Bortle-Skala und SQM-Wert

  • Hallo Sternenfreunde,


    allerorten liest und hört man, dass es in Mitteleuropa, und somit auch in Deutschland, keine Bortle 1 oder 2 Regionen mehr gibt.
    In der englischen Wikipedia gibt es eine Tabelle der Bortle-Skala mit dazugehörigen SQM-Werten: https://en.wikipedia.org/wiki/Bortle_scale
    Auf der Webseite des Sternenparks Westhavelland http://www.sternenpark-havelland.de/seite3.html findet sich ein Beobachtungspunkt, der mit einem SQM-Wert von 21.78mag/arcsec² angegeben wird. Was laut englischer Wikipedia bereits Bortle 1 wäre, sowie weitere Plätze, die es immerhin in Bortle 2 schaffen würden. Ein Anwohner will bereits einmal weniger als 21.8 mag/arcsec² gemessen haben.
    Irgendwie passt das ja nicht zusammen. Sollte es in Deutschland tatsächlich noch Bortle 1-Regionen geben?! Oder stimmen die Werte in der englischen Wikipedia nicht?


    Kann jemand Licht ins Dunkel bringen? (Schönes Wortspiel in dem Zusammenhang... [:)])


    Viele Grüße und allzeit Bortle 1-Himmel
    Oliver

    TS UNC 10" f/5 Carbon-Newton, Sky-Watcher Explorer 200 PDS, Sky-Watcher Explorer 150 PDS, TS PhotoLine 60/360 Apo, AZ-EQ6 GT SynScan, HEQ5-Pro SynScan, MGEN II & 3, Baader MPCC Mark III, TS Maxfield Komakorrektor, PlayerOne Uranus-C Pro, Nikon D5100a, Nikon D5300a


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  • Hallo Oliver,


    vor kurzem hat ein in Sachen SQM-Messungen erfahrener Bekannter von mir auf einer Nordseeinsel mit einem SQM-L Werte knapp besser 22 mag/arcsec2 gemessen. Er sagte mir, dass dies der mit Abstand dunkelste Wert war, den er jemals ermittelt hat und er hat schon ausserhalb von Europa gemessen.
    Mit viel Glück kann es immer mal Ausnahmewetter geben, wo die Luft ungewöhnlich transparent ist. Von ihm stammen wohl auch die meisten Messwerte für das Westhavelland.


    Gruss Heinz

  • Hey Astros,
    ich habe letztes Jahr in Kiripotib, Namibia, in der zweiten Nachthälfte 21,99 mag/arcsec^2 mit SQM-L gemessen. 22,x hate ich für ausserordentlich sportlich - ausser vielleicht in einem dunklen Kellerraum.
    Gruß Dietrich

  • Hallo zusammen,


    das kann ich so nicht unterschreiben. Ich bin seit 4 Wochen in Griechenland auf Rhodos an meinem Platz und habe einen SQM dabei und hatte an den Neumondnächten einen Wert von 21,44 - 21,50. ich hab die Werte auch jede Nacht fotografiert, nur bin ich zu faul die hochzuladen und zu verlinken.
    Es gibt eine Menge sehr dunkle Plätze in Europa. Auch in Kroatien am Nationalpark bei Senje bin ich bei ca 21.50.

  • ...was ja Bortle 3 wäre, was durchaus plausibel erscheint.
    Ich will die ganzen Messungen auch gar nicht anzweifeln, aber irgendwo muss ja ein Fehler sein: Entweder in der Aussage, dass es Bortle 1 und 2 in Mitteleuropa nicht mehr gibt (womit dann auch Leute wie Harald Lesch und Florian Freistetter, von denen man eigentlich annehmen möchte, dass sie wissen, wovon sie reden, falsch liegen) oder die Zuordnung der SQM-Werte zu der Skala stimmt nicht. Mich wundert auch, dass ich sie nur in der englischen Wikipedia gefunden habe. Vielleicht hat die Zuordnung der Autor ja selbst erstellt. Weiß jemand, ob der Herr Bortle dazu was geschrieben hatte? Meines Wissens hatte er keine SQM-Werte angegeben.

