Hallo,
heute will ich auch mal einen Beobachtungsbericht in diesen von Corona geplagten Zeiten schreiben, mit Gruß an alle die nicht sicher sind, ob man nachts noch raus fahren darf.
Wie viele hier vermutlich hab ich jetzt auch mehr Freizeit. Nicht nur Heimarbeitsplatz, sondern auch noch 50% der Arbeitswoche. So habe ich auch mitten in der Woche frei, was sein Gutes hat, wenn der Himmel just dann aufklart. Zum Glück dürfen die Hessen noch raus, auch weiter weg von der Wohnung, nur alleine soll man sein. Nun, dem ist leicht nachzukommen als Spechtler.
Gestern Abend war es soweit. Klarer Himmel und dieses mal mit wenig Wind. Letzten Sonntag war ich ja auch unterwegs, aber der eisige Wind am Beobachtungsplatzt hat es mir verleidet. Nun, eisig war es jetzt auch aber eben kein Wind.
Da der Mond sehr hoch am Himmel im Zwilling steht, hieß das, er wird erst morgen früh untergehen (also heute so wie ich schreibe). Daher habe ich mir den Wecker auf 0:30 gestellt und bin früh schlafen. Das Auto war noch vom letzten Neumond her für die Expedition beladen. Frisch geweckt wurde nur noch Frühstück zum Mitnehmen vorbereitet und dann runter zur Grage getapst.
Einsam fuhr ich durch die frühe Nacht, mondbeschienene Straßen und zwei drei Rehe am Straßenrand (wann schlafen die denn?) und kam um 2:30 heute morgens am Platz im Odenwald an, auf einer Feldgemarkung mit Horizontsicht. Oben auf der Kuppe hat mir die leichte Brise nicht behagt, also bin ich etwas runter gefahren in eine geschütztere Ecke. Das hat sich als goldrichtig erwiesen. Um 2:50 war alles aufgebaut - mein 8" Newton auf HEQ-5 und es konnte los gehen. Der Mond ging gerade hinter der Bergkuppe unter - perfektes Timing. Temperatur: -3 Grad sagte mein Bordgerät.
Der Plan: Frei nach Schnauze. In der Windnacht hab ich das Leo Triplet versucht, warum da nicht anknüpfen. Also zu beta Leo und dann R.A nach "links" mit dem Ü-Oku. Das ist mein Einstiegspunkt von Westen in den Virgo Gx Haufen. Promt fing ich M98 ein, obwohl wirklich M98? Irgendwie verlor ich mich in der Ecke und fing mehrmals von vorne ein. Ich weiss nicht, immer verlaufe ich mich in Virgo mit dem 12mm Okular. Jedenfalls blieb es dabei Ecke M98, M99 so 5-6 Galaxien, dann verlor ich die Lust.
Also holte ich den Triatlas Blatt A19(A3) raus und da habe ich zwei Markierungen gesetzt in der Gegend Virgo/Leo/Coma. ToDos. Eins war ein kleiner KS wo sonst nur kleine Galaxien sind. Über M85 aber schon in Coma Sternbild (rechts/unten vom Cluster). NGC 4147. Der liess sich nicht schwer finden. Erster Eindruck im Pano 27: wie einer der kleinen runden Virgo Galaxien, ein wenig versprengt vom Rest. Aber im 9mm Delos war er klar rund mit schönem Kern, flauschig aber nach einiger Beobachtungszeit wirkte er doch körnig, bzw. Sternchen blitzten schwächlich auf in Seeing beruhigten Momenten.
Dann hab ich seit Ewigkeiten einen Pfeil in die Region gemalt die ins Leere auf der Karte zeigt. Dort soll eine der einfacheren Superthins sein, den ich mir in einem der Berichte von Norman angelesen habe. Vor einigen Jahren hat er nämlich Superthins gesammelt. Der Pfeil ist da seit mehreren Jahren und ich habe schon ein oder zwei mal versucht ihn zu erblicken aber nix. Und auch dieses mal - nix zu machen. Ich muss noch mal checken, ob die Position richtig ist.
Na dann eben einen Leuchtturm, ab zur "Needle Gx" NGC 4565. Hmm die hat mich jetzt nicht aus dem Hocker gehauen, wie sonst. Werden die Augen schlechter? Check ob was beschlagen hat - ja das Okular. OK, dann den leichten Wind mal frei blasen lassen, nochmal - ja besser aber nicht bombig. Na dann weiter nach Osten zum Nachbarn 4725 und dann zum König des Sternbilds M64. Joh, groß gekippte Ellipse und alles, aber die Augenbraue war dieses mal nicht da. Blick hoch zum Himmel, hmm, eigentlich ideal.?
Na gut dann zum KS M53 nebenan - jo das macht mal Spass! So ein Glitzerhaufen. Das gab dann das weitere Programm vor. M3 - wau, mindestens ebenso beeindruckend wie M13! Dann M5, auch gut. Auf dem Suchpfad von zeta Boo aus kommt man auch an der netten Spindel NGC5746 vorbei. Sehr einfach im 8-Zöller. Den hellen Stern 109 Boo sollte man aus dem Blickfeld schaffen, muss aber nicht - geht auch so.
