Ein Wintervollmond

  • Als ich gestern nach Hause kam, war es komplett klar. Doch stand diese olle Trinkerlaterne hoch oben am Himmel. Typischerweise wuerde mir gerade als Deepskymensch nicht in den Sinn kommen, jetzt Astronomie zu betreiben.


    Und doch ... eine kurze Session mit dem 14" Meade-SCT und 32er Erfleokular. Und ich war erstaunt, wie viele Details sich auf dem Mond zeigten - auch ohne Schattenwurf. Sehr viele Kreise, teils sogar mit den Zentralbergen als helle Lichtpuenktchen in der Mitte. Maeanderfoermige Strukturen in den Maria, und die ganzen Strahlen insbesondere vom Tycho. Ich bekam einen Flashback, hatte ich doch als 10-jaehriger mit meinem 40x40-Nichtachromaten haeufig bei Vollmond beobachtet, weil ich dachte, das waere die beste Phase. Ich hatte damals einen Objektivmondfilter in Form eines auf 40mm rundgeschliffenen Sonnenbrillenglases, das ich mir beim Augenoptiker erbettelt hatte.


    Der Preis, den ich gestern fuer meine kurze Exkursion zahlen musste, war temporaere Blindheit auf dem rechten Auge. Eine volle Austrittspupille eines 14"-Teleskops muss man erstmal verdauen.


    Ich machte dann noch sechs Bilder, die ich mit Microsoft ICE zusammenfuegte. Und beim Konstrastieren der zweite Flashback. Ich hatte frueher ein Buch "Der Himmel ueber uns". Dss war die Festschrift zur Einweihung der Wetzlarer Volkssternwarte in Burgsolms 1964. Dort war ein Mondbild auf dem Einband, wo die Maria fast so dunkel wie der Himmel waren, wodurch allerlei Strukturen sichtbar wurden. Jahrelang habe ich im Fotolabor versucht, auch so etwas zu erreichen. Nie wirklich geschafft. Mit Essiggeruch in der virtuellen Nase machte ich mich gestern ans Werk, und hier ist das Ergebnis. Das Original ist um 9400 Pixel im Quadrat!


    14" SCT f/10, Canon EOS40D mit 800 ISO, 1/1000sec. Sechs Bilder zusammengefuegt mit Microsoft ICE und kontrastiert mit Canon Digital Photo Professional. Aufnahmedatum 2019 Dez. 11, zirka 20 Uhr UT. Aufnahmeort West Cornforth, County Durham in Nordostengland.


    Es lohnt sich doch ab und zu, auch mal das Rohr auf den Vollmond zu richten. Man koennte sagen "In der Not frisst der Teufel Fliegen", aber ich fand das Ganze gestern unerwartet beeindruckend.


  • Hallo Juergen,


    schönes Foto toller Kontrast, danke das Du uns an Deinen Eindrücken teilhaben lässt.


    Ich denke der Liveeindruck am Okular war bestimmt noch einmal eindrucksvoller als das Foto zeigen kann.


    VG und CS
    Michael

  • Hi Michael,


    das stimmt. Einige sehr kleine Regionen leuchteten den Beobachter foermlich an, da ihre Albedo sehr gross war. Und auch der Eindruck der vielen Kreisringe, wie sich die Krater zeigten, gibt das Bild trotz Kontrasterhoehung anders wieder. Ist wie bei der visuellen Deepskybeobachtung: Das "Feuer" der Plejaden zum Beispiel gibt ein Foto nur begrenzt wieder, auch wenn es dafuer die Reflexionsnebel zeigt. Der Dynamikumfang des visuellen Bildes ist halt groesser als die paar Bit, mit denen ein Astrofoto am Bildschirm dargestellt wird. Und beim Foto wird dieser Umfang ja gestaucht, damit schwaechste Strukturen neben nicht ausgebrannten hellen Objekten sichtbar werden. Das zeigt mehr vom Objekt, aber gibt den visuellen Eindruck am Okular verfaelscht wieder.


