Umstieg von JPG auf RAW

  • Hallo Zusammen,


    ich habe im letzten Jahr mit Astrofotografie begonnen und der Einfachheit halber die Einzelbilder (20-30 Sekunden Belichtungszeit, ISO 400-800) zunächst als JPGs mit maximaler Auflösung aufgenommen. Danach dann: Stacken mit DSS (inklusive darks + flats), Stretchen mit Fitswork und Nachbearbeitung mit Irfanview. Für den Anfang war ich mit den Bildern zufrieden, aber ich möchte jetzt den nächsten Schritt tun, besser werden und mehr aus den Aufnahmen herauskitzeln. [:)]


    Ich wollte daher fragen, wieviel eine Umstellung auf RAW generell bringt und welche Kameraeinstellungen beim Fotografieren mit RAW wichtig sind. Sollte man beispielsweise die Rauschunterdrückung komplett abschalten und welche Auflösung wäre sinnvoll, um die Dateigrößen nicht riesig groß werden zu lassen?


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hi Marco,


    bei Aufnahmen im RAW-Format wird normalerweise das komplette Bild abgespeichert, wobei bei meiner Nikon die Möglichkeit besteht, RAW leicht komprimiert oder nicht komprimiert gewählt werden kann.


    Unkomprimiert bedeutet- jedes Pixel wird ausgelesen und abgespeichert, voller Bildausschnitt und volle Auflösung, ohne Weißabgleich.


    Bei JPG wird ja deutlich komprimiert, damit gehen also teilweise Bildinformationen verloren.


    Die interne Rauschunterdrückung bei langen Belichtungen macht nix anderes als ein zusätzliches Darkbild, das intern gleich verarbeitet wird. Belichtest du also ein Light mit 150s wird die gesamte Belichtung 300s dauern, das Dark wird dann mit dem Light verrechnet, das Ergebnis wird gespeichert.


    Also abschalten, Lights aufnehmen und anschließend die gewünschte anzahl an Darks erstellen spart Aufnahmezeit, die Darks kannst du ja nach der Aufnahmeserie machen, während du das Teleskop abbaust.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Marco,


    beim Abspeichern als JPG wird in der Kamera bereits viel Nachbearbeitet. Der Weißabgleich wird gemacht, die Farbtiefe reduziert, ggf. auch die Farbe angepasst und das Histogramm beschnitten. Alles das wirkt sich bei der Astrofotografie sehr nachteilig aus. Daher ist es absolut ratsam die Aufnahmen als RAW zu speichern. Ich habe das noch nie anders gemacht und weiß auch nicht mehr ob ich da in der Kamera etwas spezielles eingestellt habe. Grundsätzlich sollte man in den Menüs so wenig wie möglich aktivieren was Einfluss auf die Bilddaten nimmt. Also kein entrauschen, kein Farbprofil etc. So 'pur' wie möglich [:D]


    Auch Darks, Flats und BIAS sollten unbedingt als RAW aufgenommen werden! Die Auflösung sollte der Sensorauflösung entsprechen, also maximal sein. Alles andere ist wieder ein Eingriff in die Daten und sollte vermieden werden. Verkleinern kann man das gestackte Ergebnis dann immer noch.


    Sicher sind das ziemliche Datenberge, aber wenn man wirklich das Rauskitzeln will was sich in den Daten verbirgt führt da kein Weg dran vorbei. Zur Not muss man halt noch ein, zwei RAM-Riegel nachlegen. Der DeepSkyStacker ist da aber noch recht gutmütig. Ich würde es erstmal probieren. Auch bei JPG werden die Daten im RAM ja ausgepackt.


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Stefan, hallo Michael,


    vielen Dank für das Feedback und die sehr hilfreichen Informationen.


    Für die zweite Wochenhälfte ist ein klarer Nachthimmel angekündigt (hurra!); dann werde ich auf RAW umstellen und vor der Aufnahme alles deaktivieren, was potentiell zu einer Datenreduzierung führt, also auch die Rauschreduzierung. Hier gibt es bei der EOS 200D übrigens zwei verschiedene Verfahren, die parallel eingesetzt werden können:


    1) Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung: Die Aufnahmezeit verdoppelt sich wie von Stefan beschrieben, da die Kamera intern ein zusätzliches dark erstellt. Ich hatte diese Art der Rauschunterdrückung auch schon in der Vergangenheit deaktiviert, da die Verdopplung der Aufnahmedauer sehr lästig ist und ja auch nichts bringt, weil die darks ohnehin vom DSS verarbeitet werden


    2) High ISO Rauschreduzierung: Hier kann man direkt nach der Aufnahme weiterfotografieren. Wie das Verfahren funktioniert, ist leider nicht beschrieben. Ist bei Einzelbildern und hohen ISO-Werten manchmal ganz nützlich, also beispielsweise bei Nachtaufnahmen oder schlechten Lichtverhältnissen. Für Deep Sky werde ich dies aber ebenfalls abschalten


    Zusammenfassend würde ich dann also folgendermaßen rangehen:
    • Alle Aufnahmen in RAW 6000x4000 (24 Megapixel)
    • Alles was die Daten manipuliert ausschalten (Rauschunterdrückung, Weißabgleich, Farbtonmanipulation/Filter, …)
    • Darks, Flats und Bias in RAW erstellen
    • Stacken mit DSS ohne Drizzle, damit das Autosave.tif nicht zu groß wird
    • Stretchen mit FitsWork
    • Nachbearbeitung mit IrfanView, Photoshop o.ä.


