Riesige Blasen auf Oberfläche eines Roten Riesen

  • <b>Zum ersten Mal konnten Granulationsstrukturen auf der Oberfläche eines Sterns außerhalb des Sonnensystems direkt beobachtet werden – auf dem alternden Roten Riesenstern &pi;1 Gruis. Das beeindruckende neue Bild, das mit dem PIONIER-Instrument am Very Large Telescope der ESO aufgenommen wurde, zeigt Konvektionszellen, die die Oberfläche des riesigen Sterns bilden. &pi;1 Gruis besitzt den etwa 350-fachen Durchmesser der Sonne. Jede Zelle bedeckt mehr als ein Viertel des Durchmessers des Sterns und ist etwa 120 Millionen Kilometer groß. </b>


    530 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Kranich (lat. Grus) befindet sich &pi;1 Gruis, ein kühler Roter Riese. Er besitzt in etwa die gleiche Masse wie unsere Sonne, ist aber 350 mal größer und mehrere tausendmal so hell [1]. Unsere Sonne wird in ungefähr fünf Milliarden Jahren zu einem ähnlichen Roten Riesenstern werden.


    Ein internationales Astronomenteam um Claudia Paladini von der ESO konnte mit dem PIONIER-Instrument am Very Large Telescope der ESO den Roten Riesen &pi;1 Gruis so detailliert wie nie zuvor beobachten. Sie fanden heraus, dass die Oberfläche dieses Roten Riesen nur wenige konvektive Zellen oder Granulen aufweist, die jeweils etwa 120 Millionen Kilometer groß sind – das entspricht etwa einem Viertel des Sterndurchmessers [2]. Ein einziges dieser Granulen würde sich von der Sonne bis jenseits der Venus erstrecken. Die als Photosphären bezeichneten Oberflächen vieler Riesensterne sind von Staub verdeckt, was die Beobachtung erschwert. Im Fall von &pi;1 Gruis findet sich zwar auch Staub in großer Entfernung vom Stern, jedoch hat er keinen signifikanten Einfluss auf die neuen Infrarotbeobachtungen [3].


    Als &pi;1 Gruis vor langer Zeit der Wasserstoff ausging, war das das Ende seiner ersten Kernfusionsstufe. Da von innen keine Energie mehr nach außen transportiert werden konnte, begann er aufgrund seines Eigengewichtes zu schrumpfen, wodurch sich der Kern wiederum auf mehr als 100 Millionen Grad erhitzte. Die extremen Temperaturen lösten die nächste Stufe des Kernfusionsprozesses aus, in der Heliumkerne zu schwereren Atomen wie Kohlenstoff und Sauerstoff verschmelzen. Durch die extrem hohen Temperaturen im Kern dehnten sich dann die äußeren Schichten des Sterns aus, wodurch er sich auf das Hundertfache seiner ursprünglichen Größe aufblähte. Der Stern, den wir heute sehen, wird als veränderlicher Roter Riese bezeichnet. Nie zuvor konnte die Oberfläche eines dieser Sterne so detailreich abgebildet werden.


    Im Vergleich dazu enthält die Photosphäre der Sonne etwa zwei Millionen konvektive Zellen mit typischen Durchmessern von nur 1500 Kilometern. Die Größenunterschiede der konvektiven Zellen dieser zwei Sterne können teilweise durch ihre unterschiedliche Oberflächengravitation erklärt werden. &pi;1 Gruis besitzt nur die 1,5-fache Masse der Sonne, ist jedoch um ein Vielfaches größer, was zu einer viel geringeren Oberflächengravitation und nur wenigen, extrem großen Granulen führt.



