Ein Anfänger -Einparken per Spiegel

  • Kurz vor Mitternacht machte ich mich, noch von der vorherigen Nacht mit grenzwertiger Kühle und Feuchtigkeit gezeichnet, besser vorbereitet mit extra Klamotten und heissem Tee in den Garten auf. Ähnlich akribisch hatte ich mir ein Oktett an Messierobjekten rausgekramt, von denen ich einige schon beobachtet hatte, die ich aber nun nochmal in meiner offiziellen Sammelliste abhaken wollte. Dazu kamen noch zwei, drei spannende Extras mit für meine Fähigkeiten herausfordernder Schwierigkeit.
    Selbst von aussen betrachtet hingen die Lichtschutzplanen wie ein dunkler Würfel auf der Wiese, im Nordwesten der Lichtstreif der Sonne unter dem Horizont, der mich Richtung Osten wandernd die ganze Nacht begleiten sollte. Milchstrasse war noch nicht richtig knackig.
    In aller Ruhe wurde also Teleskop und Zubehör auf die Plattform gebracht und alles schön zurechtgerückt.


    Dann ging es los, ich schaute kurz Richtung Bootes und vergewisserte mich, dass Komet Johnson auch dort, wo und wie vermutet, anzutreffen war.


    An die Arbeit.
    Meine Vorgehensweise sah vor, per Fernglas Suchersterne auszukundschaften und wenn möglich gleich zu den Objekten zu gelangen, immer mithilfe von Sternkarten. Zeit, eine fundierte Suchmethode einzuüben.
    Zielregion Großer Wagen, begann ich bei Megrez und versuchte mich an Winnecke 4, oder Messier 40, einem Doppelstern. Erst im Teleskop erschienen die zwei etwa gleichhellen Sternchen und wie beim Blinking Nebula schien immer derjenige einen Halo zu bekommen, den ich gerade nicht ansah. An/Aus, Hin und Her. Lags an der Transparenz oder am Okular?
    Über Alkor und Mizar zog mein Blick durch den Sucher, wobei ich an Mizar bemerkte, wie ausserordentlich gut das Seeing war. Die Sterne liessen sich hochvergrössert als feinste Punktlichtquellen sauber trennen, da hätte noch ein Kleinwagen zwischen parken können.
    Hin zu Alkaid, etwas zurück und dann hoch, fand ich nach kurzer Zeit eine schemenhafte Galaxie, Messier 101, die Feuerradgalaxie. Mehr war nicht zu sehen, trotz einiger dort verbrachter Zeit. Einmal zu einem anderen Zeitpunkt hatte ich Spiralarme ausmachen können, heute war es noch zu hell dafür. Die Galaxie ist wirklich sehr schwach zu sehen.
    Runter zu Messier 51, der Strudelglaxie, ebenso ein Wiederholungsbesuch. Ich fand sie bereits sicher im Fernglas und gönnte mir hier den Anblick für ein paar Minuten, Spiralrichtung erahnbar.
    Neuland oder Neuraum von jetzt an. Logisch vorgehend ging es von den Sternkarten unterstützt weiter hinunter á la ein Stern, Doppelstern, noch ein Stern hin zu M63, der Sonnenblumengalaxie. Sie ist sehr hübsch, weil klein, relativ kompakt, aber fein gezeichnet. Mit einer feinsten Dreifachsterngruppe an der einen Seite und einem etwas helleren Stern auf der anderen.
    Der folgende Sprung brachte mich zu Messier 94, einer Galaxie, die wir ziemlich steil von oben, oder von unten, sehen.
    Die bewährte Methode kam zur Anwendung. Hin zum hellen Stern Chor Caroli, dann zu Chara. Etwas zurück zur Mitte, von dort hinauf und bald fand ich M94. Leider habe ich das Bild, das sich mir bot, vergessen. Dieses Abfahren vieler Objekte dient mir auch hauptsächlich dazu, mir überhaupt erstmal einen Überblick zu erarbeiten. Es wird den einzelnen Objekten nicht gerecht, die gebührende Aufmerksamkeit muss ich jedem Objekt dann später zukommen lassen.


