Schmidtplatte entzwei - Beobachtung vorbei?

  • Vor einigen Tagen passierte mir in meiner Werkstatt beim Aufraeumen ein Missgeschick. Ein Stativ stuerzte um, und ein darauf befindliches Criterion 4000 knallte auf den Betonboden. Aeusserlich war das kleine Teleskop, ein 102/1200mm SCT aus den 1980er Jahren, unbeschaedigt. Doch beim Abnehmen der Staubschutzkappe bestaetigte sich meine Befuerchtung: Die Schmidtplatte hat zwei grosse Spruenge und einen kleinen Sprung, radial vom Fangspiegel bis zur Aussenfassung. [}:)]



    Was tun? Aufgeben? Niemals!


    Ich hatte ja nichts mehr zu verlieren. Ich muss dazusagen, dass das Spektiv nicht sehr teuer war (ich bekam es fuer umgerechnet 70 Euro in der Bucht) und dass die Schmidtplatte bereits vorher verkratzt war. Der Vorbesitzer hat da wohl einen Fleck mit Sandpapier wegputzen wollen. Trotzdem aergerlich.


    Nun - die Schmidtplatte hielt noch, und da die Brechkraft einer Schmidtplatte sehr gering ist, liess ich es auf einen Versuch ankommen, die Platte zu kleben!


    Ich benutzte hierzu Sekundenkleber, der laut Anleitung auch fuer Glas geeignet ist. Die geringe Viskositaet gestattete es, den Kleber per Kapillarkraft in die Spruenge fliessen zu lassen. Ich applizierte winzige Mengen mit einer Naehnadel.



    Natuerlich blieb ueberschuessiger Kleber auf beiden Seiten der Platte stehen:



    Ein Wattestaebchen, Aceton und Geduld waren gefragt.



    Sauber!




    Zurueck ins Teleskop.



    In Reflexion zeigt sich kein Sprung, wenn man eine Lichtkante ueber die Schmidtplatte gleiten laesst. Ich bin zuversichtlich. Ein erster terrestrischer Test bestaetigt, dass das Teleskop noch funktioniert. Natuerlich werde ich Beugungs-Spikes bekommen, denn die Spruenge wirken ja wie eine Spinne. Aber ich kann das gute alte Stueck noch verwenden!


    Waere es ein Refraktorobjektiv oder Hauptspiegel gewesen, waere ich weniger optimistisch. Hier jedoch liegt eine geringe Brechkraft vor, da die Schmidtplatte ja nur die einfallenden Strahlen ein ganz klein wenig zur Seite kickt, bevor die eigentliche optische Abbbildung durch die beiden Spiegel bewerkstelligt wird. Ich war mal in Tautenburg, wo eine 1.34m durchmessende und nur 40mm dicke Schmidtplatte zum Einsatz kommt. Die biegt sich heftig durch, was aber bei der Abbildung keine Rolle spielt. Wo man den Effekt sah, war in den Geisterbildern, die von der Schmidtplatte in Reflexion entstanden. Diese Geisterbilder waren grottig und sie aenderten sich mit der Teleskoplage, waehrend die Sternabbildung selbst gleich gut blieb.


    Vielleicht gibt es ja noch das eine oder andere kaputte Schmidteleskop, das mit dieser hanebuechen anmutendenden Klebemethode wieder funktionsfaehig gemacht werden kann. Wobei das wohl nicht mehr funktioniert, wenn die Platte in viele Stuecke gebrochen ist. Ich sehe gerade eine Schmidtplatte in Tiffany-Glastechnik vor meinem geistigen Auge ...


    [:D]

  • Hallo Jüergen!
    Aua, als ich las, was Dir passierte, verzerrte sich mein Gesicht instinktiv. [:I]
    Mein erstes Teleskop ein 4"SC von Meade, (das habe ich noch immer) liegt gut geschützt im Keller. Den Koffer werde ich besser am Boden unters Regal schieben, sicher ist sicher [;)]!
    Ich glaube um die finanziellen Werte geht es wohl nicht unbedingt, wenn so was passiert, oder.
    Schön, dass Du meinen Namen zur Klebetechnik hier verwendest, aber der passt zu der Situation nicht wirklich! Ich würde eher sagen Du bist ein sehr praktisch veranlagter Astronom.
    Möge dies ein Einzelfall bleiben und den vielen anderen Schmidtplatten-Besitzer sollte so etwas erspart bleiben.
    Vielleicht gibts dann noch ein Feedback zum Test am realen Stern von Dir!?


