Alzirr+Xmas Tree Cluster+14 Mon+NGC 2244

  • Hallo zusammen,


    sicherlich ist mein Ausflug diese Nacht für die meisten hier ein alter Hut. Aber für mich war es, glaube ich, ein erheblicher Fortschritt gegenüber den Abenden zuvor. Was ich finden wollte habe ich gefunden, ich hab das Gefühl meinen wackligen Chinesen langsam im Griff zu haben und ihn direkt ein ganzes Stück besser zu kennen.
    Und ich glaube dass der Spass an den Sternen, dem Teleskop und dem "Nachts draußen sein" ein ganzes Stück von diesem Forum hier ausgeht. Insofoern soll das hier mehr ein kleines Dankeschön als ein interessanter Bericht sein.


    Eigentlich wollte ich heute Abend den OAZ von meinem TAL flicken, aber die Nacht war klar und das Tal läuft ja nicht weg.
    Also einfach mal im Stellarium nachgesehen was heute Abend so "los ist" und den Christmas Tree Cluster direkt mitten in meiner dunkelsten Gartenecke gefunden.
    Da ich immer noch keine gedruckten Karten oder Rotlichtlampe habe versuche ich meistens eine Kombination aus stellarium-web.org und Eselsbrücken.
    Diesmal war sie:


    1.) Zwischen Pollux und Betelgeuse liegt ein Pärchen im selben Verhältniss und Orientierung wie Pollux und Castor (nämlich Alhena und Alzirr). Auf den Unteren zielen.
    2.) Das sind eigentlich drei Sterne (Alzirr, 30 GEM und 32 GEM). Die drei gedanklich so drehen dass der dunkelste oben liegt, dann in 45°-Winkle nach links oben wandern bis der Weihnachtsbaum kommt.


    Also mein 25mm Plössl rein und direkt die Erkentniss: ich hab vergessen meinen Sucher neu zu justieren nachdem ich vorgestern dagegen gestoßen war. Verdammt. Andererseits...das lausige Ding hat mir eigentlich in 9 von 10 Fällen eh nicht geholfen. Also über das Rohr gegen Alzirr gepeilt,dann nochmal links vom Rohr auf Alzirr gepeilt, Achsen festgestellt und...ZACK die drei Sterne liegen auf Anhieb im Bild. Auf den Schreck hab ich dann erstmal im Dunkeln den Thermosbecher Glühwein gesucht und ein bischen um das Trio herumgeguckt. Hauptsächlich um ein Gefühl dafür zu bekommen wie ich beide Achsen drehen muss um im 45°-Winkel von meiner Orientierung loszuschwimmen. Wer weiß ob ich das Alzirr-Trio wiederfinde wenn ich mich verlaufe...


    Hilft ja alles nichts, also vorsichtig an den Achsen losgerudert und ... ja. Der Weihnachtsbaum ist schon ziemlich offensichtlich! Vor allem weil er direkt "in richtiger Orientierung" im Bild lag.
    Also erstmal den Baum eine Weile angeschaut. Mittlerweile bekomm ich es hin das Seben ohne Blick auf Polaris so aufzubauen dass bei dem 25er Plössl ein Objekt drei mal durchs Bild wandern kann bis ich an der Deklination korrigieren muss. Da kann man dann auch mal beim Gucken zum Glühwein geifen. Kurz hatte ich überlegt ob ich den Weihnachtsbaum skizzieren mag. Aber ich muss morgen Arbeiten, bei der Menge an sichtbaren Sternen hätte mir das zu lage gedauert.


    Nachdem das so gut geklappt hatte dachte ich mir ich könnte den Ausflug ja verlängern. Also mal fix nachgesehen was in der Nähe liegt. NGC 2247, 2245 und IC 2169 liegen ja dicht bei, also Richtung vom Weihnachtsbaum aus geschätzt und losgerudert. HD 46709 passiert, dabei kurz an den Sternstrukturen um ihn herum hängen geblieben und dann weiter. Natürlich nichts gefunden, das hatte ich mir schon irgendwie gedacht, also wieder zurück zum Baum und neue Ziele Suchen...


    Und dann im Stellarium am Rosettenneben hängen geblieben. Najaaa...versuchen kann man es ja mal! 30° nach "oben links aus dem Baum raus bis eine helle 4er-Kombination auftaucht, 3 in Reihe, ein hellerer links abseits der Reihe (der Helle Abseits war 13 Mon, das Trio in Reihe die drei helleren Sterne zwischen 13 Mon und NGC2254). Losgeruder und tada, direkt drauf! Verrückt! Jetzt nur noch steil herauf bis zum Rosettennebel! Und...nichts gefunden. Eine Weile hab ich ratlos herumgesucht, bin zurück zu meinem Orientierungsquartett, habs nochmal versucht. Nichts. Also wieder nach drinnen und mir das im Stellarium nochmal angschaut.


