Was ist ein echter Apo (2019)

  • Hallo,


    die Frage, was nun ein "echter" Apo ist und was nicht ist seit langem Thema in den Foren.


    Aber ich möchte gerne der Frage ein Update verpassen denn die Technik hinter den Geräten ändert sich und man sollte erneut darüber diskutieren dürfen, wann ein Apo im Jahre 2019 auch wirklich ein "echter Apo" ist.


    Was wäre hier eure Definitonen? Was ist für euch <i>persönlich</i> ein Kriterium ?


    Grüße
    Singularity

  • Hallo Singularity,


    Wie ich einen Apochromaten definiere? Ganz persönlich? Ein Teleskop das visuell keinen Farbfehler hat. Diese Definition galt schon immer und was sollte sich daran ändern.


    Und ein „richtiger“ Apo? So ein richtig geiler Super-Duper-Voll-Mega-Schweine-Apo?
    Ganz einfach: Ein Refraktor, der an Vega bei einer Vergrößerung vom doppelten seiner Öffnung KEINERLEI sichtbaren Farbsaum produziert. Nichts. Nada. Und das nicht nur wenn der Besitzer durchschaut (der sieht eh keinen Farbfehler), sondern auch Günther Mootz und Gerd Düring. Und bei dem die beiden sich dann hinterher einig sind, dass das ein Apo ist.
    Und der natürlich einen Strehl von 0,99 in allen Farbwellenlängen hat. Aber das hat wenn man der Werbung glauben darf ja heutzutage jeder f/5 Fraunhofer.. [:D]


    Farblose Grüße:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo 'Singularity',


    ein Apochromat im Jahr 2019 ist ein optisches System, dessen Farblängsfehler für drei Wellenlängen (im sichtbaren Bereich) behoben ist und außerdem die Farbabhängigkeit der sphärischen Aberration, der Gaußfehler, für zwei weit voneinander entfernte Wellenlängen korrigiert ist.
    Das war auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts so und wurde von Ernst Abbe definiert. Welche Technik dazu benutzt wird, ist der Definition egal. Und irgendwelche persönliche Ansichten, was denn ein 'echter Apo' ist, ändern auch wenig daran.


    Gruss Heinz

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Mettling</i>
    <br /> Und das nicht nur wenn der Besitzer durchschaut (der sieht eh keinen Farbfehler), sondern auch Günther Mootz und Gerd Düring. Und bei dem die beiden sich dann hinterher einig sind, dass das ein Apo ist.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Günther Mootz und Gerd Düring sind sich einig.[:D]
    Der war gut!


    CS
    Wolfgang

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Heljerer</i>
    <br /><blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Mettling</i>
    <br /> Und das nicht nur wenn der Besitzer durchschaut (der sieht eh keinen Farbfehler), sondern auch Günther Mootz und Gerd Düring. Und bei dem die beiden sich dann hinterher einig sind, dass das ein Apo ist.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Günther Mootz und Gerd Düring sind sich einig.[:D]
    Der war gut!


    CS
    Wolfgang
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Der war genauso gut wie illusorisch.
    Highender - Es kann nur einen geben[B)]


    Gruß & CS Franjo

  • Hallo Singularity,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Aber ich möchte gerne der Frage ein Update verpassen denn die Technik hinter den Geräten ändert sich.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    die Technik hat sich nicht geändert, auch nicht die Physik oder die Lichtempfindlichkeitskurve unserer Augen.
    Das Grundprinzip zur Korrektur des Farbfehlers kennt man seit Fraunhofer und dieses Prinzip liegt auch heute noch allen Refraktoren mit mindestens 2 Linsen zugrunde.
    Egal ob einfacher Achromat oder Apochromat.
    Auch die üblichen Bauformen sind heute nicht anders wie vor 100 Jahren.
    Am meisten sind nach wie vor Doublets und Triplets verbreitet, heute wie vor 100 Jahren.


    Eine Apo Diskussion ist doch recht müßig.
    Eine wirkliche APO Definition kann es sowieso nicht geben da es zum einen eine fließende Entwicklung im Grad der Farbkorrektur gibt und daher ein solcher Grad der einen APO ausmachen soll nur rein willkürlich festgelegt werden kann.
    Zum anderen kommt es sehr stark auf den Anwendungsfall an ob ein Refraktor nun farbrein ist oder nicht.
    So kann man zb. bei einem H-alpha Sonnenteleskop selbst eine einfache eigentlich Chromatische Einzellinse als farbrein also Apochromatisch betrachten.
    Anders rum wird auch ein eigentlich exzellenter APO bei fotografischer Anwendung ohne UV und IR Sperrfilter einen Farbfehler zeigen.