    TS UNC 10" f/5 Carbon-Newton, Sky-Watcher Explorer 200 PDS, Sky-Watcher Explorer 150 PDS, TS PhotoLine 60/360 Apo, AZ-EQ6 GT SynScan, HEQ5-Pro SynScan, MGEN II & 3, Baader MPCC Mark III, TS Maxfield Komakorrektor, PlayerOne Uranus-C Pro, Nikon D5100a, Nikon D5300a


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  • Hallo Oliver,
    ich kann mir schon vorstellen, dass es in Mitteleuropa manchmal in manchen Nächten Bortel 1 geben kann. Wie oft das ist, ist eine andere Frage.
    Ich war vor ca. 20 Jahren bei einem Astrotreffen in den Hohen Tauern.
    Es war im Tal sehr dichter Nebel und auf ca. 1800 m war es extrem klar. Man hat nichts von den Lichtern im Tal gesehen.
    Die wenigen Wolken waren absolut schwarze Flecken am Himmel. Es ist ca. 20 Jahre her, aber ich bin mir sicher, dass unter bestimmten Bedingungen immer noch solche Nächte vorkommen.
    Ich muss dazu sagen, dass ich keine Messung gemacht hab, aber M33 war mit blosem Augen sichtbar und das Sternlicht hat auch Schatten geworfen. Was da in der Beschreibung von Bortle 1 steht war großteils in meiner Erinnnerung zu sehen. Ob es jetzt ein gutes Bortle 2 oder Bortle 1 war, weiß ich nicht.
    Im 10" Newton war M33 schon sehr beeindruckend und im Doppeldobson mit 2x 10" hat M33 für mich beeindruckender und schöner ausgeschaut wie auf vielen Fotos.
    Später hab ich M33 in der Nähe von Geltendorf im 12" Dobson angeschaut. Das war kein Vergleich. Im Gebirge im 10" Newton war deutlich mehr Struktur zu erkennen und im Doppeldobson war es einfach nur ein Traum.
    Es gibt in Mitteleuropa auf jeden Fall Orte und Nächte, die extrem klar und dunkel sind, nur leider werden die Gebiete und Nächte immer weniger.
    Servus,
    Roland

  • Hallo Oliver,


    es fehlt an einer Definition (und vermutlich auch den erforderlichen Messreihen): wie oft / welchen Anteil der klaren Nächte müssen an einem bestimmten Ort die entsprechenden Verhältnisse herrschen, damit das ein Bortle-1-Standort ist? Ich glaube, ohne diese Angaben hat die Diskussion wenig Sinn. Ausnahmenächte gibt es immer - hier ist bei großflächigem Stromausfall auch Bortle 1 [:D]


    Für mich wäre ein Bortle-1-Region eine, in der in einer typischen guten, aber nicht Ausnahme-Nacht diese Bedingungen zu finden sind. Wie immer man das definiert. Für seinen eigenen Standardstandort (was für ein schönes Wort :) kann man das ja ganz gut einschätzen.


    Viele Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Die SQM-L sind untereinander überhaupt nicht geeicht. Vor 10 Jahren haben wir mal eine Messung beim HTT durchgeführt wo wir Abweichungen von 0,1 bis 0,3 messen konnten. Mein SQM-L zeigt 0,1 mag/arcsec² zu wenig an gegenüber einen Referenz SQM-L

    Gruß & cs

    Andreas


    Meade LXD55 10" f/4 | GSO Dobson 8" f/6 | TS PHOTOLINE 3" f/7 Apo | Fujinon 10x70 FMT-SX2 | Fujinon 16x70 FMT-SX | AstroTrac TT320X-AG | Canon EOS 1000Da / 600Dfs / 6D

  • Halo Oliver,


    das SQM- Meter misst die Hintergrund Helligkeit ohne Rücksicht auf die Transparenz. Die Transparenz wird durch die Extinktion (optische Dichte) der Atmosphäre beeinflusst.


    Zum verdeutlichen der Unterschiede zwei Extrembeispiele:


    1. Weit draußen auf dem Ozean im April ohne Mond und ohne Milchstraße bei hoher Luftfeuchtigkeit und / oder Zirren: Das SQM wird maximale Werte von vielleicht besser als 21,8 mag/arcsec2 anzeigen, da ja da draußen Null Lichtverschmutzung herrscht, was den Himmel aufhellen könnte. Du wirst Sterne bis 4 mag im Zenit und zum Horizon gar nix mehr sehen und wirst eine Bortle Note von 6 oder schlechter vergeben.


    2. Auf dem Cerro Armazones in 3.000 m Höhe im Juli bei klarer Nacht ohne Mond aber mit dem Zentrum der Milchstraße im Zenit: Das SQM wird wegen der knallhellen Milchstraße vielleicht nur 21,6 anzeigen, die Transparenz ist durch die Höhe und die extrem trockene Luft jedoch so hoch, dass es dir vor Sternenpracht die Schuhe auszieht. Je nach Augen wirst du eine Grenzgröße von 7-8 mag im Zenit erreichen, die zum Horizont nur marginal abnimmt. Die Milchstraße wird diffuse Schatten werfen, dass du keine Mühe haben wirst, in der Wüste deine Schuhe wieder zu finden. Du wirst eine Bortle Note von 1 plus mit Ausführungszeichen vergeben.


