Brauche Entscheidungshilfe

  • Hallo Gemeinde!
    Mein Name ist Flo und ich bin kurz davor, mir mein erstes Teleskop zuzulegen. (Blutiger Anfänger)
    Möchte es für Planeten und den Einstieg in Deep Sky verwenden. Ich kann sowohl zu Hause im Garten, als auch weiter weg nach Autofahrt beobachten.
    Da ich evtl auch einen Motor zur Nachführung einbauen will und auch mal aufs freie Feld damit will, scheiden Dobsons aus.


    Habe schon ein bisschen herumgestöbert und bin dabei auf zwei Kandidaten gestoßen, welche ins Budget von ca 400€ passen. Einen Vergleich der beiden habe ich in der Suche nicht gefunden.


    Das ist einmal:


    https://www.astroshop.de/teles…00-messier-exos-1/p,21507


    Und zweitens:


    https://www.teleskop-express.d…auf-EQ3-1-Montierung.html


    Welches Paket würdet Ihr bevorzugen?


    Beim Bresser ist noch etwas an Zubehör "dazuzukaufen", aber das habe ich eingeplant.


    Vielen Dank schon mal für Eure Antworten!

  • Hi Rockaflo,
    willkommen im Forum.


    Gerade draußen auf dem Feld(weg) würde sich ein Dobson (Newtonteleskop auf Dobsonmontierung) anbieten, wenn du mit dem Auto dorthin gelangen kannst ... Weil sie ohne Strom/Akku auskommt.


    Aber eins nach dem anderen. Fangen wir bei den Begriffen an. So ein Teleskop besteht aus Teleskop/Tubus und der "Montierung" (als Sammelbegriff für die Mechanik). Die Montierung wiederum besteht aus Stativ und Montierungskopf oder aus der sog. "Rockerbox" eines Dobson. Eine typische deutsche parallaktische Montierung (so nennt man die Anordnung mit Achsenkreuz in Abgrenzung z.B. zur Hufeisenmontierung) kann auf der Stundenachse oder beiden Achsen motorisiert sein. Dann müssen die Motoren aber auch gesteuert werden. Im einfachsten Fall mit einem 24h-Uhrenwerk auf der Stundenachse, sprich der Motor der Stundenachse gleicht die Erddrehung aus und fertig. Diese Fähigkeit nennt man "Nachführung" (auf der Stundenachse) und die ist essentiell, sonst hat "parallaktisch" keinen Mehrwert gegenüber einer Alt-AZ-Montierung (Achsen senkrecht/waagrecht).


    Aktuell sind computerbasierte Steuerungen üblich und die Namensgebungen, was die alles machen, sind vielfältig. Goto heißt schlicht, dass nach dem Aufstellen der Montierung/Teleskop eine Prozedur zum "Einnorden" unterstützt wird und sich daran ein "Star Alignment" anschließt. Der Computer weiß dann mehr oder weniger präzise, wohin das Teleskop am Himmel schaut und kann über die Handbox/Smartphone/Laptop gezielt Objekte nach Koordinaten am Himmel anfahren.


    Ich erlebe, dass ein blutiger Anfänger regelmäßig mehr als ein Tag braucht, um eine parallaktische Go-To-Montierung überhaupt zum Laufen zu bringen und dann ein bestimmtes Objekt am Himmel auch anzufahren. Ich habe da genug Leute Fluchen gehört.


    Trotz aller Tipps, kann ich Dir wenig zu Deinen Vorschlägen sagen, weil ich beide nicht selbst kaufen würde. Bei visueller Nutzung haben "Newton-Spiegelteleskope" auf jeder Stativ-Montierung einen Nachteil. Durch den bauartbedingten seitlichen Einblick kommt es immer wieder zur Situation, dass das Stativ "im Weg steht" und man deshalb den Newton in seinen Rohrschellen drehen muss. Ein Star-Alignment verliert dadurch an Genauigkeit oder geht ganz flöten und muss dann wiederholt werden ... das Gegenteil von dem, was ich unter "Goto" verstehe.


    Warum, wird mancher sich fragen: Weil dann, wenn man einen Newton in den Rohrschellen dreht, die Sichtachse (opt.Achse im Newton) im Verhältnis zu den Montierungsachsen geändert wird. Selbst wenn die Rohrschellen selbst perfekt rotieren, die Schellen müssten perfekt kollinear ausgerichtet sein UND der Newton selbst müsste perfekt kollinear im Tubus "justiert" sein. Das ist praktisch nie der Fall.


    Dazu kommt bei den günstigen Montierungen das Problem, dass diese keine "absoluten" Winkelencoder enthalten, die kosten nämlich allein so viel, wie das ganze Angebot und mehr. Ohne Encoder verliert aber eine solche Montierung ihre Orientierung am Himmel, wenn man "mal eben" die Achsenkupplungen löst um das Teleskop händisch mal von Westen nach Osten zu schwingen. (Ein etwas ältere Montierung wurde gerne auch "Kaffeemühle" genannt, wenn sie geräuschvoll und minutenlang einen Vollschwenk machte).


