Spiegelmaterial

  • Liebe Beobachter,


    momentan erwäge ich den Kauf eines neuen Teleskops.
    Nun sind noch Fragen wegen dem Spiegelmaterial offen.


    Was ist der Unterschied zwischen BK7 und Floatglass?
    Vor - und Nachteile der jeweiligen Materialien?



    CS


    Michi

  • Hallo Michi,


    für mich gibt es da nur, entweder Zerodur oder von TS Low-expansion Spiegel. Die arbeiten so gut wie nicht wenn es über Nacht kühler wird.
    Nachfokussieren ist da nicht notwendig nach meiner persönlichen Erfahrung. Gilt aber in erster Linie wenn man fotografisch unterwegs ist.


    LG
    Armin

  • Hi Michi, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Was ist der Unterschied zwischen BK7 und Floatglass?
    Vor - und Nachteile der jeweiligen Materialien? <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Hauptunterschiede sind die temperaturabhängigen Ausdehnungsunerschiede und ob der Spiegelkörper thermisch entspannt ist.


    Floatglas ist vom Prinzip nichts anders als Fensterglas, also das wirklich billigste Material. Wird auch ab und an als Kalt-Natron-Glas beworben.


    BK7 ist vom thermischen Verhalten her schon besser und wird auch eher halbwegs spannungsfrei sein. Wäre für mich das Mindeste was in Frage kommen sollte.


    Besser noch wären Borosilikatgläser wo auch Pyrex dazugehört. Ein Spiegelträger aus Quarzglas ist nochmals besser und so ziemlich das optimale wäre Zerodur.


    Gruß
    Stefan

  • Entschuldigt, wenn ich hier ins Thema reinschreibe ohne deine Frage beantworten zu können, aber meine Frage passt einfach gut dazu.


    Ich bin in letzter Zeit öfter über die Spiegelmaterialien Borofloat und Supremax gestolpert. Kennt die jemand und kann sagen, ob das sinnvolle Materialien für Spiegel sind?


    Danke, Mario

    https://astronom.at

    8'' Skywatcher Flextube Dobson, 16'' Spacewalk Telescopes Infinity** Dobson, 60/330 TS Apo (Reiseteleskop), Coronado PST Umbau, Binoansatz Binotron 27, Nachtsichtgerät, ...

  • Hi Mario,


    https://www.intercon-spacetec.…tung/optik/spiegelsorten/


    Borofloat und Supremax sind beides Borosilikatgläser von Schott und gehören damit zu der Gruppe, die ein besseres Verhalten als BK7 zeigen. Pyrex wird von Corning gefertigt, es gab früher Pyrex-Rohlinge aus Pyrex® 7740, also fine annealed bzw. getemperte Rohlinge.


    https://www.intercon-spacetec.…anderen-spiegeltraegern/- da findest du auch den Vergleich des Ausdehungskoeffizient der verschiedenen Gläser.


    Je kleiner der Ausdehungskoeffizient desto weniger verändert der Spiegel bei Temperaturänderungen seine Form, getempert treten im Material keine Verspannungen auf.


    Gruß
    Stefan

  • BK7 steht für <b>B</b>orosilikat-<b>K</b>ronglas. Wer bei einem Spiegelteleskop mit einem sogenannten optischen Glas wirbt, will damit weniger dessen optischen Qualtitäten, sondern dessen mechanische Qualitäten hervorheben.


    Für einen Spiegel spielt z.B. die Reinhheit/Blasenfreiheit fast keine Rolle, denn das Licht soll ja nicht durch das Glas wandern wie bei einer Linse.


    Viel wichtiger ist die Wärmeausdehnung und da ist BK7 (7,1 E-6 je Kelvin) nicht viel besser als Fensterglas (float glass) mit 8,5 E-6/K. Als optisches Glas sollte BK7 aber weitgehend frei von inneren Spannungen sein.


