Chemische Verbindungen im Spektrum

  • Hallo,


    Beim stöbern in der Wikipedia fand ich die Information das z.b Methylamin
    auch im Weltraum vorkommt. Da stellte sich bei mir die Frage wie man mit der
    Spektroskopie, chemische Verbindungen im Spektrum nachweisen kann?
    Ich fand einen Artikel über, das Bandenspektrum und das überlappende Spektrallinien auf chemische Verbindung hinweisen.


    Liege ich da richtig und kann man chemische Verbindungen im Spektrum mit Mitteln der Amateurastronomie nachweisen?


    Ich weiß zum Beispiel dass man das Spektrum eines Sterns mit einer Digitalkamera beziehungsweise Astro–Cam aufnehmen kann und mittels Software
    auswerten kann.


    Grüße
    Sven.

  • Sven,
    Spektrallinien werden von den Anregungszuständen der Elektronen in einem Atom oder Molekül bestimmt.


    Eine Kamera sieht ohne Hilfsmittel kein Spektrum. Dazu muss man vor der Kamera das Licht des zu beobachtenden Stern erst mal spektral zerlegen (so wie ein Prisma weißes Sonnenlicht in die Regenbogenfarben zerlegt). In der Regel sprengt ein Spektrometer das Budget der Amateuerastronomen, wenn es so feinfühlig sein soll, dass man damit Moleküle identifizieren kann. Die bezahlbaren Lösungen reichen für so Sachen wie Fraunhoferlinien (https://de.wikipedia.org/wiki/Fraunhoferlinie) der einfachen Atome (so Wasserstoff bis Eisen), sofern sie im sichtbaren Licht liegen. Viele Linien der komplexer aufgebauten Moleküle liegen im IR oder UV-Bereich. Manche Sachen erkennt man nur, wenn man auch Helligkeitsverteilungen verschiedener Linien zueinander anaylisert.


    Im Weltraum kommen dann noch Dopplereffekte hinzu, wenn wir uns relativ zur Lichtquelle bewegen.

  • Hi Alle,


    ich habe zu Deiner Methylamin-Frage in Spektren leider nichts zu sagen.


    Ich weiss von 2 Amateur-Datenbanken für Stern-Spektren. Dort laden Hobbyastronomen ihre Ergebnisse hoch.
    http://www.astrosurf.com/aras/Aras_DataBase/DataBase.htm
    https://britastro.org/specdb/data.php


    Und hier ist einfach mal irgendsoein Amateur-Plot, ziellos herausgesucht. Veranschaulicht, was mit den Gerätschaften machbar ist :
    https://britastro.org/specdb/d…_c=0&o_comment=&plot=Plot



    Wie man sieht, sieht man nix. Jedenfalls nix Spezifisches. Jedenfalls ich nicht.
    In den verlinkten beiden Beispielen sind garantiert keine chemische Verbindungen zu sehen.
    Sind ja Sonnen, die erst dabei sind, die einzelnen Elemente zu produzieren.



    Was Mehr-Wissende aus so einem Plot wohl lesen <i>können</i>, kann man sich an diesem Plot einer SN dazu klicken.
    https://wis-tns.weizmann.ac.il/object/2019np


    Dort sind 2 Plots kombiniert dargestellt. Rechts klickt man sich Mg dazu oder O-III und sieht dann deren ganze Spektrallinien.


    Aber woher wissen die Wissenden, dass es z.B. Mg ist, das dort 6 mal an den markierten Stellen "ausschlägt" ?
    Irgendwie dachte ich, dass jedes Element in einem Spektrum 1 einzigen, ganz bestimmten Wellenlängenbereich belegt. Aber wie man sieht, ist das überhaupt nicht der Fall.


    Können Amateure sowas auch aus ihren selbsterstellten Sternen-Spektren herauslesen? Gibt es da Schablonen oder so etwas in der Art zum Drüberlegen?


