Leichter Spiegel

  • Hallo Sternfreunde,


    der auf dem ITV vorgestellte leichte Spiegel ging in Anschluss an das Treffen an Matze.
    Er hat mich bei der Vermessung des noch sphärischen (solala) Spiegels unterstützt und dann das Teil parabolisiert.
    Anschließend ging der Testspiegel weiter zu Kurt für eine weitere Vermessung und das beschichten mit Alu. Ganz großen Dank von meiner
    Seite an der Stelle für die tolle Unterstützung bei diesem doch sehr speziellen ATM Projekt/Grundlagenforschung.
    Ich bin froh, dass zwei erfahrene Spiegelschleifer mich hier unterstützt haben, nachdem ich mit
    dem Vermessen dann doch an meine Grenzen gestoßen bin. Danke auch an Kai "Fraxinus", dass Du Dir das Dingens in einem
    frühen Stadium auf dem vorletzten ITV angeschaut und mich ermutigt hast weiter zu machen.


    Für die, die nicht auf dem letzten ITV waren, ein Foto des Rohlings und des nun fertigen Spiegels und eine kurze Erklärung:
    Es handelt sich dabei um einen Spiegelträger, der nicht gegossen wurde und auch nicht aus einem großen Glasblock herausgefräst wurde.
    Vielmehr wurden zwei dünne Glasplatten bei hoher Temperatur zunächst verformt und anschließend miteinander verschmolzen.
    Nichts geklebtes. Die beiden Platten wurden zuvor aus einer größeren Platte herausgeschnitten,
    so dass die Gläser genau zueinander passen. Der Spiegelträger hat eine überwiegend geschlossene Rückseite. Am Bild erkennt man,
    dass er keine Waben hat, vielmehr wird die Spiegelplatte durch 61 trichterförmige Ausstülpungen (Trichterspiegel) der zweiten Platte
    gestützt. Die Anordung dieser Trichter wurde mit PLOP festgelegt. Beide Platten waren ursprünglich 5mm dick. Durch
    das Schleifen ging noch etwas Material weg. Der Spiegel ist 10 Zoll im Durchmesser,
    F4,9 und hat eine "Dicke" von 45mm. Material ist gewöhnliches Fensterglas. Er wiegt ca. 1,3 KG. Er ist etwas schwerer als er sein sollte,
    da die hintere Platte etwa 2,4cm im Durchmesser zu groß geraten ist... sieht man auch am Alu...[8D]







    Der Praxistest im fertigen Teleskop steht jetzt noch aus. Da bin ich sehr gespannt. Auf das DSM will ich dann das Gerät mitbringen,
    und gern auch Fragen beantworten zur Herstellung eines solchen Trägers (ggf. Vortrag/Workshop).


    Was die gewonnenen ersten Erfahrungen/Ergebnisse in Bezug auf das polieren und vermessen eines solchen Spiegels und auch die erreichte
    optische Qualität angeht, werden Matze und Kurt gern Auskunft geben.



    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    ein hoffentlich Erfolg versprechendes Konzept hast du da realisiert. Wenn ich so an meine 5cm starke 20" Glasscheibe mit gut 17kg Eigengewicht denke, werden von dir Begehrlichkeiten geweckt. Soll heißen: Will haben!


    CS
    Dirk

  • Hallo Gerhard,


    schön, dass es nun geklappt hat. [:p]


    Konnte man interferometrisch etwas von den Stegen zwischen den Platten sehen?
    Ich bin sehr gespannt, wie es mit deiner Erfindung weitergeht.
    So etwas Leichtes mit 24" wäre perfekt!


    cs
    Timm

  • Hallo Timm und Dirk,


    ja ob und wie stark sich die Strukturen durchdrücken, da hatte ich auch sorgen bzw. ich wusste es einfach nicht bzw. konnte es nicht messen mit meinem PDI. Aber nicht weil es damit wohl nicht ginge, sondern da für mich die ganze Messtechnik völliges Neuland war. Jedenfalls hat Matze das darstellen können. Soweit ich sagen kann, hat es keine große Bedeutung für das Bild. In der Praxis dürfte man davon wohl gar nix sehen. Wird dann noch aufkommen, wenn das Gerät mal fertig ist.
    Große Rohlinge will ich auch:-). Werde das auch anpeilen. Ist ja Sinn der ganzen Vorübungen....Ich kann es nicht versprechen, ob das geht aber ich bin vorsichtig optimistisch.[:)]


    CS
    Gerhard

  • Hallo in die Runde,
    da ich leider zeitlich etwas eingespannt bin, hat meine Antwort hierauf doch recht lange gedauert. Im Frühjahr diesen Jahres machte mich Gerhard auf sein neues Projekt aufmerksam. Grob- und Feinschliff, sowie Politur hatte er bereits erfolgreich an dem Testspiegel absolviert. Lediglich der finale Schritt, die Parabolisierung wollte noch nicht so recht hinhauen. Ganz uneigennützig (ich könnte mir so einen Spiegel in Groß auch ganz gut vorstellen) erklärte ich mich also bereit dem Spiegel den letzten Schliff zu verpassen.
    Anbei meine Erfahrungen die ich gemacht habe:
    Die Lagerung erfolgte in einer -verglichen zu den klassischen Spiegelträgern- relativ simplen Schlingenlagerung. Die Stege dienen hierbei als Auflage. Eine Verformung des Spiegels konnte ich hier nicht feststellen.



