Hallo in die Runde.
Seit ca. 5 Jahren kleide ich meinen 12"-Dobson in ein provisorisches Mäntelchen - einfach ein Baumwoll-Jersey-Tuch mit Sicherheitsnadeln.
Das sah dann so aus:
Ich hatte mich mit der Fummelei arrangiert aber irgendwann ist die Zeit gekommen, das qualitätsvoller zu gestalten. Kommerziell was zu bekommen was passt, ist enorm schwierig. Man kann zwar in Übersee was in Auftrag geben mit exakten Maßen, aber es gibt immer Details, die sich schlecht kommunizieren lassen und aus der Ferne einfach nicht gut umzusetzen sind. Sprich - es muss am Objekt angepasst werden, damit alles super passt. Bleibt nur: selber machen.
Zu diesem Zweck habe ich mir Badeanzugstoff besorgt, Nylon mit 15% Elasthan-Anteil. Ungefähr das gleiche Material wie bei heathershrouds etwa. Das lag lange rum bei mir, ich hatte wichtigere Baustellen. Dann entdeckte ich ironischerweise einen kommerziell gefertigten Streulichtschutz, welcher für ein Teleskop angeboten wird, welches meinem praktisch baugleich und identisch ist, und zwar mit den offenkundig gleichen Abmessungen - was für ein ungewöhnliches Öffnungsverhältnis beim 12"er von f 4,5 schon bemerkenswert ist...
https://www.astroshop.de/streu…fuer-up-12-dobson/p,53707
Ich sage euch, die Verlockung, trotz bereits vorliegendem Stoff da lieber nochmal Geld in die Hand zu nehmen, war sehr groß [:D]
Wann findet man schonmal was genau passendes? Es wäre am unkompliziertesten gewesen. Nach etwas Googelei fand ich noch eine Ansicht wo zu sehen war, wie das mit einer Aussparung für den OAZ gelöst war. Nämlich gar nicht. Obwohl speziell für dieses Teleskop produziert, fehlt es da an einer Anpassung und das Tuch hängt da unterm OAZ wie auf "halb 8". Der Preis und der eigene Stolz taten ihr Übriges - und ich begann tatsächlich damit, die Socke doch noch selber zu machen... Zumal der Stoff den ich hatte wirklich schön war und wer weiß, was die kommerzielle Socke da für ein Kram ist.
Gefummel und langer Aufbau (ca. 10 Minuten alleine für das Tuch), Einzelteile die herunterfallen und verloren gehen können, undichte Stellen, Rumgeflatter im Wind von lose hängenden Enden... dies alles gehört nun der Vergangenheit an. Meinen schon lange im Hinterkopf rumspukenden Wunsch nach einer unkomplizierten Socke, die sich an alles anschmiegt und dicht ist, habe ich mir nun erfüllt.
Der Prozess war wie folgt: Mehrfach Maß nehmen am Dobson - am Hut und unten an der Box. Dehnen des gekauften Stoffes um zu schaun, um wieviel sich die Sockenmaße verringern würden. Denn es muss ja etwas unter Spannung sein, damit es sitzt. Das war der schwierigste Posten. Am Ende habe ich ein Probestück genommen und es um den Dobson montiert - erst mit Sicherheitsnadeln was leidlich funktioniert hat. Fürs Erste hat dies aber genügt. Nachdem ich den Stoff entsprechend zurechtgeschnitten habe, bildete ich mit 5 cm breiten beidseitigem Klebestreifen eine provisorische Naht und stülpte das Ganze über den Tubus. Das hat schon super gepasst! Der Stoff ist so flexibel, dass ich das über den Hut stülpen konnte. So war ich mit meinen Bemaßungen erstmal zufrieden und ließ das für einen Moment so aufgebaut. Eine Joggingrunde später begann sich aber der Stoff schon zu lösen, daher der weiße sichtbare Rand im folgenden Bild.
Lange Rede, kurzer Sinn - hier nun die von mir gefertigte Socke:
Ich stellte fest, dass es oben noch etwas enger und unten weiter werden darf, je um 1 cm wollte ich es nochmal korrigieren. Das war der komplizierteste Punkt - denn ich musste nun den Stoff vom Klebeband lösen. Zwar habe ich eine Klebeprobe gemacht vorher, aber nicht ausgiebig genug offenbar - denn beim Abziehen vom Klebestreifen wellte sich der Stoff enorm und blieb auch so! Ich wollte mit einem klebestreifen-arretierten Söckchen zum Nähen gehen, damit nichts verrutscht und die Bemaßung nicht verloren geht. So musste ich nochmal kleben, was aber faltenfrei sehr schwierig war aus benannten Umständen. Naja, habs dann geschafft.
