Jupiter hatte Wachstumsstörungen

  • <b>Aufgrund von Meteoritendaten zeigen Forschende der Universitäten Bern und Zürich sowie der ETH Zürich, wie der Jupiter entstanden ist. Daten aus Meteoriten hatten darauf hingedeutet, daß das Wachstum des Riesenplaneten zwei Millionen Jahre verzögert wurde. Nun liegt die Erklärung vor: Kollisionen mit kilometergroßen Blöcken erzeugten hohe Energie, was dazu führte, daß in dieser Phase kaum Anreicherung von Gas stattfinden und der Planet somit nur langsam wachsen konnte.</b>


    Der Jupiter ist mit einem Äquatordurchmesser von rund 143.000 Kilometern der größte Planet des Sonnensystems und hat 300 Mal so viel Masse wie die Erde. Der Entstehungsmechanismus von Riesenplaneten wie Jupiter ist seit Jahrzehnten ein heiß diskutiertes Forschungsthema. Nun haben sich Astrophysikerinnen und Astrophysiker des Nationalen Forschungsschwerpunktes (NFS) PlanetS der Universitäten Bern und Zürich sowie der ETH Zürich zusammengetan, um alte Rätsel rund um die Entstehung des Jupiters und neue Messungen zu erklären. Die Forschungsergebnisse wurden in der Zeitschrift «Nature Astronomy» publiziert.


    «Wir konnten zeigen, daß Jupiter in verschiedenen Phasen gewachsen ist», erklärt Julia Venturini, Postdoktorandin an der Universität Zürich. «Besonders interessant ist, daß es nicht die gleichen Körper sind, welche die Masse und die Energie liefern», ergänzt Yann Alibert, Science Officer beim NFS PlanetS und Erstautor der Studie. Zuerst sammelte der Planeten-Embryo nämlich schnell kleine, zentimetergroße Kieselsteine an und formte so in der ersten Million Jahren rasch einen Kern. Die folgenden zwei Millionen Jahre waren geprägt von einer langsameren Anhäufung von kilometergroßen Blöcken, den so genannten Planetesimalen. Sie trafen den wachsenden Planeten mit großer Wucht und setzen Wärme frei. «Während der ersten Etappe brachten die Kieselsteine die Masse», erklärt Yann Alibert: «In der zweiten Phase fügten die Planetesimale auch etwas Masse hinzu, aber was noch wichtiger ist, sie brachten Energie.» Nach drei Millionen Jahren war Jupiter zu einem Körper von 50 Erdmassen herangewachsen. Dann begann die dritte Entwicklungsphase, dominiert von der Anreicherung von Gasen, die zum heutigen Gasriesen mit rund 300 Erdmassen führte.



    Die Entstehung Jupiters in drei Phasen:
    Phase 1 / bis 1 Million Jahre: Jupiter wächst durch Ansammlung von Kieselsteinen (blaue Punkte). Große, ursprüngliche Planetesimale (grosse, rote Punkte) weisen hohe Kollisionsgeschwindigkeiten (rote Pfeile) auf, die zu zerstörerischen Zusammenstössen führen (gelb) und kleine Planetesimale der zweiten Generation erzeugen (kleine, rote Punkte).
    Phase 2 / 1 bis 3 Millionen Jahre: Die Energie, die durch die Ansammlung von kleinen Planetesimalen entsteht, verhindert eine schnelle Gasanreicherung und damit ein rasches Wachstum (graue Pfeile).
    Phase 3 / nach 3 Millionen Jahren: Jupiter hat genügend Masse, um große Mengen Gas anzusammeln.


    Das neue Modell für Jupiters Geburt paßt zu den Meteoritendaten, die letztes Jahr auf einer Konferenz in den USA vorgestellt wurden. Zunächst waren Julia Venturini und Yann Alibert verwirrt, als sie die Ergebnisse hörten. Messungen der Zusammensetzung von Meteoriten zeigten, daß in der Urzeit das Sonnensystems – eine Scheibe aus Staub und Gas – während zwei Millionen Jahren in zwei Regionen aufgeteilt war. Daraus ließ sich der Schluß ziehen, daß der Jupiter eine Art Barriere darstellte, als er von 20 auf 50 Erdmassen anwuchs. Während dieser Zeit muß der Planet die Staubscheibe gestört haben, und er muß eine Überdichte erzeugt haben, welche dazu führte, daß die Kieselsteine außerhalb seiner Umlaufbahn gefangen waren. Daher konnte sich das Material aus den äußeren Regionen nicht mit dem Material der inneren vermischen, bis der Planet genügend Masse erreicht hatte, um Gestein umzulenken und nach innen zu streuen.


    «Wie konnte es zwei Millionen Jahre dauern, bis Jupiter von 20 auf 50 Erdmassen angewachsen war?» fragte Julia Venturini. «Das schien viel zu lang», erklärt sie: «Das war also die Frage, die unsere Studie auslöste.» Eine Diskussion per E-Mail begann unter den Forschenden des NFS PlanetS der Universitäten Bern und Zürich sowie der ETH Zürich und in der darauffolgenden Woche organisierten die Expertinnen und Experten aus den Bereichen Astrophysik, Kosmochemie und Hydrodynamik ein Treffen in Bern. «Nach ein paar Stunden wußten wir, was wir für unsere Studie berechnen mußten», sagt Yann Alibert: «Das war nur im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts möglich, der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Gebieten vernetzt.»


    Mit ihren Berechnungen zeigten die Forschenden, daß die Zeit, die der junge Planet im Massenbereich von 15 bis 50 Erdmassen verbrachte, in der Tat viel länger war als bisher angenommen. Während dieser Entstehungsphase lieferten die Kollisionen mit den kilometergroßen Blöcken genügend Energie, um die Gasatmosphäre des jungen Jupiters aufzuheizen und eine schnelle Abkühlung, Kontraktion und weitere Gasanreicherung zu verhindern. «Kieselsteine sind in den ersten Phasen wichtig, um schnell einen Kern zu bilden. Aber die Wärme, die von den Planetesimalen geliefert wird, ist entscheidend, um die Gasanreicherung so zu verzögern, daß sie zur Zeitskala paßt, die durch die Meteoritendaten vorgegeben wird», fassen die Astrophysikerinnen und Astrophysiker zusammen. Sie sind überzeugt, daß ihre Ergebnisse auch entscheidend dazu beitragen werden, langwierige Probleme bei der Erklärung der Entstehung von Uranus und Neptun sowie Exoplaneten mit ähnlicher Masse zu lösen.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Bern unter http://www.unibe.ch/aktuell/me…stoerungen/index_ger.html

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