    Neben meinem "Orientierungsquartett" lag doch so eine enges Dreiergrüppchen, vielleicht bekomm ich das ja Separiert! Also wieder raus ans Teleskop und nur einen einzigen, funzeligen Punkt da gesehen wo die Gruppe liegen sollte. Funzelig genug um das 9mm Okular getrost in der Tasche zu lassen. Vielleicht doch nochmal einen Blick ins Stellarium werfen..


    Da kam dann irgendwie die Erkenntniss! Mein letztes Orientierungsquartett hat Helligkeiten von 4.4, 6.44, 7.84 und 7.97 Mag. Die Drei Sterne aus dem Grüppchen das ich separieren wollte und nur ein Stern zu sehen ist haben 8.8 und 9.irgendwas Mag!
    Schnell hab ich das noch mit ein paar anderen Sternen im Bild verglichen und da wars dann recht klar. Bei einem Himmel wie heute der meiner Meinung nach wirklich klar war und die meisten Nachbarsfenster dunkel sehe ich durch das 3" Seben mit dem 25mm Plössl Sterne bis 8Mag Hell, bis 9Mag funzelig und alles über 9.0...quasie garnicht. Wie blöd von mir dass nicht einfach früher schonmal ausprobiert zu haben! Sicherlich hätte das viele Suchen und Orientierungen erleichtert!


    Bestärkt durch meine grandiose Erkenntniss wollte ich dann doch den Rosettenneben finden und bin wieder los, und diesmal bin ich ziemlich zügig auf dem offenen Sternhaufen im Zentrum gelandet...mit der Deklinationachse auf Anschlag. Bei meiner EQ ist die Achse keine Schneckengetriebe sondern ein Schieber auf einer Gewindestange. Und jetzt, total verrückt, ich hab die Achse entsperrt, mit der einen Hand den Tubus gehalten und mit der anderen die Deklination zurückgespult und dann die Achse wieder gesperrt. Und NGC 2244 war immer noch sichtbar!


    Der geneigte Beobachter mag sich jetzt vielleicht fragen was daran erwähnenswert ist, alle dobsoiden Forenteilnehmer wohl erst recht. Und ehrlich gesagt ...grundsätzlich wohl eher nichts [;)] Aber mein Stativ und Monierung fand ich Anfangs wirklich einen derartigen Graus dass ich mich schon geärgert hatte 30€ für das Gebrauchtgerät ausgegeben zu haben. Aber nach knapp 50€ für second hand Okulare und Übung und Geduld hatte ich heute Abend irgendwie das Gefühl: das Gerät ist nicht das besste, du hast mehr Glück als Verstand aber ... wir kommen miteinander zurecht und sind tatsächlich in der Lage Dinge am Himmel zu finden und auch im Fokus zu halten!


    Dass ich vom Rosettennebel nichts, aber auch wirklich garnichts geseheb habe, nichtmal den Hauch eines Schleiers obwohl er mit Mag 6.0 angegeben ist hat mich dann auch nicht mehr geärgert. Höchstwahrscheinlich sollte ich einfach mal einen Blick in Fachliteratur werfen worandas gelegen hat.


    Und wer bis hierhin durchgehalten hat darf sich dann noch über meine grandiose Skizze des NGC2244 - Sternhaufens freuen!



    Viele Grüße und gute Nacht,


    Andre


    <font color="limegreen">Verschoben vom Bilderforum. Stathis</font id="limegreen">

  • Huch! Mein Fehler! Könnte ein Mod den Thread vielleicht nach "Beobachterforum Deepsky interstellare Objekte" verschieben?


    Dankesehr und entschuldigt!


