Eine Nacht in zwei Teilen

  • Die Nacht vom 05. auf den 06. Oktober 2018, ca. 22:00 - 02:00 Uhr
    sowie den 07. Oktober 03:00 - 06:00 Uhr.


    Erster Teil


    SQM 21.58, fst 6,4mag (da übe ich noch)


    8", f/6 Dobson, zuhause auf der Wiese.
    Irgendwo kilometerweit weg im Wald schreit jemand ein langgezogenes "Ooooo-diiinnnn".
    Meine Interpretation ist, dass jemand der deutschen Industrienorm huldigen wollte, an diesem Freitagabend in der Uckermark.


    Nochmal Mars, nach diesem Marsjahr, naja, immerhin, eine Polkappe und etwas graue Oberfläche zeigte sich. Mehr wollte ich da garnicht, insofern fing der Abend bereits schön an.


    Ngc 7662, der blauer Schneeball genannte planetarische Nebel, war ja ganz einfach zu finden, auch ohne OIII Filter. Ich wollte wieder mit dem Baader Microguide Okular rumprobieren und hatte mir die Größen einiger Objekte aufgeschrieben. Der Planetary sollte etwa ein Seitenverhältnis von 1:2 haben, erschien mir jedoch annähernd rund.
    Blassblau, die Bezeichnung kommt durchaus hin.
    Im Microguide bei 96x etwa zwei Skalenteile (Striche) groß und aufgrund seiner Blässe immer wieder von der Beleuchtung verdeckt, es half, diese an- und auszublinken a la Rigel.


    NGC 7640, eine Galaxie nahebei, zeigte sich doch recht unscheinbar,
    indirekt doch erheblich länger und präsenter als im direkten Anblick.


    NGC 7686, ein offener Sternhaufen ebenfalls in der Nähe, liess sich nicht zweifelsfrei identifizieren. Vielleicht habe ich schlicht zu hoch vergrößert.


    Hirsche lassen ihre Geweihe aneinanderklacken, es kracht und röhrt aus mindestens zwei Richtungen.


    Heute war es dann soweit, der Sichelnebel, NGC 6888, war fällig.
    Ich brauchte auch hier eine Weile, bis ich ihn hatte. Der OIII leistete gute Dienste, vorher bewunderte ich noch zwei sehr rotorange Sterne dicht beieinander, in unmittelbarer Nähe zum Nebel.


    Mittlerweile sind auch meine Schafe herangegrast. Unser Findelkind(-lamm) kommt ganz nah, na, Weltraumschaf, sage ich, aber es denkt nur, "Der Weltraum, unendliche Weiden". Es grast weiter.


    Irritiert wende ich mich dem Teleskop zu. Da fällt es mir wieder ein.
    Hatte nicht neulich jemand den Nordamerikanebel im OIII beobachtet?
    Damals fragte ich mich, wieso ich nicht selbst schon darauf gekommen war. Das war doch mal ein Augenöffner! Satt hing der Nebel im Okular, das Gesichtsfeld bei weitem zu klein, was soll ich sagen, 1,25" Filter (ja, das Budget), aber eine Augen, hm, -weide. Das Schaf wackelte kurz mit dem Ohr. Weiter von aktuellen Berichten angestachelt, suchte ich, ohne Filter, nach der Ionisationsquelle des Nebels. Da steht ja der kleine Orion in der Sargassosee, und zwischen den Schultersternen findet man ein kleines, unscheinbares Sternlein. Dieser soll für das Leuchten von NGC 7000 verantwortlich sein.


    Weil ich ja praktisch in der Nähe war, wandte ich mich der ständigen NGC 7331 zu, einer Galaxie mit mehreren winzigen Galaxien nebendran und, mal wieder mein Ziel: Stephans Quintett. Im Microguide sauber gestarhoppt, standen sie, diesmal aber eindeutig, wennauch schwach, im Okular. An dieser Stelle muss ich einmal die Hyperion-Okulare lobend erwähnen. Einiges erscheint mir seit deren Erwerb doch schärfer bis hin zu überhaupt erst eindeutig identifizierbar. Seben Zoom, sage ich da nur, und wieder, jaja, das Budget.
    So auch mal wieder, aber dadurch nicht weniger spektakulär, die Staubbänder der Andromeda bei 33,3x. Das ist einfach ein erhabener Anblick.


