Superscharfe Bilder von MUSE

  • <b>Das Very Large Telescope (VLT) der ESO hat das erste Licht mit einem neuen Modus Adaptiver Optik erreicht, die als Lasertomografie bezeichnet wird – und hat in diesem Rahmen bemerkenswert scharfe Testbilder vom Planeten Neptun, von Sternhaufen und anderen Objekten aufgenommen. Das bahnbrechende MUSE-Instrument kann ab sofort im sogenannten Narrow-Field-Modus mit dem adaptiven Optikmodul GALACSI diese neue Technik nutzen, um Turbulenzen in verschiedenen Höhen in der Erdatmosphäre zu korrigieren. Damit ist es jetzt möglich, Bilder vom Erdboden im sichtbaren Licht aufzunehmen, die schärfer sind als die des NASA/ESA Hubble-Weltraumteleskops. Die Kombination aus exquisiter Bildschärfe und den spektroskopischen Fähigkeiten von MUSE wird es den Astronomen ermöglichen, die Eigenschaften astronomischer Objekte viel detaillierter als bisher zu untersuchen.</b>


    Das MUSE-Instrument (kurz für Multi Unit Spectroscopic Explorer) am Very Large Telescope (VLT) der ESO arbeitet mit einer adaptiven Optikeinheit namens GALACSI. Dabei kommt auch die Laser Guide Stars Facility, kurz 4LGSF, ein Subsystem der Adaptive Optics Facility (AOF), zum Einsatz. Die AOF bietet eine Adaptive Optik für Instrumente am Hauptteleskop 4 (engl. Unit Telescope 4, kurz UT4) des VLT. MUSE war das erste Instrument, das von dieser neuen Anlage profitiert hat, und verfügt nun über zwei Modi Adaptiver Optik - den sogenannten Wide-Field-Modus und den Narrow-Field-Modus.


    Der Wide-Field-Modus von MUSE gekoppelt mit GALACSI im sogenannten Ground-Layer-Modus korrigiert die Auswirkungen atmosphärischer Turbulenzen bis zu einem Kilometer über dem Teleskop über ein vergleichsweise großes Gesichtsfeld. Der neue Narrow-Field-Modus mit Lasertomografie hingegen korrigiert fast alle atmosphärischen Turbulenzen über dem Teleskop, um noch viel schärfere Bilder zu erzeugen, wenn auch über einen kleineren Bereich des Himmels [2].


    Mit dieser neuen Fähigkeit erreicht das 8-Meter-Teleskop UT4 die theoretisch machbare Grenze seiner Bildschärfe und wird nicht mehr durch atmosphärisches Verschmieren begrenzt. Dies ist im Sichtbaren extrem schwierig zu erreichen und liefert Bilder, die mit denen des NASA/ESA Hubble-Weltraumteleskops vergleichbar sind. So wird es Astronomen möglich, faszinierende Objekte wie supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren entfernter Galaxien, Jets von jungen Sternen, Kugelsternhaufen, Supernovae, Planeten und deren Monde im Sonnensystem und vieles mehr in bisher unerreichter Detailtreue zu untersuchen [1].



    Neptun aufgenommen mit dem VLT mit MUSE/GALACSI im Narrow-Field-Modus der Adaptiven Optik. Bild: ESO/P. Weilbacher (AIP)


    Adaptive Optik ist eine Technik zur Kompensation der Unschärfe, die durch die Erdatmosphäre verursacht wird und ein großes Problem aller bodengebundenen Teleskope darstellt. Dies wird auch als Seeing bezeichnet: Turbulenzen in der Atmosphäre lassen die Sterne schon mit bloßem Auge funkeln. Bei großen Teleskopen führt dies zu unscharfen Himmelsaufnahmen. Das Licht von Sternen und Galaxien wird verzerrt, wenn es die Schutzschicht unseres Heimatplaneten durchdringt, und Astronomen müssen intelligente Technologien einsetzen, um die Bildqualität künstlich zu verbessern.


