Moderne direkte visuelle Beobachtungen von SiriusB

  • Liebe Astrokollegen,


    ich war schon immer auf der Jagd nach dem Sirius-Begleiter. Und nun war es endlich und zweifelsfrei soweit:


    Beobachtungsmethoden:
    Einen guten Überblick über die Entdeckung und Beobachtung von Sirius B gibt zum Beispiel Burnham’s Celestial Handbook (1). Neben der direkten Beobachtung von Sirius B wurden Techniken benutzt, um das Licht von Sirius A zu reduzieren. Es wurden sechseckige Blenden (Diaphragmen) benutzt, um durch Beugung Spikes zu erzeugen, die das Licht an definierten Positionswinkeln nach außen leiten. Sirius B wurde dann zwischen den Spikes positioniert. Dadurch konnte man näher am Hauptstern beobachten. Bei Spiegelteleskopen wurde die Ausleitung des Lichts von Sirius A über die Spikes der Fangspiegelaufhängung praktiziert. Eine andere Methode war, Sirius A gerade außerhalb des Gesichtsfelds zu stellen.


    Da seit einem Jahr in der Privatsternwarte von Martin Gutekunst in Eberfing (2) ein neuer Refraktor mit einem von LOSZ gefertigten apochromatischen Objektiv mit 28 cm Öffnung und 280 cm Brennweite zur Verfügung steht, mit dem wir bei ruhiger Luft auch immer die Beugungsringe von Sternen sehen (z. B. sind bei den vier Komponenten von Epsilon Lyrae drei Beugungsringe sichtbar), lag es nahe, auch die Sichtbarkeit von Sirius B zu überprüfen.


    Beobachtungsaufbau:
    Der Refraktor ist in einer Kuppel aufgestellt. Um das Kuppelseeing nahezu auszuschließen, hat der Tubus eine motorisch ausfahrbare Taukappe, die durch den Kuppelspalt herausgefahren werden kann. Vor dem Okular ist der Refraktor mit einem optischen Gerät ausgerüstet, das die Farbdispersion unserer Atmosphäre korrigiert. Dieses ADC (Atmospheric Dispersion Corrector) System ist der Schlüssel zum Erfolg! Sirius hat ja von unserem Beobachtungsstandort Deutschland eine hohe Zenitdistanz und somit eine störende Dispersion.


    Unsere Vorgehensweise ist:
    Zunächst wird Rigel eingestellt. Dessen B-Komponente hat einen zu Sirius B vergleichbaren Abstand. In der Zeit der Beobachtungen mit dem 45 cm Spiegelteleskop in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts (3) auf dem Sudelfeld in den bayerischen Bergen (4) befand sich Sirius B genau in den Spikes und konnte nicht gesehen werden (nur Hintergrundsterne der Milchstraße waren zu sehen). Das Paar von Rigel ist leicht zu sehen und dient also als Maßstab für Sirius A/B. Unsere Vergrößerung beträgt 420x. Sie wird erreicht durch eine 1,5x Barlowlinse, dann kommt der ADC, danach ein 10mm Delos Okular. Jetzt stellen wir Sirius ein. Er dominiert mit seiner Fülle aus Licht zunächst das Gesichtsfeld. Dann wird die Farbdispersion durch Drehen am ADC auf Null gestellt. Nun sind, wenn scharf gestellt, von der Luftunruhe gestörte Beugungsscheibchen und Beugungsringe zu sehen! Und in diesem Lichterglanz ist bei dem selben Abstand ab und zu ein punktförmiger, scharfer kleiner Stern zu sehen! Ein denkwürdiger Anblick von Sirius B mit Sirius ungedämpft und in der Mitte des Gesichtsfelds! Trotz mittlerweile fortgeschrittenen Alters rotieren die Beobachter um das Teleskop.


    Zur instrumentellen Technik:
    Der Refraktor wurde im Jahr 2017 gebaut. Er hat ein Objektiv mit 3 Linsen mit 28 cm Öffnung, das im Jahr 2006 hergestellt wurde. Das Objektiv hat eine Abbildungsgenauigkeit von 92% Strehl über den visuellen Bereich. Das okularseitige Ende des Tubus des Teleskops befindet sich für einen bequemen Okulareinblick näher an der Deklinationsachse. Die dafür erforderlichen Gegengewichte erfüllen auch die Funktion, die Durchbiegung des Tubus zu kompensieren. Die Konstruktion ist dem von Fraunhofer gebauten Dorpater Refraktor ähnlich (5). Der Tubus hat auch, wie erwähnt, eine Taukappe, die sich aus dem Kuppelspalt fahren lässt. Als Montierung dient eine Deutsche Montierung mit motorischer Steuerung in beiden Achsen.


