Schliff eines Toroids für Reise Yolo

  • Hallo bekannte und unbekannte ATM's


    In „Telescopes, Eyepieces and Astrographs“ steht der Satz: „The Yolo design beats the two mirror Schiefspiegler (Kutter) hands down“, aber auch dass der Sekundäspiegel, ein Toroid, schwierig herzustellen sei. Vor 20 Jahren haben wir in unserer Schweizer Gruppe gezeigt, dass für ein Yolo mit moderater Öffnung (1:12) ein Toroid zu schleifen keine besondere Schwierigkeit bereitet. Die Botschaft ist bis heute nicht richtig angekommen.


    Ich hatte mich damals im Enthusiasmus an ein 130er Yolo mit Oeffnung von 1:8 gewagt. Das Instrument wurde vollendet, ist sehr kompakt und transportabel mit seinen gut 3 Kg. Die optische Qualität kam nicht an die 150 er 1:12 Instrumente heran. Heute können wir mittels PDI oder WinRoddier genaue Messungen machen. Das Instrument hat einen Strehlwert um 0.85, so gut wie ein mindestens ebenso schwerer vier Zoll „super“APO.


    Mein Ziel ist es nun, das Instrument zu verbessern in Hinblick auf einen Strehl von mindestens über 0.90. Zuerst möchte ich den toroidalen, nicht optimal geratenen Sekundärspiegel durch einen neuen ersetzen. Stathis hat mir vor geraumer Zeit die Rohlinge (100 mm) zugestellt und ich habe nach dem Grobschliff erst jetzt wieder Zeit gefunden. Der mittlere Radius soll um 3750 mm und die Radiusdifferenz etwa 140 mm betragen.


    Die Schwierigkeit, ein Toroid herzustellen wächst im Quadrat mit der Öffnung. Wenn es ohne besonderen Aufwand gelingt, einen guten Spiegel für ein 1:8 Yolo zu schleifen, so gibt es keine Vorbehalte mehr für ein 1:12 Yolo.


    Beim Feinschliff durfte meine alte Schleifmaschine wieder einmal arbeiten. Beim Feinschliff mit Carbo 800 wird gleich die Radiusdifferenz gemacht, so wie es Lukas Howald oder J. Sasian beschreiben, aber nicht erst bei der Politur. Nach 14 „Séchées“ oder „Wets“ wie es im Texereau nach Übersetzung heisst, ergab sich eine Radiusdifferenz von 200 mm. Man musste das mit dem Feinstchmirgel zurückarbeiten, was ja kein Nachteil ist. Da brauchte ich etwas länger als nur für den Feinschliff vorgeschrieben, um die 140 mm auf einige mm genau zu erreichen. Die Messung erfolgte jeweils nach 1/4 h Anpolieren mit einer Pechhaut auf einem Holztool. (Da gibt es sicher noch einfachere Methoden.) Ich werde auf die Messmethoden zurückkommen.


    Damit ist die Vorarbeit gemacht. Die Politur wird möglichst nur Tool on Top erfolgen, weil man den Rand damit besser hinkriegt. Wird sich die Radiusdifferenz relevant verändern? Wie gut wird die Fläche werden?
    Ich werde wieder berichten, bin dankbar um Kommentare, Hilfe, Begleitung.
    Gruss,
    Beat

  • Hallo


    Ich habe nun mit der Politur des Toroids begonnen und sie geht regelrecht vorwärts, wie ich es kaum erwartet habe. Zuerst aber zu den Messmethoden.


    Der Spiegel wird einen Teststand gebracht mit einer Zelle mit drei (oder auch zwei) Schrauben justierbar wie im fertigen Teleskop. Im Krümmungsmittelpunkt (Distanz bei mir fast 4 Meter) eine Punktquelle oder Spalt: Z.B. rote Laserdiode, Glasfaser von Pierro Astro 9 Mikron etc. Mit geringem Abstand daneben primär einmal ein Okularhalter, später Messerschneide oder Slitless Tester und dann evtl. PDI Plättchen. Das Ganze entspricht einem gut ausgerüsteten Foucault Apparat: Muss nicht Hightech sein, wichtig ist aber, dass eine Feineinstellung in drei Ebenen möglich ist mit dem grössten Weg in axialer Richtung. Bei letzterem soll eine Grobeinstellung möglich sein, die Feineinstellung mit etwa Viertel mm Genauigkeit abzulesen.


