ACHTUNG -langer Text, der eine ganz subjektive und persönliche Meinungsäußerung darstellt, aus Sicht eines Amateur- und Hobby-Astronomen. Ohne Anspruch auf wissenschaftliche Korrektheit [;)]
Mein kurzes Techtel-Mechtel mit dem Bresser 102/1350 mm Refraktor –
Oder : Traum und Realität
Vorspiel
Als im Internet Meldungen auftauchten, dass die Firma Bresser einen langbrennweitigen Achromaten a’la Fraunhofer auf den Markt bringen wollte, wurde ich sofort neugierig. Als bekennender Liebhaber und Nutzer klassischer Teleskope, schien mir dies eine Gelegenheit zu sein einen 4“ Achromat in klassischer Bauweise für meine Mondbeobachtungen erwerben zu können.
Der aufgerufene Preis von gerade einmal 250€ liess aufhorchen, zumal auch der sogenannte und im Netz vielgelobte Hexafoc an diesem OTA verbaut ist.
Ich verfolgte zunächst eher reserviert die wenigen Anwender-Berichte im Internet.....es gab viel Spekulationen von Interessierten, die das Gerät aber selber noch gar nicht in der Hand gehabt hatten.
Ein langbrennweitiger Achromat mit 4“ Öffnung und Hexafoc Auszug sollte auf dem Papier ein ideales Mond- und Planetengerät mit sehr wenig Farbfehler sein !
Im Netz tauchten wilde Spekulationen über viel verbauten Kunststoff auf...dies liess mich wieder die Stirn runzeln. Als Freund klassischer Astrogeräte der 60er bis Anfang 80er Jahre ist man es noch gewohnt, an einem Teleskop eher wenig bis gar kein Plastik vorzufinden.
Dann tauchte im astrotreff-Forum endlich ein Beobachtungsbericht aus erster Hand auf, der Hoffnung machte .....
Der User „Jurie“ hatte einen Bresser 102/1350 mm OTA erworben und sich duchaus angetan gezeigt:
http://www.astrotreff.de/topic…PIC_ID=209314&whichpage=4
Dies machte mir Mut und ich fragte bei dem mir von früher bekannten Rudi Idler von Fernrohrland nach, ob er so ein Gerät vorrätig hätte. In einer mail teilte ich Rudi aber auch gleichzeitig meine Bedenken bzgl. der Kunststoff-Fassung und der laut Internet-Recherche kaum möglichen Justierbarkeit mit....
Rudi machte mir daraufhin das sehr kundenfreundliche Angebot, den Refraktor vor Auslieferung an mich, so gut wie möglich zu justieren.
3 Tage später meldete Rudi Vollzug – er schrieb mir aber auch, dass er über 1 Stunde gebraucht hatte, um bei dieser Objektivfassung eine gute Justierung des Objektivs hinzubekommen. Gleichzeitig bot er mir an, dass Gerät erst mal zu testen und dann erst zahlen zu müssen bzw. das Gerät bei Nichtgefallen einfach zu retournieren.
Das hörte sich alles gut an....Rudi ist ein prima Sternen-Kollege mit reichlich Erfahrung und ich war froh über diesen Service.
Was sollte da noch schief gehen ?
Aber es kam anders........
Verpackung, Lieferumfang, Mechanik
Bereits am nächsten Tag erreichte mich der Refraktor in einem riesigen 162 cm langen Karton !
Beim Auspacken kam zunächst ein guter Eindruck auf. Das Gerät war sehr gut verpackt. Der Tubus sogar in einer Art langem „Seesack“ ummantelt....darunter zusätzlich noch mit Seidenpapier umwickelt.
Beim weiteren Auspacken ein erster, leichter Schnitzer : der rote Zierstreifen ist an einer Stelle schon reichlich abgenudelt...naja...sind nur Äusserlichkeiten..
Das im Zubehör befindliche 26 mmOkular ist ganz brauchbar, der Sucherhalter löst bei mir zunächst einen Lacher aus – so etwas habe ich noch nie gesehen ! Dünnstes, wabbeliges Plastik .....schraubt man den Plastiksucher mit den Plastikschrauben im Metallschuh fest, deformiert sich der Sucherfuß bereits ! Der eingebaute Sucher läst sich mit minimalen Kraftaufwand in alle Himmelsrichtungen verbiegen/tordieren ! Kommt man bei Benutzung mit dem Kopf an den Sucher, fängt dieser fröhlich an zu schwingen – eine völlig unbrauchbare Lösung ! Falscher Werkstoff, falsche Materialstärke, billige Plastschrauben...oh Gott....wollte man den Refraktor behalten, muss zumindest die Sucherhalterung am besten durch eine Metallhalterung oder gleich durch einen komplett anderen Sucher ersetzt werden. Sorry, aber der Sucher passt in dieser Form eher an ein Spielzeug-Teleskop !