    Zum Vergleich: Pyrex (ursprünglich die Markenbezeichnung von Corning (als Glassorte inzwischen etwas verwässert) und das Borofloat (ebenso auch Supremax, Duran) von Schott sind ein Borosilikat-Glas (hier ohne den Zusatz "Kron") und haben einen Wärmeausdehungskoeffizient, der weniger als halb so groß wie Fensterglas ist. Genau deswegen werden sie primär z.B. als Ofen-Schaugläser, für Kaffeekannen, als Reagenzgläser im Labor etc. genutzt, mangels Wärmeausdehung zerplatzen sie bei Temperaturänderungen nicht.


    ***


    Was vielleicht noch nicht alle mitbekommen haben:
    Corning hat die Produktion von Pyrex inzwischen verkauft. Keine Ahnung wo da die Namensrechte inzwischen gelandet sind, in den USA steht Pyrex für "Geschirr aus Glas". Bekannt wurde bei den Astronomen Pyrex vor ~80 Jahren, als der 5m-Hauptspiegel in Mt. Palomar aus Pyrex hergestellt wurde.
    Pyrex wurde nie im Float-Prozess hergestellt (Float-Prozess ist eine Endlos-Fertigung im Fließverfahren im Gegensatz zum Einzelgussverfahren. Damit hatte Pyrex immer das Problem, dass besondern dicke Scheiben innere Verspannungen aufweisen konnten, sofern sie nicht zusätzlich kontrolliert erwärmt und "langsam" abgekühlt wurden (sog. fine annaeling).


    Die Konkurrenz Schott in Mainz stellt Borosilikatglas in Mainz bis zu einer Dicke von (ich glaub inzwischen 30mm) im Float-Prozess her. Kurzum, wer den Floatprozess so beherrscht, der hat auch keine Probleme mit "inneren Spannungen". Supremax ist dagegen "gewalztes Borosilikatglas". Gleiches Glasmaterial wie Borofloat, anderer Herstellungsprozess.


    Seit einiger Zeit werden auch Zero-Expansion-Gläser (Zerodur und der lizensierte Ableger Astro-Sital, ULE-Glas) angeboten. Die haben faktisch überhaupt keine Wärmeausdehnung, sind aber teuer und deutlich schwieriger in der Bearbeitung. Dann gibt es noch Quarzglas, dessen Wärmeausdehung ebenfalls fast gegen null geht (ca. 10-fach geringer als Fensterglas). Auch hier ist die Bearbeitung wegen der Härte schwierig.


    Wenn man ein Spiegelteleskop aus China bekommt, wäre ich immer vorsichtig mit den Markenbezeichnungen. Ich bezweifle, dass die BK7 von Schott aus Mainz beziehen, sondern einfach ein BK7-ähnliches Glas nehmen. Denn für Spiegelteleskope wäre Borofloat besser und vielleicht sogar billiger als BK7 (Schott). Allerdings produzieren die ihre Sachen weniger für den deutschen Markt, sondern für weltweiten Vertrieb und ich habe keine Ahnung, welche Glas-Marken da wo welchen Stellenwert haben. "Pyrex" z.B. geniest in den USA seit dem Bau des Palomarspiegels eine besondere Wertschätzung.


    ****


    <b> Die Glasauswahl hat bei heutigen Teleskopen keinerlei Auswirkungen auf die optische Präzision der Spiegeloberfläche</b>
    Vielleicht gab es vor 25 Jahren in China mal eine Zeit, als die aus Fensterglasbruch in einem Hinterhof 200mm-Glasrohlinge zusammenschmolzen und deshalb jede Markenbezeichnung sich davon abhob. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das heute aber so nicht mehr läuft; auch in China bleibt die Zeit nicht stehen. Das Schleifen und Polieren dürfte für alle Spiegel einer bestimmten Größe in etwa gleich ablaufen, so dass man keine Rückschlüsse vom Material auf den "Strehl" ziehen sollte.





    (==&gt;)Stefan:
    Temperglas (getempert) ist das Gegenteil von spannungsfrei (siehe Sicherheits-Glas). Da wird Glas schockartig abgekühlt. Bleib einfach bei "fine annealed".

  • Ups, da hat Kalle66 etwas früher gepostet und sehr schön geantwortet - ich lass meinen Beitrag trotzdem mal stehen...