    Ich kollimiere mit einem Laserkollimator. Der reflektierte Strahl ist dann gut sichtbar. Den Spiegelradius und die Radiusdifferenz messe ich mit einem Lasermeter, das ist enorm praktisch; auf den Spiegel kommt dann ein Papierstreifen, weil der Laserstrahl sonst durchgeht.


    Beim Test mit der Laserdiode und einem Okular sieht es im Fokus des kurzen und des langen Radius so aus:

    Unten das bekannte PSF von einem fertigen Teleskop.
    Wenn man eine der Linien stark vergrössert, sieht es so aus:

    Und wenn es so aussieht hat man schon eine qualitativ recht gute Kontrolle über die Güte der Spiegeloberfläche. Man kann dann gleichzeitig den Foucault Test machen: Mit der Schneide von Horizontal, dann von Vertikal je nach Fokus. Oder den Spiegel 90 Grad drehen. Der Weg vom kurzen zum langen Radius entspricht natürlich der Radiusdifferenz.


    Poliert wir übers Kreuz, von Hand. Ein Parallelogramm ist nicht nötig. Ich mache mal weiter und berichte später darüber Genaueres.


    Danke für jeden Kommentar. Bei mir werden Fragen auftauchen, die ich dann gerne stellen werde.
    Mit Gruss, Beat

  • Hallo Beat


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Vor 20 Jahren haben wir in unserer Schweizer Gruppe gezeigt, dass für ein Yolo mit moderater Öffnung (1:12) ein Toroid zu schleifen keine besondere Schwierigkeit bereitet. Die Botschaft ist bis heute nicht richtig angekommen.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Da hast Du wohl Recht .
    Der Grundgedanke des Yolos die Foukuzierung auf zwei relativ langbrennweitige Spiegel aufzuteilen , die auch beim kippen nicht zu problematisch werden ist genial . Allerdings haben die Spiegel dann eine lange Brennweite . Bei mir scheiterte es damals daran das mein Messraum im Keller nur für max. 3,6m Radius geeignet war . Bei Foucault und Ronchi muß es allerdings nicht der Keller sein .
    Inzwischen habe ich eine ca. 10m lange Meßstrecke durch Arbeitsraum , Wohnzimmer und Schlafzimmer die außerhalb der Heizsaison brauchbar funktioniert .
    Ich lese deinen Thread mit großem Interesse , besonders was deine Schleif/Poliermaschine angeht weil ausgiebige manuelle Schleif und Polierarbeit bei mir (ich wollte es zuerst nicht wahrhaben) zu Problemen in den Händen und Handgelenken führen .


    Mit freundlichem Gruß Rainer

  • Hallo Rainer


    Mit meiner Schleifmaschine kann ich den Grob- und Feinschliff (und die Radiusdifferenz) machen; da ist sie eine enorme Hilfe: Ich werde irgendeinmal einen Interessenten suchen... Polieren geht nicht gut, mache ich immer von Hand.


    Inzwischen habe ich das kleine Toroid in der minimal nötigen Zeit fertig. Ich glaube dem unerwartet hohen Strehl Wert der Abschlusskontrollen noch nicht so recht...
    Ich werde berichten.


    Mit Gruss und Dank fürs Interesse, Beat

  • Eine erste Frage:


    Wie werden die Fehler bzw. Aberrationen des Yolo Sekundäspiegels in das fertige Teleskop eingehen. Die Annahme kann dabei sein, dass der Primär- und der Sekundärspiegel etwa die gleichen Radien haben. Kann mir das jemand rechnen oder mit einem ray tracing simulieren? Könnte es sein, dass nicht alle Zernikes dasselbe Gewicht haben? Vom "Schiff aus" könnte man vermuten, dass die Fehler etwa zur Hälfte eingehen, das ist aber wohl zu einfach.


    Danke, Beat

  • Hallo Beat
    Die Fehler multiplizieren sich leider. Beispiel: Der 1. Spiegel habe 0.9 Der 2. sei perfekt und habe eine eins. Dann bleibt das Gesamtsystem bei 0.9.Wenn beide 0.9 haben, dann sackt das Fernrohr auf 0.81 herab.(Deshalb ist der Kutter besser als das Jolo, weil er mit einfachen Kugelspiegeln auskommt bei kleiner Apertur.)