    Man kann daher eh nur für den jeweiligen Anwendungsfall einen Anhaltspunkt festlegen.


    So finde ich diese Definition für einen visuellen APO recht vernünftig und praxisgerecht.


    https://www.astro-theke.de/ast…tur/visueller-apochromat/


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Ein Objektiv für visuelle Anwendung ist dann ein Apochromat, wenn die Definitionshelligkeit im Wellenlängenbereich von 480 - 644nm bezogen auf die Auffangebene für die Hauptwellenlänge 546nm größer gleich 80% beträgt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Die Praxistauglichkeit dieser Definition beweist auch ein Blick durch die im Link angebotenen Doublets welche die gerade genannte Bedingung erfüllen oder ihr zumindest sehr nahe kommen.


    Grüße Gerd Düring

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: mintaka</i>
    ....ein Apochromat im Jahr 2019 ist ein optisches System, dessen Farblängsfehler für drei Wellenlängen (im sichtbaren Bereich) behoben ist und außerdem die Farbabhängigkeit der sphärischen Aberration, der Gaußfehler, für zwei weit voneinander entfernte Wellenlängen korrigiert ist....
    Gruss Heinz
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Heinz,


    dann gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keinen einzigen Apo im Markt.
    Nur so meine 5 Cent.
    Und nein, auch der APQ 100/1000 erfüllt das Kriterium bezüglich der Sphärochromasie nicht.


    Clear skies
    Tassilo

  • Danke für die Antworten.


    "Wie ich einen Apochromaten definiere? Ganz persönlich? Ein Teleskop das visuell keinen Farbfehler hat. Diese Definition galt schon immer und was sollte sich daran ändern."


    Ein recht bekannter Amateur hat mir per Mail geschrieben, dass nur Tripletts farbrein sind und daher nur sie "echte Apos" sind. Muss ein Apo <i>immer ein Triplett</i> (auch wg. der vereinbarkeit von Wellenlängen) sein?


    "Welche Technik dazu benutzt wird, ist der Definition egal. Und irgendwelche persönliche Ansichten, was denn ein 'echter Apo' ist, ändern auch wenig daran."


    Das war so zu verstehen: Wann gebt ihr euch damit zufrieden.Also die Frage nicht nach Definiton sondern nach persönlichen Empfinden.


    "dann gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keinen einzigen Apo im Markt."


    Dann brauchen wir eine andere Definition, denn ich suche eine praxistaugliche.


    Grüße
    Singularity

  • Irgendwie wird mir der Hintergrund der Frage nicht klar: „Die Technik hinter den Geräten ändert sich“. Meinst Du damit Kameras? Für Kameras ist die Frage beinahe leichter zu beantworten als für die visuelle Nutzung.


    Und so allgemein in den Raum geworfen, wo jeder eine andere Fragestellung versteht und entsprechend beantwortet, ergibt das Thema kaum einen Sinn.


    Viele Grüße,
    Sebastian

  • Hi,


    so eine praxisgerechte, scharfe Apo-Definition kann es kaum geben, weil die gemessene Leistung eines Apos immer vom betrachteten Spektralbereich, dem Einsatzzweck und der Gewichtung der Wellenlängen abhängig ist. Und welchen Spektralbereich man betrachtet, um welchen Einsatzzweck es sich handelt und welche Wellenlängen wie zu gewichten sind, ist eine individuelle Sache. Von daher bin ich kein großer Verfechter von Begriffen wie "Halb-Apo" oder "echter Apo".


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Das war auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts so und wurde von Ernst Abbe definiert.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich finde eine Definition wie von TMB praxisgerechter (wenn auch lockerer).


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ein recht bekannter Amateur hat mir per Mail geschrieben, dass nur Tripletts farbrein sind und daher nur sie "echte Apos" sind. Muss ein Apo immer ein Triplett (auch wg. der vereinbarkeit von Wellenlängen) sein?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Wie will man die Farbreinheit eines Apos an der Anzahl der Linsen festmachen, wenn man Glas, Partnerglas, Öffnung und Brennweite nicht kennt? Ich würde so ein Agema-Doublet gegenüber quasi jedem Dreilinser am Markt bevorzugen. [:D]


    Viele Grüße
    Dominik

  • Moin,


    das ist keine Frage des "findens": Abbe hat den Begriff gesetzt mit seiner Definition. Letztlich beschreibt sie exakt, was der von ihm geprägte Begriff bedeutet. Das hat nicht unbedingt den absoluten "Griff" oder Nutzwert für den Beobachter, aber Definition ist Definition. Für eine eher praxisorientierte Bewertung bleiben andere Bezeichnungswege, meinetwegen "visueller APO" etc, der den Begriff auf das relevante Kriterium eingrenzt. Ein fotografischer APO müsste andere Kriterien erfüllen, da die Farbgewichtung der Augen eine andere ist als die einer Kamera, je nach betrachtetem Wellenlängenbereich, zu dem kommen endere Störeffekte zu tragen, die das Auge in Grenzen ausgleicht.