    Grüße
    Roland Hane

  • Hallo Beisammen,


    Es gibt kleine Anbieter, die Ersatz-Platten für gängige SCTs machen.
    Z.B. Toscanoptics in Italien.


    https://www.toscanoptics.com/s…assegrain-corrector-plate


    Klar, bei einem Fall wie bei Jürgen, wo es um 4zoll geht wohl nicht ökonomisch sinnvoll.
    Aber wenn es um ein C14 geht ist es wohl eine Option.


    Clear Skies,
    Gert


    PS Ach ja, Jürgen, wie wäre eine Reparatur mit so einem Autoscheiben Reparaturkit gegangen?

  • Danke fuer Eure Kommentare ... ja, eine neue Platte lohnt sich hier nicht. Ich habe noch ein gleiches Teleskop in Astroversion mit intakter Schmidtplatte, und dieses Exemplar hatte ich eigentlich nur gekauft, weil da das 50mm Originalokular bei war und das Teil nur 70 Euro kostete. Also ist der Verlust zu verschmerzen. Wobei es mich reizt, auszuprobieren, wie meine Reparatur so wirkt. Die Klebe soll ja nur verhindern, dass die Scherbe sich irgendwann verschiebt oder rausfaellt.


    Vielleicht mache ich irgendwann selber mal eine Schmidtplatte. Reizen wuerde mich das schon, und Drehbank und Vakuumpumpe waeren vorhanden. Muss mich da mal einlesen. Waere mal was Anderes als ein weiterer Parabolspiegel.


    Das Autoscheibenreparaturkit kenne ich nicht. Es gibt wohl diese Folien, um ein Weiterreissen von Rissen in Scheiben zu vermeiden. Aber die haben wohl keine optische Qualitaet. Auch ist das Weiterreissen hier sekundaer, denn die Schmidtplatten sind ja nicht aus thermisch vorgestresstem Sekuritglas gefertigt. Sonst waere die Platte ja auch in hunderte von Stuecken zerbroeselt.


    Edit: Ja, am Stern getestet wird das natuerlich auch noch. Aber derzeit ist alles zu. Ich habe meinen kuenstlichen Stern verlegt. Mit meinem Vixen 102/660er ED haette ich einen prima Kollimator, um das wetterunabhaengig zu machen. Da ist wohl noch etwas Bastelei angesagt.

  • Ich habe das Teleskop eben, als es aufklarte, auf einem Fotostativ vom Garten aus testen koennen. Es war bereits in der Garage/Werkstatt ausgekuehlt. Im 50mm-Okular (Orignalzubehoer) war der Fangspiegelschatten leicht exzentrisch. Dass der Fangspiegel sich nach dem Bumms verstellt hat, ist verstaendlich.


    Ich justierte dann am Sirius und nutzte 50mm (24x), 30mm (40x) und ein Vixen LVW13mm (92x). Mehr war wegen des wackligen Fotostativs nicht drin. Die Spikes habe ich nur ganz schwach am Sirius bei niedrigen Vergroesserungen wahrgenommen. Bei 92x und bei bester Justage war Sirius punktfoermig, aber etwas "griesig". Eine solche Abbildung habe ich auch schon bei anderen SCT gesehen, die nicht ganz so gut waren. Beispielsweise ein 8" 2080 von Meade, das Schlieren in der Platte hatte.


    Ich habe dann noch Castor getrennt. Eindeutig sichtbare Trennung, nur ein wenig matschig drumherum. Halt nicht so gestochen scharf wie in einem guten Refraktor.


    Ich habe das Geraet vor dem Unfall nur einmal kurz am Stern getestet und justiert. Ich kann keine signifikante Bildverschlechterung erkennen, denn eine High-End-Optik war das Instrument auch vorher nicht. Dass das kein Questar ist, war mir schon klar und die Criterions haben ja auch eine schlechte Reputation. Wenn ich an die Testberichte aus dem Netz denke, muss ich noch ein besseres Exemplar abbekommen haben.


    Die Operation scheint also geglueckt zu sein.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: JSchmoll</i>
    <br />
    Vielleicht mache ich irgendwann selber mal eine Schmidtplatte. Reizen wuerde mich das schon, und Drehbank und Vakuumpumpe waeren vorhanden. Muss mich da mal einlesen. Waere mal was Anderes als ein weiterer Parabolspiegel.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Nur Vorsicht vor den Druckfehlern und anderen Fehlern in den einschlägigen Publikationen. In der Publikation von Edgar Everhart
    https://www.osapublishing.org/ao/abstract.cfm?uri=ao-5-5-713
    in Applied Optics waren fast alle Formeln voller Druckfehler (siehe Errata) und obendrein funktioniert ein O-Ring nach meinen Erfahrungen nicht als Unterlage zum Abstützen des Rohlings am Rand der Vakuumkammer. Das lieferte extrem stark astigmatische Korrekturplatten, die völlig unbrauchbar waren.