Ach ja Bootes. Immer wieder eine spannende Angelegenheit mit dem Newton: eps Boo zu trennen. Ging wieder nicht - es ist wie verhext! Noch nie mit dem 8" Newton - "gefühlt", denn wissen tu ich es nicht sicher. Jedenfalls steuere ich den immer an, wenn Bootes Saison ist. Das ist mein spezieller widerborstiger Freund ;-).
Nun, von M5 ist es auch nicht weit zu M12 und M10 gehüpft. Auch die sind schön im 8-Zöller.
Hier war dann mal eine Spazier- und Aufwärmphase angesagt. Freier Blick zum kl. Bären - oha, ich sehe den 6mag Markierstern - unüblich an diesem Platz. Dann zum Herkules, auch den 6,3mag Stern sehe ich aufblitzen - nicht schlecht, nicht schlecht. Zurück am Teleskop hab ich dann zum Abschluß den KS M13 rein geholt. Klasse! Aber nicht besser als M5. Die Gx daneben geht leicht im 12mm. Und dann muss M13 mal mit 9mm Delos betrachtet werden. Wau, ich fühl mich wie ein Großer (mit 16"). Normalerweise bleib ich bei 12mm mit dem 8-Zöller. Ja geht denn mehr, der Kern ist immer noch hell. Leider ist das 9mm mein letzter Weitwinkel. Es geht zu Orthos, also der kleine Adapter muss her. Gleich das 5mm - uuh - dunkler aber der Kern wirkt aufgelöst. Naja natürlich nicht voll, aber Sternchen in nebliger Masse.
Und danach passiert es, ich schwenke den Newton rum. Kenner wissen was mit dem Oku Auszug passiert. Er zeigt 45 Grad richtung Boden und Schepper (auf Asphalt) Scheibenkleister, war das Okular noch drin?
Ja war es :-(. Aber der ist mit Adapter rausgeflogen und der Adapter hat mit der Tubusseite zuerst aufgeschlagen. Manchmal ist Murphy auf Urlaub :-)!
Der Schreck braucht eine Entspannungsbeobachtung der Landschaft, Himmel und Sterne. Nanu? Am Horizont scheints aufzuhellen, schon? Dabei wollte ich angesichts des Bombenhimmels hoch zum Schwanz des Bären und Jagthunde. Aber - zu spät. Ich habe noch schnell M51 eingestellt, hmm klar der Hintergrund aufgehellt. Und trotzdem konnte ich mit 9mm die Spiralarme hauchzart rausschälen. Sehr schade daß ich das nicht vor einer halben Stunde gemacht habe, aber so ist es eben auf dem Feld, die Zeit rast.
Es war schon 5:30 - wer den Anfang aufmerksam las, rechnet aus - es sind nur 2 Stunden 30 vergangen.
Jä scheen wars, also - moment - da ist was Helles tief im Südosten - muss Jupiter sein. Aber links, knapp eine Handbreit zwei helle Sterne, zu was gehören die denn? Hab das Fernglas genommen. Hmm einer weißlich gelb etwas aufgedunsen, der zweite Antares rot. Aber Antares war doch rechts vom Jupiter (Hab M4 dort aufgesucht) - Bing! Planetentrio - das lese ich doch als Überschrift die ganze Zeit im Astrotreff, bin halt nur nie rein in den Thread. ALso trotz tiefer Lage mit dem Teleskop drauf gehalten und ja ganz klar: Saturn und Mars in einem Oku Feld, der Wahnsinn!
Na das war ein gebührender Abschluss (und jetzt bin ich auch in den Astrotreff Thread reingegangen, was hab ich da fast verpasst!). Ist ja wirklich lohnend das Trio zur Zeit und ich lerne, der Mars bleibt nicht lange bei Saturn, der rast da geradezu vorbei.
Nun ja, so endete die Nacht, das Einpacken ins Auto samt Gedöns dauerte - es wurde schon hell. Ich holte nachdem alles bis auf Stuhl und Tisch verstaut war mein Frühstück. Thermos Kaffee und Käsebrote und genoss das Anbrechen der Morgens (schon gelblich) bei frostiger Windstille und die Tierwelt erwachte auch. So ein Frieden, Corona war längst vergessen.
Um 5:50 brach ich dann auf - boah - was für ein Berufsverkehr? Sonst fahre ich immer in totaler Ruhe heim, aber eher um 5:00 und meist Sonntags. Das war wenig chillig. Die Kälte in den Knochen hielt einen aber gut wach. Bis ich zu Hause war die Sonnen schon eine Hand breit überm Horizont. Müde und sehr tiefenenspannt fiel ich ins Bett.
Und jetzt im Verlauf des Tages hab ich das Auto ausgeräumt, heute wäre noch so eine Nacht, aber der Mond. Besser ich bau den TAL100 auf dem Balkon auf und wer weiss, stell mir den Wecker für 5:00.
Cear Skies Euch allen und bleibt gesund,
Walter
PS: Warum Sommernacht? Naja durch den späten Monduntergang stand der Frühlingshimmel schon im Westen und Skorpion kulminierte.