    Gegen 02:00 Uhr schob sich M42 gerade über die Baumwipfel, so tief, konnte ich doch nicht widerstehen und zu meiner Überraschung war der Anblick so horizontnah wirklich klasse. Man bildet sich ja viel ein, wenn man mal etwas gehört hat, aber auch wenn ich nicht direkt Farben sah, so hatten doch die einzelnen Nebelregionen unterschiedliche Sattheit in ihren Farbtemperaturen. Ich würde sagen, alles Grautöne, aber das eine Grau hat mal neben einem roten, das anderen neben einem grünen Farbeimer gestanden, bevor es an den Himmel gepinselt wurde.


    Zweiter Teil


    07.Oktober, 03:00 Uhr


    Wir diskutieren seit einer Stunde flüsternd, ob es sich lohnt, praktisch nur für Andromeda und Orionnebel das Gerödel aufzubauen
    und dabei praktisch den Rest des Hauses zu wecken.
    Als wir endlich Richtung Wiese stapfen, zieht es zunehmend zu, also der Klassiker.
    Entsprechend ist M31 enttäuschend, ihrem Ruf Ehre gebietend.
    M42 jedoch, wenngleich wirklich ""farblich""("""!) matter als am Vorabend, zeigt sich detailreich wie ich es noch nicht erlebt habe. Feinste Nebelschleier zeichnen die Schwingen, kühn bricht die Dunkelwolke zwischen den Schulterblättern herab, woneben die Dreiersternkette und die Trapezsterne eingebettet sind. Erstaunt stelle ich fest, dass der Nebel noch im Okular steht, wenn freiäugug bereits alles zugezogen erscheint.
    Zum Schluss schwebt die feine Mondsichel noch herauf, freiäugig sieht man dunklere Flecken auf der erdlichbeschienenen Seite, besser ausgedrückt, ein Fast-erdlichtvollmond mit feiner Sichel.
    Im Fernglas fallen die nahe dem Terminator befindlichen Mare weniger auf als freiäugig. Wir denken an eine Täuschng durch die Blendung,
    ein Foto am nächsten Morgen zeigt die Mare aber deutlich.
    Ein schönes Bild zum Abschluss, es steht einer Mondfinsternis in nichts nach. Gegen 06:00 Uhr fallen wir ins Bett, der folgende Tag
    schleppt sich entsprechend dahin. Es war es wert.


    CS,


    Henning

  • Hallo Henning,


    fst 6.4mag; das ist doch mal ein Himmel! Vielen Dank für Deine launige Beschreibung. Visuell rumspechteln macht vor allem Spaß und Freude am Erlebten, Gefundenen und Gesehenen.


    Uwe

    "Hängst hier die ganze Zeit rum und wartest auf uns"

    Fünfhundertsechundsiebzig Milliarden Dreitausendfünfhundertneunundsiebzig Jahr", sagte Marvin. "Ich hab sie gezählt."...

    Die ersten zehn Millionen Jahr waren die schlimmsten...und die zweiten zehn Millionen Jahre waren auch die schlimmsten.

    Die dritten zehn Millionen Jahre haben mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Danach habe ich ein bisschen die Lust verloren"

    (D. Adams)

  • Hallo Uwe,


    Ja, Lambda UMi. Auf meiner fst-Karte ist er mit 6,4mag verzeichnet, bei Stellarium hat ist er nur mit 6,30 angegeben.
    Wie geschrieben, tue ich mich da auch noch etwas schwer, hoffe aber,
    irgendwann das SQM entbehren zu können.


    CS,


    Henning

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">aber es denkt nur, "Der Weltraum, unendliche Weiden". Es grast weiter.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    [:D][:D][:D]


    geil. Cooler Bericht, danke fürs Grinsenlassen.


