Die richtige Montierung?

  • Hallo,
    ich bin neu in diesem Forum und grüße alle, die das manchmal doch etwas absonderliche Hobby der Sterneguckerei und Astrofotografie betreiben.


    Ich bin seit knapp zwei Jahren dabei und meine Ausrüstung bestand bisher aus einem C 8 Edge HD auf einer Celestron AVX sowie einem kleinen Williams Refraktor. Seit kurzem bin ich stolzer Besitzer eines Takahashi 180 Epsilon.


    Geplant war, das neue Teil auf die AVX zu packen. Bei einer Tragfähigkeit der Montierung von knapp 14 Kilo und einem angenommenen Gewicht für den Tak von knapp 11 Kilo hätte das ganze grade noch so funktionieren können. Die Überraschung war groß, als ich feststellte, dass die angegebenen 11 Kilo nur den Tubus betreffen. Mit Rohrschellen, Befestigungsplatte, Sucher und Kamera komme ich auf rund 17 Kilo, deutlich zu viel für die AVX. Dank meiner sehr! verständnisvollen besseren Hälfte habe ich den Entschluss gefasst, es muss eine neue und deutlich stabilere Montierung her.


    Die Anforderungen daran sind folgende: Tragkraft mindestens 20 Kilo, dabei sollte das Gewicht des schwersten Einzelteils nicht wesentlich über 15 Kilo liegen. Folgende Geräte habe ich mir im Netz angeschaut: “iOptron GEM45 GoTo“ „Skywatcher EQ-6 Pro SynScan GoTo“ „Losmandy GM811G Gemini 2 GoTo“.


    Nun meine Fragen: Wie sind die genannten Geräte, bzw die dahinter stehenden Marken hinsichtlich ihrer Qualität (Verarbeitung, Genauigkeit, Zuverlässigkeit etc.) zu beurteilen. Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht? Welche der genannten Montierungen ist für den Tak am besten geeignet – oder könnt ihr vielleicht ein ganz anderes Gerät empfehlen?


    Auf eure Meinung bin ich sehr gespannt.
    Viele Grüße und CS
    Bernd

  • Hallo Bernd,


    und willkommen hier im Forum.


    Ich habe die EQ-6 R.
    Mit den 15Kg wirst Du da leider nicht hinkommen.
    Ich habe das Achskreuz nicht gewogen, aber laut Handbuch wiegt das Achsenkreuz (ohne Stativ) 17,3Kg.
    Ansonsten eine super Montierung.
    Sehr leise, bei guter Einnordung (ich beobachte rein visuell) ist das Alignment sehr genau.
    Alles ordentlich verarbeitet. Stabile Konstruktion, alles m.E. ausreichend dimensoniert (Schrauben etc.).
    Einfach zu bedienender Handcontroller.
    Sehr stabiles 2" Stahlstativ.
    M.E. ist sie ihr Geld wert.
    Wenn das Gewicht nicht wäre [;)].
    Deinen Takahashi 180 Epsilon sollte sie, rein von den Zahlen her (20Kg Tragkraft), tragen können. Der Takahashi ist ja nicht so lang bauend, das da ein großer Hebel auftritt.


    Zur von Dir angegebenen iOptron GEM45 GoTo kann ich nicht direkt was sagen.
    Da ich aber auch eine Montierung von iOptron habe, iOptron AZ Pro GoTo, denke ich das ich allgemein was sagen kann.
    Die Verarbeitung ist auch sehr sauber. Alle Schrauben, Bohrungen etc. passen. Das Stativ ist ebenfalls ein 2" Stahlstativ. Keine harten Kanten oder ähnliche Unzulänglichkeiten. Steht selbst mit meinem 127/1200 Refraktor stabil.
    Die Software des Handcontrollers ist ebenso gut durchdacht.
    Denke also nicht, dass es bei anderen Montierungsmodellen einen Grund geben sollte, dass die schlechter verarbeitet sind.
    iOptron ist halt in D'land nicht so verbreitet, also Handbücher lesen und einarbeiten. Gegebenenfals Probleme (bis jetzt bei mir noch nicht vorgekommen) selbst lösen.


    Die andere von Dir angegebene Montierung kenne ich nicht, da sind andere sicherlich mehr berufen was dazu zu sagen.