    Es gibt kein physikalisches Gesetz dass die Anzahl der erforderlichen Freiheitsgrade einer Optik festlegt, um das Kriterium zu erfüllen, mehr Flächen machen es einacher, das ist alles. Wenn am Ende das Abbe-Kriterium mit zwei Linsen erfüllt ist, ist es erfüllt. Der Rest ist Statusempfinden. Für fotografische Zwecke gibt es auch mehrlinsige Konstruktionen, die neben der Farbreinheit auch andere Aspekte berücksichtigen wie Helligkeitsverteilung, Bildfeldebenheit usw., das hat mit der APO-Eigenschaft nix zu tun.


    CS
    Jörg

  • Hallo in die Runde,


    Nachdem die Frage nach dem persönlichen Kriterium gerichtet ist, zählen für mich Farbkorrektur, Schärfe und Kontrastleistung zu den persönlichen Kriterien.
    Die schon erwähnte Definition von Astro Optik Manufaktur finde ich sehr gut gelungen. In der Praxis bezüglich Farbreinheit sind das Triplets oder Doublets aber dann mit
    entsprechend langsamen Öffnungsverhältnis. Heutzutage will natürlich aus vermarktungstechnischen Gründen vieles ein Apo sein und die Bezeichnung "ED Apo" kommt diesbezüglich
    gelegen, früher hätte man viele dieser Optiken wahrscheinlich als Semi-Apos bezeichnet und die können durchaus scharf und kontrastreich abbilden, sind für mich aber keine echten
    Apochromate, dennoch stehe ich dieser Entwicklung positiv gegenüber, da nicht jeder Sternfreund viele tausende Euro für entsprechende "High Tech Apos" ausgeben will/kann.
    Als Liebhaber historischer bzw. klassischer Teleskope habe ich unter anderen einen Takahashi TS65/1000 und TS80/1200, (beides Triplets aus den 70zigern), warum Takahashi diese seinerzeit
    als Semiapochromat bezeichnete bleibt mir als visueller Beobachter ein Rätsel, das TS65 zeigt selbst bei 150x keine Farbe, das TS80 auch bei 200x nicht, so unterschiedlich können
    Herstellerbezeichnungen sein, ein klassisches Beispiel von Understatement.


    Viele Grüße
    Ernst Christian

  • Hallo Singularity,


    was nützt eine theoretische Definition? Wichtiger ist Dein eigener Eindruck am Okular und ob Du damit zufrieden bist... von daher bringen Dir Fragen nach Erfahrungen mit konkreten Geräten eventuell mehr?


    Mein erster richtiger Apo war ein Vixen FL-102S - wenn man durchschaut weiß man auch warum :) Die Abbildung empfand ich als übernatürlich scharf, kontrastreich und absolut farbfehlerfrei. Nun gehen aber auch da die Meinungen außeinander - für manch anderen ist auch das noch KEIN Apo weil man in Extremsituationen wie Höchstvergrößerung an Venus und Wega vielleicht einen Hauch Farbe sieht... Mir persönlich ist das aber völlig schnurz.


    Für mich war und ist der FL-102S somit auch eine Art Referenzpunkt - vergleichbar und besser = Apo, sichtbar schlechter = kein Apo. Aber die Grenzen sind fließend auch da es sich hier um meinen subjektiven Bildeindruck handelt und der ist sicher nicht immer gleich.


    Übrigens kann man "Extremsituationen" auch beliebig steigern - schau Dir z.B. mal verschiedene Top-Apos auf einer optischen Bank im doppelten Durchgang bei 300 bis 400x an... da siehst Du plötzlich Farben von denen Du nie erwartet hättest das es sie gibt ;)


    Die farbreinsten Optiken, die ich bisher gesehen habe sind Ralf Mündleins FLT-105 bei den 4-Zöllern (und btw. danach kommt lange, lange - nichts!) und ein Tak TOA-150 bei den 6-Zöllern - ob man diesen hohen Grad der Farbkorrektur aber braucht oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden.


