Erste ELT-Hauptspiegelsegmente gegossen

  • <b>SCHOTT in Mainz hat ersten sechs hexagonalen Segmente für den Hauptspiegel des Extremely Large Telescope (ELT) der ESO erfolgreich gegossen. Diese Segmente werden Teil des 39 Meter durchmessenden Hauptspiegels des ELT sein, der nach Fertigstellung insgesamt 798 Segmente umfassen wird. Das ELT wird das größte optische Teleskop der Welt sein, wenn es 2024 in Betrieb geht.</b>


    Der Hauptspiegel des Extremely Large Telescope der ESO wird mit 39 Metern Durchmesser der mit Abstand größte Spiegel sein, der jemals für ein optisches Infrarot-Teleskop hergestellt wurde. Ein solcher Spiegel-Riese ist viel zu groß, als dass er aus einem einzigen Glasrohling gefertigt werden könnte. Er wird aus 798 einzelnen sechseckigen Segmenten bestehen, die jeweils 1,4 Meter Durchmesser haben und etwa 5 Zentimeter dick sind. Die Segmente werden wie ein einziger großer Spiegel zusammenarbeiten, um mehr als zehn Millionen mal so viel Licht zu sammeln wie das menschliche Auge.


    Marc Cayrel, Leiter der ELT-Optomechanik bei der ESO, war beim ersten Gussvorgang anwesend: "Es war ein wunderbares Gefühl, zu sehen wie die ersten Segmente erfolgreich gegossen wurden. Dies ist ein wichtiger Meilenstein für das ELT!"


    Die ELT-Hauptspiegelsegmente bestehen wie der Sekundärspiegelrohling des Teleskops aus dem dehnungsarmen Keramikwerkstoff Zerodur© [1] von SCHOTT. Die ESO hat das deutsche Unternehmen mit der Herstellung der Rohlinge der ersten vier ELT-Spiegel beauftragt, die als M1 bis M4 bezeichnet werden, wobei M1 der Hauptspiegel ist.



    Erste ELT-Hauptspiegelsegmente erfolgreich gegossen. Bild: SCHOTT/ESO


    Die ersten Segmentgüsse sind sehr wichtig, da sie es den Ingenieuren von SCHOTT ermöglichen, den Fertigungsprozess und die damit verbundenen Werkzeuge und Verfahren zu validieren und zu optimieren.


    Das Gießen der ersten sechs Segmente ist ein wichtiger Meilenstein, aber der Weg zum fertigen Spiegel ist lang - insgesamt müssen mehr als 900 Spiegelsegmente gegossen und poliert werden (798 für den Hauptspiegel selbst, dazu ein Ersatzset aus 133 weiteren Segmenten). Bei voller Auslastung liegt die Produktionsrate bei etwa einem Segment pro Tag.


    Nach dem Gießen durchlaufen die Spiegelsegmentrohlinge eine langsame Abkühl- und Wärmebehandlungssequenz und werden anschließend in die richtige Form geschliffen und mit einer Genauigkeit von 15 Nanometern über die gesamte optische Oberfläche poliert. Schliff und Politur werden von der französischen Firma Safran Reosc durchgeführt, die auch für zusätzliche Tests verantwortlich sein wird.


    Fußnote
    [1] Zerodur© wurde ursprünglich in den späten 1960er Jahren für astronomische Teleskope entwickelt. Es hat einen extrem niedrigen Wärmeausdehnungskoeffizienten, so dass sich das Material auch bei großen Temperaturschwankungen nicht ausdehnt. Chemisch gesehen ist Zerodur© sehr widerstandsfähig und kann auf einen hohen Standard poliert werden. Die die extrem glatte Oberfläche wird in der Regel kurz vor der Inbetriebnahme eines Teleskops und danach in regelmäßigen Abständen erneut mit der eigentlichen Spiegelschicht aus Aluminium oder Silber bedampft. Viele bekannte Teleskope mit Zerodur©-Spiegeln arbeiten seit Jahrzehnten zuverlässig, darunter auch das Very Large Telescope der ESO in Chile.