    Um dies zu erreichen, sind vier starke Laser an UT4 befestigt, die Strahlen aus intensivem orangefarbenem Licht mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern an den Himmel projizieren, die Natriumatome hoch in der Atmosphäre stimulieren und künstliche Laserleitsterne erzeugen. Systeme Adaptiver Optik nutzen das Licht dieser "Sterne", um die Turbulenzen in der Atmosphäre zu ermitteln und Tausend Mal pro Sekunde entsprechende Korrekturen zu berechnen, wobei der dünne, verformbare Sekundärspiegel von UT4 seine Form ständig verändert und so das verzerrte Licht korrigiert.


    MUSE ist nicht das einzige Instrument, das von der Adaptive Optics Facility profitiert. Mit GRAAL ist ein weiteres System Adaptiver Optik mit der Infrarotkamera HAWK-I im Einsatz. In einigen Jahren wird das leistungsstarke neue Instrument ERIS folgen. Diese wichtigen Entwicklungen in der Adaptiven Optik erweitern die bereits starke Flotte der ESO-Teleskope und rücken das Universum noch besser in den Fokus.


    Dieser neue Modus stellt auch einen großen Fortschritt für das Extremely Large Telescope der ESO dar, das die Lasertomografie benötigen wird, um seine wissenschaftlichen Ziele zu erreichen. Die Ergebnisse an UT4 mit der AOF werden den Ingenieuren und Wissenschaftlern des ELT helfen, eine ähnliche Technologie Adaptiver Optik an dem 39-Meter-Riesen zu implementieren.


    Endnoten
    [1] Atmosphärische Turbulenzen variieren mit der Höhe, einige Schichten führen zu einer stärkeren Degradierung des Lichtstrahls von Sternen als andere. Die komplexe Technik der Adaptiven Optik mit Lasertomografie zielt darauf ab, vor allem die Turbulenzen dieser atmosphärischen Schichten zu korrigieren. Für den Narrow-Field-Modus von MUSE/GALACSI wird ein Satz vordefinierter Schichten in 0 km (Bodenschicht; immer ein wichtiger Mitwirkender), 3, 9 und 14 km Höhe ausgewählt. Der Korrekturalgorithmus wird dann für diese Schichten so optimiert, dass die Astronomen eine Bildqualität ehalten, die fast so gut ist wie bei einem natürlichen Leitstern und der theoretischen Leistungsgrenze des Teleskops entspricht.
    [2] MUSE und GALACSI im Wide-Field-Modus bieten bereits eine Korrektur über ein Gesichtsfeld von 1,0 Bogenminuten Durchemsser bei einer Pixelskala von 0,2" x 0,2". Dieser neue Narrow-Field-Modus von GALACSI deckt ein viel kleineres Gesichtsfeld von 7,5 Bogensekunden ab, aber mit viel kleineren Pixeln, die nur 0,025" x 0,025" abdecken, um die exquisite Auflösung voll auszunutzen.


    Weitere Infos, Bilder und Videos auf den Seiten der ESO unter https://www.eso.org/public/germany/news/eso1824/

  • Hallo Caro,


    vielen Dank für die sehr interessante Neuigkeit. Das sieht wie ein echter technischer Durchbruch aus, vor allem der Vergleich mit dem Hubble Bild auf der ESO Seite ist beeindruckend.


    beste Grüße


    Thomas

  • Wow ...


    das Video ist mal wirklich was besonderes - allein vor der Idee kann man nur den Hut ziehen, des Effekts wegen, und die Ergebnisse bedürfen ohnedies keines Kommentars, die sprechen für sich.


    CS
    Jörg

  • Moin Ralf,


    bei Deinen - nomen est omen - Langzeitbelichtungen brauchst Du dann aber Einzelphotonensteuerung im GHz-Bereich, sonst bringt's ja nix [:D]


    CS
    Jörg

  • Hallo Heinz,


    der Strehl ist laut der Kurve 8.3%, also 0.083. Das klingt fuer den interferogrammverwoehnten Sternfreund erstmal gurkig. Aber man darf nicht vergessen, dass sich der Strehl auf die Beugungsfigur bezieht, und diese bei 8.2m Durchmesser extrem klein ist. Nach der Faustregel, dass im visuellen Licht etwa 14cm Oeffnung eine Bogensekunde aufloesen, zeigt sich die Beugungsgrenze bei 8.2m bei etwa 0.017" oder 17 Millibogensekunden. Dem steht ein Seeing (in guten Naechten, am Paranal) von 0.3" bis 0.5" gegenueber. Die Aufloesung bis zur Beugungsgrenze wuerde das System nach dieser Ueberschlagsrechnung ca. 20x schaerfer machen. Allerdings gibt es keine hundertprozentige Korrektur, da die Wellenfronterfassung und die Korrektur mittels deformierbarer Spiegel (mit endlicher Anzahl an Aktuatoren) den seeingbedingten Wellenfrontfehler nur approximativ herausrechnen kann.