    Am besten macht man Beides. Waehrend die Kamera am Teleskop 1 vor sich hinschnurrt, guckt man durchs Teleskop 2.

  • Hallo Jürgen,
    da hattest Du ja richtig Glück mit dem Vollmond. Hier im Großraum München war am 10.12 auch klarer Himmel wo ich auch etwas zum Schauen und zum Fotogragieren gekommen bin.
    Mit 14" geht sicher schon eine ganze Menge. Hast Du einen Link zur vollen Auflösung oder einen kleinen Ausschnitt mit 800 Pixel in voller Auflösung?
    Hast Du die Bilder gestackt oder das Bild über Einzelbilder zusammengesetzt? Schaut auf jeden Fall schon sehr schön aus.
    Ich werde nachher auch ein paar Bilder vom 10.12 einstellen. Da hab ich aber nur 4" und 6" fotographiert. Entsprechend war die Brennweite zwischen 1000 und 1170 mm.
    Servus,
    Roland

  • Hallo Jürgen,
    Konfuzius sagt: "suche das Neue im alt Bekannten" (nein, sagte er natürlich nicht, oder vielleicht doch)
    Ich kenne das auf jeden Fall auch genau so. Die Regionen sahen auf einmal so anders aus, dass ich mich kaum mehr orientieren konnte und ich hatte viele neue visuelle Eindrücke (am Bildschirm ;) ), die rein gar nichts mehr mit unserem alten Mond zu tun hatten wie ich ihn bisher kannte.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Roland und Ralf,


    danke fuer Eure netten Worte!


    Roland - es handelt sich in der Tat nur um Einzelbilder. Mit Stacking von AVIs muesste man noch deutlich mehr rausholen. Leider habe ich keinen Webspace, um ein groesseres Bild abzulegen. Ich habe mal Photobucket benutzt, aber inzwischen haben die auf ein Bezahlmodell umgestellt. [:D]


    Es sind also wirklich nur sechs Bilder, in denen das Seeing zwar bei 1/1000s weitgehend eingefroren ist, aber natuerlich noch Unschaerfen vorhanden sind. Hier in Nordostengland haben wir typischerweise eine Luftunruhe von mindestens zwei Bogensekunden. Wir liegen halt meistens unter dem Jetstream.


    Ich habe mal ein bisschen Planetenfotografie mit Registax betrieben, wobei ich das Programm nie verstanden habe. Diese Plots, wo irgendwas gegen irgendwas aufgetragen ist (ohne Beschriftung der Achsen) und man irgendwas waehlen muss ... da habe ich so meine Schwierigkeiten mit. Und Autostakkert habe ich mal versucht, zu installieren und ich bekam auch nur Fehlermeldungen. Irgendwie habe ich kein Glueck mit dieser Art von Software im Unterschied zu DeepSkyStacker beispielsweise.


    Ralf, genauso habe ich es gestern erlebt. Der langweilige Vollmond war auf einmal hochinteressant. Manchmal lohnt es sich halt, mal wieder etwas Altbekanntes anzufahren und mit erfahreneren Augen anzusehen.

  • Hi Jürgen,


    hatte früher auch ein C14 und kenne das, dass man ohne Mondfilter erst mal auf einem Auge "blind" ist, war ja nicht dauerhaft aber eben doch verblüffend und gewöhnungsbedürftig.
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    Würde Dir aber ans Herz legen, einen Binoansatz am besten den Baader V mal aus zu probieren. Nur mal Probeweise am Mond und Planeten. Da brauchst Du an Deinem Gerät keinen Glaswegkorrektor.


    Die Wahrnehmung soll sehr sehr deutlich steigen was die Details anbelangt, natürlich am Terminator. Außerdem wird das Bild etwas dunkler, was aber bei einem 14 " am Mond absolut von Vorteil ist.
    Denke mal darüber nach.


