Zentralstern M57 visuell - bei 14" moeglich?

  • Hallo allerseits,


    es ist glaube ich das erste Mal, dass ich mich in das Visuellenboard verirre. Normalerweise fotografiere ich ja. Aber derzeit habe ich ein Meade 14" SCT auf einer alten Rupp4-Montierung in meiner neuen Sternwarte, und die Monti hat weder motorische Deklinationsverstellung noch ist sie 100% eingenordet. Waehrend ich eine neue Zweiachssteuerung adaptiere, ist also Visuell angesagt.


    Als Teenager war ich mal davon ueberzeugt, den Zentralstern im M57 durch das C8 meines "astronomischen Ziehvaters" gesehen zu haben. Ist ja um 14mag, sollte also gehen ... heute weiss ich, dass das wohl Einbildung war und dass der 14.5er Stern aufgrund seiner hohen Temperatur fotografisch ein Klacks ist, visuell dagegen weniger. Und ich habe spaeter mit eigenen Teleskopen bis 10" immer mal wieder erfolglos danach gesucht.


    Nun, gestern musste ich meinen 14" kollimieren und danach waren Testbeobachtungen angesagt. Ich stellte auf M27 und sah den Zentralstern sofort deutlich mit direktem Sehen, keine Frage, zusammen mit weiteren Sternen innerhalb des Nebels. Er war einfach da.


    Dann M57: Der Nebel wirkte aussen ausgefranst, der Stern daneben klar und deutlich. Innerhalb des Ringes war der Hintergrund deutlich heller als ausserhalb, im Vixen LVW13mm (270x). Um den Hintergrund zu druecken, wechselte ich dann auf ein 3.5mm LVW mit stattlichen 1000x. Damit hatte ich schon im Winter eindrucksvolle Beobachtungen des Eskimonebels angestellt, auch wenn die Vergroesserung - naja - etwas unorthodox klingt.


    Ich sah dann innerhalb des Ringes ab und zu eine begrenzte Aufhellung. Der Ring waberte, ebenso wie der Stern daneben, da das Seeing nicht wirklich gut war. Aber dann sah ich den Stern blickweise, immer fuer ein paar Sekunden, in Phasen ruhigen Seeings. Ich habe das Teleskop angefasst und ein wenig bewegt, und wenn ich den Stern fuer ein paar Sekunden halten konnte, ging er mit dem Nebel mit. Da war also offenbar was. Aber eben hart an der Wahrnehmungsgrenze. Ich probierte das abwechselnd mit dem rechten und dem linken Auge.


    Und deshalb meine Frage an Euch: Werde ich hier Opfer meiner Wunschphantasien oder kann man den Zentralstern schon mal mit 14" sehen?


    Meine Bedingungen: 150m Meereshoehe, Nordostengland, Lichtverschmutzung etwa "Randlage Ruhrgebiet". Der Halbmond stand noch tief im Westen, waehrend die Leier kulminierte.


    Im Osten ueber Middlesbrough standen sehr helle Wolken - spaeter beim Zubettgehen sah ich aus dem Schlafzimmerfenster eine riesige Fackel am Horizont. Da haben die in der Raffinerie mal wieder giftige Gase abgefackelt, ca. 30km Luftlinie. Kein Wunder, dass ich die Milchstrasse nicht erkennen konnte. Was dann aber wieder fuer die Wahrnehmung von Punktquellen bei hoher Vergroesserung nicht so entscheidend sein sollte wie das eher mittelpraechtige Seeing gestern abend. An einem C11-Gastgeraet neben dem 14" machte ich jedenfalls zeitgleich einen eher "vermatschten" M13, obwohl ich die Kamera mit Livefokus fokussiert hatte ...


    Also, jetzt aber das Wort an die richtigen visuellen Beobachter - kann es sein, dass ich Auge in Auge mit dem Zentralstern stand?

  • Hallo,
    nach meinen Erfahrungen mit meiner 10“ Optik ist der Zentralstern bei M57 - gute Rahmenbedingungen vorausgesetzt - immer wieder mal möglich.
    Ich verlinke mal zwei meiner Beobachtungsberichte:
    https://forum-stellarum.de/sho…d=5153&pid=37193#pid37193


    https://forum-stellarum.de/sho…d=5173&pid=37328#pid37328
    (Hier weiß ich nicht ob sich das öffnen lässt, weil anscheinend im Mitgliederbereich)


    https://forum-stellarum.de/sho…d=6290&pid=44923#pid44923


    Und hier gehts im dritten Beitrag dazu kurz um den Zentralstern in M57:
    https://forum-stellarum.de/sho…d=6185&pid=44163#pid44163


    In der Summe würde ich sagen, dass deine Beobachtung in M57 (mit 14“) durchaus realistisch erscheint. Der Kerl hat Dir in die Augen geblinzelt ...