    Ich würde jederzeit die SkyWatcher und/oder iOptron empfehlen.

    Gruß und CS

    Mathias

    :alien: .


    | Refraktor FH 120/600 | Refraktor FH 120/1000 | Celestron C8 SC XLT 203/2000 | iOptron AZ Pro GoTo | EQ-6 R | ZWO ASI224 |

  • Hallo Bernd,


    erst mal noch willkommen hier auf Astrotreff.


    Bezüglich Fertigungsqualität und Tragkraft liegst du bei der Losmandy besser, die beiden anderen werden ja mit 20kg Tragkraft angegeben, die GM811G liegt da bei 25kg und die Angaben von Losmandy sind dazu noch sehr konservativ (also nicht zu übertrieben).


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Bernd,


    wenn ich mir die Daten der iOptron's anschaue, haben die alle ein gutes, bis sehr gutes Verhältnis zwischen Eigengewicht und Tragkraft.
    Die von Dir angedachte iOptron GEM45 GoTo wiegt 7,2Kg bei einer Tragkraft von 20Kg.
    Kein Vergleich zur EQ-6 R mit ihren 17,3Kg.
    OK, der Preis der iOptron liegt deutlich über der SkyWatcher.


    Das habe ich mir auch, Zeit gelassen. Drei Monate recherchiert, überlegt usw., bis ich mir die iOptron zugelegt habe.

    Gruß und CS

    Mathias

    :alien: .


    | Refraktor FH 120/600 | Refraktor FH 120/1000 | Celestron C8 SC XLT 203/2000 | iOptron AZ Pro GoTo | EQ-6 R | ZWO ASI224 |

  • Hi Bernd,


    das Problem der Tragkraftspezifikation ist, dass eine Montierung kein Kran ist. Die Angabe in Kilo ist ein Richtwert, aber bei Ueberschreitung wird die Montierung nicht gleich zusammenbrechen. Und es gibt eine Vielfalt von Faktoren, die neben dem reinen Zuladungsgewicht ueber die Eignung einer Montierung entscheiden.


    - Visuelle oder fotografische Nutzung?


    In Deinem Fall schon beantwortet.


    - Brennweite des Instruments?


    Dein Epsilon hat eine kurze Brennweite und ist deutlich weniger anfaellig fuer Nachfuehrfehler als z.B. ein Schmidt-Cassegrain mit f/10.


    - Baugroesse des Instruments?


    Ein langer Refraktor kann leichter als die spezifizierte Tragkraftkapazitaet der Montierung sein, aber aufgrund seines Hebels dennoch wabbeln.


    - Nachfuehrgenauigkeit der Montierung?


    Auch eine schwere Montierung, die "stabil" genug ist, kann enttaeuschen, wenn die Praezision nicht stimmt. Ein Beispiel war die alte EQ6-Classic, die visuell ein guter Packesel auch fuer groessere Instrumente war, aber aufgrund des billigen Plastik-Vorgeleges zum Getriebe aeusserst unruhig lief. Bei der EQ6 pro wurde das Problem behoben, und die Montierung ist dadurch um Groessenklassen besser geworden.



    Vlelleicht sollte man mal eine Gleichung entwickeln, in die Gewicht, Hebel und Brennweite einfliessen, um eine Guetezahl zu erhalten. Die Montierung muesste dann mindestens diese Guetezahl erreichen, montierungsseitig errechnet ueber Kraftmoment, Schwingungseigenwerte und periodischem Getriebefehler. Das wird aber kompliziert, speziell das Schwingungsverhalten der Montierung. Da muesste man eine FE-Analyse bemuehen. Vielleicht billiger: Ein Standardtest, der das Ausschwingverhalten messbar macht. Etwa ein 1m langer Schwalbenschwanz mit einer Testmasse an einem Ende. Die Deformaation der Montierung bei Applikation der Masse gibt Aufschluss ueber das Elastizitaetsverhalten, und das Anschlagen derselben mit Messung des Ausschwingverhaltens koennte Aufschluss ueber das Schwingverhalten bringen.


    Natuerlich muesste das standartisiert werden und Hersteller muessten mitziehen, um diese Guetezahl konsistent und markenuebergreifend zu erhalten. Was etwa so schwierig sein duerfte, wie eine Herde Katzen im Gleichschritt marschieren zu lassen.

