Neuer Veränderlicher nahe Nova im Scutum?

  • Hallo Veränderlichenbeobachter,
    habe heute Nacht nach langer Zeit mal wieder einen Veränderlichen beobachtet und so die Nova in Sct geschätzt (ca. 11.1mag).
    Im Vergleich mit der AAVSO-Vergleichskarte (https://www.aavso.org/apps/vsp/chart/X23068UJ.png) fiel mir dann auf, dass ich einen Stern nicht sehen kann, der laut Karte eigentlich hell genug sein müsste. Es geht um den Stern direkt südlich des 10.5mag Sterns, laut CdC UCAC4 377-113405 mit 11.45mag.
    Auf einer Karte mit sämtlichen bekannten Veränderlichen im Ausschnitt taucht er ebenfalls nicht auf: https://www.aavso.org/apps/vsp/chart/X23068TZ.png
    Ich habe noch eine aktuelle Aufnahme gesucht und auf dem Foto im cloudynights-Thread ist er ebenfalls nicht zu sehen, obwohl die Aufnahme tief genug geht: https://www.cloudynights.com/topic/623761-a-nova-in-scutum/
    Habe ich noch etwas übersehen? Vielleicht gibt es ja hier aktivere Veränderlichenbeobachter die bei Bedarf diese Beobachtung weiterleiten können (AAVSO oder gibts noch andere Stellen?).

  • Hallo Nils,


    Du hast Recht. Das ist merkwürdig. In CdC ist der Stern eindeutig als UCAC4 377-113405 genamt, d.h. er existiert. Versucht man in Simbad oder VizieR weiter zukommen, hat man keinen Erfolg, auch nicht nach Position. Soweit CdC.
    Geht man nun zum VSX und sucht nach Koordinaten, gibt es etliche GDS-Objekte in der Nähe. Passen aber auch nicht.
    Dann habe ich mal direkt in den Surveys GDS, OMC, ASAS, ASAS-SN, CSS und SuperWASP gesucht. Manche haben dort keine Sterne gefunden, andere in der Nähe, die auch nicht passen. In ASAS-Sn erhalte ich eine Aufnahme, aber da ist auch nichts an der Position und als gefunden wird etwas ganz anderes angegeben. Warum, weiß ich (noch) nicht. Allerdings erkennt man bei der Aufnahme, dass eventuell ein "Blend" vorliegen könnte.
    Nun ist UCAC4 ja keine eigene Durchmusterung, sondern ein Sammelwerk auch vielen Katalogen. Man müsste nun mal nach der Quelle für diesen Eintrag schauen. Mir fehlt momentan die Zeit dazu.
    ....
    Habe noch mal eben schnell im UCAC4 nachgesehen. Dort stehen andere Koordinaten als ich bei CdC entnommen habe, nämlich: RA = 277.24611° und DEC = -14.68911°. Damit müsste ich morgen mal alle Surveys nochmals durchsuchen.

  • Hallo Erik,
    freut mich, dass sich mit dir ein Profi der Sache annimmt, mir sagen schon die Abkürzungen ohne Nachzusuchen kaum etwas [:)]
    Ich habe mal in CdC einen kleinen Ausschnitt um den Stern von Gaia2 anzeigen lassen. In Gaia DR2 ist der Stern nicht vorhanden, nur wenig westlich bzw. südwestlich sind zwei Sterne mit 18.01 und 18.22 mag. Bis 20 mag ist sonst nichts in der unmittelbaren Umgebung.
    Vielleicht findest du ja noch etwas heraus!

  • Hallo Nils,


    auch die neuen Koordinaten brachten keine anderen Ergebnisse hervor. Einzig in ASAS-SN konnte ich eine Lichtkurve erstellen. Da die LIVE-Photometrie dort sehr lange dauert, habe ich nur 200 Tage zurück abgefragt. Hier die Lichtkurve:




    Die Helligkeit des Sterns an der Position 277.24611°/-14.68911° (UCAC4-377-133405) liegt demzufolge um 15.0 mag und nicht um 11.4 mag, wie im UCAC4-Katalog (und somit auch CdC) angegeben. Nachfolgend die Himmelsregion aus ALADIN:


    .


    Die Sterne sind:
    A TYC 5702-2823-1 (10.53 mag)
    B UCAC4-377-113376 (14.79 mag)
    C UCAC4-377-113396 (16.24 mag)
    D UCAC4-377-113421 (15.83 mag)
    V UCAC4-377-113405 ("unser" Stern)


    Das Foto zeigt eindeutig, dass unser Stern niemals 11.36 mag haben kann. Ich habe die Messungen mit ASAS-SN auch für die Koordinaten der benachbarten Sterne durchgeführt und erhalte dieselbe Lichtkurve. Das heißt, der Server von ASAS-SN misst immer denselben Stern, vermutlich den Stern B.


    Da kein Stern mit 11.4 mag in der unmittelbaren Nähe ist, könnte es tatsächlich sein, dass der jetzt sehr dunkle Stern V irgendwann in der Vergangenheit mal einen Ausbruch hatte und genau in dem Moment aufgenommen wurde. Leider konnte ich nicht herausfinden, woher der Werte stammt. Das würde viel Zeit in Anspruch nehmen, weil ich alle Surveys durchgehen müsste, d.h. die Fotos mit ansehen. Leider habe ich diese Zeit nicht.


    Es könnte sich um eine Zwergnova handeln, da der Stern offenbar überwiegend dunkel ist und wohl nur kurze Zeit mal hell war. Ich schätze den Stern V ganz grob auf 17.5 mag (17-18 mag). Das würde im Falle einer Zwergnova einem Ausbruch von 6 mag bedeuten, also durchaus vernünftig.


    Deine Frage ist für mich eine Steilvorlage, die ich nun verwandeln möchte: Bei solchen Fragen hat man heutzutage die Möglichkeit, die Beobachtungen größerer und auch automatischer Teleskope zu benutzen. Das Ganze wird zurzeit unter dem Begriff Virtuelles Observatorium (VO) weltweit organisiert und zusammengefasst. Damit hat der Amateur die Gelegenheit, zuhause im Wohnzimmer vorhandenen Beobachtungen auszuwerten, auch bei schlechtem Wetter. Ich nenne dies deshalb gern Wohnzimmer-Astronomie oder Schlechtwetter-Astronomie. Diesem Thema wurde in der aktuellen 8. Auflage von "Astronomie in Theorie und Praxis" ein eigenes, umfangreiches Kapitel gewidmet.

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