Nun die Frage - weggeben zum Nähen? Das Risiko eingehen, dass was verhunzt wird, nicht passt? In München gibts es eine tolle Einrichtung, wo man allerlei Werkzeug in diversen Werkstätten nutzen kann:
So auch eine "Textilwerkstatt". Zu bestimmten Zeiten sind da Helfer vor Ort, sodass auchj komplette Neulinge was selber machen können. So hatte ich vor ein paar Tagen meine erste Stunde an einer Nähmaschine. Und zwar keine wie man die sich klassischerweise vorstellt. Der Stretchstoff erforderte eine besondere Nähweise, die nur mit einer sogenannten "Industrie-Overlock mit Differentialtransport" zu leisten war. Zwei standen da rum, eine, die modernere war gerade in Gebrauch. Ich wurde an eine Gerätschaft geführt, wo man gut rästeln konnte, aus welchem Jahrzehnt oder gar Jahrhundert die stammt
Irgendwie ein gruseliges Gerät - es kamen nicht eins, nicht zwei, nicht drei, sondern 4 Garnrollen zum Einsatz für die angedachte Naht. Nein, nicht verbraucht, sondern gleichzeitig eingespannt. Dies übernahm die nette Betreuerin natürlich - ich wäre in 10 Jahren nicht drauf gekommen, wie das funktioniert. Betrieben wird die Maschine mit einer Art "Gaspedal", was sogar fast noch empfindlicher als jenes im Auto ist. Man musste die Schuhe ausziehen, um ein richtiges Gefühl zu bekommen für die richtige Dosis an Power. Denn sonst rattert einem der Stoff durch und die "Naht" landet überall, nur nicht im Stoff.
Ca. eine halbe Stunde habe ich erstmal an Probestücken die Maschine kennengelernt und mich mit vertraut gemacht, um ein Gefühl zu bekommen für die Sache. Dann war es soweit, ich fühlte mich bereit, die 124 cm Stoff zu einer Socke zu verbinden. Ich muss sagen, das war schon recht aufregend. Man will ja nichts zerhunzen!
Tja, aber es hat tatsächlich geklappt, dass ich die erste Naht meines Lebens funktionsbereit hinbekommen habe - Juhuu! Die Enden hat mir nochmal die Dame fixiert - kurz drübergetackert mit anderer Maschine - fertig.
Nun galt es nur noch zu Hause ein paar Details zu lösen, einfach mit Schere ein paar Aussparungen und Löcher rein. Schritt für Schritt herantasten, damit diese nicht zu groß werden. Es soll ja alles spaltfrei sein und schön passen. Der OAZ war der größte Posten. Aufgrund der Dehnbarkeit des Stoffes schnitt ich das Loch ca. 1/3 kleiner als der OAZ selber groß ist.
Die langen Bolzzen da unterm OAZ sind einfach Langmuttern welche die Stützstreben des OAZ fixieren. Das Loch so gestalten, dass diese mit ausgespart werden, hatte mich schon am Tuch früher ästhetisch nicht zufriedengestellt. Also das Tuch an der Stelle einfach mit verschrauben. Kleine Löcher rein in das Tuch (die ich noch verstärken werde mit Gewebeband o.ä.) und auf die Schrauben einhängen. Eine große GEwichtslast wirkt da nicht, da reißt nichts ein. Generell ist das Material sehr stabil und franst nicht herum, sodass man sich Säume sparen kann. Wogegen das Material aber empfindelich ist, ist Klettband. ich bin da am dobson am hakeligen Teil ein paar mal hängengeblieben mit dem Stoff, was unschöne Spuren hinterlässt.
Schneiden lässt sich das Material klassischerweise am besten mit einer guten Schere. Mit einem Cutter oder Skalpell geht das aufgrund der Dehnbarkeit des Stoffes nicht wirklich gut.
Nun habe ich mit Gesamtkosten von 35 Euro (Stoff inkl. Versand und Nutzungsobulus für eine Stunde Nähwerkstatt) und der Freude des Selbergemachten eine perfekt angepasste Socke [^]
Am Hut werde ich vielleicht noch etwas herumprobieren, den Holzring sichtbar freizulegen, ohne dass die Fassung des Tuchs verloren geht, mal sehen. Ansonsten: fertig
Vielleichts ist´s dem einen oder anderen ja eine Anregung...
Schöne Grüße
Norman
<font color="limegreen">Vom Technikforum Zubehör, verschoben, daher eher Selbstbau. Stathis</font id="limegreen">