visuell und fotografisch in der kurzen Sommernacht

  • servus miteinander,


    trotz der sehr kurzen Nacht kurz vor der Sommersonnenwende (effektiv waren 2.5 Stunden dunkel) wollte ich das gute Wetter sowohl visuell als auch fotografisch nutzen.
    Fotografisch nutzte ich meine Lichtenknecker Flatfieldkamera 190/760 f/4. Für die Beobachtungen stand der 14.5" Dobson f/4.7 ein paar Meter daneben.
    Insgesamt sind 3 Aufnahmeserien je 45x1 min herausgekommen. Ich hab nur mit zwei Serien gerechnet, insofern war ich kurz überrascht, dass nach der zweiten Aufnahme es noch nicht hell wurde. Aber ich habe gleich noch nachgelegt, ohne Zeit zu verlieren, und die Serie ist fertig geworden.
    Die Fotosession ging gleich gut los. Als ich das Stromkabel der Nachführung in die Verteiler-Steckdose einsteckte, bemerkte ich nach einigen Sekunden einen stechenden unguten Geruch. Schnell ausgesteckt – oh Gott, wie das stinkt! Eine Überprüfung bei Licht brachte zwar keinen Fehlerbefund, aber das Teil stank so erbärmlich, dass ich es nicht wagte, nochmals irgendwas dort einzustecken (zuhause war der Fehler gefunden: ein IC war durchgebrannt und durch die Hitze sogar gebrochen – das Teil kann man nur mehr wegschmeißen). Nun war guter Rat teuer. Letztlich fuhr ich das Auto so nahe an die Montierung, dass ich das Stromkabel in den Zigarettenanzünder durch die offene Tür stecken konnte, und den MGEN direkt an die mitgeführte Autobatterie. Recht provisorisch, ging aber: keine der Elektroniken hatte etwas abbekommen…..
    Aufnahmebeginn hab ich mit dem SQM festgelegt: bei 21.2 hab ich einfach angefangen.
    Beste Werte in der Nacht waren 21.51.


    Hier nun zunächst der Beobachtungsbericht, während der MGEN brav nachführte:
    Obwohl bereits die Milchstraße recht hoch stand, wollte ich dann mit dem 14.5“ Dobson nochmals schwächere Galaxien im Großen Wagen und im Drachen beobachten.
    Ich habe daher zwei Beobachtungsserien durchgeführt. Die erste begann dicht neben dem hellen Deichselstern Mizar/Alkor:
    NGC 5164: ein knappes Grad nordöstlich von Mizar/Alkor; ziemlich schwach, klein, leicht länglich, mit einem leicht aufgehellten Zentrum.


    NGC 5109: knapp 3 Grad nördlich von Mizar: schwach, recht klein, sehr länglich, mit recht hellem Kern. In der Uranometria ist die Galaxie links oberhalb als NGC 5113 bezeichnet – dies ist jedoch falsch. An der Stelle hab ich auch nichts gesehen, die dort vorhandene Galaxie ist dafür zu schwach gewesen.


    Dicht daneben stand jedoch eine IC-Galaxie, die ich auch ausprobiert habe. Und siehe da: IC 875 war eigentlich heller als die NGC-Galaxie: recht hell, ziemlich klein, rund, aber mit einem sehr hellen sternförmigen Kern.


    Rechts oberhalb dieser Gruppe dann NGC 5204: recht hell und groß, länglich, aber strukturlos, mit einem sehr schwachen Stern westlich der Galaxie.


    Dann kam ich schon in die Nähe von Epsilon UMa, dem dritten Deichselstern:
    NGC 4964: schwach, klein, leicht länglich, etwas hellerer Kern.
    NGC 4977: schwach, klein, rund, etwas helleres Zentrum


    Etwa 2.5 Grad südöstlich kam dann eine Dreiergruppe:
    NGC 4967: ziemlich schwach und klein, rund, dicht dran steht ein Stern 13m.
    NGC 4973: ziemlich schwach und klein, rund, leicht aufgehelltes Zentrum
    NGC 4974: schwach, klein, leicht länglich, mit recht hellem Zentrum


    Weiter östlich:
    NGC 5001: schwach, klein, rund, recht helles Zentrum


    Ein klein wenig südwestlich von Epsilon UMa kam dann eine recht interessante Galaxiengruppe. Insgesamt waren es 6 Galaxien, wobei 4 davon wie auf einer Kette aufgereiht waren:
    NGC 4695: ziemlich schwach und klein, rund
    NGC 4686; recht hell und klein, leicht länglich, sehr helles Zentrum, nahe einem Stern 12m
    NGC 4675: ziemlich schwach, sehr klein, rund
    NGC 4669: ziemlich schwach, klein, leicht länglich
    NGC 4646: die gehörte nicht mehr zur Kette, sondern stand genau westlich der obersten Ketten-Galaxie: recht hell, klein, leicht länglich, sehr heller Kern
    Noch weiter nördlich: NGC 4644: schwach, recht klein, länglich


    Mittlerweile war die erste Aufnahmeserie im Kasten: Der Kugelsternhaufen M 9, 45x 1min belichtet;

    Optik: Flatfield-Kamera 4.0/760mm
    Kamera: Canon EOS 6D (mod) (==>)ISO 2.500



    Dann war es Zeit, weiter nach Osten zu schwenken. Der Große Wagen neigte sich nämlich langsam im Nordwesten der Lichtglocke von München zu. Also ging ich wie geplant in den Drachen, und zwar nahe dem Drachenkopf: Theta Dra.