    Natürlich interessierte als erstes in wie weit die Stege durch das Glas drücken und ob dieser Einfluss eventuell negative Einflüsse auf die Abbildung haben könnte. Im Foucaulttest waren sie jedenfalls deutlich sichtbar



    Als erstes fallen natürlich diese vielen Reflexe auf. Diese sind zurückzuführen auf die hintere Glasplatte und liegen nicht im Spiegelträger. Jetzt, mit Aluschicht sollten diese nicht mehr zu sehen sein.
    Zu den Auflagepunkten sei erwähnt, dass dieses Bild, bei annährend sphärischem Spiegel entstanden ist. Der Foucaulttest ist für Abweichungen dieser Art gerade in diesem Stadium sehr empfindlich und es sieht alles dramatischer aus, als es in Wirklichkeit ist. Glücklicherweise ist heutzutage eine Quantifizierung mithilfe der interferometrischen Auswertung möglich. Hierzu wurde die A-B Methode in OpenFringe angewandt.
    Hiermit erhält man folgende Auswertung. (Wie die A-B Methode genau funktioniert hat Kurt vor einigen Jahren beschrieben
    http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=114426)



    Es zeigt sich, dass das Durchdrücken der Stege messbar, aber durchaus im tollerierbarem Bereich liegt. Ein weiteres Interessantes Detail ist der Einfluss der Stege auf die Glasoberfläche. Entsprechend der Theorie erfolgt bei der Politur ein stärkerer Abtrag des Glases an den Auflageflächen der Stege. Demzufolge sollte
    an diesen Stellen auch die Vertiefungen liegen. Eine Bildüberlagerung des Rohlings und der interferometrischen
    Auswertung bestätigte dies.



    Die Abbildung zeigt die interferometrische Vermessung über das Bild des Spiegels im Prüfstand. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten des Bath, muss die interferometrische Auswertung gespiegelt werden. Bevor die Bilder übereinander gelegt werden können, müssen noch die Verzerrungen entfernt werden. Ich finde es jedenfalls verblüffend, wie eindeutig hier die theoretische Aussage bestätigt wird.


    Von der Ausgangssituation bis zur fertigen Parabel, war es trotz des Designs mehr oder weniger buisness as usual. Lediglich bei der Reinigung des Spiegels musste höllisch aufgepasst werden, dass kein Wasser in oder zwischen die Stege kam. Die Verdunstungskälte verzog nämlich den Spiegel derart, dass ein zeitnahes Messen nicht mehr möglich machte.


    Als Endergebnis kam ein Spiegel nahe der Beugungsgrenze heraus. Klar, besser geht es immer, jedoch ist dieser Spiegel ein Versuchsobjekt und der nächste Schritt ist nun, wie sich das Teil in der Praxis verhält.


    Gerhard ist derzeit mit dem Bau des Teleskopes beschäftigt. Wir sind jedenfalls auf das Firstlight am Himmel sehr gespannt.


    Klaren Himmel, Matze

  • Hallo Gerhard,
    Hallo Matze,


    meinen herzlichen Glückwunsch zu diesem Ergebnis![:)]
    Ideen kann man viele haben, aber etwas funktionsfähiges abzuliefern ist eine andere Sache.
    Und was ihr beiden hier vorstellt ist erste Klasse!
    Ich gebe es zu, etwas skeptisch war ich beim Anblick der fragilen Strukturen schon - hab' ich mir aber nicht anmerken lassen.[:D]


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Sternfreunde,


    an der Stelle noch ein kleiner Nachtrag. Das Fernrohr ist soweit fertig und ich hatte gestern endlich nach gefühlt einer Ewigkeit klaren Himmel. Also das Teil geschnappt, auf den Balkon verfrachtet, justiert...Die Stangen waren zu lang...insgesamt 2mal in die Werkstatt zum ablängen...wieder justieren...und dann endlich bin ich in den Fokus gekommen. Dann Sterntest. Von den Unterstützungsstrukturen konnte ich im Sterntest nichts sehen. Allerdings war das Seeing auch nicht besonders. Dennoch habe ich mich gefreut. Das würde sich auch mit der Auswertung per Open Fringe decken. Von daher bin ich beruhigt. Auf das DSM bringe ich das Gerät mit, dann kann jeder selbst durchschauen.


    Interessiert hat mich dann das thermische Verhalten. Hierzu konnte ich noch keine Beobachtungen anstellen, aber ich habe eine Messung der Spiegel(Kern)temperatur vorgenommen.


    Hier die Versuchsanordnung mit einem Dummy Spiegel: Ein Thermoelement wurde in das mittlere Pin gestöpselt in Kontakt mit der Rückseite der Frontplatte und mit Klebeband fixiert.



    Dieser Spiegel stand über Nacht im Freien. Morgens den kalten Spiegel in die Wohnung gestellt und die Temperaturen gemessen. Heraus kam das folgende Diagramm.




    Bei den 19,8°C ist die Anzeige dann auch stehen geblieben (Raumtemperatur). Was mich allerdings wundert sind die 90 Minuten bis zur Temperaturanpassung, denn das finde ich irgendwie sehr lange.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    erst einmal Glückwunsch zum first light mit dem neuen Spiegel.
    Schön, dass man die Unterstützungsstrukturen nicht erkennen kann, auch wenn das seeing noch nicht optimal war.
    So richtig auffallen wird es wohl auch nicht bei gutem seeing.


    Die Temperaturanpassung solltest du paralell dazu mit einem 25mm dicken Spiegel probieren.
    Nach 12 Minuten ist dein Spiegel praktisch schon angekommen... das wird beim normal dicken Spiegel viel länger dauern.


    cs
    Timm

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