    Der ADC besteht aus zwei zueinander von außen justierbaren dispersiven Elementen, um die von unterschiedlichen Zenitdistanzen verursachten Dispersionen auszugleichen. Mittels eines Getriebes wird der ADC durch einfaches Drehen an einem Stellknopf so eingestellt, daß keine Farbsäume mehr zu beobachten sind. Diese Einstellung wird dadurch erleichtert, da bei diesem ADC System keine Bildverschiebung beim Einstellen vorkommt.
    Dies wird dadurch erreicht, daß die zwei dispersiven Elemente aus jeweils einer planparallelen Platte bestehen. Jede Platte besteht aus 2 komplementären Keilen, die die gleiche Brechzahl haben, jedoch eine unterschiedliche Dispersion aufweisen.
    Daher wird bei diesem ADC der Lichtstrahl nicht abgelenkt. Somit bleibt das Bild ortsfest im Gesichtsfeld und es werden im Gegensatz zu den einfachen Prismensystemen keine zusätzlichen Fehler wie Astigmatismus und Koma verursacht.
    Damit bleibt die vollständige optische Performance des Teleskops erhalten, was bei ruhiger Luft durch die Beugungsringe eindrucksvoll beobachtet werden kann.


    Eine CCD-Aufnahme des Orionnebels direkt nach einer Beobachtung von Sirius B zeigt ohne ADC bei den Sternen in der Vergrößerung Farbdispersionen, die bei Kulmination des Orionnebels von Nord nach Süd orientiert sind. Offenbar ist die Teleskopoptik so gut, dass sie die Farbdispersionen unserer Atmosphäre zeigt. Diesen letzten Rest an Korrektur erledigt der ADC.


    Sirius B kann bei ruhiger Luft immer gesehen werden. Die Beobachter waren: Martin Gutekunst, Ernst Müller am 25.2.2018, Helmut Spaude am 29.12.2019, Hans-Jürgen Trumpp am 13.10.2017 sowie Besucher bei einer öffentlichen Führung am 22.2.2019.


    Fußnoten:
    1 Robert Burnham, Jr., Burnham’s Celestial Handbook, Dover Publications 1978, p. 394 ff
    2 http://www.sternwarte-eberfing.de
    3 Helmut Spaude, Ein transportables 45-cm-Spiegelteleskop, SuW 11/83, S. 550 ff
    4 SuW Besuch auf dem Sudelfeld, SuW 2/85, S. 106-107
    5 Rolf Riekher, Fernrohre und ihre Meister, 2. Auflage, Verlag Technik Berlin 1990, S. 172 ff





  • Hallo Helmut,


    Habe deinen Beitrag mit großer Interesse gelesen, danke dafür.


    Interesse deswegen weil ich selber gerade mein erstes Sirius B Erlebnis hatte, also noch sehr frische Eindrücke. Die Bedingungen waren denkbar einfach. Von meinem Standort war Sirius fast im Zenit, außerdem ist der Abstand zu Sirius A im Moment fast am größten. Mit einem Foto bewaffnet (wovon es nicht viele gibt im Netz) und einem 12" Dobson Teleskop. Wollte mal dem Mythos über die Schwierigkeit nachgehen. Hab es mir aber fast gedacht, das es da überhaupt keine Schwierigkeit gibt. Der Stern der am nächsten zu Sirius A stand und ich locker sehen konnte war dann auch schon der richtige Stern beim abgleich mit dem Foto und war ständig direkt zu halten, sehr einfach, ich war begeistert. Der Dobson hatte auch eine Fangspiegelhalterung die gecurved war und deswegen auch keine Probleme mit Spikes hatte. Von Deutschland aus hab ich den noch nie Versucht. Das Foto behalte ich mal, will bei Gelegenheit mal probieren ob ich das auch von hier aus schaffen kann und allein schon deshalb damit ich meine erste Sirius B Sichtung mehr zu schätzen weiß.[:)]


    Liebe Grüße
    Mathias

  • Hallo Mathias,


    danke für deinen Beitrag!