Der restliche Refraktor macht im „Trocken-Dock“ zunächst einen durchaus guten Eindruck.
Der OTA besteht aus einem ausreichend dickwandigen Alu-Rohr, welches auch gut lackiert ist. Der Hexafoc vermittelt eine solide Haptik, dazu gibt es 2 Verlängerungshülsen a. 25 und 35 mm, so dass man mit nahezu jedem Zubehör in den Fokus kommen sollte..
Der Hexafoc ist rotierbar und in meinem Falle ab Werk gut eingestellt. Man hörte schon anderes...leider hat er pur nur 45 mm Fokussierweg. Gut also, dass die Hülsen im Lieferumfang enthalten sind.
Wirklich verkippelungsfrei ist aber auch der Hexafoc nicht. Man muss die EINE Fixierschraube schon recht fest anziehen, damit der Auszug bei angeflanschter DSLR nicht spürbar nach unten kippt. Natürlich könnte man zur Unterstützung auch die kleinen, umlaufenden Madenschrauben noch anziehen – dadurch verliert man dann aber die Rotierbarkeit des Auszuges.
Einen sehr guten Eindruck hinterlässt der solide Rohrschellenkäfig – sehr schön MIT Tragegriff. Im Zubehör auch noch eine Kameraschraube zum Aufsatteln. Eine mit Edelstahlauflage versehene GP-Level Prismenschiene bildet den Abschluss.
Der Blick auf den wichtigen, vorderen Tubusteil ist trotz Vorwarnung ein Schock :
PLASTIK, PLASTIK und nochmals PLASTIK.....
Die Objektivzelle ist in meinen Augen völliger Murks – sorry Bresser. Das ist dann wohl der Tribut, den man mit unserer heute weit verbreiteten „Geiz ist geil“- Mentalität entrichten muss !?
Was sehen wir hier im Einzelnen ?
- Objektivtubus/fassung aus Kunststoff
- Der Vorschraubring, welcher das Linsenpaket in dieser Fassung halten soll, ist ebenfalls aus dünnwandigem Plastik. Er ist so dünn, das er NICHT formstabil ist !
- Dieser PLASTIK-Vorschraubring sitzt in einem grob geschnittenen Plastikgewinde – eine zuverlässige Fixierung des Linsenpaketes mit diesem Ring ist fast unmöglich. Leichter Fingerdruck genügt und der gesamte Ring springt förmlich aus den Gewindegängen und wird somit funktionslos !
- Dass eine solch liderliche Fassung geradezu unmöglich justierstabil sein kann, sollte sich noch rächen ..
Hier die Bilder des Grauens.....verwöhnte Feinmechaniker alter Schule sollten am besten wegschauen...
Ja, was soll man hier noch weiter sagen ? Selbst an der Ausführung des Gewindes für den
Vorschraubring wurde gespart. Wie man sieht, ist es nicht einmal voll umfänglich geschnitten, sondern nur sektional ausgeführt ! Das heisst, wir haben ein Stück Gewinde, dann wieder eine Mantelfläche völlig ohne Gewinde, dann wieder ein Stück Gewinde….usw.,
Letztendlich wird der ohnehin schon recht dünnwandige und schwabbelige Kunststoffring durch dieses „Spar“-Gewinde auch nicht recht unterstützt. Ich würde mal sagen, diese Ausführung der gesamten Fassung ist schon mutig, wenn nicht abenteuerlich !
Warum ich nun wohl zuerst auf die gesamte Mechanik eingegangen bin ? Nun, es soll dem Leser klar machen bzw. auf das vorbereiten, was ich dann in einer kurzen Beobachtungs-Sitzung zu sehe bekam….
Praktische Beobachtung am Abend des 28.01.2018 ca. 18:45 – 20:30 Uhr
Ich möchte gar nicht groß ausholen, denn das Beobachtungserlebnis war eher von kurzer, dafür aber umso einprägender Dauer……daher meine Eindrücke nur im Telegramm-Stil.
Der Fairnis halber verweise aber nochmals auf den sehr schönen Beobachtungsbericht des Users „Jurie“ aus dem astrotreff ( Link siehe oben ), der offensichtlich völlig andere, positive Erfahrungen mit seinem Exemplar machen durfte !
