Gute Nacht, guten Morgen!
Unüblich für mich, aber ich schreibe mal direkt nach der Beobachtungsnacht. Mittags waren die Prognosen schon soweit, dass ich wusste, heute Abend geht’s raus. Deutschlandweit wäre meine Ecke wolkenfrei bis zu der Zeit wo ich eh wieder zurück musste. Um die letzte Bahn zu erwischen – kurz vor halb 12. 2 Stunden pure Beobachtung wären drin, dann wäre ich Mitternacht wieder zu haus. Das wüürde langen für eine lustige kleine Spritztour mit dem 72er Apo.
Für was aufwändigeres stand mir jetzt nicht der Sinn. Seit einiger Zeit hab ich einen kleinen Stammplatz, nur 30 min mit der Bahn entfernt, genau südlich von München. Ohne Umschweife, direkt in den Süden ballern – ohne Umsteigen, ohne Heckmeck, einfach geradewegs in den Landhimmel hinein. Kurz vor 20 Uhr also gen Zug spaziert und um 21 Uhr stand ich beobachtungsbereit am Platz. In einiger Entfernung von dem Feldweg den ich immer entlangtappse standen in der Weide auf einmal drei so große Lichtmasten – etwa so wie Sportplatzbeleuchtung. Verdammt, was is das denn schon wieder? Ich hoffte das wäre dann vom BB-Platz aus verdeckt. War´s dann auch- puh. Keine Ahnung was da los war – nächtliches Kühe zusammentreiben oder sowas.
Der Himmel präsentierte sich schon mit einer deutlichen Milchstraße, jedoch auch einige Zirren. So war direkt nach dem Aufbau erstmal ziemlich viel am Himmel dicht. Aber das war im stetigen Wandel. Sowie ich mich im Storchenstil mit einer schönen warmen Unterhose versehen habe wars dann auch schon wieder frei. Was sollte es den werden heute? Häufchen. Schlicht und ergreifend ein paar nette Häufchen anpeilen. Der Schwan tauchte schon langsam ab und ich wollte mal einen meiner Lieblingshaufen in dem Kleinen Apo probieren. Den Foxhead-Cluster – NGC 6819 im Schwan. Dank 4,7 Grad Sehfeld war das ein schneller Fund und ich stopfte bald das 8er Ethos für 54fach rein.
Ich war überrascht, wie schön die Form des Haufens hier schon in de´m kleinen Gerät zur Geltung kam. Allerdings wirkte der Haufen hier nicht wie ein Fuchskopf mit spitzen Ohren – sondern dank der Lichtschwäche im kleineren Gerät gegenüber dem 12er, von dem ich den Haufen kenne, wirkten die sonst eher spitzen Enden, welche die Ohren markieren sollten – abgerundet. So ergab sich für mich das Gesamtbild eines Schmetterlings. Ich bin ja für gewöhnlich keiner, der nach Bildern sucht in Sternhaufen aber das fand ich wirklich augenfällig. Ein wirklich hübscher Anblick wie ich finde.. Als nächsten Haufen peilte ich NGC 6910 an, direkt am Kreuzknoten vom Schwan gelegen. Der überraschte mich auch mit einer recht markanten Form. Es zeigten sich zwei auffälligere gegenüberliegende Sternchen, welche wie die Enden eines gestauchten Ypsilon aussahen. Mit viel Phantasie könnte man ne Gottesanbeterin draus stricken, wo die beiden helleren Sternchen die Augen sind. Oder schon wieder ´nen ET ;-)Jedenfalls zeigt sich zwischen den beiden Sternen eine gebogene Kette schwächerer Sternchen, ca. ein halbes Dutzend hab ich grob gezählt.
Auch ein interessanter Anblick. Dann probierte ich noch den Kite-Cluster NGC 6866. Bei wieder 54fach war der Himmel im 72er wieder schön schwarz und der Haufen nette aufgelöst. Zuerst nahm ich die Form des Segels war – eine gerade Seite, die andere gebogen wie ein Kreissegment. Und tatsächlich genau am unteren Ende des mutmaßlichen Segels befindet sich ein gegenüber dem Segel helleres bohnenförmiges Sterngrüppchen, welches genau senkrecht dazu anliegt wie das Brett vom Windsurfer. Frappierend!