    Auch bei der Verwendung von multikonjugierter AO und bei Verwendung mehrerer Laser, um den Konuseffekt herauszurechnen, wird die Wellenfront nicht komplett erfasst. Aber eben in guter Naeherung.


    Dies in Echtzeit zu tun und dabei auf einen Strehl von 0.08 zu kommen, ist erstaunlich. Auch wenn nicht ganz beugungsbegrenzt.

  • https://www.eso.org/sci/facili…lop/instruments/muse.html


    Muse ist eine IFU, die entweder eine Quadratbogenminute mit 0.2"-Spaxeln oder 7.5"x7.5" mit 0.025"-Spaxeln abbilden kann. In jedem Spaxel laeuft dabei ein komplettes Spektrum an Daten auf.


    IFU steht hier fuer "Integral field unit", eine Einheit, die ortsaufgelloeste Spektroskopie ermoeglicht.


    Ein "Spaxel" ist ein Ortsaufloesungselment. Das Kunstwort hat "Spatial Element" in sich verwurstet, also Raumelement, um es von den wirklichen Pixeln auf dem Detektor-CCD zu unterscheiden.


    Die Kombination aus einer IFU mit so vielen Spaxeln und dem hohen Sampling, erreicht durch den gekoppelten Einsatz mit der multikonjugierten adaptiven Optik, macht das Neue in diesem System aus.

  • Fast. Die Kombination von einem raeumlich hochaufloesenden, abbildenden Spektrografen und multikonjugierter adaptiver Optik mit mehreren Lasern.


    Mehrere Laser unterdruecken den Konuseffekt, der daher kommt, dass die Wellenfrontreferenz nicht im Unendlichen liegt, sondern 80km/cos(Zenitdistanz) vom Teleskop entfernt. Dadurch ist der Lichteinfall nicht ein Zylinder, sondern ein Kegel und Informationen ueber die Wellenfrontdeformation in groesserer Hoehe geht verloren.


    Multikonjugiert heisst, dass die Wellenfrontdeformationen in verschiedenen Hoehen gemessen werden, wodurch sich ein genaueres Gesamtmodell ergibt.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: 30sec</i>
    <br />...jetzt dauert es sicher nicht mehr lange, bis diese Technik im Amateurbereich Fuß fasst. Ich kaufe mir schon mal 4 fette Laser und mein Fangspiegel wackelt eh schon hin und her:-)
    Gruß,
    ralf
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hi Ralf,


    das gibts schon.

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    Gruß,
    Peter

  • Moin Peter,


    ne, dat gibbet noch nich ...


    Die aktiven Optiken von SBIG und anderen sind letztlich einfache tip/tilt-Systeme, bei denen ein Spiegel AO7 oder eine planparallele Platte 2-achsig gekippt wird, gesteuert durch die gemessene Bildverschiebung der Kamera auf dem Chip. Das wirkt - wenn man es im Griff hat - schon sehr gut, aber es ist tricky und kann eine verzogene Wellenfront nicht wieder retten. Die adaptiven Optiken der Großteleskope bestehen aus einem sehr dünnen Spiegel im Strahlengang, der von hinten durch eine Vielzahl von Aktuatoren verbogen und so entgegen der gemessenen Wellenfront verformt wird, dass die ideale Form der Wellenfront so gut wie möglich wieder erreicht wird. Das kann derzeit soweit ich weiß kein allgemein erwerbbares fabrikfertiges System für Amateure. In unseren Maßstäben wäre die Technologie wohl auch kaum zu beherrschen, allein ob der Thematik Laserleitstern ...


    CS
    Jörg

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