    Gruß
    Christoph

  • Hallo Jörg,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">das ist keine Frage des "findens": Abbe hat den Begriff gesetzt mit seiner Definition.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    na ja der Begriff áchromos = farblos kommt schließlich von den Griechen und nicht von Abbe.
    Von daher definieren im Grunde genommen auch die Griechen was unter einem APO zu verstehen ist.
    Eine Optik ohne Farbfehler.
    Und da es das so absolut nicht gibt, immer das wo Glas im Strahlengang ist gibt es auch einen Farbfehler und sein er auch noch so winzig muss man Praxisgerecht sagen.
    Ein APO ist eine Optik die für ihren Einsatzweck keinen sichtbaren Farbfehler zeigt.


    Ich hab hier mal etwas mehr dazugeschriebenen.
    https://forum.astronomie.de/th…uper-apo-geht-das.219620/


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Letztlich beschreibt sie exakt, was der von ihm geprägte Begriff bedeutet.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Nöö die von Abbe erstellte Definition legt Bedingungen fest bei deren Erfüllung er der Meinung war das die Optik dann dem Begriff APO gerecht wird.
    So wie es auch bei jeder anderen APO Definition der Fall ist.
    Von daher nimmt hier auch die Abbe Definition kleine Sonderstellung ein.
    Was der Begriff APO aber bedeutet steht nicht bei Abbe. Die Bedeutung definiert das dem APO Begriff zugrundeliegende griechische Wort áchromos und dessen Bedeutung findet man im Wörterbuch und nicht bei Abbe.


    Grüße Gerd

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ein APO ist eine Optik die für ihren Einsatzweck keinen sichtbaren Farbfehler zeigt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    <b>Das</b> ist doch eine praxisgerechte, leicht nachvollziehbare Definition, die es auf den Punkt bringt. [:)]


    Diejenigen, die eine Definition mit technischen Details (bezügl. Wellenlängen, Korrektur des Gaußfehlers etc.) haben wollen, müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen nennen.


    Viele Grüße
    Dominik

  • Hallo Marcus,



    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Und der natürlich einen Strehl von 0,99 in allen Farbwellenlängen hat.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Du meinst nen Newton oder? [:D]



    Duckundwechaberganzschnell….



    Viele Grüße Felix

  • Hallo zusammen,


    wenn darüber nachgedacht wird, was ein Apochromat ist bzw. was so genannt werden soll / kann / darf, lohnt sich vielleicht ein Blick auf die Entstehung des Begriffes.


    Seit den Zeiten Fraunhofers hatte es bei den Linsenobjektiven keine Fortschritte in der Farbkorrektur gegeben, und schon Fraunhofer hatte erkannt, daß für weitere Verbesserungen neue Gläser mit anderen Eigenschaften als die verfügbaren notwendig waren. Leider ist er ja recht jung verstorben - wer weiß, was er bei seinen eigenen Glasschmelzarbeiten noch erreicht hätte...


    Erst die Zusammenarbeit von Ernst Abbe und Otto Schott führte seit 1881 zu den neuen Glassorten, mit denen die Farbkorrektur wesentlich verbessert werden konnte. Dies kam zuerst den Mikroskopen zugute: Im Jahr 1886 wurden von Carl Zeiss "Neue Mikroskop - Objective und Oculare aus Special-Gläsern des Glastechnischen Laboratoriums (Schott & Gen.)" vorgestellt.


    Auf einer Sitzung der "medicin.-naturw. Gesellschaft zu Jena" am 9. Juli 1886 hat Ernst Abbe einen Einführungsvortrag gehalten, der im Druck aus den Sitzungsberichten den Titel trägt:
    "Ueber Verbesserungen des Mikroskops mit Hilfe neuer Arten optischen Glases".


    Abbe geht hier auf den Ansatz ein, neben der Kieselsäure nunmehr auch Phosphor- und Borsäure für die Gläser zu verwenden. Zum Stand der Achromate führt er aus:
    "In den besten Objectiven konnten nicht mehr als z w e i verschiedene Farben des Spectrums zu wirklicher Vereinigung gebracht werden; die unvermeidliche Abweichung der übrigen - das sog. tertiäre Spectrum - liess immer farbige Zerstreuungskreise von merklicher Ausdehnung und merklicher Lichtintensität übrig. Ausserdem war es auch mit dem bis jetzt verfügbaren Glase nicht möglich - wenigstens nicht in practisch durchführbaren Constructionstypen - die s p h ä r i s c h e Aberration für mehr als e i n e Farbe aufzuheben. Alle Objective blieben, wenn auch für die Mitte des Spectrums die sphärische Abweichnung möglichst aufgehoben war, doch mit einer sphärischen Untercorrection für das rothe und einer sphärischen Uebercorrecktion für das blaue und violette Licht behaftet - welcher Defect practisch in die Erscheinung tritt als eine mehr oder minder starke Ungleichheit der c h r o m a t i s c h e n Correction zwischend der mittleren und der peripheren Zone des Objectivs."