    Hallo Michi,


    Erst mal zu den Begriffen:
    Das Spiegel<i>material</i> ist fast immer Aluminium, sehr selten Silber, und für Spezialanwendungen der Profis auch mal Gold oder andere Metalle.
    Was Du wissen möchtest, ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Spiegel<i>substraten</i>.


    BK7 ist eine optische Glassorte aus alten Schott-Katalogen mit eher niedrigem Brechungsindex. Was als "BK7" Teleskopspiegel verkauft wird, dürfte meist aus einer moderneren Glassorte mit ähnlichen Eigenschaften bestehen. Die optischen Eigenschaften sind hier aber völlig egal, weil das Licht nicht durchs Glas hindurch muss.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Floatglas ist vom Prinzip nichts anders als Fensterglas, also das wirklich billigste Material. Wird auch ab und an als Kalt-Natron-Glas beworben.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Diese Aussage von stefan-h ist so nicht korrekt.
    Floatglas beschreibt ausschließlich den Herstellungsprozess, nicht das Material:
    Glasschmelze wird auf flüssiges Zinn gegossen und langsam weiter bewegt und dabei abgekühlt. Dadurch bekommt man eine ziemlich ebene und spiegelblanke Oberfläche.
    Der Prozess muss über längere Zeit kontinuierlich laufen, damit das Ganze wirtschaftlich ist. Daher ist er nur für Glassorten anwendbar die in größeren Mengen produziert werden. Außerdem vorzugsweise für Anwendungen, bei denen die Restwelligkeit der Oberfläche nicht stört.


    Optische Gläser und auch andere Gläser mit geringem Produktionsvolumen werden chargenweise erschmolzen und zum Abkühlen in Formen gegossen.


    "Normales" Fensterglas ist Kalknatronglas und sein Ausdehnungskoeffizient ist ähnlich dem von BK7 Linsenglas. Die typische leichte Grünfärbung billiger Glassorten wird von einem geringen Eisengehalt verursacht. Solche Gläser werden heute grundsätzlich in großen Mengen als Floatglas produziert. Bis vor ca. 50 Jahren hat man statt dessen Zylinder geblasen, das weiche Glas dann aufgeschnitten und zum Abkühlen auf einer ebenen Fläche ausgerollt. Die Oberfläche war sehr wellig im Vergleich zum Floatglas und die Dicke ungleichmäßiger.


    Wenn Fensterglas spannungsarm getempert ist, kann man es ohne Weiteres als Spiegelsubstrat verwenden. Bei kleinen dünnen Spiegeln ist die Wärmeausdehnung kein großes Problem.
    Sogar der 2,5m Spiegel auf dem Mount Wilson, der vor gut 100 Jahren in Betrieb ging und heute immer noch verwendet wird, ist aus einfachem Fensterglas, und mit ihm wurden die ersten Einzelsterne in der Andromeda-Galaxie fotometriert.


    Wir Amateur-Spiegelschleifer verwenden gern Borofloatglas von Schott. Es ist ein Borosilikatglas wie Pyrex und genau so gut wie dieses für die Spiegelherstellung geeignet.
    Die Wärme-Ausdehnung liegt zwischen Kalknatronglas/BK7 und Quarzglas, ebenso die Oberflächenhärte.


    Das Glas muss in der Produktionsstraße auf dem Zinn schwimmend abkühlen können. Wenn das langsam genug geschieht wie beim Borofloat, bekommt man spannungsarmes Glas quasi wie feingekühlt. Der Nachteil des Floatglas-Produktionsprozesses ist die begrenzte Glasdicke. Schott fertigt im Normalbetrieb bis 21mm und ausnahmsweise 25mm Dicke, wobei die Oberfläche nicht mehr so eben ist wie beim dünneren Glas. Wenn ich das richtig verstanden habe, läuft die Anlage nur sehr kurze Zeit pro Jahr auf 25mm.


    Für einen fertigen Spiegel wäre Quarzglas noch besser als Pyrex oder Borofloat. Allerdings ist die Herstellung aufwändiger, denn die Schmelztemperastur liegt noch mal deutlich höher als bei Borofloat/Pyrex, und die harte Oberfläche, die beim fertigen Spiegelsubstrat erwünscht ist, macht die Bearbeitung mühsamer. Das erhöht auch denPreis sehr deutlich.
    Der 5m Spiegel für das Hale-Teleskop auf dem Mount Palomar sollte ursprünglich aus Quarzglas hergestellt werden, aber Corning hat das nicht in den Griff gekriegt und nach mehreren Jahren teurer Fehlversuche wurde schließlich Pyrex genommen.