  • Wenn man die Brennweite eines Teleskops irgendwie in die Tragkraftformel hineinbringen will, dann als Faktor. Gleiches gilt für die Länge und Gewichtsverteilung (Trägheitsmoment) oder die Windangriffsfläche (Querschnittsfläche). Alle von mir genannten Größen sind aber untereinander abhängig und sollten am Ende einen gemeinsamen Beaufschlagungsfaktor bilden.


    Ohne das jetzt zu begründen, würde ich einem 90mm-f/6-Refraktor mit seiner typischen Solllänge einen Faktor von 1 zuordnen: Also Gewicht x Faktor = Montierungs-Anforderung an Tragkraft für einem f/6-Refraktor.


    Ein f/12 Teleskop gleicher Baulänge (geometrischer Strahlengang ist ja nicht immer effektive Brennweite) hätte dann Gewicht x 2, sprich schlägt doppelt zu Buche. Das macht auch Sinn, denn jegliches Zittern/Wackeln fällt da ja doppelt so groß aus.


    Ist das 90er-f/12 zudem doppelt so lang, könnte es sogar mehr als doppelt in die Kalkulation eingehen. Ich täte es nicht, denn da erhöht sich ja schon das Gewicht selbst. Der längere Tubus wird sicherlich auch schwerer sein. Indirekt fließt da das Trägheitsmoment und die Windangriffsfläche ein.


    Viel mehr Formel braucht man nicht, denn die Hersteller-Angaben zur Tragkraft sind sehr ungenau. Fotografisch täte ich nicht mehr als 60% davon nehmen. Auch die Leidensfähigkeit ist personenabhängig, was einer einer Montierung zumuten will, ohne beim Durchschauen/Fotografieren den Kopf zu schütteln.

  • Ja, Kalle, das ist es. Einfach sehr schwer zu spezifizieren.


    Und die Tragkraftangabe kann ja auch nicht wirklich bindend sein, da Montierungen ja immer ueberdimensioniert sind. Ich meine, was stoppt einen Haendler, eine EQ1 mit einer Tragkraft von 20kg zu bewerben? Gehen tut das, sie wird nicht zerbroeseln.


    Wie mit meinem Fahrradanhaenger, dessen Zuladung je nach Ebay-Haendler mit 40kg, 60kg oder 100kg angegeben wird. Wohlgemerkt fuer dasselbe Modell.


    Solche Angaben koennen also nur grobe Richtwerte sein.


    Bei Montierung zaehlt ja sowieso "je groesser, desto besser". Im Zweifelsfalle also immer das groesste Modell, das man sich leisten bzw. das man noch tragen kann.


    Die reine Reduktion einer Montierung auf ihre Tragkraft in kg ist etwa so aussagefaehig wie die Angabe der Drehzahl einer Festplatte oder die alleinige Angabe der Megapixel bei einer Digitalkamera. Wobei der Vergleich hinkt, weil die letztgenannen Werte ja noch zweifelsfrei nachzuweisen waeren.

  • Nun aber mal wieder zurueck zu Dir, Bernd.


    Abseits von grundsatzphilosophischen Diskussionen zur Montierungsspezifikation:


    Ich habe zwei EQ6 pro-Montierung im Einsatz. Eine traegt meist einen 200/1000er Skywatchernewton, der bis zu 3min ohne Autoguider zuverlaessig laeuft - ab und zu mal ein Ausschuss-Bild. Die andere Montierung hatte bis vor Kurzem ein 250/2000er RC mit kleinem Leitrohr fuers Autoguiding. Das war definitiv die Belastungsgrenze. Ich hatte bei beiden Montierungen die weichen Polhoehenschrauben gleich gegen die verstaerkten Schrauben ausgetauscht. Ich bin mit beiden Montierungen zufrieden. In Bezug auf Laufruhe schlagen sie alle anderen Montierungen, die ich bislang hatte: Verschiedene EQ5en, eine Celstron CI700, zwei Vixen GP-DX.


    Die verbesserten EQ6en wie die EQ6-R oder die EQ-AZ waeren sicher auch eine Ueberlegung wert. Schon allein, weil die Archillesferse der NEQ6 pro, der Polblock, dort verbessert wurde.

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