    Dann zum erzielten Fortschritt:
    "... Diese beiden Mängel der Strahlenvereinigung in den bisherigen achromatischen Systemen lassen sich nun mit Hilfe der neuen Glasarten so gut wie vollständig beheben.
    Erstens kann die secundäre Farbabweichung gehoben und auf einen praktisch unschädlichen Farbenrest t e r t i ä r e n Characters reduciert werden - was bisher noch in keiner Art von optischer Construction auch nur annähernd erreicht worden ist;
    zweitens lässt sich die chromatische Differenz der sphärischen Aberration beseitigen, d.h. die spährische Abweichung lässt sich gleichzeitig für zwei verschiedene Farben des Spectrums (und damit practisch so gut wie für alle Farben) vollständig corrigieren.
    Der letzteren Forderung ist bisher nur bei Fernrohrobjectiven, für welche Gauss sie zuerst formulirt hat, einige Male genügt worden, jedoch ohne dass hierdurch - mangels einer gleichzeitigen Beseitigung der secundären Farbenabweichung - ein besonderer Gewinn erzielt worden wäre."


    Nach Ausführungen zu den Bedingungen, unter denen die beiden Fehler beseitigt werden können, wird der Begriff "Apochromat" erst eingeführt:


    "Da nach dem Gesagten die Bedingung für diese Eigenschaften der in Betracht stehenden Objective, und zugleich unter dem dioptrischen Gesichtspunkt ihr unterscheidendes Merkmal, in der Beseitigung solcher Fehler der Strahlenvereinigung liegt, welche, obwohl die zum Theil den Charakter sphärischer Aberrationen tragen, sämtlich in dem ungleichen Verhalten verschieden f a r b i g e r Strahlen wurzeln, und da die Aufhebung dieser Fehler thatsächlich eine Achromasie von h ö h e r e r Ordnung, als bisher errreichbar war, begründet, so mögen die Objective dieses Systems zur Unterscheidung von den achromatischen Linsen im Sinne des bisherigen Begriffs, als a p o c h r o m a t i s c h e Objective und A p o c h r o m a t e bezeichnet werden."


    Wie man sieht wurde also der Begriff "Apochromat" für eine soeben realisierte Objektivkonstruktion geschaffen - nicht das Objektiv nach dem Begriff und seiner Auslegung.


    Natürlich ist es verständlich, daß die Bezeichnung "Apochromat" in den folgenden Jahrzehnten auf alle Objektive übergegangen ist, die visuell als farbfehlerfrei erscheinen. Und wenn dies in eine Forderung für das Optikdesign übersetzt werden soll, dann bietet sich heute eine Definition über den Strehlwert wie die von Dr. Pudenz (Link oben) an. Die Beobachtungspraxis am AOM-Doublet 160/1600 bestätigt, daß die dortige Vorgabe ihren Zweck erfüllt. Eine Überraschung ist das freilich nicht, denn man darf annehmen, daß sich seit Abbes Zeiten in der Astroabteilung einiges an Erfahrungswissen angesammelt hatte - Dr. Pudenz hat ja auch das APQ-Objektiv gerechnet.



    Gruss Lars

  • Super spannende Geschichte über Abbe!
    Das war schon ein Künstler, der Mann.
    Ohne ihn wäre Zeiss nicht geworden, was es war.


    Ohne Zahlen, Fakten und andere exakte Beschreibungen ist "Apo" wie auch "Semi-Apo" nur ein Wort, unter dem Händler wie Kunden, Lieferanten wie Laien eine gewisse Leistungsfähigkeit verstehen sollen, ohne genauer zu wissen, was dieses "Gewisse" eigentlich ist. ;)


    lg
    Niki

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: niki</i>
    <br />Ohne ihn wäre Zeiss nicht geworden, was es war.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Und ohne die beiden hätte Robert Koch den Tuberkulose-Erreger nicht entdeckt. Robert Koch war mit seiner technischen Ausrüstung auf dem Höchstniveau seiner Zeit. Anders wären seine Entdeckungen nicht machbar gewesen.


    Wenn man die Geschichte der Astronomie (und allg. der Physik) vor Augen hat, vergisst man nur allzu oft, wie viel später andere Fachgebiete erst eine sichere wissenschaftliche Grundlage entwickelt haben.