Zwischendurch kamen mal Zirren durch und ich vertrat mir die Beine entlaang des Feldwegs – in wenigen Hundert Metern Entfernunung bimmmelten unentwegt die Kuhglocken. Es war schon recht frisch und ich war froh meine Wolluntersachen am Start zu haben. Kaum war ich vom kleinen Spaziergang zurück, war der Himmel wieder hinreichend frei. Ich hopste natrülich über M 15 und schaute auch mal auf M 31. Was geht denn hier von den Staubbändern? Die Galaxie stand fast im Zenit, die Zirren waren nach Augenmaß weg, der Himmel ein recht guter Landhimmel. Staubband: Fehlanzeige. Weder im 26er Nagler noch 13er Ethos. Mit gutem Willen habe ich eine härtere Begrenzung auf der Staubbandseite gesehen, aber das war´s. Schade!
Ich schielte auf den Ringnebel, stellte bei 50fach im kleinen Ring eine deutliche Abdunklung fest, schaute mir M 56, einen meiner Lieblings-Kugelhaufen, an – außer einem kleinen mittelhellen Bällchen war nix zu sehen – aber der Kontrast des Bausches zu dem samtschwarzen Himmel und den feinen Sternen war trotzdem wunderschön.
Die Transparenz wurde besser, die Zirren offenbar erstmal alle durch. Die Milchstraße kam nun noch besser heraus. Ich würde aus dem Bauch schätzen, ein gesunder 6,5-Himmel nun.
Ich wollte mal schaun, ob bei der NGC 891 was geht. Hoch genug stand sie ja. Also mit Hilfe des Atlas die genaue Region für den Starhop rausgesucht – für mal so halblinks hinpeilen und dann nichts finden war mir die Zeit zu knapp. Und sehr schnell zeigte sich im 13er Okular dann ein feiner Lichtstreif. Die längliche Erscheinung war gut zu sehen und recht leicht zu halten. Das ging überraschend leicht fand ich, hätte mir es ein wenig schwieriger vorgestellt. Im 8 mm Okular bei 54fach kam sie noch etwas besser heraus. Wenn ich hier eine Superthin vor mir hätte, eine Liste von 100 Stück, würde diese hier zu einer der einfachsten zählen. Sprich, grenzwertig war das nicht.
Ich hab noch versucht, NGC 1023 zu erwischen, meinte an sich dass ich richtig war, aber hab partout nix gesehen. Komisch.War vielleicht doch ein bissel zu krass für 72 mm.
Nun fing die Zeit an zu rennen und ich hastete quer durch die GEgend. Aber immer genussvoll zwischendurch innehaltend und ganz einfach mit bloße Auge nach oben schauend. Das Land genießen. Die Nacht, die Ruhe.
Aber auch jetzt hab ich mir die Grenze gesetzt – bis Einse schreiben, dann is Schicht
Ich habe bis auf den letzten Pfiff beobachtet, fix den Doppelhaufen im Perseus bewundert, die Plejaden samt einfachem Meropenebel (den großen, nicht den kleinen natürlich) usw.
Schlussobjekt war der Hantelnebel bei 54fach. Der Kontrast macht schon wirklich Spaß, das Objekt schwebte vor dunklem samtschwarzem Himmel – das fetzt. Auch wenn keine großartigen Details, aber die Ästhetik reißt schon einiges.
Und ich zog auch die Reissleine und Packte meine Sachen schnell zusammen. Ganze 5 Minuten und das Equipment war verstaut – ich hab auf die Uhr geguckt. DAS nenne ich mal angenehm. Ich hatte noch exakt die 12 Minuten zur Bahn zur Verfügung, die ich sonst mit Dobson brauchen würde. Ich hatte also etwas Puffer. Allerdings probierte ich einfach mal, wie schnell es denn maximal geht zu Fuß, ohne zu rennen. So bildeten die Beine eine Rotierende Scheibe, und ich war in 8 Minuten am Bahnhof Warngau.
Punkt 0 Uhr war ich zu Haus – das ist mal ´ne Punktlandung.
Genau wie mein Bericht – auch wenn später im Board, jetzt haben wir es genau eins.
Und ab Eins? Macht jeder Seins.
Gute Nacht!
Norman