale Kollimation ist dafür Voraussetzung. Ich möchte dafür eine Anleitung in kleiner Folge geben. Das konkrete Vorgehen werde ich dann an einem Beispiel erläutern.


    Die Justage erfolgt am besten, wenn der OTA (oder besser OCA optical case assembly…) sich noch im Gerüst befindet. Spiegelastand und Winkel sind wie vom Design vorgegeben realisiert:



    Der lange Radius des Sekundärspiegels soll möglichst genau meridional (wie die Spiegel gekippt sind) orientiert sein, auf dem Bild in der Senkrechte. Dies genau zu erreichen wird primär in der Regel nicht gelingen, wir kommen darauf zurück.


    Mit dem Okularauszug sollen die Spiegel konzentrisch sein. Dies wird mit den Stellschrauben der Spiegel erreicht, so wie man es beim Newton Teleskop bewerkstelligt. Das Bild sieht dann so aus, wie Texereau es so schön gezeichnet hat, aber ohne Auge. Das Auge sieht man nur in Autokollimation.



    Alternativ kann man dazu einen Laserkollimator in den Okularauszug stecken, die Spiegel mit je einer zirkulär passend geschnittenen Maske mit zentrischem Loch abdecken:



    Die Justierung damit ist selbsterklärend. Der Strahl soll das Teleskop mittig verlassen. Siehe roten Punkt auf dem Lineal.




    Die weitere Kollimation erfolgt am Stern analog zum Procedere beim Newton Teleskop. Es gibt aber einen prinzipiellen Unterschied: Beim dejustierten Yolo werden wir meridional wegen der Kippung der Spiegel primär nicht Koma, sondern Astigmatismus erwarten, in der sagittalen Ebene naturgemäss Koma. Erklärend ist die Graphik aus Suiter „Star Testing Telescopes“.



    Konkretes dazu folgt.


    Mit Gruss Beat

  • Kollimation des Yolo am Stern kann konkret heissen am Polarstern, wenn wir das im Bau befindliche Instrument noch nicht auf eine Nachführung bringen können. Wenn aber möglich, können wir es zu diesem Zweck sowohl equatorial wie auch azimutal montieren. Ich habe es folgendermassen improvisiert:



    Ein künstlicher Stern müsste relativ weit entfernt sein, damit nicht zusätzlicher Astigmatismus auftritt. Für ein 6 Zoll Yolo 1:12 etwa 350 Meter. Die Spitze eines unserer Klostertürme ist gerade so weit weg und ich könnte die Sonnen Reflexe von verschiedenen Reflektoren auswählen. Die davorliegenden Dächer verursachen aber zu viel Thermik.



    Bequem ist die Arbeit in Autokollimation. Einen Planspiegel adäquater Güte herzustellen ist für uns Spiegelschleifer keine besondere Herausforderung. Als Testoptik könnten wir wahrscheinlich den Primärspiegel des Yolo benutzen, weil er nur ganz geringfügig asphärisch ist. Die Interferometrie dürfte dies möglich machen. (Meine Planspiegel habe ich an einer 300mm Referenzsphäre damals noch mit Foucault allein geprüft). Der Aufbau in Autokollimation:



    Die Punktquelle ist eine nicht lasende rote Laserdiode oder ein Pinhole (Durchmesser die Hälfte des AD entsprechend dem Oeffnungsverhältnis), beleuchtet mit einer hellen LED. Der Strahlteiler auf dem Bild ist ein Würfel, kann auch ein Bino Ansatz sein: Die Punktquelle auf der einen, das Okular auf der anderen Seite.