    Die Oberfläche des Roten Riesen &pi;1 Gruis, aufgenommen mit PIONIER am VLT. Bild: ESO


    Während Sterne, deren Masse größer ist als acht Sonnenmassen, ihr Leben in spektakulären Supernova-Explosionen beenden, stoßen weniger massereiche Sterne wie &pi;1 Gruis allmählich ihre äußeren Schichten ab, wodurch wunderschöne planetarische Nebel entstehen. Frühere Untersuchungen von &pi;1 Gruis fanden in einer Entfernung von 0,9 Lichtjahren zum Zentralstern eine Hülle, von der man annimmt, dass sie vor etwa 20.000 Jahren ausgestoßen wurde. Diese Phase im Leben eines Sterns dauert nur einige Zehntausende Jahre – verglichen mit der Gesamtlebensdauer von mehreren Milliarden Jahren also nur eine relativ kurze Zeitspanne. Mit den neuesten Beobachtungen hat man jetzt eine Möglichkeit gefunden, diese kurze Phase als Roter Riese genauer zu untersuchen.


    Fußnoten
    [1] &pi;1 Gruis wurde entsprechend des Bayer-Bezeichnungssystems benannt. 1603 klassifizierte der deutsche Astronom Johann Bayer 1564 Sterne und benannte sie mit einem griechischen Buchstaben, gefolgt von dem Namen des Sternbilds, dessen Teil sie waren. Die griechischen Buchstaben wurden je nach scheinbarer Helligkeit vergeben, wobei der hellste Stern mit Alpha (#945;) bezeichnet wurde. Der hellste Stern im Sternbild Kranich (lat. Grus) ist daher Alpha Gruis.
    &pi;1 Gruis gehört zu einem interessanten Paar aus Sternen, die aus kontrastierenden Farben bestehen, die am Himmel eng beieinander zu liegen scheinen, weswegen der zweite Stern &pi;2 Gruis genannt wird. Sie sind hell genug, um mit einem Fernglas beobachtet zu werden. Thomas Brisbane erkannte in den 1830er Jahren, dass &pi;1 Gruis selbst auch aus einem viel näheren Doppelsternsystem bestand. Annie Jump Cannon, der das Harvard-Klassifikationsschema zugeschrieben wird, war 1895 die erste, die über das ungewöhnliche Spektrum von &pi;1 Gruis Gruis berichtete.
    [2] Granulen sind Muster aus Konvektionsströmen im Plasma des Sterns. Wenn sich Plasma im Zentrum des Sterns erhitzt, dehnt es sich aus und steigt zur Oberfläche, kühlt dort am äußeren Rand ab, wird dunkler und dichter, und sinkt wieder zum Zentrum. Dieser Prozess setzt sich über Milliarden von Jahren fort und spielt eine entscheidende Rolle in vielen astrophysikalischen Prozessen wie Energietransport, Pulsation, Sternwinde und Staubwolken auf Braunen Zwergen.
    [3] &pi;1 Gruis zählt zu den hellsten Vertretern der seltenen S-Spektralklasse, die zuerst vom amerikanischen Astronomen Paul W. Merrill definiert wurde, der Sterne mit ähnlichen Spektren zu einer Klasse zusammenfasste. &pi;1 Gruis, R Andromedae und R Cygni stellten die Urtypen dieser Klassen dar. Ihr ungewöhnliches Spektrum wird inzwischen auf den S-Prozess zurückgeführt, den Prozess des „langsamen Neutroneneinfangs“ – der für die Bildung von Elementen schwerer als Eisen verantwortlich ist.


    Weitere Infos, Bilder und Videos auf den Seiten der ESO unter https://www.eso.org/public/germany/news/eso1741/?nolang

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: HHausHH</i>
    <br />Bei der Entfernung und dem Durchmesser von rund 3 Erdbahnradien komme ich auf etwa 0,02" von uns aus. Beteigeuze wird glaube ich mit knapp 0,05" gehandelt.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    In der Tat, in der Presserklärung ist die Originalpublikation in Nature verlinkt, dort wird der Durchmesser mit 0.018" angegeben. Die Aufnahme ist technisch ein Höchstleistung, in dem Artikel wird erläutert, dass es sich beim dem PIONIER Instrument um eine Art Zusatzteleskop mit lediglich 1.8 m Durchmesser handelt, das wenn ich es recht verstanden ähnlich wie bei Radioteleskopen relativ zu den Hauptinstrumenten bewegt werden kann. Die maximale Distanz beträgt 90 m, d.h. das Auflösunsvermögen dieser interferometrischen Anordnung entspricht der eines 90 m Teleskops, laut dem Artikel 0.002".