Hier nun meine Eindrücke in Kurzform ( es hatte einfach keinen Zweck, länger mit dem Gerät zu beobachten ! ). Ich zitiere mich hier einfach mal selbst, aus einer mail, die ich am nächsten Tag an Rudi Idler vom Fernrohrland schickte :
„Gegen 18:45 Uhr baute ich das ganze Gerödel im Garten auf. Ich sattelte den Bresser auf eine EQ5 mit schweren Bucheholzstativ und hatte mir das original Zubehör ( Z-Spiegel , 26 mm Okular ) sowie ein TS Zoom 7-21, und Superplössl's in 15 , 10 und 7 mm Brennweite zurecht gelegt.
Parallel zum Bresser 102/1350 baute ich einen ehrwürdigen Towa 339 ( 80/1200 mm ) von 1978 mit justierbarer Zelle aus Japan auf....
Bedingungen : sternklar mit gelegentlichen leichten Cirren, Fast-Vollmond, aber feuchte Luft, Seeing 5-6 von 10 überwiegend eher 5
Erstes Ziel war natürlich Väterchen Mond....bei fast Vollmond natürlich nicht ideal, aber am Mondrand waren dennoch einige plastische Beobachtungen möglich.
Zuerst der Bresser:
mit dem 26er Okular zeigt sich ein fast kalkweißer Mond, Krater, Mareböden, Küstengebirge werden schön scharf abgebildet. Der Mondrand erscheint ohne Farbsaum. Man sieht aber hier schon, dass die Bedingungen nicht optimal sind, denn selbst mit dem 26er zeigen sich schon leichte Luftunruhen. Schwenk auf Castor und Pollux....bei dieser Vergrößerung ( 52x ) natürlich problemlos....keine CA, punktförmig, ohne Auffälligkeiten
mit dem 15er SPL : ich ahne bereits nichts schönes mehr....denn bei jetzt "nur" 90x bemerke ich leicht befremdet, dass ich irgendwie schon Schwierigkeiten bekomme, Krater auf den Punkt scharf zu stellen. Es geht letztendlich, aber ich musste einige Male rein-/raus fokussieren...und es bleibt das mulmige Gefühl "könnte eigentlich schärfer sein".....
Der helle Prokyon lässt sich irgendwie auch nicht richtig scharf stellen....eine punktförmige Abbildung scheitert, sieht eher nach einer etwas unscharfen Scheibe aus...seltsam
mit dem 10er SPL : jetzt wird es kriminell.... bei nun 135x bekomme ich selbst am Mond keinen Krater mehr absolut scharf gestellt ! Ich bin verzweifelt am Fokussieren....es geht nicht ! Krater, Mareränder, Wälle.....es gibt einfach kein scharfes Bild mehr ! Und das am Mond !
Noch mal Schwenk auf Prokyon bei 135x : punktförmiges Fokusbild ist nicht möglich...im besten Fokus zeigt sich eine kleine Scheibe mit deutlicher CA ! Intrafokal zeigen sich fransige Beugungsringe....nicht wirklich schön...extrafokal wird's ganz schlimm : ein undefinierbarer grün-violetter matschiger Knödel
Nun sind meine Okulare keine Edelstücke und die Bedingungen heute nicht ideal, aber um jetzt auf den Towa 339 zurückzukommen:
im Towa steckt über Adapter ein alter Vixen Z-Spiegel...die gleichen Okulare kommen zum Einsatz....und siehe da: mit dem 80/1200er komme ich heute zwar auch nicht auf die 250x, die ich diesem Gerät am Mond schon gewinnbringend entlocken konnte, aber die oben geschilderten Beobachtungen sind heute bis 171x einwandfrei möglich ! Am Mondrand sehe ich mit dem Towa 339 bei 171x mit dem 7er SPL noch ein knackscharfes Bild !
Das 7er habe ich am Bresser gar nicht mehr ausprobiert.....für heute war mir die Lust vergangen. Ich habe ihn dann abgebaut und noch ein halbes Stündchen mit dem alten Towa beobachtet......
Rudi, ich würde dem Bresser gerne noch in einer Nacht mit trockener Luft eine Chance geben.....aber wenn er heute schon am Mond bei ca. 135x total einbricht......hat das überhaupt Zweck ?
Der kleinere Towa war heute immerhin bis 171x am Mond brauchbar !
Ich habe am Towa wie gesagt, ein Vixen Z-Spiegel genutzt....sollte der Bresser Z-Spiegel soo schlecht sein ? Ich hatte keine Lust mehr gehabt umzustöpseln, sondern bin dann wie gesagt, am Towa kleben geblieben..
Dennoch fürchte ich, dass das Bresser Objektiv ein grundsätzliche Problem hat.....Du hast bei Dir alles pipifein justiert, wie Du mir schriebst.