    Gruß
    Wolfgang

  • Grüß Dich Lars,
    danke für Deine interessanten Auszüge. Das war für mich neu. Ich wußte auch nicht, dass Dr. Prudenz am APQ Objektiv mitgewirkt hat. Der ist ja auch heute noch aktiv.
    Auch wenn die langen FHs wie z.B. die 80/1200 schon relativ wenig Farbfehler besitzen und ein 50/1200 visuell keinen Farbfehler mehr zeigt, so ist auch für mich der Vixen Fl102s mein erster echter visueller APO mit &gt; 5 cm Öffnung.
    Als Vergleich für die Farbkorrektur verwende ich meinen 6" f/8 Newton.
    Umso besser die Fabrkorrektur, umso geringer ist der Unterschied zum farbreinen Newton. Farbsaum kann ich beim Vixen Fl102s an bisher keinem Objekt im Fokus sehen (da sind meine Augen zu schlecht, was mich aber net stört). Einzig die Farbnuancen z.B. bei den Brauntönen in Jupiterbändern wirkt einen kleinen Tick anders. Die Unterschiede sind nur im direkten Vergleich zu sehen und sehr gering. Man kann schon sagen, dass die Farbabbildung im Fl102s weitgehend spiegelmaßig ist. Für mich ein Zeichen eines visuellen APOs. ;) Auch bei Planetefotso schneidet der Vixen Fl102s von der Farbwiedergabe und Schärfe als APO gut ab.
    Servus,
    Roland

  • Hallo Lars,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Erst die Zusammenarbeit von Ernst Abbe und Otto Schott führte seit 1881 zu den neuen Glassorten, mit denen die Farbkorrektur wesentlich verbessert werden konnte. Dies kam zuerst den Mikroskopen zugute: Im Jahr 1886 wurden von Carl Zeiss "Neue Mikroskop - Objective und Oculare aus Special-Gläsern des Glastechnischen Laboratoriums (Schott & Gen.)" vorgestellt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    wobei sowohl bei der Entwicklung der Gläser und natürlich auch der Kunst diese in hoher Qualität herzustellen Schott die entscheidende Rolle gespielt hat.
    Das Glastechnische Laboratorium Schott und Genossen war von Otto Schott, Ernst Abbe sowie Carl und Roderich Zeiss begründet worden.
    Das entscheidende Know-how kam aber vom Chemiker und Glasspezialisten Schott, Abbe war ja Physiker, darum hieß es ja auch Schott und Genossen und nicht Abbe und Genossen.
    Alle 3 Geschäftspartner waren übrigens finanziell zu gleichen Teilen an der Investition beteiligt.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Wie man sieht wurde also der Begriff "Apochromat" für eine soeben realisierte Objektivkonstruktion geschaffen - nicht das Objektiv nach dem Begriff und seiner Auslegung.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Es ist nicht die Objektivkonstruktion sondern es sind die Gläser die ein solches Objektiv überhaupt erst ermöglichen das Entscheidende.
    Auf den wichtigen Punkt Gläser bist du ja zuvor ausführlich eingegangen, warum fällt der hier nun aber unter den Tisch.
    Man kann sagen das der Begriff Apochromat letztlich die besonderen Gläser würdigen sollte welche Objektive ermöglichen deren Eigenschaften sich deutlich von einfachen Achromaten die aus gewöhnlichen Gläsern bestehen unterscheidet.


    Der Begriff Apochromat steht daher in seiner ursprünglichen Intention für Objektive bei denen Sondergläser verwendet wurden und wurde eingeführt um diese Objektive von einfachen Achromaten die aus gewöhnlichen Standardgläsern bestehen zu unterscheiden.
    Es ist das Sonderglas das den Unterschied macht und dem Objektiv die bessere Farbkorrektur gegenüber einfachen Achromaten aus Standardgläsern verleiht und nicht die Objektivkonstruktion.


    Von daher ist es auch völlig korrekt wenn alle EDs als APOs bezeichnet werden.
    Auch die welche noch einen sichtbaren Restfarbfehler zeigen.
    Durch das ED Glas haben auch diese EDs trotzdem ein gegenüber einfachen Achromaten stark gemindertes sekundäres Spektrum der Glaspaarung und das ist der entscheidende Unterschied zum einfachen Achromaten der den ED dann zum APO macht.
    Genau diesen Unterschied deutlich zu machen entspricht ja auch der ursprünglichen Intention des APO Begriffs.