    Bevor ich mich an den Bau meines 45 cm Teleskops machte, habe ich mit dem 60 cm Newton in Wertheim eine Nacht beobachtet, auch, um festzustellen, ob so eine große Öffnung visuell überhaupt noch etwas bringt. Das mag sich aus heutiger Sicht komisch anhören, doch damals anno 1980, hatte niemand geglaubt, dass man Details von Nebeln sehen könnte. Es kamen auch gerade die Nebelfilter heraus.


    Jedenfalls hatten wir damals nach meinen Aufzeichnungen auch den Sirius B mit dem 60 cm gesehen! An Details der Beobachtung und technischem Setup kann ich mich nicht mehr erinnern.


    Heute steht mir nach langer Beobachtungsabstinenz zum Glück ein erstklassiges Teleskop zur Verfügung. Und Martin Gutekunst, der Sternwartenerbauer, holt mit speziellem Equipment alles an Performance heraus. Ich glaube auch, dass sich in den letzten 10 Jahren gerade bei den Refraktoren die Abbildungsgüte verbessert hat. Deswegen nutzt auch das ADC sehr viel.


    Mit herzlichen astronomischen Grüßen vom Helmut

  • Hallo Helmut,


    Vielen Dank für den sehr aufschlussreichen Bericht. Und das ist eine grandiose Sternwarte, die der Martin da eingerichtet hat. Ist das eine Selbstbaumontierung?
    Ich habe Sirius B selbst noch nie gesehen, ein paar halbherzige Versuche waren erfolglos. Aber vielleicht sollte ich es jetzt, da der Abstand sehr schön groß ist, auch noch mal ernsthaft versuchen.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Moin Helmut!


    Danke für diesen interessanten Bericht!
    Ich habe Sirius-B erstmal im Winter 2012/13 von der hiesigen Sternwarte aus gesehen. Instrument war ein 12"-ACF auf ALT-6-Montierung, denn neben einem klaren Himmel ist eine ordentliche Nachführung bei solch schwierigen Objekten notwendig. In meinen Breiten (+54,3° N) steigt Sirius nur maximal 19° über den Südhorizont. Da braucht es schon eine wirklich ruhige Nacht, damit das Sirius-Flimmern im Blickfeld erträglich bleibt. Das klappte auch nicht jede Nacht, sondern war die Ausnahme. Vergrößerung war 500fach (6 mm Ortho). Beobachtet wurde ohne Filter oder Blenden.
    .

  • Ich hatte ziemlich exakt vor einem Jahr auch mal Sirius B auf dem Beobachtungsprogramm. Das ist eher selten der Fall, da die Winter hier vor allem nass und neblig sind - und wenn es mal aufklart, muss es eben deutliche Minusgrade haben (brrr...) und dann muss ich auch noch in die Höhe fahren, weil vor Ort der Südhimmel von lokalem Seeing "versaut" wird.
    Bei diesen drei verknüpften Bedingungen, wundert es nicht, dass sich der Herr des Himmels bei mir eher rar macht.


    Aber Sirius B lockte doch immer wieder. Vor allem weil ihm ja der Ruf vorausgeht, ein sehr schwieriges Objekt zu sein.


    Zusätzlich: Aktuell steht die Komponente B sehr weit weg (11,1“ in 2019), was das Auffinden natürlich vereinfachen müsste. Also Sirius ins Okular, der TAL-250K hatte noch einen schönen Thermikkeil im Sternscheibchen, Sirius stand passabel ruhig da, aber halt auch bunt. Nachdem ich Zeit hatte, holte ich den ADC (die Version von ZWO) raus und baute den am Klevtsov an. Leider reicht der Fokusweg dann mit ZS nicht mehr aus, also geradesichtig beobachten, was einige Kniefälle vor dem hellsten Stern am Nachthimmel zur Folge hatte. Aber mit dem Baader Beobachtungsstuhl ging es dann auch tief sitzend. Erstaunlich war zunächst, wie man durch den ADC die Farbe wegbekommt. Ein sehr überzeugendes Teil, aber halt mit den vielen Hebelchen, drehen … auch ein Sensibelchen. Außerdem habe ich bemerkt, dass ich mit einem zu starken Fixieren der beiden Drehhebel der Prismen, einen Astigmatismus ins System einführe. Irgendwas an den Prismen wird da deformiert, aber wenn man nur leicht fixiert, halten die Prismen dennoch und alles ist gut.