    Ich hoffe, ich habe nichts vergessen und bin gespannt, was am Ende herauskommen wird. #128522;


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Für die zweite Wochenhälfte ist ein klarer Nachthimmel angekündigt (hurra!) <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist auch noch etwas, was Du für die Astrofotografie lernen mußt:
    Vollmond = klarer Nachthimmel = schlechte Deep-Sky-Bedingungen
    Neumond = bewölkter Nachthimmel = auch schlechte Deep-Sky-Bedingungen
    [:)]


    Gruß


    Heiko

  • Hallo Heiko,


    scheint wohl wirklich so zu sein! :)


    Mal schauen, was geht. Vielleicht reicht es ja wenigstens für M 42 in RAW, ansonsten kommt das 5 mm Objektiv dazwischen und ich mache Bilder der Mondoberfläche.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco,


    JPEG macht sehr viel Vorbearbeitung im Bild und da ist nicht nur die eigentliche Komprimierung sondern auch Filterung des Bildes. JPEG ist auch auf die Tagfototgrafie optimiert und verwendet entsprechende Parameter für die Algorithmen zur Kompression. Vieles ist schon erwähnt.
    Zusammenfassend bringt die Verwendung von RAWs eine deutliche Verbesserung da keinerlei Vorverarbeitung abläuft.
    Die nachfolgende Bildbearbeitung wird aber etwas aufwendiger da man Debayern muss und auch ein Farbabgleich ist nötig.


    Ich würde keine automatische Rauschunterdrückung machen sondern eine Serie von Darks, Flats und BIAS Bildern und diese dann zur Kalibration der Lights verwenden.
    <ul><li>Lights - Die Bilder des Objekts</li><li>Darks - Bilder mit derselben Belichtungszeit und Temperatur wie die Lights aber mit geschlossenem Teleskopdeckel</li><li>Bias - Extrem kurze Darks (Belichtungszeit so klein wie möglich)</li><li>Flats - Hellbilder einer uniformen hellen Fläche mit einer Aussteuerung von 40-60% des Maximalwertes.</li></ul>

  • Hallo Roger,


    prima, danke für das Feedback! Dann werde ich zukünftig voll auf RAW setzen. Das Einzige was mir noch gar nicht richtig klar ist, ist die Geschichte mit dem Debayern.


    Die Informationen in der DSS Doku sind ziemlich knapp und ich frage mich, welche Einstellungen in meinem Fall (Canon EOS) sinnvoll sind: http://deepskystacker.free.fr/german/userguide.htm#rawddp


    Ist meine Annahme richtig, dass der DSS das Debayern automatisch während des Stackens macht? Ich habe auch schon gelesen, dass manche vor oder nach dem Stacken debayern.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco,


    der DSS debayert die Bilder automatisch. Ich kenne keine Stackingsoftware wo es Vorteile bringt die RAWs vorher zu debayern. Achte nur darauf die aktuelle Version zu verwende (4.1.1) an besten in 64Bit. Es gibt im Netz auch eine Menge tutorials zum DSS. Im Zweifel hilft aber immer auch ausprobieren.


    Viele Grüße
    Michael

  • Ich merk das immer wieder: Zu Anfang haben die Leute kein rechtes Vertrauen zu RAWs. Kleiner Hinweis: Bei den meisten DSLRs kann man die Kamera RAW UND JPG abspeichern lassen. Das hat während der Aufnahme, wenn man die Kamera mit dem Rechner steuert, den Vorteil, dass die Vorschau der Bilder in DSS oder einem Bildviewer besser und schneller klappt als mit den RAWs. So kann man schnell mal eben die Qualiät beurteilen.


    Ein weiterer Vorteil der RAWs: JPEG hat 8 bit pro Farbkanal, RAW je nach Kamera 12-14 bit.


    Hartwig

  • Hallo Marco,


    es geht am Anfang auch etwas leichter bzw. unkomplizierter.
    Du kannst eigentlich alles mit Fitswork erledigen.


    DSS glaube ich, ist erst sinnvoll, wenn man viele Bilder inkl. der
    sonstigen Parameter wie Darks, Bias und Flats in einem Schwubbs
    durchgearbeitet haben will. Wenn DSS irgendwas nicht passt, ist
    das Programm beleidigt.


    Zurück zu Deiner Frage wegen debayern; die Kamerachips haben
    unterschiedliche Bayermatrixen. Meine EOS1000D(a) z.B. RGGB, Deine
    wird es genauso haben, vermute ich mal. Meine ASI1600 hat BGGR.