    VG und CS
    Michael

  • Hi Michael,



    ich hatte mal einen Binoansatz, aber damals Probleme, ihn am Newton zu verwenden. Mit Barlowlinse war das Gesichtsfeld immer relativ klein, insbsondere fuer DeepSky. Ich habe das Teil dann an eine Volkssternwarte weggeschenkt. Aber klar, beim SCT geht alles dank des grossen Fokussierbereiches. Ich werde mal Ausschau halten, ob ich kein Bino finde ... gerade drueber nachdenkend, ich habe noch eins irgendwo herumliegen. Ist mir aus einer medizinischen Apparatur zugelaufen, von Olympus. Muss ich mal adaptieren. Danke fuer die Anregung, ich werde das aufgreifen.

  • Hallo Jürgen,
    ich habe am 10. Dezember auch den Mond mit Einzelbildern aufgenommen. Während es mit dem 4" f/10 APO relativ problemlos war, hatte ich im Newton immer mit Seeing und Unschärfe zu kämpfen, obwohl der Newton frisch justiert war und 4 Stunden am Balkon gestanden ist. Ich bin da ehrlich gesagt nicht zufrieden. Bei nur 1024 Pixel ist das Bild im 6" schon unschärfer wie im 4" APO...
    Nun, da muss ich mich erst noch einfuchsen oder mit der ASI Planetenkamera Aufnahmen machen...
    Die Belichtungszeigen beim f/10 APO und f/8 Newton war zwischen 1/400s und 1/500 s wobei das beim Newton keinen Unterschied gemacht hat. ISO war bei 200. Naja, immerhin bin ich mit den 4" Aufnahmen zufrieden.


    2" Seeing hört sich heftig an. Da kann man dann normalerweise die große Öffnung nicht ausreizen? Man muss halt Glück haben gerade einen besseren Moment zu erwischen.


    Wenn ich Planeten filme, dann stacke ich immer mit autostackert. Das funktioniert unter Windows 10 super und unter Linux in der Windows kompatiblen Laufzeitumgebung einigermaßen, wobei es unter Linux Probleme mit den Menus gibt. Schöner wäre eine richtige Linuxversion.
    Zum Schärfen nehme ich Registax 6. Das geht unter Windows 10 sehr gut unter Linux/Wine wieder mit den Menuproblemen.


    Beim Filmen und Stacken kann man die Seeingeffekte oft besser in den Griff bekommen und die größere Öffnung kann man dann ausnutzen. Ich wollte halt einfach auf die "Schnelle" eine paar Fotos schießen.


    Servus,
    Roland

  • Hallo Roland,



    das mit dem Seeing ist in der Tat ein Limit. Aber mit der richtigen Filmtechnik kann man dem ja ein Schnippchen schlagen. Das habe ich oben nicht gemacht - nur sechs Einzelbilder. Erstens habe ich keine grossformatige Kamera fuer die Filmtechnik, und zum Anderen habe ich das noch nicht so ernsthaft versucht. Ein paar Planeten mit meiner Celestron Neximage 5 (die ja einen winzigen Chip hat), dann irgendwas mit Registax zusammengewuergt. Autostakkert wollte mein Videoformat nicht haben. Ich habe das aber nie ernsthaft weiterverfolgt, da ich hauptsaechlich Deepsky mache und die Planeten ja sowieso derzeit sehr tief stehen. Bis Saturn wieder in den Zwillingen steht, habe ich ja noch etwas Zeit zum ueben ... beispielsweise am Mond. [8D]


    Warum Dein Newton schlechtere Bilder macht als der Apo, laesst sich aus der Ferne nicht beurteilen. Vielleicht, weil die Oeffung des Tubus naeher am Beobachter liegt und mehr Luftschlieren vom Beobachter davor herziehen? Oder aber der Spiegel ist nicht 100% auskorrigiert, oder er hatten einen langsamen Temperaturgang. Bei einem Newton ist die Wahrscheinlichkeit einer nicht perfekten Optik ja auch hoeher als beim Apo, der als Highendgeraet und entsprechendem Verkaufspreis ganz andere Qualtiaetskontrollen durchlaeuft.

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