    Der Herr der Sterne am Nordhimmel ist natürlich gewaltig hell (in 10" erst recht) und so tanzte seine Gefolgschaft in der Form von kleinen Reflexen, Spiegelungen und Co. an und vor meinem Auge herum und hatte offenkundig viel Spaß mich zu narren. Aber irgendwann hatte ich eine recht optimale Einblickposition gefunden, um mit dem Baader Genuine Okularen gut beobachten zu können. Und tatsächlich, völlig problemlos, sehr, sehr deutlich (mit gefühlt riesigen Abstand) stand Sirius B im Okular. Das kam so überraschend und ich war so perplex (ich hatte mich auf eine ausgiebige Jagd vorbereitet, komplizierte Beobachtungen, langes, indirektes Sehen und und und …) dass mir nur ein hilfloses: „Hää?“ über die Lippen kam. Ich fühlte mich ein bisschen wie ein Großwildjäger, dem nach seinen ersten Probeschuss in die Luft, ob denn die Flinte überhaupt funktioniere, unvermittelt ein Elefant auf die Füße fällt.


    Etwas verunsichert überprüfte ich ein paarmal, ob das nicht auch ein Reflex sein könnte, aber es sah nicht danach aus. Um ganz sicher zu gehen, entfernte ich die ADC und beobachtete nur geradesichtig (also auch ohne ZS oder Prisma). Das feine Sternenpünktchen blieb da wo es war.


    Wer hätte das gedacht, dass ein jahrelanger Gedanke (Sirus B: hätte, könnte, sollte, müsste ...) einem so in den Schoß fällt.
    Zwischendurch wechselte ich noch auf die VIXEN-LVW Okulare, die einen deutlich entspannteren Einblick als die BGO ermöglichten - auch hier war Sirius B problemlos zu sehen. Das ging bis zu einer Vergrößerung von 170-150x runter, danach wurde es etwas problematischer.


    Insgesamt fand ich Sirius B aber wesentlich einfacher zu beobachten, als viele Schilderungen aus der Vergangenheit vermuten lassen. Natürlich trägt da die aktuell große Elongation von Sirius B einen großen Teil dazu bei. Und - wenn mein TAL-250K etwas kann, dann sind das nadelfeine Sterne, trotz der Obstruktion.


    Hier gibts noch einen (ein bisschen verkünstelten) Sirius A mit der Komponente B via Procreate am iPad und am Okular gezeichnet (266x mit LVW 8mm am 10" TAL-250K f/8.5).



    Andreas.TAL

  • Hallo Forum,


    in Wien kulminiert Sirius in 25° Höhe. Natürlich ist die Sichtbarkeit von Sirius B auch hier hauptsächlich von der Luft(un)ruhe bestimmt. Zuletzt konnte ich im Februar 2019 den Begleiter mit meinem 130mm Refraktor bei 260x sehen. Sirius war praktisch im Meridian.


    Notizen aus meinem Beobachtungsbuch vom 5.Feb.2019: "...zuerst nichts... zu unruhiges Beugungsbild von A, viele kleine Lichtfleckchen tanzen bis in mehrere Bogensekunden Abstand herum, das übliche "Speckle"-Bild. Mit etwas Geduld und nach 2-3 Minuten beobachten kommt besseres Seeing: B ist für mehrere Sekunden zu halten und deutlich zu sehen! Dann wieder lange nichts, viele Fleckchen....
    Dann in besseren Momenten ist Sirius B mehrmals wieder zu sehen, für 5 Sekunden und auch 10s ganz klar und deutlich, fast zu entdecken! Super! Geduld ist nötig und lange schauen und auf die guten ruhigen Sekunden warten wenn das "Speckle"-Bild von Sirius A auf einmal kleiner und schwächer und das Beugungsbild ruhiger wird, dann ist B klar da. Ist ziemlich weit entfernt, viel weiter als gedacht, PW ca. 70°."


    Am 6.Feb.2019 habe ich bei ähnlichem Seeing in guten Momenten mit dem Baader Microguide Okular den Positionswinkel zu 75° +/- 7° gemessen, besser ging es nicht.


    Ich habe auch oft den Rat befolgt, den 1 1/2 Stunden vor Sirius kulminierenden Rigel (beta Orionis) zu beobachten. Wenn dort die Luft einigermassen ruhig und der Begleiter sehr leicht zu sehen ist, dann besteht eine Chance auch Sirius B zu sehen. Die Distanz ist sehr ähnlich zu Sirius (10 Bogensekunden) und der Helligkeitsunterschied ist "nur" 6,5mag gegenüber den 9,9mag von Sirius.


    Clear and steady skies,
    Wolfgang

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