    Gruss Emil

  • Hallo Emil
    Das Toroid ist im Prinzip ein Kugelspiegel, ich werde darauf zurückkommen. Das Yolo System kann bei Oeffnung 1:12 und kleiner (wie der Kutter) auch mit zwei Kugelspiegeln gemacht werden, weil dann die SA genügend korrigiert ist. Kannst Du Deine Aussage anders begründen?
    Ich kann mir vorstellen, dass sich die Aberrationen beider Spiegel summieren, aber nicht multiplizieren. Meine Messungen deuten darauf hin, dass die Fehler des Sekundärspiegels aber sogar weniger ins Gesamtsystem eingehen. Kann das Du oder jemand z.B. in einem ray tracing Programm simulieren: also für den Sekundärspiegel z.B. SA oder auch Tetrafoil eingeben: letzteres der bei mir auftretende Hauptfehler.
    Gruss, Beat

  • Hallo Beat,


    Eine Summierung der Fehler kann ich mir schwer vorstellen. Der eine Spiegel habe den Wert 1, der andere wäre völlig daneben und hätte 0.Dann siehst du gar nichts Klares durch das Fernrohr.Bei einer Summierung hättest du aber immer noch ein perfektes Fernrohr!
    1x0 = 0 1+0 = 1


    Die Multiplikation habe ich aus dem russischen Lehrbuch von Maksutov.


    (Beim Jolo geht dir die Rauheit des Spiegels,also der durch die starre Polierung erzeugte Acker völlig durch die Messlatte.)


    Gruss Emil

  • Hallo Emil


    Der völlig daneben Spiegel hat den Fehler 1
    der perfekte Spiegel hat den Fehler 0
    Die Fehlersumme ergibt 1 , also 100% daneben , richtig ?


    Aber so einfach ist es natürlich nur in diesen Extremfall .
    Fehler können sich verstärken oder auch kompensierten .
    Wo die Fehler imm optischen System auftreten spielt auch eine Rolle .
    Nehmen wir als Beispiel dafür einen Yolo ähnlichen Gerd-2 3D Schiefspiegler mit zwei Kugelspiegeln .
    Jeder der beiden Spiegel erzeugt durch das verkippen Asti. und Koma .
    Durch das drehen der zweiten Ebene um 90° und die Asti. Periode von 180° erhält man positiven und negativen Asti und in der Summe bei geeigneter Wahl der Abstände und Winkel null Asti .


    Multiplikation gibt es bei Größen wie Wirkungsgrad .
    Beispiel : Motor 10% Verlust , Getriebe 10% Verlust .
    Motorwirkungsgrad 0,9 * Getriebewirkungsgrad 0,9 = Gesamtwirkungsgrad 0,81 : Gesamzverluste 19%


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">(Beim Jolo geht dir die Rauheit des Spiegels,also der durch die starre Polierung erzeugte Acker völlig durch die Messlatte.)
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Na Emil , hast Du das schon mal probiert ?
    Ich freue mich jedenfall darauf das Beat uns hier zeigen möchte wie es geht . Im übrigen sind die Radienunterschiede beim Yolo ja nicht so extrem . J. Sasian poliert da bei seinem "Unobstructed Newtonian" noch ganz andere Toroide .


    Viele Grüße Rainer

  • Hallo Rainer,


    Da hast du schon recht,dass sich Fehler kompensieren können,aber leider eben nur, wenn das ganz gezielt und bewusst angesteuert wird.Wenn ein Spiegel irgendwo falsch ist, wäre es glatter Zufall wenn der andere gerade den kompensierenden Fehler am richtigen Ort hätte.
    Als Grundprinzip gilt die Multiplikation.