    Stichworte: "Air mass", Transparency, "Atmospheric Extinction" und "aerosol optical Depth", siehe z.B.:
    https://www.skyandtelescope.co…d-atmospheric-extinction/


    In welchem Zusammenhang hat Harald Lesch gesagt, es gäbe keine Bortle 1-2 mehr in Mitteleuropa? Kann man das irgendwo nachlesen?


    Meine Orte in Europa an denen ich bei gutem Wetter Bortle 1 bis 2 hatte:
    - Südbrandenburg (dunkler Himmel, aber selten hohe Transparenz, da Flachland)
    - Zentralalpen auf 2.500 m Höhe
    - Frankreich Zentral Massiv, mit etwas Abstrichen Haute Provence
    - Griechenland auf dem Olymp (knapp 3.000 m), Pindos Gebirge bei 2.000 m oder Hochgebirge auf Kreta Richtung Süden.


    p.s.
    Hier eine alte Diskussion zu dem Thema:
    http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=145324

  • Hallo Stathis,


    ich weiß leider nicht mehr genau, in welcher Sendung von Harald Lesch das war. Entweder Alpha Centauri oder Leschs Komos. Bei Freistetter wird es in dem Podcast "Sternengeschichten", Folge 32 bei Minute 2:50-3:00 erwähnt. In der deutschen Wikipedia zur Bortle-Skala wird es ebenfalls erwähnt.


    Viele Grüße
    Oliver

    TS UNC 10" f/5 Carbon-Newton, Sky-Watcher Explorer 200 PDS, Sky-Watcher Explorer 150 PDS, TS PhotoLine 60/360 Apo, AZ-EQ6 GT SynScan, HEQ5-Pro SynScan, MGEN II & 3, Baader MPCC Mark III, TS Maxfield Komakorrektor, PlayerOne Uranus-C Pro, Nikon D5100a, Nikon D5300a


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  • Hi Oliver,


    Ich muss Andreas bezüglich der SQM Streuung zustimmen.
    Diese schwanken nach meiner Erfahrung um mindestens 0,2mag/arcsec². Wir hatten auf dem HuTT mal einen Vergleich mit einigen
    SQM-L angestellt. Dabei konnten wir diese Streuung feststellen.



    Das war die Nacht vom 11.04.2019. Aufgenommen im Hunsrück. Das SQM zeigte einzelne Werte jenseits der 21.80mag/arcsec². Jedoch liegt mein SQM auch im oberen Bereich der Streuung und zeigt tendenziell immer etwas mehr an.
    Laut der Bortle - SQM - Vergleichsskala sollte dies ebenfalls Bortle 1 bis 2 bedeuten. Im Vergleich zum Himmel auf dem Roque de los Muchachos auf La Palma ist dieser deutlich schlechter, was u.a. an der fehlenden Transparenz der Hochgebirgsluft in 2500m Höhe liegt. Dort maß ich Werte um die 21.90mag/arcsec².


    Viele Grüße,
    Nils

  • Hallo Oliver, Andreas, Nils und alle anderen.


    ich besitze auch so ein SQML Messer und habe bei den Mesungen auf dem HHT, die Andreas erwähnte, mitgemacht.
    Da ist mir erst mal klar geworden, dass es Unterschiede bis zu 0,3 zwischen den Geräten gibt.
    Was mir letztens unter dem dunklen Himmel von Mecklenburg-Vorpommern im April 2019 noch aufgefallen ist, dass die Abweichungen zwischen den Geräten nicht konstant sind, sondern vom Wert abhängig sind.
    Mein SQML Messer lag im Bereich von 21,25-21,40 durchschnittlich um 0,15 unter und wo es richtig dunkel war und meines 21,81 anzeigte,lag es darüber, während das Vergeleichtsgerät "nur"21,78 anzeigte. Es scheint da keine Linerarität zu geben? Die Messungen wurden mehrmals wiederholt - mit entsprechenden Pausen dazwischen.


    Ich kann deshalb jeden raten mit seinem SQML Messer u.a. bei Teleskoptreffen solche Tests durchzuführen. Dann weiss man den Messwert seines eigenen Geräts richtig zu bewerten.


    Grüsse und CS
    Dieter

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