    Andre

  • Hi Andre,


    vor wenigen Wochen hatte ich exakt das gleiche Projekt wie du!
    Von daher kann ich ein bisschen was dazu erzählen.
    Erstmal finde ich es toll, dass du deinem Teleskop so intensiv eine Chance gibst und es besser kennenlernst! Ich bin mir sicher, dass dir das zu einem wichtigen Stück Erfahrung im Umgang mit Teleskopen wird und eine gute Grundlage.
    Wenn ich so lese, wie du mit Achsen und Sperren hantierst, dann kann ich lachend und unwissend sagen: Ich schiebe meine Dobsonplatte herum und den Tubus rauf und runter und finde aber auch oft mit mehr Glück als Verstand das, was ich gerne finden wollte [:D] Und mein Tubus ist manchmal irgendwie so garstig in seinen Rohrschellen an der seitlichen Befestigung, dass er sich entweder gar nicht feinfühlig bewegt oder wenn, dann gleich batz 4° runter. Wir haben es manchmal nicht leicht [:p]


    Der Weihnachtsbaum war bei mir beim ersten Mal nicht so offensichtlich, erst beim Skizzieren und ein weiteres Mal an einem anderen Abend schauen habe ich es eindeutig erkannt. Klarer Fall von "wär gut gewesen, zu wissen, wonach ich suche." Meist schaue ich das vorher nicht, damit ich besonders aufmerksam Ausschau halte. Wenn ich dann meine, etwas vielleicht gefunden zu haben, mache ich es so wie du und schaue im Internet nach. Allerdings meist hier: http://astronomy.tools/calculators/field_of_view/
    Dann sehe ich nämlich, wie groß und welche Form das sein müsste in dem Okular, das ich gerade verwende. Das Bild, das sie Seite ausspuckt, ist natürlich nicht der reale Himmelsanblick (woher soll die Seite schließlich wissen, wie mein Himmel so ist). Auf diese Weise habe ich gestern zum Beispiel M52 erkannt, nachdem ich bei dem seltsamen schwachen Funzeln unsicher war, ob es das ist oder nicht.


    Den Rosettennebel habe ich auch versucht, aber bei meinem Bortle-5-Himmel keine Chance. In meinem Beitrag habe ich bestätigt bekommen, dass der an meinem Standort vermutlich nicht zu sehen sein wird, und wenn ich es versuchen will, soll ich mal nach den Übergängen/Kanten suchen.


    Ärgere dich nicht, dass du "erst" an dem Abend herausgefunden hast, bis wie viel mag du Sterne überhaupt siehst, das war halt eben erst dann "dran" und jetzt hast du einen enormen Wissenszugewinn. Zum Beispiel, wenn du dir mal bei AAVSO Aufsuchkarten generierst, dann kannst du getrost als Magnitudenlimit die 9mag setzen. In meinem 6-Zöller weiß ich ehrlich gesagt nicht, wo die Grenze ist. Sie muss irgendwo zwischen 10mag und keine Ahnung, vielleicht 12 oder 13 liegen. Könnte ich ja auch mal herausfinden :)


    Liebe Grüße
    Sarah

  • Moin Andre,


    es hat mir Spaß gemacht, Deinen fröhlichen und lebhaften Bericht zu lesen. Vielen Dank! Ich finde es schön, daß sich hier auch Beobachter trauen, ihre mit einfacherem Gerät gewonnenen ersten Eindrücke und Entdeckungen mitzuteilen. Und solche Berichte zeigen, daß man auch mit kleinerem und/oder einfacherem Gerät einfach Spaß haben kann.


    Wegen des Rosettennebels: ich finde den auch mit teurerem Gerät nicht ganz so larifari-einfach. Denn das Ding ist zwar (wie Du schreibst) recht hell, allerdings verteilt sich das Licht auf die ganze Fläche des Nebels. Und die ist groß. Verdammt groß. Und deshalb wirkt der Nebel recht dunkel. Und außerdem zeigt der Nebel keine brutal harten Kontraste, keine Kanten, an denen sich das Auge orientieren kann. Es könnte also sein, daß Du (wenn der Himmel und die Umgebungshelligkeit das zugelassen haben) an der richtigen Stelle vom Nebel nur einen Hauch mehr als Himmelshintergrund gesehen hast. Und wegen des geringen Kontrastes des Nebels den eben nicht erkannt hast, zumal der in Deinem 25er Okular wahrscheinlich auch noch mehr als das ganze Gesichtsfeld ausfüllt.


    Ich finde den ohne Nebelfilter und Lichtschutztuch auch unter Landhimmel mit rund 2,5 Grad Gesichtsfeld gut machbar, ohne Filter habe ich den noch nie gesehen. Ich finde, Du kannst da beruhigt sein.


    Und überhaupt außerdem: zwischendurch mal wieder in die Wohnung und auf den Rechner gucken tut der Dunkeladaption nicht so richtig gut. Bis das Auge dann wieder ordentlich guckt, dauert das locker schon mal so ein Viertelstündchen.



    Viele Grüße von


    Marcus

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