    Es geht mir nicht darum den Beat zu bodigen. Aber es ist unfair den Leuten ein kompliziertes Gerät schmackhaft zu machen, das Mängel hat,welche der einfache Newton nicht hat. Und der Mangel ist die
    Rauheit der Spiegeloberfläche, verursacht durch die starre Polierung.Dieser Fehler wird ignoriert,weil er im Prüfständer nicht sichtbar wird. Nach dem Motto: Was man nicht messen kann, ist auch nicht vorhanden.Schön wäre es!
    Man versteift sich auf die Realisierung desToroids und vergisst dabei die Rauheit,welche kein kardinaler Fehler ist aber bei einem Hochleistungsteleskop nicht ignoriert werden darf.
    Gruss Emil

  • Die Rauheit der Spiegeloberfläche lässt sich gut abschätzen (siehe Suiter „Star Testing Telescopes“). Sie ist im „Bench Test“ bei ruhiger Luft am aktuellen Toroid sichtbar. Sie lässt sich auch messen, ich werde darüber berichten. Vorweggenommen: Sie beträgt um die 1/90 Wellenlänge RMS. Dies „drückt“ den Strehl um weniger als 0.01. Das ist irrelevant. Die Obstruktion bei einem Newton macht da sehr viel mehr aus.


    Wie die Aberrationen der einzelnen Spiegel ins Gesamtsystem eingehen liesse sich einfach simulieren oder auch rechnen. Hoffentlich findet sich im Forum jemanden, der dies für mich macht. Zu berücksichtigen ist, dass beim Primärspiegel nicht dieselben Aberrationen zu erwarten sind wie beim Sekundärspiegel.


    Danke für die Anregungen. Ich werde bald wieder berichten. Mit Gruss, Beat

  • Hallo zusammen,


    ich glaube, man muss bei der Frage, wie sich Fehler der Einzelspiegel aufs System auswirken, etwas differenzieren:
    - bei der Wellenfront addieren sich die Fehler der Spiegel; je nach Vorzeichen der Fehler kann das in der Summe besser oder schlechter werden
    - wenn man den Wellenfront-Gesamtfehler hat, als RMS-Wave, kann man daraus dann den Strehl berechnen: Strehl = e^-(2*pi*RMS)², bzw. näherungsweise: Strehl = 1 - (2*pi*RMS)²


    An der Näherung kann was erkennen: bei z.B. einem Strehl von 0.95 ist RMS = 0.0356. Bei RMS = 2*0.0356 sackt der Strehl aber auf 0.8 ab. Sowas wie '0.9*0.9 = 0.81' stimmt da also nicht.



    Grüsse,


    Wolfram

  • Hallo,
    Vergessen wir doch einen Moment alle Theorie,Rechnungen den Suiter etc.und beachten folgendes:
    Wenn ich einen sphärischen Spiegel poliere und im Foucault prüfe, sehe ich wie empfindlich die Spiegeloberfläche auf feine Unterschiede in der Strichführung und Pechhautgestaltung reagiert.Bei starker Devianz von der Sphäre sieht man das nicht mehr, ebenso gehen diese feinen Unterschiede verloren wenn Hilfsoptiken wie Zielfernröhrchen oder Kompensatoren im Strahlengang sind. Solange solche feinen Unebenheiten sichtbar sind und dann eben nicht wegpoliert werden, finde ich die Optik schlecht, ich bin unzufrieden, auch wenn mir einer vorrechnet, dass das den Strehlwert nur minim abändert. Basta!


    Und genau das Yolo gehört in die Kategorie der Optiken (wie schnelle Spiegel auch) wo man diese feinen Unebenheiten einfach drin hat.
    Grüsse Emil

  • Hallo Emil.


    Ich durfte vor einigen Jahren im legendären Messkeller des mittlerweile verstorbenen Meisteroptikers Alois Ortner der peniblen Prüfung eines Yolo von Beat beiwohnen. In Autokollimation.


    Das Gerät zeigte eine absolut fabelhafte, grandiose Bildqualität.
    Die von dir monierten feinen Unebenheiten hatte zumindest dieses Gerät jedenfalls nicht.


    Viele Grüsse,


    Guntram

  • Hallo Wolfram,
    Wenn ich dein Beispiel für meinen Tetra-Schiefspiegler rechne,komme ich bei 0.95 Strehl je Spiegel bei 4 Spiegeln auf blosse 0.2 Strehl.So schlecht ist er aber nicht.Bei einer Multiplikation kommt man auf 0.8Strehl.Entspricht irgenwie mehr der Beobachtungsrealität.


