Sterne am Gletscher: Eine Nacht auf 2850m

  • Hallo zusammen!


    Endlich habe ich mal wieder einen Beobachtungsbericht fertig, diesmal vom Tiefenbachferner hoch über dem Ötztal:


    Auch wenn die Webcam Regen anzeigte (und das auch den ganzen Tag lang machte [xx(] )– laut Satellitenbild hing keine Wolke über dem Tiefenbachferner und so habe ich kurzentschlossen den Septemberneumond genutzt, mich in luftige Höhe zu begeben und so den Sternen noch einen Tick näher zu sein….



    Nach drei Stunden und einem kleinen Abstecher, um das Abendrot zu fotografieren kam ich dann plangemäß um 23:00 Uhr auf dem Standort am Tiefenbachferner an und die Satelliten hatten nicht gelogen: Keine Wolke stört den Blick an den Himmel, die Milchstraße leuchtet hell und klar über dem Ötztaler Alpen und wie immer hier oben hört man außer dem Rauschen des Gletscherwassers rein gar nichts.



    Nur eine schnelle Bearbeitung mit dem Handy :)


    Perfekter Himmel in 2.850 m


    Die erste Messung mit dem SQM-L zeigte dann auch einen entsprechenden Wert: 21,56 mag/arc², das hat das Niveau vom Furkajoch im Winter oder der Edelweißspitze. Und dabei sollte es nicht bleiben: 2 Stunden später erreichte der Himmel sogar 21,77 mag/arc², das ist der dunkelste Himmel, den ich bisher gemessen habe und das bei lauschigen 7° C auf 2.850m. Ein echter Traum! So hab ich mich anfangs einfach nur in den Stuhl gesetzt und diesen tollen Himmel bestaunt und genossen!


    Einfach in der Milchstraße mit den Augen Spazierengehen, die man hier nicht suchen muss: Vom Schild bis Cassiopeia leuchtet sie hell und klar, Andromeda ist als deutliches Fleckchen sichtbar und ich meine sogar M33, den Dreiecksnebel erspät zu haben, wenn ich meinen heute doch etwas strapazierten Augen trauen darf.
    Überhaupt vertrage ich diesmal die Höhe nicht wirklich – oder es ist etwas anderes, auf jeden Fall laufe ich rum wie leicht besoffen, unter anderen Umständen hätte ich wohl die Nacht frühzeitig beendet, aber eine solch besondere Nacht schenkt man nicht wegen ein paar Zipperlein her! Aber großes Faint-Fuzzy-Jagen ist heute einfach nicht drin!




    Helix-Nebel (NGC 7293):


    Erstes visuelles Objekt der Nacht war selbstverständlich das Astrotreff-Objekt des Monats, der Helix-Nebel. Dieser große Planetare Nebel wurde 1823 vom deutschen Astronomen Karl Ludwig Harding entdeckt. Mit nur 650 Lichtjahren Entfernung ist er der uns am nächsten gelegene Vertreter seiner Art.
    Im Okular ist er halb so groß wie der Vollmond und zeigt sich anfangs als deutlicher runder milchiger Fleck. Bei längerer Betrachtung und mittels OIII-Filter zeigt sich nach und nach ein verdichteter Rand. Mehr Details kann ich leider nicht herauskitzeln – hier streiken heute meine Augen. Nach dem 2. Objekt im Hintergrund von NGC 7293, 2MASX 22290968-2047179, habe ich deswegen gar nicht erst gesucht.
    Auch andere kleine Galaxien suche ich in dieser Nacht vergeblich, es sollte einfach nicht sein.



    Also ist einfach nur Genußspechteln angesagt, ein paar Standardobjekte in Cassiopeia wie der Doppelsternhaufen h & x Persei oder der Crescent – und Veil-Nebel im Schwan stehen auf dem Programm – halt einfach entspanntes Gucken – das ist auch einfach nur schön. Dazwischen ein Schluckerl Sternguckerbier (das gute naturtrübe Alkohlfrei aus Kulmbach) während die Sommermilchstraße langsam im Nordwesten verschwindet, was braucht der Sternfreund mehr?



    Den Doppelhaufen wollte ich eigentlich auch mit dem Teleskop einfangen, nur habe ich wohl vergessen, den Okularauszug festzustellen – die Serie ist nicht zu gebrauchen bis auf dieses eine Bild, das Einstellungsbild mit ISO 12800 :-). Aber besser als nichts! Und was da wohl durchgeflogen ist? Es ist auf jeden Fall ein Satellit, aber welcher, keine Ahnung!


    The Heart of the Heart
    Wenn auch der Doppelhaufen nicht gelingen wollte, das nächste Objekt wenigstens hat geklappt: Das Herz des Herznebels im Sternbild Cassiopeia.
    Der Herznebel ist ein Emissionsnebel, das ionisierte Wasserstoffgas des Nebels wird durch die heißen Sterne im Sternhaufen (Melotte 15) zum Leuchten angeregt. Er befindet sich ca. 7500 Lichtjahre von der Erde entfernt im Perseus-Arm der Milchstraße und wurde am 3. November 1787 von Wilhelm Herschel entdeckt und katalogisiert.
    Die Aufnahme entstand mit dem TS 130/650 QuadrupletApo (Arwen) und der Canon 60da. Insgesamt sind es 20 Aufnahmen zu je 4 Minuten bei ISO 1600.