    NGC 6088: schwach, klein, leicht länglich. Von der Doppelnatur der Galaxie (sie bildet ein enges Paar) war nichts zu erkennen.
    NGC 6127: recht hell, klein, rund, sehr helles Zentrum
    NGC 6130: schwach, klein, rund, leicht hellerer Kern, ein Stern 8m steht 2‘ südwestlich
    NGC 6187: ziemlich schwach und klein, rund, ein Stern 8m steht 2‘ nordöstlich
    NGC 6190: schwach, recht klein, rund, diffus, mit einem Sternchen 2‘ nördlich der Galaxie
    NGC 6189: recht schwach und klein, leicht länglich, etwas helleres Zentrum


    Nun war die zweite Fotoserie beendet:

    M 24, 45x 1min, Rest der Daten wie oben


    Die kurze Pause zum Einstellen des nächsten Foto-Objekts hat mir gutgetan, denn langsam kroch die Müdigkeit in mir hoch. Und die nächsten visuellen Objekte waren alles andere als hell:
    NGC 6176: sehr schwach, ziemlich klein, leicht länglich.
    NGC 6123: schwach, ziemlich klein, rund, etwas helleres Zentrum.
    NGC 6095: ziemlich schwach, recht klein, rund, etwas helleres Zentrum. Das Ganze sah so aus: in der Mitte ein hellerer Kern, der von einem deutlich abgegrenzten Halo umgeben war. Diese Abtrennung Kern – Halo war viel deutlicher und auffallender als auf den DSS-Aufnahmen.


    NGC 6127: sehr schwach, sehr klein, rund, etwas hellerer Kern, fast sternförmig; hier hab ich bestimmt 5 min geschaut, bevor ich mir sicher war, die Galaxie gesehen zu haben.


    NGC 6182: schwach, ziemlich klein, rund, sehr heller und auffallender Kern.
    NGC 6143: schwach, recht klein, unregelmäßig rund, diffus, steht zwischen 2 recht hellen Sternen


    NGC 6136: sehr sehr schwach, sehr klein, rund, diffus.


    Dann war die dritte Aufnahme fertig:

    M 11, 45x 1min belichtet.


    Und es wurde ganz zart hell am östlichen Himmel: um 2:30 Uhr kam die Dämmerung.
    Da war dann der Dobson schon abgebaut im Auto (Betthupferl war vorher noch der Cirrus-Nebel).


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

  • Servus Stefan,


    nette kleine Galaxienrunde!
    Ohman, ich hab mich in der effektiven Dunkelheit vertan. Bin von ca. 1,5 h ausgegangen... für 2,5 wäre ich raus...


    Umso schöner, dass Du hier was zum Besten gibst.


    NGC 5109 und 5113 sind laut STEINICKE ein und dieselbe Galaxie.


    Bei der 6095 wäre noch interessant gewesen, ob du die benachbarten PGC´s sehen konntest. Ist ja eine interessante Kette - auch mit dem Sternumfeld.


    Die 4669 hat ein tolles Staubband auf dem DSS. das wäre ggf. nochmal bei hoher V einen Versuch Wert? Ein klein wenig westlich davon steht ein witziges gar nicht mal sooo schwaches PGC-Duo, sieht aus wie Kinderfeuerwerk, so ein Bodenkreisel, Fontäne oder so :) Das probier ich mal... Die 4675 hat auch eine interessante Struktur, im SDSSIII besonders gut zu sehen.


    Die 6190 hat ´nen ganz komischen äußeren Arm... hab ich auch noch nirgends gesehen. Wie ein schlecht gebogener Draht... Schade dass man dafür wohl richtig Öffnung braucht, aber interessant allemal!


    Danke für Deinen Bericht mit den interessanten Objekten! Hat Spaß gemacht, das ganze nachzuvollziehen.


    Schöne Grüße und CS
    Norman

  • servus Norman,


    ja, ich war auch überrascht, dass ich so lange fotografieren konnte. Ich hab mir nur 2 Serien (M 9 und M 24) vorgenommen, und war einigermaßen überrascht, dass danach nochwas ging.
    In meiner Datenbank hab ich mich an Steinicke gehalten: NGC 5109 und 5113 sind die gleichen Objekte.
    Bei 6095 hab ich nichts von den schwachen PGC's gesehen, hab aber auch nicht explizit drauf geachtet. Wenn was helleres dabei gewesen wäre, hätte ich es aber bemerkt. Leider war das Seeing nicht berauschend, sodass sehr kleine Galaxien kaum von schwachen Sternen zu unterscheiden waren.
    Auch das Staubband von NGC 4669 hab ich nicht erkennen können.
    Mal sehen, ob es diese Saison noch mal möglich ist, sich in die "nördlichen" Galaxien zu stürzen. Für Deine Galaxien in der Waage wird's zusehend schwierig.


    CDS
    Stefan

    visuell:

    ICS Dobson 14.5" f/4.7


    fotografisch:

    Lichtenknecker FFC 190/760mm f/4

    Galaxy RC 10" f/8

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!