    Hallo Guntram,
    Zuerst einmal die bad news: Der Tod von Alois.Das ist ein schwerer Schlag für das Forum. Was er gemacht hat für uns hier im Forum ist absolut einmalig.Er war kompetent, menschlich und hilfsbereit.


    Zum andern sage ich dann am Abend noch etwas.


    Gruss Emil

  • Hallo Guntram und Wolfram
    Die Rauheit der Oberfläche ("mamelonnage") ist beim Toroid infolge der kreuzweisen Striche beim Polieren etwa doppelt so gross wie beim Primärspiegel, den man "normal" poliert.
    Mich würde interessieren, wie der mamelonnage des Sekundärspiegels ins Gesamtsystem rechnerisch eingeht: Der Abstand zum Fokus ist etwa halb so gross wie der des Primärspiegels.
    Man wird dies auch für die Zernike rechnen können. wobei ich erwarte, dass nicht für alle Terme dasselbe herauskommt.
    Mit Gruss, Beat

  • Hallo zusammen,


    nochmal zur Addition bzw. Multiplikation der Fehler, die anscheinend unabhängig sind. Ich denke dies ist auch ein Fall bei dem man die Gaussche Fehlerrechnung anwenden sollte, die Fehlerqudrate addieren und dann die Wurzel ziehen. Konkret, wenn beide Spiegel einen Strehl von 0,9 besitzen, dann ist die Abweichung 0,1, der Gesamtfehler wird dann


    sqrt (0.1^2+0,1^2)= sgrt(0,02) = 0,141, d.h. der Strehl der Kombination liegt bei 1-0,141 also 0,86.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo miteinander.


    Zum Thema Fehleraddition in Mehrspiegelsystemen:


    Alois Ortner hat einen meiner früheren Tetra-Schiefspiegler, den ich mittlerweile verschenkt habe, in Autokollimation auf 96% Strehl (==&gt;)550nm gemessen. Das war noch eine Zernike-Auswertung, und heute würde mit der besseren FFT Auswertung wahrscheinlich ein etwas niedrigerer Wert resultieren. Man kann sagen, dass mit einem Teleskop aus vier sphärischen Spiegeln eine ausgezeichnete Abbildung möglich ist.


    Übrigens verwendete die Wide Field and Planetary Camera 2 des HST sieben Reflexionen bis zum Detektor. Und deren Bilder waren ja aucht nicht die schlechtesten.



    Viele Grüße,


    Guntram

  • Hallo Thomas (und die anderen),


    so einfach ist es leider nicht...


    Der Gesamt-Strehlverlust ist ja in der Näherung für einigermaßen beugungsbegrenzte Optik) proportional zum Quadrat des rms-Wellenfrontfehlers.
    Den rms-Wellenfrontfehler kann man für eine gegebene Wellenfront/Spiegeloberfläche als Wurzel aus der Quadratsumme der Zernikekoeffizienten (in geeigneter Normierung) berechnen.
    Für ein System aus mehreren Spiegeln muss man die Wellenfronten (gesamt oder als Zernikekoeffizienten) aufaddieren, um den System-rms zu berechnen.
    Ggf. muss man sich dabei auf die tatsächlich genutzten Teilausschnitte der Spiegel beschränken.
    Aus den Strehlverlusten der Einzelspiegel kann man nur eine Aussage gewinnen, wenn man die beitragenden Zernikes kennt.
    Für unabhängige Zernikes addieren sich die Strehlverluste einfach linear auf.
    Die gleichen Zernikes muss man mit dem richtigen Vorzeichen addieren, d.h. die Wurzel aus dem Strehlverlust ziehen, dann addieren, dann wieder quadrieren (also gerade das Gegenteil von Gausscher Fehlerrechnung...)


    Ein paar Beispiele:

    Ein Spiegel mit 0.9 durch sphärische Aberration, einer mit 0.9 durch Koma (oder Vierwelligkeit, etc.) -&gt; die Strehlverluste addieren sich, man hat in Summe 0.8
    Zwei Spiegel mit 0.95 durch sphärische Aberration mit gleichem Vorzeichen -&gt; ungünstigster Fall, der Gesamt-Strehlverlust ist nicht das Doppelte, sondern das Vierfache eines einzelnen Spiegels, also in Summe 0.8
    Zwei Spiegel mit 0.95 durch sphärische Aberration mit gleichem Vorzeichen, wobei auf einem Spiegel nur 80% des Durchmessers genutzt werden -&gt; nach etwas Rechnen in Summe 0.9
    Zwei Spiegel mit 0.9 und 0.95 durch sphärische Aberration mit umgekehrtem Vorzeichen -&gt; Kompensiert sich fast vollständig, in Summe 0.99
    Zwei Spiegel mit 0.9 und 0.95 durch sphärische Aberration mit gleichem Vorzeichen -&gt; in Summe 0.71 (!)