  • Danke Dir fuer den Tip.


    Ich kann mir das gut vorstellen. Ein O-Ring biegt sich durch, wenn man einen Rohling darauf bearbeitet. Da muss eine haertere Dichtung ran. Oder eine Rille, sodass der O-Ring zwar abdichet, der Rohling jedoch auf haerterem Material aufliegt.


    Ich habe keine konkreten Plaene, obwohl mich das mal reizen wuerde. Ich werde es im Hinterkopf behalten. Erstmal muesste ich ja auch einen schlierenfreien Rohling bekommen. Floatglas aus dem Fensterbau ist ja nicht unbedingt geeignet, trotz hoher Planitaet. Bei meinem Meade 2080-Bericht im Klassikerboard wird das ja deutlich. Es zeigen sich Schlieren im Glas die im Fokus Spikes erzeugen.

  • Hi,
    das Thema interessiert mich auch.
    Diese Ersatz-Platten
    https://www.toscanoptics.com/s…assegrain-corrector-plate
    haben doch dann keine Verütung oder?


    Und ich würde in Deinem Fall auch mal ausprobieren den Sek-Spiegel mit einer Spinne auf zu hängen, einfach mal um zu kucken was so ein SC OHNE Schmidtplatte abbildet[^]


    MfG
    Chris

    WO RedCat 51 / Omegon veTec533 / UMI 17 Harmonic Mount / SVBony SV165 & SV 305M Pro ;)

  • Hi Chris,



    das Teleskop funktioniert ja wieder. Da brauche ich nichts mehr zu tun.


    Einfach eine Spinne nehmen geht nicht. Da bekommst Du heftigste sphaerische Aberration. Deshalb ist die Schmidtplatte ja auch so wichtig.


    Es gab mal irgendwo ein C5, das jemand gebraucht verkaufte. Nachdem er die kaputte Schmidtplatte durch eine Glasscheibe ersetzte! War natuerlich dreist (sofern er es dem Kaeufer nicht sagte), denn das Teleskop war nicht mehr brauchbar.

  • Hallo Chris,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: KometC8</i>
    ...Diese Ersatz-Platten
    https://www.toscanoptics.com/s…assegrain-corrector-plate
    haben doch dann keine Verütung oder?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hm, da müsstest Du mal bei der Firma anfragen. Ggf. gibt es Anbieter, die sowas machen können. (Evtl. muss man die Platte dazu nach China schicken)


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: KometC8</i>
    Und ich würde in Deinem Fall auch mal ausprobieren den Sek-Spiegel mit einer Spinne auf zu hängen, einfach mal um zu kucken was so ein SC OHNE Schmidtplatte abbildet[^]
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Auf dem CN Forum hat mal jemand diese ganzen Ideen am Beispiel eines C14 mit kaputter S-Platte durchprobiert. Da sind auch Fotos mit einfacher Glasplatte (mit haufenweise S-A) dabei.


    https://www.cloudynights.com/t…-corrector-plate-project/


    Ich denke, man wird online kaputte C14 ohne S-Platte zum Schrottpreis kriegen. Vielleicht ein paar hundert EU / $$ ? Ein Investment von 1200EU bei den Italienern bringt einem dann ein 'neues' Scope zu einem guten Preis.


    Clear Skies,
    Gert

  • Ahh danke für den Link Gert[^]


    Frage ist dann halt nur wie gut diese ital. Platten sind,
    da ja die originale Platte genau auf das Gerät abgestimmt wurde,
    zumindest bei meiner 30 Jahre alten US-Version war das wohl noch so.


    Aber gut zu wissen dass es überhaupt Ersatz gibt[;)]


    MfG
    Chris

    WO RedCat 51 / Omegon veTec533 / UMI 17 Harmonic Mount / SVBony SV165 & SV 305M Pro ;)

  • Servus Jürgen,


    als ich die Geschichte las, hat es mir alles zusammengezogen und dunkle Erinnerungen sind wieder hochgekommen. Mir ist das gleiche Mißgeschick vor vielen Jahren mit einem C11 passiert. Als ich die Sprünge in der Schmidplatte sah, war ziemlich schockiert und wusste mir anfangs echt keinen Rat. Nachdem der erste Schreck paar Tage später verflogen war, kam mir die Idee bei meinen Händler (Baader-Planetarium) mal nach einer Schmidplatte anzufragen.
    Die Antwort war nicht unbedingt ermutigend. Man meinte dort, die Platten werden beim zusammenstellen der kompletten Optik per Hand korrigiert so dass jede Platte mehr oder weniger ein Unikat ist und nicht einfach in ein anderes System zu implementieren ist. Zufälligerweise würde aber eine Schmidplatte gerade herumliegen und die könnte ich für 800DM haben - Wahnsinn...