    Während der Aufnahme bin ich einfach noch ein bisserl herumgewandert unter diesem perfekten Sternenhimmel, auch um bei 4° C wieder etwas warm zu werden – nach dem heißen Sommer sind das ja direkt arktische Temperaturen :-).
    In der Zwischenzeit stieg Orion über den Bergen im Osten empor, und zum ersten Mal in diesem Jahr und als Abschluss der Nacht gab es noch einen ausgiebigen Spaziergang in M42.


    Damit endete diese tolle Nacht im Hochgebirge auf 2.850m. Dieser Platz hier oben ist einfach spitze – wenn auch nur im Herbst und nur bis zur Eröffnung der Skischaukel in Sölden, eben solange die Ötztaler Gletscherstraße befahrbar ist. Aber ich komme auf jeden Fall wieder hier herauf!



    Den ganzen Bericht findet Ihr auch meiner Homepage:



    https://www.sgo-online.de/astr…acht-am-tiefenbachferner/
    (Bitte ganz kopieren, sollte der Link nicht funktionieren!)

  • Hallo Stefan,


    ein Rundum-Sorglos-Paket lieferst Du da ab.


    Genial finde ich Deine erste Milchstraßenaufnahme im Beitrag. Du hattest sicherlich ziemlich gut mit Deinen Kameras zu tun. Mir ist es früher immer schwer gefallen, gleichzeitig zu fotografieren und zu beobachten. Ich ziehe den Hut vor jedem, der beides so gut verknüpfen kann.
    Mich würde mal interessieren, ob viele Astronomen auch Tolkien-Fans sind. Ich oute mich mal neben Dir. Und zu meiner Verteidigung muss ich sagen, ich habe die Bücher schon in den 90er Jahren gelesen, als von den Filmen noch nicht die Rede war [8D].


    Viele Grüße


    Rene

  • Servus Stefan


    Ja da oben bist du den Sternen sehr nahe! Coole Fotos und Eindrücke von dir! Es lohnt sich immer mal immer wieder so einen alpinen Platz aufzusuchen!
    Den Anblick vergisst man nie und man ist dann leider oft enttäuscht, wenn man wieder auf niedrigen Gefilden seinen Kübel aufbaut und zum Himmel schaut...


    Viele Grüße Hajü Merk
    http://www.astromerk.de

  • Hallo Rene,


    ja ich bin auch schon sehr lange Tolkien-Fan, eigentlich seit wir im Gymnasium den Hobbit als Lektüre in der 5. Klasse hatten, das war 1997, also lange vor den Filmen... Den Herr der Ringe habe ich mir damals auf Englisch gekauft, die deutsche Ausgabe war mir zu teuer :-). Die hab ich mir dann in den Ferien vorgelesen - so hab ich dann Englisch gelernt!


    Viele Grüße


    Stefan

  • Hallo Hajü,


    Schön dass Dir der Bericht gefällt! Ja Hochgebirge ist schon was Besonderes. Ich versuche immer zur Neumondzeit da rauf zu fahren, im Winter auf den Furka, im Sommer Edelweißspitze, Bieler Höhe oder Tiefenbachferner. Ich hab aber auch das Glück, relativ nahe an den Bergen zu Wohnen. Sonst ginge das sicher nicht! Hier ist es mir zum reinen Spechteln inzwischen viel zu hell, da mach ich dann wenn nur Fotos.


    Viele Grüße


    Stefan

  • Stefan, ein sehr schöner Bericht von Dir mit tollen Fotos.
    Vor 25 Jahren waren wir Backnanger Sterngucker mit dem nagelneuen 30" Dob da oben, allerdings in der Nachbarschaft auf dem Rettenbachferner am obersten Parkplatz auf 2870 ü.NN.
    Zum Tiefenbachferner geht es da oben noch durch den Tunnel soweit ich mich erinnern kann.
    Wir sind am Donnerstag vor dem ITT 1993 hochgefahren und kaum oben aufgebaut, hat es begonnen zu schneien.
    Kurz nach 2 Uhr als es aufklarte wurden wir von unserem Rainer geweckt und wir haben bis die Sonne aufging, dort oben bei gefühlten -15°C durchgemacht.
    Die Milchstrasse war sehr beeindruckend und wir konnten den Gegenschein ausmachen.
    Am selben Tag ging es weiter zum ITT auf den Dobratsch.
    Danke schön für Deinen Bericht der mich an damals erinnert[:D]

  • Hallo Gerd,
    Ja es ist wirklich ein toller Platz da oben.
    Vom Rettenbachferner ist der Südblick durch
    die schwarze Schneid verdeckt.
    Fährt man durch den Tunnel und vom Parkplatz noch ein bisserl den Ziehweg hoch hat man nach Suden freien Blick über das Venter Tal. Die Texelgruppe blendet dabei das Licht von Meran perfekt ab. Eine Bergreihe weiter auf dem Timmelsjoch stort Meran schon deutluch mehr...
    Viele Grüße
    Stefan

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