    Am besten addiert man die Wellenfrontfehler auf, wenn man sie elektronisch vorliegen hat, und bewertet dann.


    Viele Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo Emil


    In Sky & Telescop 08. 1988 zeigt J. M. Sasian den Foucault Nulltest eines Yolos .
    In S & T 03. 1991 zeigt er zwei Foucault Nulltestmöglichkeiten , davon eine mit dem parabolischen Primärspiegel , die andere ohne Hilfsoptik für einen toroiden Sekunärspiegel mit den Radien 5,9 m und 11,8 m . Das ist doch mal ein Radiusunterschied !
    Wenn Du Interesse an letzteren hast , schicke eine PN an mich .


    Viele Grüße Rainer

  • Bitteschön, gern geschehen.
    "Sphärische Aberration" im Text oben kann man natürlich durch beliebige andere Aberrationen ersetzen - Achtung, bei Astigmatismus, Koma etc. kommt aber noch die Achslage hinzu... wobei man gerade diese Aberrationen bei Mehrspieglern auch teilweise einfach rausjustieren kann. Das muss man bei der Bewertung auch beachten.


    Viele Grüße, Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Hallo


    Es geht weiter mit dem Bericht über den toroidalen Sekundärspiegel für das geplante Reise Yolo. Nach Erreichen der Radiusdifferenz mit dem Feinschliff kommt die Politur. Sie soll ausschliesslich Tool on Top erfolgen, ich habe damit gute Erfahrung gemacht, was die Güte der Oberfläche betrifft.


    Ich wähle hartes Pech, weiss allerdings noch nicht sicher, ob das gut ist. Die Pechhaut giesse ich auf das Glastool nach umranden mit selbstklebendem Papier wie es z.B. die Maler brauchen. Das Pech ist etwa eine Stunde zugedeckt bei 140 Grad im Backofen flüssig geworden. Die Dicke der Pechhaut soll etwa 7mm betragen. Sobald sie etwas weich verfestigt ist, werden mit dem aus Holzspateln gebastelten, nassen Rechen möglichst tief Rillen eingedrückt. Das geniale Rillenholz à la H. Rohr („Fernrohr für Jedermann“) ist mir leider abhanden gekommen. Die Rillen sollen nicht parallel zum geplanten Strich verlaufen. Dann Spiegel nass machen und vorsichtig drauf, darf keinesfalls kleben. Mit den Strichen sofort beginnen, übers Kreuz ohne Druck und dann mit Cer Oxyd mindestens eine ½ Stunde, damit das Pech auskühlen kann und die Form behält.



    Spiegel und Tool sind mit „kurz“ und „lang“ markiert, damit immer K auf K und L auf L kommt. Jeweils etwa 50 Drittelsstriche, dann 90 Grad um den Ständer (Fass) laufen, dann idem und etwa dreimal rundherum. Dann Tool auf dem Spiegel 180 Grad drehen und auf diese Weise weiterfahren. Der Strich soll nicht viel von der Richtung L bzw. K abweichen. Die Statistik hilft dabei mit…



    Nach etwa einer Stunde kann man den Spiegel erstmals testen. Man sieht dann sofort, ob die Politur in der Mitte bis Rand gleichmässig ist, was von Vorteil ist. Dann mit dem Kreuz- und Foucault- Test kontrollieren.


    Mit grossem Schreck habe ich dabei festgestellt dass der Spiegel voller ganz feiner Kratzer war. Ich wollte nicht zurück zum Feinschliff und habe von Ceroxyd auf Polierrot gewechselt. Die Kratzer verschwanden nach einer weiteren Stunde. Nach Texereau soll die Politur mit Polierrot ja signifikant besser sein. Also bin ich dabei geblieben.