    Unser Instrument ist vorjustiert, wie oben beschrieben. Wir werden im Okular wahrscheinlich etwa folgendes intra und extrafokales Bild haben:



    Also Astigmatimus, bedingt vorab durch einen Rotationsfehler des Sekundärpiegels. Dieser soll als nächstes korrigiert werden. Ich empfehle, sich die Drehrichtung anhand des Bildes im Okular zu merken: im oder gegen der Uhrzeiger, weil die notwendige Drehung Bruchteile eines Winkelgrades betragen und wir immer wieder in die eine oder andere Richtung überkorrigieren bis endlich die Mitte gefunden ist. Es sieht dann in der Regel so aus:



    Der Astigmatismus muss nun noch in der meridionalen Eben korrigiert werden. Dazu mit der passenden Justierschraube den Primäspiegel kippen. Ich habe auf dem Instrument notiert: Falls extrafokal der Astigmatismus „liegt“, dann Meridionalschraube lösen. Wir werden das Instrument auf dem Feld wahrscheinlich gelegentlich damit (und in der Regel nur damit, so einfach…) nachjustieren müssen und sind in der Dunkelheit froh um einfache Regeln.


    Zur Illustration nochmals der Aufbau in. Die roten Pfeile für die Rotation des Sekundärspiegels, die Meridionalschraube rot umrandet.



    Am Ende dieses Procedere soll es intra und extrakokal so aussehen:



    Es wird in der Regel aber nicht ganz so perfekt aussehen. Warum erläutere ich in der nächsten Folge.


    Mit Gruss, Beat

  • Mit der bis jetzt durchgeführten Justage sind wir dem Ziel nahe. Damit wir aber das Optimum aus dem Yolo Schiefspiegler herausholen wollen, müssen wir eine „Feinkorrektur“ anschliessen.


    Wir beobachten nun im Fokus. Die PSF wird in der Regel etwa so aussehen:



    Die bisher durchgeführte Kollimation hat offensichtlich den Astigmatimus noch nicht ganz beseitigt. Wir haben aber so weit korrigiert, dass wir eine versteckte Koma Aberration sichtbar gemacht haben.


    Dieses Foto der PSF ist beim leider inzwischen verstorbenen Alois Ortner entstanden, als ich erstmals Gelegenheit hatte mein 6 Zoll Yolo zu testen. Mit den genannten Restaberrationen hatte das Teleskop einen Strehl von 0.94, ohne 0.98. Wir bewegen uns also in einem Bereich hoher Güte.


    Den Astigmatismus müssen wir nun durch (minimale) Drehung des torischen Sekundäspiegels in die Meridionale bringen und dann mit der Meridionalschraube korrigieren, wie oben beschrieben.


    Die Koma bringen wir in die Meridonale mittels sagittalem Kippen des Primärspiegels. Das Resultat kann dann folgendermassen aussehen:



    Eine verbleibende minimale Koma, hier„nach unten“.


    Zur Korrektur dieser Koma müssen wir beim Yolo den Winkel des Sekundärspiegels verändern. Dazu verschieben wir den Okularauszug „nach oben“ oder „unten“, in der Regel nur um wenige mm. Der Auszug kann definitiv befestigt werden wenn die Koma korrigiert ist.



    Bei dieser Justage wird wieder etwas Astigmatismus auftreten. Ein iteratives Vorgehen bringt uns zum Ziel.



    Beim 6 Zoll Yolo war auf diese Weise eine perfekte Kollimation zu erreichen. Wir können das Resultat z.B. mittels Interferometrie festhalten. Die errechnete PSF ist mit der am Okular identisch:




    Damit sind wir dem theoretischen Abbildungsvermögen des Designs (Strehl 0.999) sehr nahe gekommen. Die exakte Kollimation hat sich gelohnt.


    Somit kann ich meine Anleitung abschliessen.


    Dankbar nehme ich Anregungen, Korrekturen, Kommentare, Fragen entgegen.


    Mit Gruss, Beat

  • Hallo Beat


    Eine sehr gute Beschreibung der Kollimation des Yolos .
    Ein bischen fummelig ist wohl nur die Rotation des Sekundärspiegels .
    Aber da wird man wohl selten nachjustieren müßen ?


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Einen Planspiegel adäquater Güte herzustellen ist für uns Spiegelschleifer keine besondere Herausforderung<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Herzlichen Glückwunsch ! Dann verstehe ich auch warum es bei Dir wenigsten so etwas wie ein Torroid sein muß .