    Fazit: Die Bequemlichkeit von "Go-To" ist relativ bei den Einsteigergeräten ...


    PS: Es ist ein Anfänger-Irrglaube, wenn man meint Go-To ersetze Kenntnisse über Sternbilder, weil man ja die Objekte am Computer auswählen kann. Damit Go-To überhaupt funktioniert, muss man die wichtigsten Sterne mit ihren Namen kennen und am Himmel auch finden. Sonst kann man kein Star-Alignment durchführen.


    PPS: Händisch betrieben hat eine parallaktische Montierung in meinen Augen keinen Mehrwert gegenüber einer Alt-Az-Montierung (wozu auch ein Dobson gezählt wird). Es gibt m.E. nur einen Grund, dass man eine "Stativ-gebundene" Montierung wählt, nämlich, wenn man ein Teleskop hat, dessen Einblick "hinten" ist (Linsenteleskope und bestimmte Spiegelteleskope, aber halt nicht der "Newton"). Ohne Stativ sitzt man da sonst auf dem Boden.

  • Hi Rockaflo und Kalle,


    besser als Kalle kann man es kaum beschreiben.


    Bei dem von Dir ausgesuchten Equipment, rein vom Papier/Daten her, hätte ich bezüglich der Montierungen für diese Teleskope bedenken.
    Ansonsten kann ich Kalle nur zustimmen.

    Gruß und CS

    Mathias

    :alien: .


    | Refraktor FH 120/600 | Refraktor FH 120/1000 | Celestron C8 SC XLT 203/2000 | iOptron AZ Pro GoTo | EQ-6 R | ZWO ASI224 |

  • Servus Kalle66!
    Danke für deine ausführliche Antwort!
    An GoTo denk ich aber noch gar nicht. So viel möchte ich am Anfang eh nicht ausgeben.
    Hab eigentlich an einen Motor gedacht, der lediglich die Erddrehung ausgleicht.


    Grüsse Flo

  • Hallo "Rockflo",


    von den beiden gelinkten würde ich abraten. Der Grund ist einfach. Bei dem Set von TS ist diese "EQ-3-1" untauglich und viel zu schwach, Bedienung und Handhabung zum Suchen und einstellen eines Objekts oder den Fokus exakt einstellen ist ein Graus. Bei dem Bresser ist zwar die Montierung etwas besser, aber der Tubus ist dafür schon zu groß (zu langer Hebel).


    Passen würde der kürzere Tubus von TS auf der EXOS-1.


    Ansonsten würde ich wie Heinz einen Dobson empfehlen. Bei knappem Budget bietet der die größtmögliche Optik auf der stabilsten Montierung.


    Gruß
    Stefan

  • Hi Flo,
    dass ich so ausführlich auf Go-To eingegangen bin, hat damit zu tun, dass dies vielen Anfängern als kaufentscheidendes Argument im Kopf herumschwirrt: Typisch ist die Vorstellung bei Anfängern, dass man sich die Optionen


    - nachrüsten auf Go-To
    - fototauglich


    offen halten will.


    Beides läuft aber erfahrungsgemäß darauf hinaus, dass man binnen Jahresfrist, sofern man das Hobby "Astronomie" da nicht schon aus anderen Gründen aufgegeben hat, dann ein gänzlich anderes Teleskop kauft. Gründe für Hobbyaufgabe sind dann eher: Nachts ist es draußen "ungemütlich" kalt, erst recht, wenn man von der Arbeit "müde" ist.


    Hobbyastronomie ist wie Hobbykochen ... man plant 3 Tage vorher, was man will und bereitet dann 6h das Essen vor. Jedenfalls nix für Leute, die nur die 5-Minuten-Terrine kennen.

  • Hi Florian,


    also Kalle hat ja schon vieles Gutes gesagt. Ich möchte dem noch hinzufügen, das insbesondere das untere Teleskop m.M. nach definitiv nicht zu empfehlen ist. Denn das ist ein solcher Wackeldackel, der weniger den Start, als den schnellen wackel-frustrieten Wiederabschied aus der Astronomie markieren könnte.


    Empfehlung: achte auch halbwegs auf Stabilität. Denn das wird in den blumigen Empfehlungen bestimmter umsatzorientierter Händler gerne mal ausser Acht gelassen. Ich kann solchen "Angebote" nicht verstehen ...