    Schon nach zwei Stunden schöner Kreuztest. Beim Foucault bei 0 und 90 Grad noch Unebenheiten derart, dass ich mit dem Schlitten (bewegte Punktquelle) etwa 5 mm intra- und extrafokal fahren musste um die Schneide eindeutig von oben oder von unten kommen zu sehen. Dies verringerte sich bei der weiteren Arbeit zusehends und die Radiusdifferenz veränderte sich dabei praktisch nicht.


    Texereau gibt an, dass es etwas 8 Stunden brauche um einen Spiegel mit feiner Oberfläche sauber auszupolieren. Nach dieser Zeit war es so weit und die Oberfläche derart fein, dass der Schlitten nur noch allerhöchstens plus minus 3/4 mm bewegt werden musste. Die Defekte verteilen sich als lokale, angedeutete Unebenheiten auf die ganze Fläche. Wenn diese Unebenheiten bei leichter Luftunruhe sich mitbewegen, dann sind wir gut dran. Sphärische Aberration soll es nicht haben; würde man gut sehen können wie beim Parabolspiegel. Der Foucault Test ist enorm empfindlich, aber nur als „Null Test“ und wir wollen einen quasi Kugelspiegel mit zwei Radien.


    Ich habe also den Spiegel in der minimalen Zeit auspoliert und ihm die nötige Form gegeben. Ist die Oberfläche wirklich gut genug?
    Meine Frage: Durchmesser des Spiegels 100mm kurzer Radius 3718 mm (Radiusdifferenz 140 mm). Airy Disc Durchmesser um 50 Mikron. Die transversale Aberration soll nicht grösser sein als der AD Radius. Wie gross darf dann die longitudinale Aberration, die ich messe, höchstens sein? (Besser für stationäre Punktquelle rechnen.) Wie gross etwa ist der dazugehörige Wellenfronfehler? Ich habe die Rechnung gemacht, bin nicht sicher, ob sie richtig ist… Danke für die Kontrolle, wer Lust dazu hat!


    Ich werde dann über weitere Test Möglichkeiten berichten.
    Gruss, Beat

  • Hallo Rainer und die andern,


    Ja, so ein Nulltest ist wichtig. Vermutlich ist es der Ellipsentest.


    Ich kann mir einfach auf Grund meiner Schleifpraxis und der Logik nicht vorstellen, dass man da zu einem glatten Endresultat kommt:
    Spiegelschleifen beruht auf Statistik.Der 1.Strich erzeugt schon mal zwingend einen Asi,der nächste einen neuen. In der Summe hebt sich alles auf.Jede Pechhaut wirkt unregelmässig,Druckunterschiede wirken sich exponentiell aus.Auch wenn man eine grosse Varianz in der Strichführung hat,erwischt es einem mit Zonen. Jeder kann da ein Lied singen.
    Durch die starre Politur beim Yolo schränkt man die statistische Varianz erheblich ein.Rillenlücken fahren immer über dieselben Stellen,Druckunterschiede werden nicht gleichmässig verteilt etc.


    Man will das einfach zu wenig wahrhaben ,weil man es schlecht sieht und sich auf die Toroidherstellung versteift.


    Ich würde folgendes machen:
    Um die stastistische Varianz zu vergrössern, würde ich mit mindestens 2 Tools den Spiegel auspolieren und analog der Planspiegelherstellung laufend das Tool wechseln.
    Bei mir ist diese Praxis,mit mindestens 2 Tools den Spiegel auszupoliern,erfolgreich. Bereits mit 2 Tools erreicht man einen starken Zonenausgleich.Ich kann damit die ganze Zonenquälerei völlig vermeiden.
    Wenn sich ein Fehler mit einem Tool anbahnt,führt ein Wechsel des Tools immer zu einer sofortigen Schwächung des Fehlers.


    Wenn man bei der Yolo-Politur mit 2 Tools arbeitet und obendrein noch unregelmässig das tool um 180 Grad dreht, hat man bereits 4 Varianten.Man könnte bei der Toolherstellung bewusst die Rillendichte etwas unterschiedlich gestalten, vielleicht kann man so den Acker etwas milder machen......
    Habt ihr solche Experimente gemacht in der Yolo-Gruppe Beat?


    Grüsse Emil

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