    Weitere Infos, Bidler und Videos auf den Seiten der ESO unter https://www.eso.org/public/germany/news/eso1801/ und bei SCHOTT unter http://www.schott.com/german/n…rl=%2Fgerman%2Findex.html

  • Schön zu sehen, dass es mit dem ELT voran geht. Ich hoffe nur, dass es beim Bau nicht zu unerwarteten Schwierigkeiten kommt, denn das Teleskop ist nun wirklich ein Riese verglichen mit aktuellen Teleskopen. Es hat die 13-fache Spiegeklfläche des GranTeCan bzw. eines der Keck-Teleskope.


    Zur Fussnote: Zerodur wurde 1967 patentiert und war ab 1971 auch für die heimische Küche unter dem Namen Ceran erhältlich. Anders als Teflonpfanne ist das Ceran-Kochfeld wirklich ein Produkt aus der Weltraumforschung [;)].

  • Hallo allerseits,


    Vielleicht sollte Stathis mal bei denen anfragen, was so ein einzelner Rohling kosten würde. Damit ließe sich ein beeindruckender Dobson bauen[:p].
    Ich fürchte nur, auch ein 2. Wahl Rohling dürfte immer noch satt 5-stellig kosten[V].


    Caro, hast Du Infos, wie dick die Rohlinge sind?


    Gruß,
    Martin

  • Martin,
    günstig wird es erst, wenn Schott Zerodur im Floating-Prozess herstellen könnte; also am Fließband. Du kannst ja selbst ausrechnen, was es kostet, wenn man einen Rohling am Tag gießen kann und - Bauchgefühl - 5 Mann beteiligt sind (allein wegen der Arbeitszeiten pro Schicht einen oder zwei Mann). Wenn jeder 100 TEuro im Jahr wertschöpfen soll, bei 250 Rohlingen Output, kommst Du auf 2000 Euro je Rohling. Der Produktionswert insgesamt liegt dann beim Vierfachen (Annahme: Wertschöpfungsquote im verarbeitenden Gewerbe liegt bei ~25%).


    5-stellig ist also eine brauchbare Annahme.


    Die Sache sieht aber anders aus, wenn die ersten 500 Stück produziert sind. Ich gehe davon aus, dass die Lernkurve da ganz schnell eine Produktivitätssteigerung von 200% und mehr erreicht.

  • Hallo Martin,


    ich habe mal Zerodur von Schott bezogen und auch bearbeitet. Allerdings noch zu DM-Zeiten. Da hat eine 12" Rundscheibe ca. 1250 DM gekostet. Die MwSt. kommt da noch drauf. Eine Duranscheibe gabs etwas preiswerter für 260 DM, also nur ca. 1/5 davon. Und daran wird sicher bis heute wenig geändert haben.


    MfG Thomas (VdS Mat.zentr.)

  • Ich war letztes Jahr auf der SPIE Instrumentation Conference in Edinburgh, wo ein ELT-Rohling von OHARA ausgestellt war. 1.2m Distanz zwischen parallelen Seiten und um 5cm Dicke. War wohl nicht fuer das E-ELT, sondern fuers TMT. Scherzhafterweise habe ich mal gefragt, was so etwas kosten wuerde. Die Antwort war in der Region von 150000 Dollar.


    Ein Problem mit Zerodur duerfe sein, dass es nicht gefloatet werden kann. Der Prozess ist ein Anderer und das Material muss nach dem ersten Guss eine ganz spezielle Temperaturkurve durchlaufen, um auszukristallisieren. Es ist ja eine Glaskeramik, kein Glas.

  • Moin,


    gibt es überhaupt noch Bezugsquellen für Zerodur/Glaskeramik-Rohlinge in amateurüblichen Dimensionen? (Wobei, wenn man die Dobsonauten-Schwärme beobachtet, kommt man ja langsam in die Größenordnung der eckigen Scherben ...)


    CS
    Jörg

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