    Ich hoffe, ich hab mit diesen Links und Fragen nicht ganz an Deiner Frage vorbei geschrieben. Ich dachte, es liesse sich immerhin daraus herauslesen, was mit Amateur-Gerätschaften produziert werden kann, dass Amateure damit sowas wie crowd-science machen. Und die Frage, wie ein Spektrum überhaupt "gelesen" wird, sodass es interessante Information liefert, passt ja auch gerade noch so in Deine Ausgangsfrage.


    LG + CS Silver

  • Hi Silver,
    Spektralanalyse besteht immer aus zwei Aspekten:
    Da sind zum Einen die Linien, die von Atomen und/oder Molekülen hervorgerufen werden. Das kann man hier auch im Labor analysieren. Ein einfacher Fall ist, wenn man Kochsalz (NaCl) über einen Bunsenbrenner hält. Das Natrium leuchtet dann 'orange', mit dem Spektrograf kann man dann das Linienspektrum recht präzise auflösen. Das sind sozusagen die Blaupausen, die Muster, nach denen man dann im Weltraum Ausschau hält.
    Inzwischen kann man solche Linien natürlich auch theoretisch berechnen ...
    (siehe zum Einstieg auch http://www.fornoff.homepage.t-…astro/3Sonne/Spektrum.htm)


    Der zweite Aspekt betrifft die Häufigkeit, mit der bestimmte Stoffe vorkommen. In einem leuchtendem Gemisch sind die Linien von den seltenen Stoffen entsprechend schwach vertreten, so dass man sie kaum sieht.


    Spätestens, wenn es um organische Moleküle geht, werden sich Amateurastronomen bei der Spektralanalyse schwer tun. Die dadurch hervorgerufenen Spektrallinien sind nun mal schwach in ihrer Intensivität ausgeprägt und gehen sozusagen im Rauschen unter.


    Organische Verbindungen sind im Weltraum nun mal selten, existieren nur in "kühlen" Umgebungen, da fast alle organischen Verbindungen jenseits ~500°C (mal als Pi-mal-Daumen-Wert, man denke einfach daran, bei welcher Temperatur Lebensmittel in der Pfanne/Toaster verkohlen) oder unter entsprechend energiereicher Strahlung zerlegt werden. Das Problem: In diesem Temperaturbereich gibt es wenig "Licht" oder umgekehrt, wo man Licht hat, da befindet man sich jenseits diese verträglichen Temperaturen. Ohne Licht ist der Amateurastron aber faktisch "blind". Er hat keine 8-Meter-Optik oder kann im Weltraum direkt im Infrarotbereich hinschauen.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: silver</i>
    Aber woher wissen die Wissenden, dass es z.B. Mg ist, das dort 6 mal an den markierten Stellen "ausschlägt" ?
    Irgendwie dachte ich, dass jedes Element in einem Spektrum 1 einzigen, ganz bestimmten Wellenlängenbereich belegt. Aber wie man sieht, ist das überhaupt nicht der Fall.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Man sieht alle erlaubten Anregungen eines Atoms im Spektralbereich.


    Für Wasserstoff wurden die Linien im Sonnenlicht nachgewiesen und in verschiedene Serien eingeteilt.


    Die erste gefundene Serie war die Balmer-Serie 1885. In dieser Serie sind alle Übergange von n&gt;2 nach n=2 enthalten (Emision, Absorption umgekehrt), also Übergange von höher angeregten Zuständen in den erstem angeregten Zustand. Die ersten 6 Übergange sind im sichtbaren Bereich.


    Die Übergänge n&gt;1 nach n=1 (UV, Lyman-Serie) wurden 1906, die Übergange n&gt;3 nach n=3 (IR, Paschen-Serie) wurden 1908 gefunden.
    Die Erklärung dieser Linien im Spektrum waren ein Grund für die Entstehung des Bohrschen Atommodells (Quantenzahl n). Die später entdeckte Feinstruktur der Linien ein Grund für das Bohr-Sommerfeld-Modell und der Quantenmechanik (Quantenzahl n,l).