    Ich habe sie gekauf und mich schon gefreut das Teil einzubauen. Nun kam sie per Post und ich stellte zu meinem Schrecken fest, dass ihr Durchmesser um ca. 3mm zu groß war und nicht in den Tubus passte. Aber als gelernter Feinoptiker kann ich mir schon selber helfen, so war mein Glaube. Im Ort gab es eine kleine Optikfirma und dort wollte ich das Teil per Hand abrundieren. Es wäre auch bestimmt gut gegangen bis der dortige Chef auf eine "viel bessere" Idee kam.....die Platte mitsamt dem Sekundärspiegel in dessen Fassung in eine Drehbank einzuspannen und dann zu rundieren. Ich habe entsetzt abgelehnt - ohne Erfolg. Der Typ war vor Tatendrang nicht mehr zu halten und so kam es wie kommen musste, die Platte flog gleich nach dem Anlaufen der Drehbank in hohen Bogen aus der Maschine auf den Boden und zersplitterte in 1000 Teile.
    Dann musste ich sogar noch einen Rechtsanwalt einschalten weil der "Feinoptikmeister" den Schaden zuerst nicht zahlen wollte.
    Das war meine Erfahrung mit einer (zwei) kaputten Schmidplatte.....[V]


    Das C11 habe ich dann als Bastlerobjekt verkaufen müssen. Da darf ich gar nicht drandenken sonst wird mir heute noch schlecht.

  • Hallo Hanswerner


    Wenn ich sowas "erlebe" wache ich unmittelbar drauf schweißgebadet auf und freue mich daß ich das ganze nur geträumt hab.... Allerdings umgefallen ist mir auch schon was - eine Russentonne aber die konnte ich wieder justieren "MC Guyver mäßig mit Tesafilm etc".


    Gruß,
    Felix

  • Hallo Hanswerner,



    das war ja ein doppeltes Missgeschick mit der zertruemmerten Reserveschmidtplatte. Ich wundere mich, wie der Meister das Ding eingespannt hat, dass es im hohen Bogen rausfliegen konnte. Ich meine, dass eine langsame Rotation durch eine Drehbank in Verbindung mit einem ebenfalls rotierendem Schleifstein gegangen waere, wenn man das Ganze im Nassprozess angegangen haette. Allerdings haette ich mir das nicht zugetraut. Man weiss ja auch nicht, wie die Schmidtplatten hergestellt wurden und ob sie interne Spannungen aufweisen, die beim Abschliff zu Tage treten koennten.

  • Servus Jürgen,


    der "Feinoptikmeister" (er hat wirklich den Meisterbrief) hat die Schmidplatte nicht selbst eingespannt, sondern die Fassung des Sekundärspiegels. Tja und die ist aus Kunststoff - ich habe zu ihm noch gesagt er soll es bleiben lassen als die Fassung schon geknackt hat, war ihm aber wurscht...
    Ich hätte die Platte auf einer Planscheibe und groben Schmirgel per Hand vorsichtig abrundiert, das hätte etwas länger gedauert, aber sie wäre mir mit Sicherheit nicht kaputtgegangen.
    Das war echt bitter, vor allem das ich mein geliebtes C11 als Schrott Später habe ich mich aber mit einem handverlesenen C11 mit Carbontubus (Vorbesitzer war Sebastian Voltmer) wieder bei Baader-Planetarium über den Schmerz hinweggetröstet.
    Bis jetzt hat diese Schmidplatte gehalten....[B)]

  • Hallo Jürgen,


    vor Jahren hatte ich mal ein ähnlich geschädigtes C8 vor dem Interferometer. Die Messung erfolgte ohne irgendwelche Klebeaktionen der Bruchstellen. Das Ergebnis war mit Strehl ca. 0,7 weit weniger katastrophal als erwartet. Daraufhin hab ich dem Besitzer geraten: Gar nicht drum kümmern und Teleskop weiter benutzen!


    Gruß Kurt

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