    Viele Grüße Rainer

  • Hallo Beat,


    das ist genau das richtige Thema zur rechten Zeit, denn ich erwarte jeden Tag, dass meine beiden Spiegel vom Alu-bedampfen zurückkommen. Ein Firstlight mit unbelegten Spiegeln hatte ich schon am Mond, dadurch konnte ich mir den Mondfilter sparen. Das Bild war zwar nur sehr schwach, aber man konnte die Krater erkennen und den Astigmatismus, leider. So ein Planspiegel zum kollimieren im stillen Kämmerlein, ich glaub das wird mein nächstes Projekt obwohl es auch ohne gehen sollte.


    Vielen Dank nochmal für den Artikel und die Bilder. Leider ist die Auswahl von bebilderten Beispielen im Internet zu dem Thema Yolo etwas spärlich. Da kommt mir Dein Beitrag sehr gelegen.


    Beste Grüße
    Georg

  • Hallo Rainer
    Etwas knifflig, ja. Die Rotation des Sekundärspiegels werden wir aber nicht korrigieren müssen, falls wir einen Kasten bauen, der verwindungsfest ist. Ich habe daher die Idee verworfen, dafür einen eigenen Mechanismus einzubauen.
    Ich wäre interessiert zu wissen, ob die "Spiegelverspanner" dieses Problem auch beachten und wie sie es lösen.


    Hallo Georg
    Danke für den Kommentar. Wirst du noch berichten? Würde mich (und whs uns) interessieren.


    Gruss, Beat

  • Hallo miteinander.


    Beat, danke für diese detaillierte Justieranleitung. Meines Wissens ist es die einzige im Netz verfügbare.


    Ich denke, die Rotation des Sekundärspiegels muss nur ein Mal durchgeführt werden. Wichtig ist nur, die Lage des Sekundärspiegels relativ zur Fassung permanent zu markieren. Nach dem Wiedereinsetzen zB nach einer Neuverspiegelung sollte der Sekundärspiegel mit den Markierungen übereinstimmen.


    Viele Grüße,


    Guntram

  • Danke, Guntram für Deine Anerkennung.
    Wenn der Sekundärspiegel gut gelungen ist, das Yolo einen Strehl gegen 1 hat, genügt die Justage der Rotation mittels Markierungen allein nicht. So jedenfalls meine Erfahrung. Aber wir werden die Spiegel ja nicht so häufig neu belegen müssen, sodass das kein Problem ist.
    Gruss, Beat

  • Ich mache gerne einen Nachtrag, nachdem ich mich an ein kurzbrennweitiges Yolos mit f/8 gewagt und neue Erfahrungen gemacht habe.


    Über den Schliff des dazugehörigen Toroids habe ich berichtet: http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=242628
    Die Kollimation erfolgt im Prinzip gleich, ist aber etwas schwieriger, weil sie besonders genau sein muss: Das Feld mit beugungslimitierter Abbildung ist relativ klein, etwa so wie bei einem Newton f/4.5.

    Die Einzelspiegel hatte ich interferometrisch ausgemessen:
    Primärspiegel 130mm:


    Sekundärspiegel 100 mm, Toroid:


    Beim Zusammenbau in Autokollimation keine sichtbare SA zu erwarten und Strehl voraussichtlich 0.96


    Nun hatte ich aber in AK folgende intra- und extrafokale Bilder, welche auf eine Ueberkorrektur hindeuteten



    aber als abgesunkene Kante des Primäspiegels interpretiert werden mussten. Diesen Fehler hatte die Interferometrie nicht aufgedeckt. War am echten Stern auch offensichtlich. Nach Abdecken von 1.5 mm Rand sah es dann in AK so aus:



    am Himmel nicht mehr zu erkennen.


    Warum die abgesunkene Kante? Wir rätseln immer wieder darüber. Für mich ist wichtig zu wissen, dass sie den üblichen Bench Tests entgehen kann.