    Die Linien des Wasserstoff-Atom lassen sich mit der Schrödinger-Gleichung oder besser mit der Dirac-Gleichung berechnen (einschließlich Feinstruktur, Hyperfeinstruktur, Zeeman-Effekt).
    Für schwerere Atome (3 Körper-Problem schon klassisch nicht mehr allgemein exakt lösbar) hat man oft nur Näherungslösungen und keine kompletten Serien.



    Zur Molekülspektroskopie.
    Hier spielt sowohl Molekülrotationen (Mikrowellen) , Molekülschwingungen (Knick, Dreh, Biege, Atomabstände usw. im IR) und Übergänge in der Elektronenhülle (IR bis UV) eine Rolle. Die Effekte überlagern sich. Eine Frequenz f (z.B. im sichtbaren Bereich) kann gleichzeitig elektronische, Schwingungs- und Rotationsfreiheitsgrade anregen. In der Absorptionsspektroskopie oder Emissionsspektroskopie führt das zu den Banden-Spektren, die mit den Amateuren zur Verfügung stehenden Mitteln oft nicht mehr weiter auflösbar sind. Man sieht eventuell noch Absorptionsminima (oder Emissionsmaxima).

  • Hallo Sven,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Svenz706</i>
    <br />...
    Da stellte sich bei mir die Frage wie man mit der
    Spektroskopie, chemische Verbindungen im Spektrum nachweisen kann?
    Ich fand einen Artikel über, das Bandenspektrum und das überlappende Spektrallinien auf chemische Verbindung hinweisen.


    Liege ich da richtig und kann man chemische Verbindungen im Spektrum mit Mitteln der Amateurastronomie nachweisen?


    ...
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Bei Sternspektren kommen chemische Verbindungen, also dann sichtbar als Banden im Spektrum, z.B. in älteren Sternen vor (Spektralklassen K, M, S). Es sind dies Verbindungen wie TiO, ZrO oder Moleküle wie C2 in Kohlenstoffsternen. Die beiden folgenden Abbildungen zeigen beispielhaft die TiO-Banden im Aldebaranspektrum (markiert in der dritten Grafik von oben) und die Spektren einiger Kohlenstoffsterne mit besonders auffälligen C2-Banden im Falle von TT Cyg.
    TiO-Banden sind in M-Sternen ebenfalls sehr leicht nachweisbar, da teilweise noch auffälliger (siehe z.B. TiO-Bande bei 6250 Angström im alp-Vul-Spektrum im Bild der Kohlenstoffspektra ganz unten oder im WZ-Cas-Spektrum).









    In den Planetenatmosphären von Uranus, Neptun, Saturn und der Atmosphäre von Titan lässt sich relativ leicht Methan (CH4) nachweisen, das sich an mehreren Stellen im Sichtbaren als auffällige Banden zeigt.







    Weiterhin lässt sich der Sauerstoff und Wasserdampf der Erdatmosphäre in den Spektren nachweisen. Auch hier gibt es, vor allem im Roten, auffällige Banden (vgl. Beispiel für O2 unten)





    Grüße
    Torsten

  • Hallo Sven,


    vielleicht noch eine kurze Ergänzung zu den bereits vorliegenden, guten und detaillierten, Antworten. Spektroskopie ist ein weites Feld, zumindest aus Sicht eines Chemikers oder Physikers :) Es gibt Spektrallinien, die durch einen Quanten-Übergang zwischen zwei Energieniveaus zustande kommen, beispielsweise bei der thermischen Anregung von Alkalimetallen (Natrium gelb, Kalium lila,...) oder beim Wasserstoff. Bei organischen Molekülen nutzt man aber unter anderem Spektren, die auf Rotations- und Schwingungsfreiheitsgraden beruhen und erhält dann charakteristische Absoptionsbanden - beispielsweise im Infrarotbereich, also eine Art "Fingerabdruck", der für ein bestimmtes Molekül typisch ist. Könnte mir vorstellen, dass man einfache organische Verbindungen wie Methylamin auf diese Weise nachweisen kann, wobei man dann dazu vermutlich eher große Apparaturen und entsprechend empfindliche Messgeräte benötigt.


    Viele Grüße,
    Marco

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