  • Hallo Thomas,


    falsche Fährte [;)] PIONIER ist das da:



    Bild: ESO & B. Lazareff (LAOG)


    Ein netter kleiner Beam-Combiner, der zwar auch mit den VLT-Hauptteleskopen zum Einsatz kommen kann, meist aber mit den vier beweglichen 1,8-Meter-Hilfsteleskopen verwendet wird, so auch in diesem Fall. Die großen Teleskope braucht es bei einem so hellen Stern einfach nicht.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro,


    erst mal vielen Dank für den Hinweis auf die sehr bemerkenswerte Aufnahme.


    Den Nature Artikel habe ich zu schnell überflogen und in der Tat nicht mitbekommen, dass Pionier der Beam-Combiner ist.


    Vor allem die Qualität und die Schärfe der Aufnahme ist erstaunlich, wie funktioniert es, dass man mit vier kleinen beweglichen Teleskopen eine sehr viel detailreichere Aufnahme erhält als mit einem hypothetischen 90 m Teleskop am gleichen Ort, das naturgemäß unter der Luftunruhe leidet. Wenn dies auf in einer speziellen Art von Interferometrie auf Basis der Korrelation von Intensitätsfluktuationen beruht, finde ich es schwer verständlich, wie das bei astronomischen Objekten funktioniert.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    als Roter Riese ist pi1 Gruis im Nahinfraroten (und darum geht es ja letztlich: H-Band 1.7 µm) ein Stern, der fast -2 mag erreicht. Viel Licht also, um etwas daraus zu machen, selbst mit der wenig lichteffizienten Interferometrie. Und man darf halt nie vergessen, daß diese kein bildgebendes Verfahren ist, die "Aufnahme" oben ist keine, sondern ein rekonstruiertes Bild.


    Die Interferometrietechnik ist schon seit einer ganzen Weile über das klassische Michelson-Interferometer hinaus. Denk an Lucky Imaging, was dem Amateur heutzutage mit handelsüblichen Kameras erlaubt, bei Planetenaufnahmen fast bis an das theoretische Auflösungsvermögen seines Teleskops zu gehen. Ganz ähnlich kannst du analog zur adaptiven Optik die Auswirkungen der Luftunruhe auf die Interferometer-Fringes tracken oder ausgleichen. Die Technik dahinter ist nach wie vor im Radiobereich deutlich einfacher zu händeln als im Nahinfraroten, im sichtbaren Licht wirds dann noch schwieriger. Auf jeden Fall macht die Tatsache, daß du es eben nur mit einzelnen kleineren Teleskopen anstelle eines Riesen-Teleskops mit einem dem Abstand entsprechenden Durchmesser zu tun hast, sogar das Leben leichter.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro,


    ich finde ich sehr nett, das du auf diese spezielle Frage nochmal eingehst. Inzwischen habe ich mir die Zitate in der Veröffentlichung angeschaut und bin dabei auch fündig geworden und habe einiges gelernt. Wie du schreibst, die Technik geht auf die Radioastronomie zurück, die grundlegende Idee stammt aus dem Jahr 1958, wenn man drei Teleskope - damals Radioteleskope- miteinander geschickt kombiniert, dann addieren sich bei der Summe der Phasen ('closure phase') die durch die Luftunruhe her rühenden Fehler zu null. Dies scheint leider nur für ein extrem kleines Gesichtsfeld zu funktioneren (bei ausgehneten Quellen mittelt sich die Phasen raus, man sieht gar keinen Interferenzen?).


    Wie auch immer, eine sehr bemerkenswerte Aufnahme, obwohl oder gerade weil es nur ein rekonstruiertes Bild ist.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    genau, Interferometrie wird bis auf weiteres eine Sache sehr kleiner Gesichtsfelder bleiben, und am besten funktioniert das ganze bei starken Kontrasten. Flächige Objekte mit wenig Kontrast gehen nicht, deshalb macht es zum Beispiel auch keinen Sinn zu versuchen, die Mondlandefähre auf dem Mond interferometrisch sichtbar zu machen.


    Viele Grüße
    Caro

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