    Nebenbei: Über die Spuren, die der kreuzweise Strich bei diesem Toroid und damit am Gesamtsystem hinterlassen hat, habe ich früher berichtet. Sie dürften zu einer leichten Kontrastverminderung führen. Dies habe ich allerdings bisher nicht eindeutig beobachtet.

    Der finale Test in AK wurde mit WinRoddier durchgeführt. Ich mache nur Interferometrie mit einem PDI Plättchen, das geht beim Einzelspiegel sehr gut, beim Yolo f/12 auch, aber bei f/8 wird es schwierig. Das Resultat entspricht der Erwartung:



    Was aber auffällt ist eine Dreiblatt Aberration, die man schon am Okular im Fokus beobachtete: Dies sah zuerst so aus:


    Wir sehen, da hat es noch Koma „nach unten“. Und wir wissen inzwischen: Es muss also der Okularauszug nach oben versetzt und dann nachkollimiert werden. Das Trefoil blieb.


    Ich baute den Primärspiegel aus bei vermuteter Spannung in der Spiegelzelle. Das half nicht.
    Dank Guntram fand sich die Lösung: das Dreiblatt ist für die Schiefspiegler typisch und wird beim Yolo bei einer Öffnung von f/8 sichtbar. Er machte mich auf PointSpread aufmerksam, dem Autor Hans-Jürgen Busack sei gedankt! So sieht es dann aus:


    Ich kann also mit meinem Resultat zufrieden sein.


    Wie entsteht das Dreiblatt? Das Yolo System hat einen intrinsischen linearen Koma Fehler. Dieser wird bei f/8 relevant. Gibt es das Dreiblatt, wenn man diesen Fehler mit einer entgegengesetzten Koma zu korrigieren versucht, also die Kippwinkel des Sekundärspiegels entsprechend anpasst?


    Gruss, Beat

  • Hallo Beat,


    der Yolo mit einem astigmatischen Spiegel hat zwei Freiheitsgrade für die Justage in der Ebene, nämlich die Kippwinkel der beiden Spiegel. Diese kannst Du verwenden, um Astigmatismus und Koma für die Feldmitte zu korrigieren. Dann bleibt die nächsthöhere Aberration übrig, und das ist Dreiwelligkeit. Wie groß sie ausfällt, hängt von der konkreten Auslegung des Yolo ab, insbesondere vom Öffnungsverhältnis - wie Du ja bemerkt hast.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Beat.


    Zunächst möchte ich dir ausdrücklich höchstes Lob zollen. Die Leistung, die du mit dem 130er erreicht hasst, ist fantastisch. Es ist dir gelungen, das theoretisch maximal mögliche zu erreichen. Noch dazu mit einpoliertem Toroid. Das ist ein ausgezeichnetes Instrument, noch dazu, wenn man die Lichtstärke von f/8 bedenkt. Das ist schon recht angespannt für einen Yolo. Bravo!
    Der Dreiblattfehler, oer die Dreiwelligkeit, ist, wie Holger schrieb, ist innerhalb der Grunddaten des Yolo nicht korrigierbar. Es wäre möglich, durch recht exotische Retusche am Hauptspiegel diesen Fehler zu entfernen, aber bei einem Strehlwert von gut 96% wäre das eine akademische Übung. Ich hatte einmal einen 150mm Tetra-Schiefspiegler mit gemessenem Strehlwert von 96%. Der Fehlerrest war ein wenig sphärische Aberration, und eben Trefoil (Dreiblatt). Mir wäre nicht in den Sinn gekommen, daran noch weiter herumzupolieren, weil das Bild auch so schon so gut war.


    Man sollte beim Entwurf von Yolos und Schiefspieglern darauf achten, dass die Zerstreuungsfigur im der Bildmitte möglichst gut konzentriert ist, und die drei Trefoil-Hörnchen nur ansatzweise sichtbar werden. Ansonsten die Lichtstärke reduzieren oder versuchen, den größten Kippwinkel zu verkleinern.



    Viele Grüße,
    Guntram

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