Aber offensichtlich ist die Fassung einfach nicht justier-stabil....Du hattest deine Probleme damit ja geschildert. Wenn der Vorschraubring ebenfalls aus Kunststoff ist und nicht mal sauber im Plastikgewinde läuft, sondern sich mehr oder weniger aus den Gewindegängen rausdrücken lässt, dann kann das wohl auch nix werden.
Auf der anderen Seite ist es mir, als Nicht-Optiker und ohne optische Bank nahezu unmöglich, dass wieder neu hin zu justieren....und ehrlich gesagt, fehlt mir dazu auch die Geduld.
EIGENTLICH soll ein Refraktor ja gegenüber dem Newton den Vorteil haben, dass man nicht so oft ( oder eigentlich NIE ) justieren muss und er einfach schneller einsatzbereit ist....diese Justierung hat aber schon den GLS-Versand nicht überstanden...
Rudi, Du verstehst mich : ich mache Dir keinerlei Vorwurf - du hast einen prima Service geboten und das Ding nicht gebaut, aber wenn dieser Refraktor am Mond schon bei 135x kein scharfes Bild mehr liefert....ich weiß nicht, ob es überhaupt Zweck hat, auf einen 7/10 Himmel zu warten.
Ich wundere mich über Jürgens/Juries Bericht im astrotreff hier : er muss ein Edel-Exemplar erwischt haben....seine Begeisterung konnte ich heute leider nicht ansatzweise nachvollziehen...“
http://www.astrotreff.de/topic…PIC_ID=209314&whichpage=4
So weit Auszüge aus meiner mail an Rudi Idler – ich glaube, viel mehr zu sagen gibt es da nicht !
Natürlich kann man mir nun vorwerfen, die Flinte viel zu früh ins Korn geworfen zu haben. Ich möchte dazu aber folgendes sagen :
Normal ist es nicht meine Art, so früh aufzugeben. In den letzten 15 Jahren sind viele Refraktoren durch meine Hände gegangen. Gute und auch weniger gute Exemplare…bisher gab es aber immer die Möglichkeit, mit etwas Geschick und Erfahrung selber nachzubessern – und dies wurde von mir auch erfolgreich praktiziert.
Um die Optik dieses Refraktors wirklich fair und eindeutig bestimmen zu können, müsste man aber eigentlich eine komplett neue Fassung konstruieren / anfertigen !
Natürlich kam mir sofort der Gedanke, was wohl Optik-Spezies wie :
- Wolfgang Grzybowski
- Alois Ortner
- Gerd Duering
- Kurt Schreckling
und andere zu dieser Optik sagen würden. Aber ich glaube selbst diese Spezies hätten bei der Ausführung und Qualität dieser Objektivzelle, den Kampf schnell aufgegeben ….
Aber wer weiss ? Vielleicht bekommt einer der o.a. Herren ja doch noch eines Tages Lust, sich diesen Refraktor einmal näher anzusehen….spannend wäre schon.
Ich glaube durchaus, dass das eigentliche Doublet/Linsenpaar vielleicht gar nicht einmal schlecht ist !
Es sollte mit den heutigen Produktionstechniken eher problemlos möglich sein, ein einfaches achromatisches Objektiv – noch dazu mit entspannten f/13 ! – in guter Qualität zu fertigen.
Man muss die Optik dann aber auch in eine adäquate Fassung packen ! Diese kann ja durchaus aus Kunststoff sein – sie muss bei mechanisch sauberer Ausführung und vernünftiger Endmontage auch nicht mal justierbar sein !
Kunststoff muss man heute nicht mehr per se negativ beurteilen. Ich arbeite beruflich selber als Werkstoffkundler in einer Forschungs-/Entwicklungsabteilung mit Qualitätsprüfung und kenne mich da schon etwas aus.
Es gibt heute hochfeste, temperaturbeständige und gut spanbare bzw. bearbeitbare Kunststoffe in hoher Qualität.
Ich sage es noch einmal : letztendlich hängt aber alles von einer sauberen Ausführung ( Präzision, Maßtoleranzen ) und vernünftigen Endmontage/ Endkontrolle ab !
Etwas „Philosophie“ *smile*
Und da gelangen wir zu einem Punkt, wo es fast schon philosophisch wird ….wir müssen uns als Endverbraucher denn doch durchaus einmal die Frage stellen, ob wir mit der zunehmenden „Geiz ist geil“-Mentalität nicht selber schuld daran sind, dass die Industrie uns solche Produkte präsentiert ?
Wir wollen immer weniger zahlen, haben aber gleichzeitig den Anspruch für wenig Geld eine gute Qualität zu erwarten.