    Für die Profis gibt es mittlerweile mehrere Spezialgläser, deren Temperaturkoeffizient für die Wärmeausdehnung nahezu 0 ist. Die Kosten sind aber so hoch und die Vorteile für Amateure so gering, dass solche Spiegel-Substratmaterialien bei uns Amateuren praktisch keine Rolle spielen.


    Bis ca. 1850 wurden Teleskopspiegel immer aus Metall gegossen. Sie ließen sich schlecht bearbeiten, liefen schnell an und mussten dann wieder blank poliert werden, was jedes Mal die optische Korrektur veränderte. Erst nachdem Justus von Liebig das chemische Versilbern von Glas und Leon Focoult den Messerschneiden-Test erfunden hatte, konnte man Glas nicht nur für Linsen, sondern auch für Spiegel verwenden. Erst ab ca. 1935 wurden Spiegel mehr und mehr im Hochvakuum mit Aluminium bedampft.


    Heute werden für Spezialanwendungen wieder Metall-spiegelsubstrate verwendet. Zum einen kann man heute große Einkristalle aus hochreiner Schmelze produzieren, zum anderen kann man mit Spezialdrehbänken etwa 1µm Genauigkeit erreichen, was für Infrarot- und Spektroskopie-Anwendungen schon ausreicht.


    Gruß,
    Martin

  • Hi Kalle, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Temperglas (getempert) ist das Gegenteil von spannungsfrei (siehe Sicherheits-Glas). Da wird Glas schockartig abgekühlt. Bleib einfach bei "fine annealed".<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Jain, mit tempern wird durchaus auch das Feinkühlen bzw. fine annealead beschreiben.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Tempern


    Der Unterschied zu deiner Aussage ist dabei der Abkühlvorgang, langsam erzielt man spannungsfreies Glas, schnell abkühlen erzielt den von dir beschriebenen Effekt. Da für Spiegelmaterial spannungsfreies Material erwünscht ist wird beim Tempern also langsam untergekühlt, sonst wäre es ja sinnfrei. [:)] <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Für einen Spiegel spielt z.B. die Reinhheit/Blasenfreiheit fast keine Rolle, denn das Licht soll ja nicht durch das Glas wandern wie bei einer Linse.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Eigentlich schon, inhomogene Bereiche führen ja zu unterschiedlicher Ausdehnung und damit zu Störungen. Das war ja auch beim ersten Versuch von Corning das Problem, als die den Spiegel für Mt. Palomar herstellen wollten, der Fehlschlag ist jetzt im Corning Glas Museum zu sehen. So steht es jedenfalls auf der Wiki-Seite zu Corning. https://en.wikipedia.org/wiki/Corning_Inc.


    Zum Verkauf seitens Corning-
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Corning hat sich 1998 von der Corning Consumer Products Company (heute Corelle Brands) getrennt, und die Produktion von Pyrex-Produkten für den Endverbraucher ging mit ihr einher. Die bisherige Lizenzierung des Namens an Newell Cookware Europe blieb in Kraft:[5] Der französische Kochgeschirrhersteller Arc International erwarb Anfang 2006 das europäische Geschäft von Newell[6] und besitzt derzeit die Rechte an der Marke in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Michi


    Viel wichtiger als der Spiegelträger BK7 oder Float ist die Genauigkeit mit der die Parabel getroffen wurde. Erst danach würde ich das mal von der Größe, speziell vom Dickenverhältnis und vom Öffnungsverhältnis abhängig machen. Bis 10" kühlt eigentlich mit Lüfter alles gut aus.
    Danach kommt es schon eher auf die Belüftung und auf das Trägermaterial an.
    BK7 und Float ist halt schon eher das billig Segment. Pyrex, Supremax,das Mittel und Quarz, Zerodur und Sital das Top Material.


    CS

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