    Grüße Gerd

  • Hallo.


    der großartige Ernst Abbe, der aus einfachen Verhältnissen stammte, ist eines meiner Idole. Nicht nur in wissenschaftlich technischer Hinsicht, sondern gerade auch im Hinblick auf seine sozialpolitischen Taten. Wenn sein Wunsch, die Arbeitnehmer am Profit eines Unternehmens gerecht zu beteiligen, auf der Welt besser verwirklicht wäre, müssten wir uns kaum mit den vielen schädlichen Auswirkungen des Raubtierkapitalismus auf unser aller Lebensbedingungen hermschlagen...


    Als er auf die Idee kam, mit den optischen Eigenschaften von Flußspat müssten sich die Abbildungsprobleme von Objektiven deutlich verbessern lassen, und entsprechende Vorversuche unternommen hatte, zögerte er nicht lange und fuhr in die Schweiz, um dort geeignete Proben zu suchen. (Es gibt wahrscheinlich sogar ein Foto davon, jedenfalls ist auf einem unbeschrifteten Bild das aus dieser Zeit und der entsprechenden Region stammt, ein bärtiger Mann am Fenster einer Alpenhütte zu sehen, der Abbe mindestens sehr stark ähnelt.) Insofern ist neben der Optikrechnung auch diese Material-Innovation maßgeblich Abbe zu verdanken und nicht Schott (dessen Bedeutung für die spätere chemische Verfeinerung bei den Glasschmelzen damit nicht geschmälert werden soll).


    https://books.google.de/books?…%9Fspat%20schweiz&f=false


    Dass oft gerade die Ideen eines Einzelnen zu großen Fortschritten geführt haben, hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, es gibt zahllose Beispiele. Ich vermute, es hat etwas mit Wahrheitsliebe zu tun, damit, leidenschaftlich gern herauszufinden, wie die Dinge wirklich sind. Umso bezeichnender finde ich es für unsere Zeit, dass in der Arbeitswelt inzwischen vornehmlich Teamwork gefordert wird, und bei der Vergabe von Posten die Fähigkeit zu kreativen neuen Ideen oder z.B. der Anwendung von Fachwissen nicht nur dahinter rangiert, sondern auch noch hinter der Fähigkeit angesiedelt wird, andere zu beeindrucken, um nicht zu sagen zu manipulieren. Geschicktes Übertreiben und Schwindeln wird mehr denn je honoriert, und weil neue Ideen auch leicht zu kritisieren, abzuwerten oder zu klauen sind, bleiben Wahrheit und Erkenntnis heute im Zeitalter des Marketing öfter auf der Strecke - besonders, wenn sie sich nicht kurzfristig genug auszahlen. Den meisten Leuten in Wirtschaft und Wissenschaft geht es weniger darum, wie die Dinge wirklich sind, sondern wie das Publikum oder die Kunden sie gerne hätten...


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn man die Geschichte der Astronomie (und allg. der Physik) vor Augen hat, vergisst man nur allzu oft, wie viel später andere Fachgebiete erst eine sichere wissenschaftliche Grundlage entwickelt haben.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Na ja, bei aller Begeisterung für die Wissenschaft, wie sicher momentan die Grundlage der Physik ist, ist schon die Frage. Wenn keiner die Quantentheorie richtig versteht, bzw. ihre Vereinigung mit der ART nicht gelingen will, ist das nicht nur ein kosmetisches Problem. Solange keiner weiß, was Gravitation ist bzw. was Dunkle Materie sein könnte, solange sich keine SUSY-Teilchen zeigen, oder die Dunkle Energie rätselhaft bleibt und nach unseren gegenwärtigen "gesicherten" theoretischen Grundlagen einen um den Faktor 10 hoch 120 (!) höheren Wert haben müsste, als er beobachtet wird, mit anderen Worten, solange wir von 96% der Masse des Universums überhaupt keine Ahnung haben - sollten wir die Sicherheit der betreffenden wissenschaftlichen Grundlagen vielleicht nicht zu hoch ansetzen... Und wenn wir Fortschritte wollen, auch mehr Leute mit ungewöhnlichen Ideen unterstützen, und nicht nur Karrieristen fördern, die dem Mainstream folgen oder dem Publikum erzählen, was es gerne hören will...



    <i>Mache es Dir zur Regel, zu jeder neuen Idee ja zu sagen. Denke nur an alles, was für sie spricht. Du wirst dann genug Leute treffe, die Dir auseinandersetzen, weshalb sie nichts taugt.
    <b>Han Yu, chinesischer Dichter 760 - 824 n.Chr.</b>
    </i>


    Sorry, off-topic, ich weiß - aber in Maßen...