Wie soll das zusammengehen ?
Wie soll ein Hersteller dieses Anspruchs-Denken befriedigen ?
Hier tut sich eine sehr gefährliche Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf !
Seien wir mal ehrlich : was erwarten wir für rund 250€ Kaufpreis ? Einen in allen Punkten hochwertigen 4“ Refraktor mit langer Brennweite als Planetenkiller ? Eine End-Kontrolle wird in dieser Preisklasse herstellerseitig ohnehin kaum anfallen….
Rechnen wir mal, zugegebener Maßen nach Milch-Mädchen-Art, halbwegs realistisch etwas durch :
- Vernünftiger R&P OAZ : 150 €
- Alu Tubus für 4“ f/13 : 50 €
- Halbwegs vernünftiger 6x30 Sucher : 50 €
- Solide Metallfassung in Massenproduktion : 100€
- Vernünftiges, achromatisches 4“ f/13 Objektiv : 300 €
- Taukappe Kunststoff 20€
- Rohrschellenkäfig : 70 €
- Solides 25 mm Okular : 50€
- Solider 1,25“ Z-Spiegel : 50€
Natürlich alles mit groben Schätz-Eisen gerechnet, kämmen wir bei Addition auf eine Summe von 840 €, die solch ein Achromat kosten müsste !
Klar jetzt kommt in hinzu, dass bei Großserienfertigung kräftige Mengenrabatte anfallen.
Ordert ein Hersteller 1000 Objektive werden diese natürlich deutlich billiger, als wenn er nur 100 Stück ordert…..dennoch : soll so ein Refraktor letztendlich 500€ kosten !
Der Zulieferer will etwas verdienen, der chinesische Arbeiter will etwas verdienen, der Importeur will verdienen und letztendlich muss natürlich auch noch etwas für den Händler übrig bleiben – von Luft allein kann niemand von uns leben.
Es sollte uns eine Lehre sein, die eigentlich allen bekannt ist, aber gern verdrängt wird :
Qualität kostet ! Wer billig kauft, kauft 2x !
Mein Fazit :
Der Hersteller hatte hier einen eigentlich interessanten Grundgedanken, nämlich die Wiedergeburt eines klassischen Fraunhofer-Achromaten als Beobachtungs-Instrument für den ambitionierten Einsteiger und/oder fortgeschrittenen Mond- und Planetenbeobachter.
Dieser an sich löbliche Grundgedanke wird durch eine liderliche Umsetzung der Objektivfassung nahezu völlig zunichte gemacht !
Die Krux daran ist : ein Astronomie-Neuling/Einsteiger wird diese Qualitätsmängel aufgrund fehlender Vergleichsmöglichkeiten eventuell gar nicht bemerken, wenn dies tatsächlich sein erstes Fernrohr ist !
Der fortgeschrittene Beobachter merkt dies natürlich recht bald….
Ein Refraktor mit 102 mm Öffnung und einer Brennweite von 1350 mm, der dann bei einer Vergrößerung von gerade einmal 135x selbst am Mond völlig einbricht ? Das kann es nicht sein !
Im Netz fand ich in einem französischen Forum einen Verweis auf einen Test des Magazins „Astrosurf“ Ausgabe 98. Leider verstehe ich kein Französisch, aber laut Foren-Aussagen sollen die Kollegen von „Astrosurf“ angeblich bei ihrem Exemplar des Bresser 102/1350 Refraktors sogar nur auf max. sinnvolle Vergrößerungen von 1*D gekommen sein – das wären gerade einmal 100x ! Bei meinem Exemplar ging es immerhin bis ca. 135x…
Wie schon erwähnt, denke ich, dass das eigentliche Objektiv durchaus von guter Qualität sein dürfte. Jedoch macht diese völlig justier-instabile Fassung alles zunichte !
Liebe Firma Bresser, gebt diesem Gerät eine vernünftige, justierstabile Fassung und einen vernünftigen Sucher – verkauft das Gerät dann auch gerne für 350-400€ für den OTA und alles wäre gut !
So fällt das Gerät, zumindest bei mir, komplett durch…..schade !
Zum Abschluss habe ich mal zur Übersicht eine kleine „Wertungs-tabelle“ kreiert. Diese spiegelt natürlich nur meine ganz subjektive Einschätzung wieder und gilt nur für mein Test-Exemplar. In dieser Preisklasse dürfte es enorme Qualitätsschwankungen geben – es ist also nicht ausgeschlossen, dass ein glücklicher Käufer ein wirklich gutes Instrument erwischt – oder eher 6 Richtige im Lotto hat….!
Michael Meier, Januar 2018