    Man muss also die DLL Datei mit runterladen (Raw-Konverter) und bei
    der Bildbearbeitung die fcm Datei entsprechend einstellen. Ist
    normal auf RGGB. (was schön ist, man kann hier auch die Werte der Debayerung verstellen bzw. anpassen)
    Bei DSS kann man das unter Einstellungen auch korrigieren, aber nicht
    so fein anpassen.


    Wenn Du keine Vignettierungen auf den Bildern oder sonstige Verschmutzungen hast, würde ich mir Flats sparen.
    Bias sind in den Darks bereits enthalten. Und Darks würde ich nach
    der Aussentemperatur erstellen. Nach jedem 10 Light ein Dark oder so.


    Du schreibst, stretchen mit Fitswork und Nachbearbeitung in Irfan.


    In Deinem Anfängerbild der Plejaden ist noch viel mehr drin, als Du
    rausgeholt hast. Der Meropenebel und auch um Alkyone sind die Nebel
    schon gut zu sehen. In Fitswork nochmal bißerl aufziehen (rechte Maustaste ins Histo und dann im Fenster auf übernehmen klicken sonst wirds nicht übernommen). Und dann ran an die Farbeinstellung.


    Irvanview ist nicht so der Knaller für die Bearbeitung der Astrofotos.


    Da mich der Hype um den Photoshop und mittlerweil auch um Pixinsight
    nervt, habe ich mir das neue Gimp runtergeladen und muß feststellen,
    dass das ein mächtiges Werzeug (entschuld. Tool) ist.


    Undebayerte RAW Aufnahmen kann man am PC meistens nur in SW sehen.
    Hat Deine Kamera nicht die Möglichkeit, RAW plus Jpeg anzuzeigen
    bzw. zu speichern?


    Viele Grüße
    Marwin


    https://www.fitswork.de/anleitung/rawflow.php

  • Hallo Marwin, hallo Hartwig, hallo Michael,


    vielen Dank für die detaillierten und wertvollen Informationen.


    Wahrscheinlich werde ich das Stacken parallel mit Fitswork und DSS ausprobieren.
    Mit dem DSS habe ich schon einiges an Bildern gestackt, aber noch keine RAW Dateien. Ich verwende immer die neueste 64 Bit Version, die ja auch alle vier Prozessorkerne des Rechners parallel nutzt.
    Die Option, beim Fotografieren zusätzlich zum RAW noch ein JPG abzuspeichern, unterstützt meine Kamera auch. Das werde ich definitiv so machen.


    (==&gt;)Marwin: Danke für die detaillierten Informationen zum Thema Bayermatrix. Allmählich glaube ich die Problematik zu verstehen. Ist es so, dass im RAW zum einen die Information gespeichert wird, welche Helligkeit jeder einzelne Sensor erfasst hat und man dann über die Bayermatrix die Information erhält, ob es sich dabei um einen R, G oder blaugefilterten Sensor handelt?


    Interessant fand ich auch, was Du zum Thema Flats geschrieben hast. Bei mir waren sie in einigen Fällen eher kontraproduktiv und Hinweise auf optische Verschmutzungen konnte ich bisher auch nicht finden.
    Ich werde dann außerdem wie vorgeschlagen von Irfanview auf Gimp umsteigen und das mit dem Stretchen üben. Bin mir ziemlich sicher, dass ich den Fehler gemacht habe, das mit dem „Übernehmen“ zu vergessen.


    Das sind genau die wertvollen Tipps, die einem als Anfänger weiterhelfen. Super, dass ihr Euch die Mühe gemacht habt, hier weiterzuhelfen.


    Viele Grüße,
    Marco

  • Hallo Marco,


    umsteigen von Irfanview auf Gimp: Ein paar Tut`s in YouTube für
    uns hier z.T. passend.
    Bernd Miller Einführung Teil 1
    Ebenen Teil 2
    Masken Teil 3
    Histo Teil 4
    Gradation Teil.5


    Viele Grüße
    Marwin

  • Hi Marco,


    bei DSS ist es wichtig, das fertige Bild als 32 bit fits mit "Bild speicher unter" und dabei das Bild speichern mit "Anpassungen im gespeicherten Bild einbetten, aber nicht anwenden" in der entsprechenden Maske anklicken. Also auch nicht das Autosavebild danach benutzen.


    Irgendwelche Bearbeitungsschritte mit DSS außer dem Stacken machen bringt nicht viel, das kann man mit Fitswork besser.


    Einstellungen für DSS auch hier beschrieben - http://www.black-forest-astrop…/Bildbearbeitung_DSS.html


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    wirklich toll, dass Ihr Euch alle so viel Mühe gebt, mir weiterzuhelfen. Das ist ein weiterer guter Tipp, den ich beherzigen werde. Habe bisher tatsächlich immer nur das Autosave.tif weiterverarbeitet. :)


    Werde dann zukünftig also die RAW Dateien stacken, das Bild als 32 Bit fits speichern ("Anpassungen im gespeicherten Bild...") und dann direkt in Fitswork weitermachen!


    Danke und viele Grüße,
    Marco

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