Toter Stern, von Licht umgeben

  • <b>Neue Bilder vom Very Large Telescope der ESO in Chile und anderen Teleskopen machen eine reichhaltige Landschaft aus Sternen und leuchtenden Gaswolken in einer unserer nächsten Nachbargalaxien sichtbar, der Kleinen Magellanschen Wolke. Die Bilder haben es den Astronomen ermöglicht, einen stellaren Leichnam zu identifizieren, der in die Gasfilamente eingebettet ist, die von einer 2000 Jahre alten Supernova-Explosion zurückgelassen wurden. Während das MUSE-Instrument entdeckt hat, wo sich dieses schwer fassbare Objekt versteckt, konnten bereits vorhandene Daten des Chandra-Röntgenobservatoriums seine Identität als isolierter Neutronenstern bestätigen.</b>


    Eindrucksvolle neue Bilder, die aus Aufnahmen von bodengebundenen und weltraumbasierten Teleskopen [1] entstanden sind, erzählen die Geschichte der Jagd nach einem verschwundenen Objekt, das in einem komplexen Gewirr von gasförmigen Filamenten in der Kleinen Magellanschen Wolke, etwa 200.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, versteckt ist.


    Neue Daten des MUSE-Instruments am Very Large Telescope der ESO in Chile haben einen bemerkenswerten Ring aus Gas in einem System namens 1E 0102.2-7219 sichtbar gemacht, der sich langsam in den Tiefen zahlreicher anderer sich schnell bewegender Gas- und Staubfilamente ausdehnt, die nach einer Supernova-Explosion zurückbleiben. Diese Entdeckung ermöglichte es einem Team um Frédéric Vogt, einem ESO-Fellow in Chile, den ersten isolierten Neutronenstern mit schwachem Magnetfeld jenseits unserer eigenen Milchstraße aufzuspüren.


    Das Team stellte fest, dass der Ring auf einer Röntgenquelle zentriert war, die Jahre zuvor entdeckt und mit p1 bezeichnet worden war. Die Natur dieser Quelle war ein Rätsel geblieben. Insbesondere war nicht klar, ob p1 tatsächlich innerhalb oder hinter dem Supernovaüberrest liegt. Erst als der Gasring – der sowohl Neon als auch Sauerstoff enthält - mit MUSE beobachtet wurde, bemerkte das Wissenschaftlerteam, dass p1 genau in seiner Mitte steht. Die Wahrscheinlichkeit, das dies Zufall ist, ist minimal. Die Wissenschaftler erkannten, dass p1 im Supernova-Überrest selbst liegen muss, und nachdem der Standort von p1 bekannt war, nutzte das Team vorhandene Röntgenbeobachtungen dieses Objekts vom Chandra-Röntgenobservatorium, um festzustellen, dass es sich um einen isolierten Neutronenstern mit einem schwachen Magnetfeld handeln muss.


    Mit den Worten von Frédéric Vogt: "Wenn man nach einer Punktquelle sucht, ist es natürlich ideal, wenn das Universum buchstäblich einen Kreis darum zieht, um einem zu zeigen, wo man suchen muss."



    Ein isolierter Neutronenstern in der Kleinen Magellanschen Wolke. Bild: ESO/NASA, ESA and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)/F. Vogt et al.


    Wenn massereiche Sterne als Supernovae explodieren, hinterlassen sie ein knotiges Netz aus heißem Gas und Staub, das man als Supernova-Überrest bezeichnet. Diese turbulenten Strukturen sind der Schlüssel zur Umverteilung der schwereren Elemente, die von massereichen Sternen während ihres Lebens und Sterbens ausgekocht werden, in das interstellare Medium, wo sie schließlich neue Sterne und Planeten bilden.


    Typischerweise kaum zehn Kilometer im Durchmesser und doch schwerer als unsere Sonne, werden isolierte Neutronensterne mit schwachen Magnetfeldern im ganzen Universum vermutet, aber sie sind sehr schwer zu finden, da sie nur bei Röntgenwellenlängen leuchten [2]. Die Tatsache, dass die Bestätigung von p1 als isolierter Neutronenstern durch optische Beobachtungen ermöglicht wurde, ist daher besonders spannend.


    Koautorin Liz Bartlett, eine weitere ESO-Stipendiatin in Chile, fasst diese Entdeckung zusammen: "Dies ist das erste Objekt seiner Art, das jenseits der Milchstraße bestätigt werden konnte, was nur mit MUSE als Hilfsmittel möglich wurde. Wir denken, dass dies neue Wege der Entdeckung und Erforschung dieser schwer fassbaren Sternenüberreste eröffnen könnte."


    Fußnoten


    [1] Das Bild kombiniert Daten des MUSE-Instruments am Very Large Telescope der ESO in Chile und aus der Erdumlaufbahn vom NASA/ESA Hubble Space Telescope und vom NASA-Röntgenobservatorium Chandra.
    [2] Stark magnetische, rotierende Neutronensterne werden als Pulsare bezeichnet. Sie emittieren stark im Radiobereich und bei anderen Wellenlängen. daher sind sie leichter zu finden, allerdings stellen sie nur einen kleinen Bruchteil aller vorhergesagten Neutronensterne.


    Weitere Infos, Bilder und Videos bei der ESO unter http://www.eso.org/public/germany/news/eso1810/

  • Liebe Caro, mal wieder ein sehr interessanter beitrag. Vielen Dank für die Veröffentlichung. Erst das Video af der ESO Seite zeigt, wie tief die Teleskope blicken können. Eine kleine Markierung wäre jedoch hilfreich, wo denn nun der Neutronenstern genau positioniert ist ;) Danke
    cs Matthias

  • Hallo Caro,


    Wenn ich den verlinkten Artikel richtig verstehe, befindet sich der Neutronenstern in der Mitte des roten Kringels unterhalb der Mitte, denn der stammt aus den MUSE-Daten. Der große Ring stammt aus den Daten von Chandra, die erst nach der Lokalisierung des Neutronensterns gewonnen wurden. Verstehe ich das richtig?
    Wenn ja, warum sind die Strukturen nicht konzentrisch? Liegt das an der hohen Eigenbewegung des Neutronensterns relativ zu den umgebenen Gasmassen?


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Matz,


    der Neutronenstern ist das blaue Punkt im roten Kreis, kann man sich auf den ESO-Seiten auch alles nochmal genauer angucken. In diesem Bild hier stimmt die Farbgebung zumindest bei Rot und Grün halbwegs (H alpha, S II und O III), der Rest ist Falschfarben.



    Hallo Marcus,


    genau das. Sowas hat man bei vielen Supernovaüberresten, der Neutronenstern bekommt gerade wenn das ganze mal ein Doppelsystem war bei der Supernovaexplosion einen ordentlichen "Tritt" und ist dann nicht mehr in der Mitte des Supernovaüberrests zu finden.


    Viele Grüße
    Caro

  • Das muß ein ganz außerordentlicher "Tritt" gewesen sein.
    2000 Jahre her und der Neutronenstern hat beinahe die halbe Strecke der expandierenden Wolke geschafft.
    Da müssen die Forscher doch nachgerechnet haben, ob das möglich ist[?]

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