    Andreas-TAL

  • Hallo Jürgen,


    an meinem C14 habe ich den Zentralstern in M57 defintiv gesehen. Allerdings war das Seeing fast gar nicht mehr vorhanden. Sobald die Luft etwas mehr in Bewegung kam war der Zentralstern nicht mehr sichtbar, auch indirekt nicht. Die Vergrößerung weiß ich allerdings nicht mehr genau, in meinem Beobachtungsbericht habe ich die nicht vermerkt. Der Ringnebel selbst erschien mir damals ganz schwach grünlich. Beobachtet habe ich unter einem dunklen Landhimmel, Daten zur damaligen Grenzgröße sind nicht vorhanden.


    Gruß
    Jan

  • Hi Jan und Andreas,



    danke fuer Eure netten Antworten. Dann scheint die Sichtbarkeit vom Zentralstern hauptsaechlich seeinglimitiert zu sein. Und das Seeing war nicht besonders gut.


    Ich hatte noch zeitgleich Jupiter und Saturn im 20cm-Refraktor beobachtet, und bei Vergroesserungen ueber ca. 150x kam kein Detail mehr, obwohl der Refraktor mit f/25 eigentlich einen hohen Konstrast liefert. Nunja, die beiden Planeten stehen ja auch tief (gerade hier auf 54 Grad noerdlicher Breite). Aber auch hoeher stehende Objekte zeigten deutliches Seeing.


    Ich werde die Beobbachtung mal in der naechsten klaren Nacht, dann hoffentlich mit besserem Seeing (und ohne diese bloede Fackel in Middlesbrough) wiederholen. Aber durch Euer Feedback gehe ich davon aus, dass ich den Zentralstern wirklich blickweise gesehen habe!


    Ich werde gegebenenfalls hier meine erneute Beobachtung nachreichen.


    Andreas - ich habe Deine langen verlinkten Berichte noch nicht gelesen, werde das aber dieses Wochenende nachholen.

  • Hallo Jürgen,


    mit 8" habe ich den Zentralstern nie gesehen, mit 18" aber verläßlich, und mit 25" auch.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Aber dann sah ich den Stern blickweise, immer fuer ein paar Sekunden, in Phasen ruhigen Seeings.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Diese Aussage spricht dafür, daß Du den Zentralstern wirklich gesehen hast, denn genauso erscheint er. Nicht ein kurzes Aufblitzen, wie sonst bei sehr schwachen punktförmigen Objekten, sondern er kommt, bleibt für ein paar Sekunden und verschwindet dann wieder. So ist es sogar mit 25".


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Jürgen,


    meine Erfahrungen sind, dass 12" sicher gehen, 8" halte ich nicht für unmöglich, wenn alles paßt.
    Wichtigster Faktor ist Seeing, um mit der Vergrößerung so hoch wie es geht zu kommen.
    Durch die hohe Vergrößerung kann man den hellsten Nebelbereich an den Bildrand bekommen und dadurch einen besseren Kontrast im Zentrum erreichen.
    Je kleiner die Öffnung umso wichtiger wird dieser Faktor. Indirektes Sehen ist äußerst hilfreich.
    Zweiter Faktor ist die Durchsicht, die sollte perfekt sein. Dunkler Himmel ist zu vernachlässigen. Ich hab den mit 12" im Westen in der späten Dämmerung schon erwischt. Für einige Sekunden war der immer mal einfach so zu sehen, als wäre das völlig normal. 30 Minuten später, dunkler, schlechteres Seeing nix mehr zu machen.


    Gruß Dirk

  • Danke auch an Euch, Dirk und Johannes, fuer das Teilen Eurer Erfahrungen. Und interessant zu sehen, dass das sporadische Sehen des Sternes fuer einige Sekunden offenbar bei diesem Objekt relativ normal ist! Genauso war es ... "Da isser ja .. ja, ja, jaaaa ... weg!". Hatte ich jetzt Halluzinationen oder sah ich ihn wirlich? Dank Eurer Hilfe ist das Raetsel ja jetzt geloest.


    Ich freue mich auf ein Wiedersehen ... mit gutem Seeing!

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