    Stern Phecda, die Ecke links unten am Kasten, wies mir den Weg zu Messier 109. Ich fand die bisher kleinste Galaxie der heutigen Nacht auch, war aber mit den umliegendenn Sternmustern nicht zufrieden. Also suchte ich ein wenig hin und her und fand eine Art Zwilling dazu in geringer Entfernung. Welche war nun die richtige? Ich verbrachte ehrgeizige Minuten damit, meine Detailkarten mit dem sich mir bietenden Bild in Einklang zu bringen, mehrmals dachte ich zu wissen, welche der beiden M109 ist. Ich muss aber gestehen, dass ich sie letztlich als gesehen gekennzeichnet habe, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin. Man muss auch mal zufrieden sein.


    Weiter ging es zu Merak, der rechten, unteren Ecke des Wagenkastens. Ein Stern weiter grob Richtung Phecda und dann nocheinmal die gleiche Distanz, und vor mir schwebte Messier 108 im Raum, länglich und ziemlich gewaltig, helle und dunkle Regionen erschienen und verblassten, insgesamt erschien mir die Galaxie nicht sehr homogen, ungefähr vergleichbar mit der Zigarrengalaxie, wo ich auch immer den Eindruck habe, dass sie kein richtiges Zentrum hat.
    Zu meinem letzten Messierobjekt hier im Großen Wagen gings direkt per Teleskop. Der Eulennebel, Messier 97, war unverkennbar. Sehr schön, rund, ein winziger Stern an seiner Seite, erschien er mir ähnlich flackernd wie M 108, vielleicht kann ich beim indirekten Sehen einfach das Auge nicht still genug halten.


    Durchhalten, gleich gehts ab.


    Wie erwähnt, hatte ich mir eine Herausforderung gestellt.
    Was sollte es weniger sein als die Supernova 2017eaw in NGC6946.
    Das fing damit an, dass ich das Sternbild Cepheus in der mittlerweile überkochenden Milchsupppe suchen musste. Da verstrich locker eine Viertelstunde, bis mir klar wurde, dass ich das ganze Sternbild falsch interpretiert hatte! Wie soll ich da eine Supernova finden, ein Körnchen in einer schwachen Galaxie mittendrin im Sandstrand des Himmels?
    Das tat ich folgendermaßen: Ich hatte mir Bilder angesehen und eine Skizze gemacht. Die Galaxie ist eingerahmt zwischen einem Dreisterneasterismus und einem Doppelstern. Doppelsternseitig gibt es bereits in der Galaxiefläche gelegen zwei kleine Doppelsterne, einer der beiden besteht zur Hälfte aus einer Supernova. Sie stehen ganz, ganz grob rechtwinklig zueinander, ähnlich epsilon Lyra. Wäre es der Buchstabe T, dann würde die Supernova das untere Ende markieren.
    Der Buchstabe wäre ziemlich kursiv.
    Eindeutig gefunden, kein Zweifel hier. Das allerdings überhaupt erst, nachdem ich Stern Alderamin und eta Ceph gefunden hatte. Ganz grob gepfuscht und dann ganz fein gezeigt, wo das Teleskop die Staubkörner hat. Ach, und NGC 6939, einen offenen Sternhaufen nebendran, habe ich natürlich vor lauter Sternen und Aufregung auch nicht gesehen.


    Zum Beruhigen fuhr ich dann noch einmal den schönen Hantelnebel an und sah einiges mehr an Details, dann versuchte ich meine müden Augen an NGC 6765, ohne Filter nicht zu machen. Reine Theorie, denn ich habe noch nie durch einen UHC- oder OIII-Filter geschaut.


    Mittlerweile war die ISS ich glaube dreimal über mir gewesen, weit heller als sonst, viel heller als Jupiter und eher weiss leuchtend, ich verkniff mir irgendwelche Experimente in Richtung Verfolgung per Teleskop und genoss den puren Anblick.


    Jupiter hatte ich nicht einmal eines Fernglasblickes gewürdigt, aber Saturn war nun hoch genug im Süden, so dass ich mir endlich mal die cassinische Teilung einbilden konnte, recht weit draussen im Ring und nur blickweise, fast so, als ob sich ein dunkler Ringabschnitt geisterhaft kurz öffnen würde. Mein Blick kippte dann auch um und ich sah, dass Saturn verkehrtherum im Okular hing.


    Das wars, 03:30Uhr, eine super Nacht, die Milchstrasse war mittlerweile im zunehmend hellen Himmel verschwunden.
    Zeit, ins Bett zu gehen, krähte der Hahn irgendwo im Dorf.


    Danke fürs Lesen und hoffentlich Mitfiebern.


    Henning

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!