    Gruß,
    Mathias


    PS.: Wer sich für die APQ-Entwicklung interessiert:
    https://vdocuments.site/juergen-pudenz-zeiss-apq.html

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: konfokal</i>
    <br />
    Na ja, bei aller Begeisterung für die Wissenschaft, wie sicher momentan die Grundlage der Physik ist, ist schon die Frage. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Naja, da hast du einfach einen höheren Anspruch als ich an "Wissenschaftlichkeit". Aber das zu diskutieren wäre Aufgabe eines anderen Threads.


    Gruß
    Wolfgang

  • Hallo nochmal,


    mit "soeben realisierte Objektivkonstruktion" meinte ich selbstverständlich das gesamte Objektiv, bestehend aus Fassung und dem (neuen) Glas. (&gt;&gt; Gerd: Das eventuell eingetretene Mißverständnis bitte ich zu entschuldigen.)


    Es ging mir darum, anhand einer geeigneten historischen Quelle zu zeigen, daß bzw. wie der Begriff "Apochromat" von Abbe erstmals und dabei auf ein real vorhandenes Objektiv bezogen publiziert wurde und somit überhaupt "in die Welt gekommen" ist. Das ist eine Frage der Bildung eines Begriffes. Diese Frage ist ja eigentlich bei vielen Begriffen interessant.
    Wir dagegen haben heute wohl eher die Perspektive der Auslegung und Anwendung des Begriffes, also welche Objektive wir nun "Apochromat" nennen wollen / sollen / können / dürfen.


    Zur Zusammenarbeit Abbes mit Schott findet sich bei Moritz von Rohr in der Schrift "Ernst Abbes Apochromate - Zur 50. Wiederkehr ihrer ersten Bekanntmachung am 9. Juli 1886", Seite 18, dieser Hinweis:
    "In diese Zeit fiel die Berührung zwischen E. Abbe und Otto Schott, dem Glasfachmann, der gerade von dem Abbeschen Berichte über die Londoner Leih-Ausstellung angeregt, Abbes Bekanntschaft suchte. Wir werden mit Recht annehmen können, daß diese Berührung - sie begann Ende Mai 1879 und führte im Januar 1881 zu einer Verabredung für Versuchsschmelzen - das alte Mittel a mit dem zeitlich ersten b der gesonderten Hebung zusammen verwenden ließ."
    (Mit Mittel a und b ist in Bezug auf den "Farbunterschied des Öffnungsfehlers" gemeint, Seite 15: "Die gleichzeitige (a) Hebung durch die üblichen Kittflächen, die gesonderte (b) Hebung durch neue zusätzliche Kittflächen.")


    Und Abbe teilt eingangs seines o.g. Vortrages im Juli 1886 mit:
    "Seit dem Jahre 1881 haben Dr. Schott in Jena und der Verf., mit thätiger Unterstützung der Inhaber der hiesigen optischen Werkstätte von C. Zeiss, fortgesetzt Versuche behufs Verbesserung des optischen Glases unternommen, deren Ergebniss die Darstellung neuer Glasarten für den Gebrauch der Optiker gewesen ist.
    Durch spectrometrische Untersuchung von zahlreichen Probeschmelzungen, die mit den verschiedensten chemischen Elementen dargestellt worden sind, wurde die Abhängigkeit der optischen Eigenschaften der amorph erstarrenden (glasartigen) Schmelzverbindungen von ihrer chemischen Zusammensetzung genauer erforscht und auf Grund der gewonnenen Ergebnisse wurden alsdann geeignete Synthesen ausgearbeitet, vermittelst welcher sich bestimmte, für die Anwendung erwünschte optische Eigenschaften des Glases herbeiführen lassen."


    Es ergibt sich das Bild, daß hier zur richtigen Zeit die richtigen Persönlichkeiten zusammengekommen sind. Das erforderliche glastechnische Laboratorium wurde im Zeiss-Werk eingerichtet. Für die aufwendigen Schmelzversuche konnte sogar eine finanzielle Unterstützung durch den preußischen Staat erlangt werden. Das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen wurde dann 1884 gegründet.


    In der Jubiläumsschrift geht v. Rohr auch auf die Verwendung von Flußspat (Calciumfluorid) in den apochromatischen Mikroskobjektiven ein. Abbe habe schon 1881 Vorversuche zu dessen Bearbeitungsmöglichkeit anstellen lassen und "hat offenbar um die gleiche Zeit angeregt, Fluor auch in künstliche Glasflüsse einzuführen, was aber zunächst noch nicht gelang."


    Falls sich jemand für die besagte Jubiläumsschrift interessiert, stelle ich diese gern als PDF zur Verfügung (bitte PN). Sie enthält als Anlage den Abdruck von Abbes Vortrag und die Bekanntmachung von Carl Zeiss.


    Gruß Lars

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