    Solltest Du ein grundsolides Gerät suchen ... und Dich mit dem Verkäufer doch auf Versand einigen können (bzw. eine Abholung hinbekommen) ... schau mal hier


    https://www.ebay.de/itm/Telesk…2a71e3:g:R68AAOSw-tdcVvs3



    (ist in den "Kleinanzeigen" wohl dieser hier: https://www.ebay-kleinanzeigen…r150s/1047067984-242-4412)


    Oder (Bayern) wenn Du erstmal mit etwas weniger Öffnung einsteigen möchtest, aber auch solide montiert; dann diesen hier


    https://www.ebay-kleinanzeigen…nomie/1063216087-249-6473


    Vielleicht auch diesen hier (abhängig, was an Zubehör dabei ist oder Preis runter ... (auf ca 130€ )


    https://www.ebay-kleinanzeigen…vixen/1050441287-242-4512


    Das sind mal eben drei Geräte, die beiweiten solider und stabiler sind als der o.g. Zitteraal.



    Wenn Du Fragen hat - hier - oder auch gerne via PN


    Greetz Hannes

  • Hey Flo,
    wenn Du nach einer Anfangsphase vom "nur visuell" dann auf Fotografieren wechselst, brauchst Du ganz andere Gerätschaften. Da wäre eine stabile Monierung absolut notwendig. Eine EQ3 (wie in den genannten Pakten) ist viel zu wakelig. HEQ5 Pro wäre dafür (mindestens) notwendig,
    Wenn Du motorisch nachführen willst, hört sich das eher nach fotografieren an - wo man gerne länger belichtet und dann auch viel mehr aufs Foto bekommt. Nur visuell, da sieht man nicht so viel (nur beim Mond vielleicht).
    Feldstecher und Stellarium-Software wäre in der Anfangsphase zum Lernen der Sternbilder und zum Üben beim Auffinden von Objekten überlegenswert.
    Wenn Du dich für irgendeine Montierung und so entschieden hast, wäre ein Gebraucht-Kauf sinnvoll, dann verliert man beim Wechseln auf höhere Stufen nicht so viel.
    Clear Skies, Dietrich

  • So nun wollte ich mich nochmal melden und Rückmeldung geben, was es nun (doch schneller, als erwartet) geworden ist.


    Habe mir am Freitag ein gebrauchtes Vixen Polaris R100L aus einem großen Kleinanzeigenportal angeschaut und gleich für 110Euro gekauft.


    Es steht auf einer Vixen NP Montierung. Die Montierung läuft geschmeidig und wackelt auch nicht.


    Nach ca einer halben Stunde Justieren des Polsuchers und nochmal einer halben Stunde Einnorden, konnte ich es dann gestern Abend zum ersten Mal am Mond testen.


    Die Auflösung werde ich demnächst bei besseren Bedingungen auch noch testen.


    Natürlich habe ich mir auch nicht verkneifen können, mal mit dem Smartphone durchs Okular zu fotografieren. [:D]


    Hier mal ein Bild vom ersten Test (die Kleckse rechts am Mond haben sich beim Nachbearbeiten reingeschlichen):



    Ein ganz dickes Danke geht hier an Hannes, der mir viele Ratschläge zum Start gegeben hat!


    Grüsse Flo

  • Moinsen Flo & all,


    ja Danke für Deinen Dank :) Und .. freut mich, wenn Du mit dem nicht nur guten, sondern auch recht rarem Klassiker zufrieden bist. Denn der 100/1000er Vixen Newton ist ein durchaus recht seltenes Gerät. Hast denn schon weitere Beobachtungen gemacht und das Zubehör ggf. erweitert? Falls noch Fragen - her damit.


    Kannst ja mal hier schreiben; vielleicht ist es ja auch ein Ansporn für weitere EinsteigerInnen, statt dem Wackelschrott aus einschlägigen Bindestrich-Großhändlerlagern im Süden des Landes für deutlich weniger Geld ein älteres, stabileres und besseres Teleskop zu bekommen.


    Und Tips gebe ich immer gerne ...Ihr müsst nur fragen (gerade auch im Einsteigersektor) [;)]


    Greetz Hannes

  • Hallo Leute,


    das hier ist ja mal wieder eine echt gut gelungene Beratung (wie so oft hier im Forum [:)] )
    Einstieg geglückt, Geld gespart, gute Qualität gekauft und reichlich gute Tipps erhalten. Viel Spaß weiterhin Flo.


    Besten Gruß,
    Sven

  • Morgen!
    Ja hab schon ein bisschen erweitert, was die Ausrüstung betrifft. Justierlaser, war auch bitter nötig; der Strahl kam vor dem Justieren vorne raus :)
    Ein 40mm Okular hab ich mir wegen der besseren Übersicht noch geholt.
    Herkuleshaufen, Plejaden und Pollux konnte ich bisher schon sehen. Auch die Sonne (natürlich nur mit Filter) inkl. zwei winziger Sonnenflecken. Denk aber, wenn Saturn und Jupiter im Sommer abends früher aufgehen, wird nochmal sehr interessant! Dankeschön und beste Grüsse!
    Flo

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