    CS
    Norman

  • Hallo Henning,


    ein sehr lebhafter und damit sehr schöner und kurzweilig zu lesender Bericht. Hat mir viel Freude gemacht. Danke für‘s Mitnehmen.


    Gruß und klaren Himmel
    Heiko

  • Hallo Henning,


    auch von mir vielen Dank! Gegrient habe ich auch - Schoun, das Schaaaf, klasse :-D!
    Bin ja selbst schreibfaul geworden - war auch vom 5. auf den 6. draußen mit meinem 8" Newton. Aber ich musste 65km fahren (&gt;1 Std Fahrt) um unter einem fst 5,8 Himmel zu landen. Daher Glückwunsch zum Wohnort! Daß Du Stephans Quintett eindeutig siehst, sagt alles, ich beiss mir immer die Zähne dran aus. Erst Anfang September habe ich es versucht und es mir eher eingeredet als wirklich was gesehen. Dann kaufe ich Dir auch mal die Farbskala bei M42 ab. Persönlich hab ich es an meinem 8" nie erlebt - nur bei Hottie in Südafrika mit 20" und fast im Zenith.


    CS,
    Walter

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: stardust3</i>
    <br />Glückwunsch zum Wohnort! Daß Du Stephans Quintett eindeutig siehst, sagt alles, Dann kaufe ich Dir auch mal die Farbskala bei M42 ab. Persönlich hab ich es an meinem 8" nie erlebt - nur bei Hottie in Südafrika mit 20" und fast im Zenith.


    CS,
    Walter



    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Walter,


    Danke.
    Was Stephans Quintett angeht, das war nur, oder immerhin, eindeutig gesehen. Wir reden hier nicht über die Qualität. Aber immerhin.
    Und die Farbwahrnehmung bei M42, wie ich schon sagte, das ist dort eher so, als wenn ein Schwarzweissfoto an Stellen etwas ins Sepia geht. Ich würde ruhigen Gewissens noch nicht von Farbe sprechen.


    Ich sags nochmal: Immerhin. Es reichte,um mich zu begeistern.


    CS,
    Henning

  • Moin Henning,


    nun auch von mir vielen Dank für Deinen schönen Bericht. Mir macht es immer wieder Spaß, Deine Erzählungen zu lesen.
    Und ich muß dabei auch immer grinsen, weil wir wohl öfter in den gleichen Nächten die gleichen Objekte begucken, aber Du mit Deinen Berichten immer schneller bist... Nein, ich schreibe nicht ab, ich gucke selbst! ;)



    Viele Grüße von


    Marcus

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Marcus_S</i>
    <br /> Nein, ich schreibe nicht ab, ich gucke selbst! ;)


    Viele Grüße von


    Marcus
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Marcus,


    Ich finde das toll, wenns pling macht und man sich am Himmel trifft.
    Immer wieder nehme ich gerne der Anderen Berichte als Inspiration und schaue dann, was so geht an meinem Standort und mit meinem Röhrchen.
    Generell ist festzuhalten, dass dann doch Objekte auftauchen, die eigentlich grenzwertig für 8" sind. Wie der Stern, der NGC7000 zum Leuchten bringt, 2MASSirgendwas.
    Aber mit Ausdauer und dann doch mal einer guten Nacht geht schon vieles.


    Dann werde ich mir nun mal Deinen Bericht vornehmen, die kommenden Nächte lohnen eher zum rausgehen. Das ist ja ein schöner Brocken.


    CS,


    Henning

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Generell ist festzuhalten, dass dann doch Objekte auftauchen, die eigentlich grenzwertig für 8" sind. Wie der Stern, der NGC7000 zum Leuchten bringt, 2MASSirgendwas.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Henning,
    der Stern geht mit 8", ich würde sagen mittelschwer, noch nicht grenzwertig.
    Der Reiz ist hier ohne Frage ein anderer, den Du Deinen Berichten zufolge ja auch gern auf Dich während der Beobachtung wirken lässt [;)].


    Viele Grüße


    Rene

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